Pneumologie 2014; 68(08): 523
DOI: 10.1055/s-0034-1389208
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transplantationsmedizin – Mehr Virusinfekte nach Lungentransplantation

Rezensent(en):
Horst Gross

Thorax 2014;
69: 32-38
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. August 2014 (online)

 

    Durchschnittlich einmal im Jahr zieht sich ein Lungentrans-plantierter eine Virusinfektion der Atemwege zu. Mit einer besonders hohen Symptomlast sind dabei Influenza- und Paramyxovirus-Infektionen verbunden, während Picornavirus-Infekte i.d.R. harmlos verlaufen. Eine Schweizer Studie hat nun erstmals Daten zu dieser wichtigen Thematik präsentiert.
    Thorax 2014; 69: 32–38

    Die epidemielogische Datenlage zur virusbedingten, respiratorischen Gefährdung nach Lungentransplantation ist unzureichend. Solche Daten sind aber wichtig, um die klinische Relevanz von Virusinfektionen für diese Patienten abschätzen zu können und den diagnostischen und therapeutischen Aufwand entsprechend zu optimieren. Unklar ist auch, wie oft solche Virusinfekte inapparent verlaufen.

    Im Rahmen der prospektiven Kohortenstudie wurden die Atemwegsabstriche von 112 Lungentransplantierten ausgewertet. 3 Anlässe führten zum Abstrich: ein regelmäßiges Screening im Rahmen der Studie, das routinemäßige Follow-up nach der Transplantation oder ein Notfall im Rahmen einer akuten, respiratorischen Verschlechterung. Nur in diesem Fall erfolgte eine endoskopische Probenentnahme (bronchoalveoläre Lavage, BAL). Alle Proben wurden auf typische respiratorisch relevante Viren untersucht. Die PCR-Analyse umfasste: Influenza, die Paramyxoviridae-Gruppe, PIV, HMpV sowie Picorna-, Corona-, Boca- und Adenovirus. Im Rahmen der Auswertung ordneten die Autoren den klinischen Schweregrad der Infektion den Erregertypen zu. So konnte geklärt werden, welche Erreger eher inapparent bleiben und welche zu Notfällen führen. Die Untersuchung fand im Zeitraum 2008 und 2011 statt. Insgesamt wurden 903 Proben ausgewertet.

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    In der Studie von P.-O. Bridevaux et al. waren 35 % der notfallmäßig gewonnenen BAL-Proben viruspositiv. (Bild: © ps design1 / Fotolia.com / Symbolbild)

    Die durchschnittliche Inzidenzrate für respiratorische Virusinfekte lag bei 0,8 pro Patientenjahr. Insgesamt waren 174 Proben viruspositiv. An erster Stelle standen Picornaviren (n = 105). Gefolgt von Coronaviren (n = 22), Influenza (n = 18) und RSV (n = 11). Boca- und Adenoviren waren selten (jeweils n = 2). Ein Virusnachweis erfolgte bei 15 % aller im Screening bzw. im Routine-Follow-up durchgeführten Abstriche. 35 % der notfallmäßig gewonnenen BAL-Proben waren viruspositiv. Dabei zeigten sich typische Erregerprofile: Leitsymptom der Picornavirus-Infektion war in 43 % der Fälle eine Rhinorrhoe. Fieber trat bei 14 % und Myalgien bei 8 % auf. Influenza- und Paramyxovirus-Infektionen dagegen korrelierten in 61 % mit Fieber und schwerwiegenden, respiratorischen Symptomen, die in 50 % der Fälle zu einer Hospitalisierung führten. Es kam zu keinen virusbedingten Organabstoßungen.

    Fazit

    Respiratorische Virusinfektionen sind bei Immunsupprimierten nach einer Lungentransplantation üblich. Dabei sind Influenza- und Paramyxovirus-Infektionen mit schweren respiratorischen Komplikationen assoziiert. Der Nachweis von Picornaviren ist dagegen typisch für geringe oder asymptomatische Infekte. Der Nutzen von Virustatika bei gravierenden Infektionen könne aufgrund dieser Befunde neu diskutiert werden, so die Autoren.


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    In der Studie von P.-O. Bridevaux et al. waren 35 % der notfallmäßig gewonnenen BAL-Proben viruspositiv. (Bild: © ps design1 / Fotolia.com / Symbolbild)