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DOI: 10.1055/s-0034-1390194
Biofilme – Herausforderung auf der Intensivstation – Micafungin: Vorteil in der Behandlung Biofilm-assoziierter Infektionen
Publication History
Publication Date:
01 October 2014 (online)
Blutstrominfektionen, die sich aufgrund von Biofilmen auf den Oberflächen medizinischer Devices entwickeln, stellen eine besondere Herausforderung auf Intensivstationen dar. Wir sprachen mit Oberarzt Dr. Georg Langebartels, Facharzt für Herzchirurgie und Leiter der herzchirurgischen Intensivstation an der Klinik und Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie der Universität zu Köln, über die Entstehung von Biofilm-Infektionen und aktuelle Behandlungsstrategien.
? Wie entstehen Biofilme?
Dr. Georg Langebartels: Bei Biofilmen handelt es sich um eine sehr bedeutsame Lebensform aus Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen. Relativ häufig kommen Candida, Staphylococcus aureus, Pseudomonas und Escherichia coli (E. coli) vor. Biofilme entwickeln sich in mehreren Stufen: Im Blut zirkulieren Ultrabakterien, kleinste Lebensformen, die an Oberflächen anhaften können. Anschließend bildet sich um den Biofilm eine Matrix, über die Nährstoffe verteilt werden. Die unterschiedlichen Keime tauschen über Signalbotenstoffe Informationen aus, um z. B. Resistenzentwicklung oder Wachstum des Biofilms zu steuern. Wenn Teile des Biofilms abgeschwemmt werden und in den Blutstrom gelangen, können diese Fieber oder eine septische Reaktion induzieren.
? Warum sind Biofilm-assoziierte Infektionen besonders gefährlich?
Langebartels: Der Nachweis von Biofilm-assoziierten Infektionen ist extrem schwierig. Wenn wir wissen, dass es sich um eine Biofilm-assoziierte Infektion handelt, ist es oft zu spät. Ein Anhaltspunkt ist z. B. eine rezidivierende Infektion mit nicht nur einem Erreger, da durch die Struktur der Biofilme immer wieder unterschiedliche Keime in die Blutbahn ausgeschwemmt werden können. Auch die Therapie ist schwierig. Antibiotika und Antimykotika erreichen die an der Oberfläche angesiedelten Keime, aber nicht die im Inneren.
? Welchen Einfluss haben Biofilm-assoziierte Infektionen auf die Prognose von Intensiv-Patienten?
Langebartels: Eine Katheter- oder Device-assoziierte Infektion bei einem immunsupprimierten Intensivpatienten ist eine Katastrophe. Für Intensivpatienten, die eine Candidämie erleiden, liegt das zurechenbare Mortalitätsrisiko bei etwa 35 %. Eine retrospektive Analyse von Tumbarello et al. zeigt, dass die Mortalität von Biofilm-assoziierten Candida-Infektionen bei 50 % (im Vergleich zu 30 % ohne Biofilm) liegt [ 1 ]. Die ohnehin schlechte Prognose einer invasiven Candidämie verschlechtert sich also noch einmal, wenn es sich um eine Biofilm-Infektion handelt.
? Worauf kommt es in der Therapie an?
Langebartels: An erster Stelle steht die Fokussuche. Medikamentös behandeln wir mit hoch dosierten Präparaten. Einem Kunstherzpatienten geben wir bereits prophylaktisch – zumindest in den ersten 4 bis 5 Tagen nach der Operation – hochdosiert Antimykotika und Antibiotika, da der Ausgang einer Infektion sehr frühzeitig entschieden wird. Entscheidend ist auch die Auswahl des richtigen Präparates in Kenntnis des Keimspektrums des Patienten.
? Welche Substanzen sollten bei Biofilm-assoziierter Candidämie bevorzugt eingesetzt werden?
Langebartels: Zur Behandlung von Candidämien stehen 3 verschiedene Klassen von Antimykotika zur Verfügung:
1.
die Polyene, die eine unbestritten gute Wirksamkeit, aber auch ein erhebliches Nebenwirkungspotenzial, gerade in Bezug auf die Nephrotoxizität haben, die bei einem Intensivpatienten für sein weiteres Outcome entscheidend sein kann.
2.
die Azole, die über eine Hemmung der Ergosterol-Biosynthese rein fungistatisch wirken. Gerade bei niereninsuffizienten dialysepflichtigen Patienten ist die Dosierung schwierig zu steuern.
3.
die Echinocandine, die das Enzym 1,3-β-D-Glucansynthase in der Zellwand der Pilzzelle zerstören und da dieses pilzspezifisch ist, ein extrem niedriges Nebenwirkungsprofil haben. Sie sind sehr gut steuerbar und lassen sich daher auch auf der Intensivstation gut einsetzen. Sie verursachen keine Niereninsuffizienz. Selbst dialysepflichtige Patienten haben unter der Gabe von Echinocandinen gleichmäßig hohe Wirkspiegel. Zu den Echinocandinen gehören Anidulafungin, Caspofungin und Micafungin. Gerade in der Behandlung von Biofilmen hat sich Micafungin (Mycamine®) als vorteilhaft erwiesen.
? Welche Studien gibt es dazu?
Langebartels: In einer In-vitro-Studie von Kaneoko et al. wurde die Wirksamkeit von Micafungin und Fluconazol gegen Biofilme verglichen [
2
]. Bereits während der ersten 5 Stunden nach Zugabe von Micafungin wurde das Biofilmwachstum komplett unterdrückt. Der Effekt blieb über die gesamte Beobachtungsdauer erhalten. Fluconazol konnte nur das Wachstum bremsen, während Micafungin sogar zur Zerstörung der Hyphen geführt hat.
Auch in der Arbeit von Cateau et al. hemmte Micafungin die metabolische Aktivität in Biofilmen aus klinischen Isolaten von C. albicans und C. glabrata [
3
]. Die Wirkung hielt bis zu 72 Stunden an. Caspofungin zeigte eine vergleichbare Aktivität gegen C. albicans, die Wirkung gegen C.-glabrata-Biofilme hielt jedoch weniger lange an. Posaconazol zeigte eine geringere Aktivität gegenüber C.-albicans-Biofilmen, gegenüber C. glabrata konnte keine Wirkung nachgewiesen werden.
! Herr Dr. Langebartels, herzlichen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Monika Funck, Köln.
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Astellas Pharma GmbH, München.
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Literatur
- 1 Tumbarello M et al. J Clin Microbiol 2007; 45: 1843-1850
- 2 Kaneko Y et al. Antimicrob Ag Chemother 2013; 5: 2226-2230
- 3 Cateau E et al. Int J Antimicrob Agents 2011; 37: 380-384
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Literatur
- 1 Tumbarello M et al. J Clin Microbiol 2007; 45: 1843-1850
- 2 Kaneko Y et al. Antimicrob Ag Chemother 2013; 5: 2226-2230
- 3 Cateau E et al. Int J Antimicrob Agents 2011; 37: 380-384