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DOI: 10.1055/s-0034-1390878
Alopecia areata totalis bei 19-jähriger Patientin mit Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS)
Alopecia areata totalis in a 19-year-old Patient with Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser SyndromeZusammenfassung
Wir berichten über eine 19-jährige Patientin mit Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS), bei der sich binnen zwei Monaten eine Alopecia areata totalis entwickelte.
Das seltene Syndrom wird vorgestellt und mögliche Zusammenhänge mit der Haarerkrankung sowie Behandlungsmöglichkeiten einschließlich der Methylprednisolon-Puls-Therapie werden diskutiert.
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Abstract
We report on a 19-year-old female patient with Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser syndrome (MRKHS), who developed within two months an alopecia areata totalis. This rare syndrome is presented and a possible relationship to the hair disease and therapeutic options including methylprednisolone pulse therapy are discussed.
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Einleitung
Das Mayer-Rokitansky-Küster(-Hauser)-Syndrom (MRKHS) ist eine seltene (Inzidenz: ca. 1 : 5000 Frauen) [1] Erkrankung mit fehlender Anlage und/oder Anomalien von Anteilen des äußeren (Vagina) und inneren (Uterus, Tuben) weiblichen Genitales bei Patientinnen mit normalem diploiden Chromosomensatz (46,XX). Die Ovarien sind normal entwickelt. Als extragenitale Symptome wurden u. a. beschrieben: Fehlbildungen der Niere und Harnwege, unvollständige Rotation des Mesokolons, kongenitales Aortenaneurysma und ossäre Anomalien [2], sowie in mindestens zwei Fällen Virilismus [3] [4]. Im hier präsentierten Fall einer Patientin mit MRKHS kam es binnen zwei Monaten zu einem fast völligen Verlust sämtlicher Kopfhaare unter dem Bilde einer Alopecia areata (AA) totalis.
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Kasuistik
Eine 19-jährige Patientin mit Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS) und Zustand nach plastisch-operativem Aufbau einer Vagina vor 4 Jahren, die seit zwei Monaten das Auftreten multipler, später konfluierender, kreisrunder haarloser Stellen am Capillitium und vermehrten Verlust ihres lang getragenen Haupthaares bemerkt hatte, stellte sich vor. Vor ca. 6 Wochen begann die Patientin mit der Einnahme eines Antiandrogens (Ethylestradiol + Chlormadinoacetat) ohne erkennbaren Effekt auf den Haarverlust. Die Patientin litt bis zum 4. Lebensjahr an atopischem Ekzem und leidet an allergischer Rhinitis und allergischem Asthma sowie an einem oralen Allergiesyndrom auf Nüsse, Pinienkerne, Curry, Kiwi und Avocado. Andere Autoimmunerkrankungen, schwere Erkrankungen oder Eingriffe in letzter Zeit wurden negiert.
Zum Zeitpunkt der Vorstellung fand sich eine nicht-vernarbende Alopezie fast des ganzen Haupthaares sowie der Augenbrauen. Lediglich im okzipitalen Scheitelbereich fanden sich noch einige leicht epilierbare Haare. Wimpern, Achselhaare, Schamhaare sowie sonstige Körperhaare waren vorhanden. Wir diagnostizierten eine Alopecia areata (AA) totalis. Virilisierungszeichen fanden sich nicht.
Im Labor fand sich mit 19 μmol/l eine geringe Erhöhung des DHEAS, sodass eine zusätzliche androgenetische Komponente der Alopezie nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Blutbild, ANAs, Rheumafaktor, CRP, Schilddrüsenhormone und -autoantikörper, sonstige Sexualhormone, Kortisol, Prolaktin, Ferritin, Zink, Vitamin B 12, Folsäure und Vitamin D sowie TPHA fanden sich negativ oder im Normbereich. Das Serum-Gesamt-IgE fand sich mit 312 IU/ml deutlich erhöht. Bei der Pricktestung auf sogenannte Atopene fanden sich positive Reaktionen auf Gräser-, Getreide- und Frühblüherpollen sowie Schimmelpilze und Pferdeepithelien. Im Trichogramm fanden sich ausschließlich telogene und dystrophische Haare ohne Haarschaftanomalien. Wir behandelten mit 2 × 250 mg Methylprednisolon täglich intravenös über 3 Tage unter Magenschutz mit Pantoprazol.
