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DOI: 10.1055/s-0034-1389848
Arzthaftung im Licht des Patientenrechtegesetzes[*]
Publication History
Publication Date:
22 April 2015 (online)
Zusammenfassung
Spielte es in der forensischen Praxis zunächst eine eher untergeordnete Rolle, rückte das Arzthaftungsrecht ab etwa der 1970er-Jahre zunehmend in den juristischen Fokus, nicht zuletzt gefördert durch ein wachsendes Interesse in der Öffentlichkeit. Die mediale Präsenz vermeintlichen oder tatsächlichen „Ärztepfuschs“ ist bis heute ungebrochen und war für den Gesetzgeber jüngst Anlass, ungeachtet kritischer Stimmen aus der Fachwelt, den „Behandlungsvertrag“ als einzigen Typus des Dienstvertrags eigenständig im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu regeln. Die §§ 630a–h BGB n. F. bilden das Kernstück des am 26. Februar 2013 in Kraft getretenen Patientenrechtegesetzes.
Bedauerlicherweise hatte man sich im Vorfeld wenig bis gar nicht mit Alternativmodellen zur bloßen Verschuldenshaftung befasst, man denke etwa an die verschuldensunabhängigen Kompensationssysteme skandinavischer Länder. Die in den vergangenen Jahren in der Rechtswissenschaft intensiv geführte Diskussion zum erforderlichen Beweismaß bei biologischen Kausalverläufen blieb ebenso ausgespart wie die Frage, ob nicht das französische Modell des „Verlusts einer Heilungschance“ (frz. „perte d’une chance“) eine interessante Variante zum haftungsrechtlichen „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ liefern könnte. Stattdessen beschränkte man sich im Wesentlichen darauf, die über Jahrzehnte durch die Zivilgerichte, insbesondere den für das Arzthaftungsrecht zuständigen VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), entwickelten Grundsätze unter Einbeziehung von sonstigen „Dienstleistern“ im Gesundheitswesen auf den Behandlungsvertrag zu übertragen, angereichert allerdings mit einigen zusätzlichen Detailregelungen, welche die Rechtsanwender sicherlich in den kommenden Jahren noch beschäftigen werden.
Traditionell umfasst die Haftpflicht des Arztes beide Haftungstypen des Zivilrechts, nämlich die Haftung aus Vertrag einerseits sowie die Haftung aus Delikt beziehungsweise – in der Terminologie des BGB – der „Unerlaubten Handlung“ andererseits. Mit den Schuldrechtsreformen zu Beginn dieses Jahrtausends wurden die früher bestehenden Unterschiede im Haftungsumfang sowie in den Verjährungsregeln beseitigt, sodass vertragliche wie auch deliktische Haftung in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen mittlerweile weitestgehend deckungsgleich sind. Hieran hat sich auch durch das Patientenrechtegesetz nichts Grundlegendes geändert, obschon die Beschränkung der gesetzlichen Regelungen auf den Behandlungsvertrag unterschiedliche Akzente zwischen den beiden Haftungstypen zukünftig wieder eher erlaubt, da die deliktische Haftung des Arztes mangels spezieller normativer Grundlagen auch in Zukunft richterrechtlich geprägt sein wird.
* Erstveröffentlichung des Beitrags in: Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2013; 7: 371–386
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Quellenangaben
- Bergmann KO, Kienzle HF. Krankenhaushaftung: Organisation, Schadensverhütung und Versicherung – Leitfaden für die tägliche Praxis. 3. Aufl. Düsseldorf: Deutsche Krankenhausverlagsgesellschaft; 2010
- Laufs A, Katzenmeier C, Lipp V. Arztrecht. 6. Aufl. München: Beck; 2009
- Steffen E, Pauge B. Arzthaftungsrecht: Neue Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung. Köln: RWS-Verlag; 2013
- Bachmann K, Heerklotz B. 1947/1997 – Bundesärztekammer im Wandel (V): Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer. Funktion und Arbeit sowie Bilanz (1951 bis 1996). Dtsch Arztebl 1997; 94: A-582 B-476/C-447