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Diskussion
Bei unserer Patientin bestanden folgende Symptome, die dem MKHRS zuzuordnen sind [2]: verkürzte Vagina, fehlender Uterus und dentale Fehlbildungen (drei fehlende Zahnanlagen im linken Oberkiefer. Der vorliegende Fall ist unseres Wissens der erste, bei dem die Koinzidenz vom MRKHS und schwerer AA beschrieben wird. Lediglich zwei Fälle von Virilisierung des Haarkleides wurden bisher bei zwei Patientinnen mit MRKHS beschrieben [3] [4]. Angesichts der relativen Häufigkeit der AA, mit einem Lebenszeitrisiko von bis zu 2 % [5], und hiervon 7 % schwerer Fälle [6] – also fast im Bereich der Häufigkeit von MRKHS – ist eine zufällige Koinzidenz mit dem seltenen MRKHS eher wahrscheinlich. Während bei der AA totalis bzw. universalis ein signifikanter Bezug zu den HLA-Antigenen DR4, DR11 und DQ7 besteht [7], wird ein solcher Zusammenhang zu HLA-Antigenen für das MRKHS bislang nicht beschrieben. Die meisten Fälle von MRKHS treten sporadisch auf [8], Kandidaten für Gendefekte sind aber bekannt [9] [10]. Denkbar wäre auch, dass der psychische Stress, bedingt durch die Konsequenzen von MRKHS für Sozial- und Sexualleben und Selbstwertgefühl oder die Traumatisierungen durch die operative Behandlung, die Wahrscheinlichkeit, an AA zu erkranken, erhöht hat [11]. Unsere Patientin hatte eine atopische Hautdiathese und somit ein erhöhtes Risiko für AA, bei der in 38 % der Patienten auch eine Atopie vorliegt [12]. Auch eine Koinzidenz atopischer Erkrankungen bei Patienten mit MRKHS wurde bislang unseres Wissens nicht beschrieben. Gleichwohl sollte auf dermatologische und trichologische Symptome bei Patientinnen mit MRKHS künftig weiter geachtet werden.
Eine in allen Fällen wirksame Therapie der AA ist nicht bekannt. Viele Therapieformen sind bei unsicherem Therapieerfolg darüber hinaus nebenwirkungsbelastet. Die intravenöse Methylprednisolon-Puls-Therapie wurde 1993 von Saurat u. Mitarb. für Patienten mit schwerer AA (> 30 % Haarverlust) beschrieben [13]. Hierbei werden einmalig jeweils 5 – 8 mg/kg Körpergewicht bzw. 250 mg Methylprednisolon zweimal täglich an drei aufeinander folgenden Tagen intravenös gegeben. Manche Autoren [14] [15] wiederholten diesen Kurs zweimal alle vier Wochen. Besonders gut sprachen in einer Untersuchung [16] Patienten mit multifokaler AA (über 50 % mit 50 – 100 %igem Wiederwachsen der Haare), schlechter Patienten mit Ophiasistyp der AA (40 % mit 20 – 70 %igem Nachwachsen) und mit AA totalis oder unversalis (20 % mit 50 – 90 % Nachwachsen) nach 1 bis 12 Monaten an. In den meisten Studien [15] [17] [18] [19] sprachen Patienten mit erst kurzzeitig bestehender AA besser an als solche mit längerer (> 6 – 12 Monate) Erkrankungsdauer (z. B. 60 % vs. 16 %). Nach über 10 Jahren hatten 80 % der Patienten, die initial gut auf die Therapie ansprachen, keine oder wenig AA-Symptome, aber nur 30 % derer, die initial nicht ansprachen [20]. Diese beiden letztgenannten prognostischen Aussagen waren wiederum für alle Typen der schweren AA gültig. Bei behandelten Kindern sprachen jüngere (< 10 Jahre) besser auf die Therapie an als ältere Patienten [15]. Bei wiederholter Gabe eines Pulses nach einem Rezidiv war das Ansprechen oft besser als nach dem ersten Kurs [16]. Alle genannten Autoren betonen die gute Verträglichkeit der Therapie.
In unserem Falle entschieden wir uns trotz der vergleichsweise niedrigen Ansprechrate bei AA totalis für die Methylprednisolon-Puls-Therapie, da die Erkrankung erst vor kurzem begonnen hatte, was kurz- und langfristig für einen Effekt dieser Therapieform günstig ist, und in Ermangelung aussichtsreicher und nebenwirkungsarmer therapeutischer Alternativen.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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