Aktuelle Dermatologie 2015; 41(06): 242-248
DOI: 10.1055/s-0034-1392110
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Basistherapie des chronischen Handekzems mit Betulin-Emulsionen – Ergebnisse nicht-interventioneller Therapiestudien an 199 Patienten

Basic Therapy of Chronic Hand Eczema with Betulin-Emulsions – Results of Non-interventional Studies Including 199 Patients
C. Pföhler
1   Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
,
K. Schorn
2   Birken AG, Niefern-Öschelbronn
,
C. Skudlik
3   Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie, Universität Osnabrück
,
T. Vogt
1   Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Claudia Pföhler
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Kirrbergerstraße
66421 Homburg/Saar

Publication History

Publication Date:
11 June 2015 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Betulin-Emulsionen werden seit mehreren Jahren im Bereich der medizinischen Hautpflege und des Hautschutzes eingesetzt. Sie sind W/O-Emulsionen, die auf tensidische Emulgatoren vollkommen verzichten können.

Methodik: In zwei verschiedenen nicht-interventionellen Studien (NIS) an insgesamt 199 Patienten wurde der Einsatz von Betulin-Emulsionen in der Basistherapie des chronischen Handekzems untersucht. In einer NIS (NIS 1) wurden Betulin-Emulsionen unter stationären Bedingungen als Basistherapie bei 99 Patienten geprüft. Hier stand die Frage nach der Verträglichkeit im Vordergrund. In eine weitere NIS (NIS 2) wurden insgesamt 100 ambulante Patienten mit Handekzemen unterschiedlichen Schweregrades aufgenommen. Bei 41 leichten Verlaufsformen verzichtete der behandelnde Arzt auf jede weitere über die Basistherapie hinausgehende Behandlung, sodass der direkte Einfluss der Betulin-Emulsionen auf die Therapie des chronischen Handekzems sichtbar wurde.

Ergebnisse: In der NIS 1 wurde die Verträglichkeit der Betulinemulsionen von fast 90 % der Patienten als „gut“, „sehr gut“ oder „hervorragend“ bewertet. In der NIS 2 stellte sich bei insgesamt guter Verträglichkeit heraus, dass Betulin-Emulsionen bei leichten Verlaufsformen des Handekzems alleinig für die Therapie eingesetzt werden können, ohne dass eine zusätzliche medikamentöse Therapie benötigt wird.

Diskussion: Betulin-Emulsionen eignen sich zur Basistherapie chronischer Handekzeme unterschiedlicher Schweregrade und Genese. Bei leichten Formen kann auf eine zusätzliche Therapie verzichtet werden.


#

Abstract

Background: Emulsions with betulin have been used in skin care and skin protection since several years. They represent W/O emulsions that can abstain from the use of tenside emulgators.

Materials and methods: In two non-interventional studies including 199 patients the use of betulin emulsions in the treatment of chronic hand eczema had been investigated. In one study (NIS 1) betulin emulsions had been investigated under inpatient conditions including 99 patients. The primary aim of the study was the tolerance of the product. In a further study, 100 outpatients with chronic hand eczema of differential severity had been investigated. In 41 cases with mild forms of hand eczema the treating physician resigned from using further medication. In these cases, the direct influence of the betulin emulsion could be inquired.

Results: Tolerance of the products in NIS 1 and NIS 2 had been judged as “good”, “very good” or “excellent” from nearly 90 % of the patients investigated. In NIS 2 betulin emulsions were this effective in the treatment of mild form of chronic hand eczema that further medication was expendable.

Conclusion: Emulsions with botulin are suitable for basic treatment of chronic hand eczema of different severity or genesis. In mild forms additional medical treatment is expendable.


#

Einleitung

Ziel der durchgeführten nicht-interventionellen Studien (NIS) war es, die Eignung von Betulin-Emulsionen für die Basistherapie des chronischen Handekzems zu untersuchen.

Betulin-Emulsionen basieren auf einem patentierten Triterpentrockenextrakt der weißen Birkenrinde und bilden mit Wasser und Öl stabile W/O-Emulsionen. Betulin ist dabei die Hauptkomponente des Extrakts [1] [2] [3] [4]. Für die Extraktkomponenten sind zahlreiche hautpflegende und hautschützende Effekte [4] [5] sowie anti-inflammatorische Effekte bekannt [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12].

Handekzeme sind nicht-infektiöse, entzündliche Dermatosen der Hände häufig unterschiedlicher Ätiologie. Neben genetischen Prädispositionsfaktoren wie einer atopischen Diathese können toxische, kumulativ-subtoxische oder allergische Faktoren eine kausale Rolle spielen. Handekzeme können aufgrund ihrer Ätiologie, ihrer Lokalisation oder Morphe klassifiziert werden [13]. Bakterielle oder mykotische Superinfektionen sind möglich.

Das Handekzem gehört zu den häufigsten Hauterkrankungen [13]. In schwedischen Untersuchungen wurde die Einjahresprävalenz von Handekzemen bei Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren auf etwa 10 % geschätzt [14], die Inzidenz auf etwa 0,5 % [15]. Andere Studien zeigen Einjahresprävalenzraten um 7 % [16] [17]. 5 – 7 % der Patienten mit Handekzem leiden unter einer chronischen und schweren Form [13].

Entsprechend der Leitlinie „Management von Handekzemen“ der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft stellt – unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung – eine adäquate Basistherapie stets die Grundlage der Therapie des chronischen Handekzems dar [8]. Die konsequente Rückfettung der Haut wird dabei als wesentlicher Bestandteil der Basistherapie beschrieben. Es wird empfohlen möglichst konservierungs- und duftstofffreie Präparate einzusetzen [13]. Betulin-Emulsionen erfüllen die in der Leitlinie genannten Kriterien insofern, als dass sie frei von Konservierungs- und Duftstoffen und als W/O-Emulsionen rückfettend sind. Darüber hinaus kommt die Betulin-Emulsion vollständig ohne tensidische Emulgatoren aus, welche Hautlipide lösen und damit die Penetration von Irritantien fördern können. Der in der Creme enthaltene Triterpentrockenextrakt aus Birkenrinde ermöglicht eine Feststoff-stabilisierte Emulsion.


#

Material und Methoden

In zwei nicht-interventionellen Studien, hier als NIS 1 und NIS 2 bezeichnet, kamen zwei verschiedene Betulin-Emulsionen zum Einsatz. Es handelte sich um die Präparate Imlan® Creme Pur (PUR) und Imlan® Creme Plus (PLUS). Diese bestehen nur aus drei bzw. fünf Bestandteilen (Betulin, Wasser, Jojobaöl bei PUR, zusätzlich Bienenwachs und Urea bei PLUS).

Beide Betulin-Emulsionen wurden im Rahmen der oben genannten NIS als Basistherapie des chronischen Handekzems eingesetzt.

NIS 1

Die Behandlung mit den Betulin-Emulsionen erfolgte im Rahmen einer stationären dermatologischen Behandlung. In allen Fällen kamen aufgrund der Schwere der Erkrankung weitere topische und gegebenenfalls systemische Therapien zum Einsatz. Neben Daten zum Therapieerfolg wurden Daten zu hautkosmetischen Eigenschaften der beiden Betulin-Emulsionen erhoben. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Herbst 2011 bis Juni 2012.

Zu Beginn der Therapie wurden Alter und Geschlecht der Patienten dokumentiert, gefolgt von Fragen zur Ätiologie des Handekzems, zu Vorbehandlungen und zum Hautzustand.

Am Ende der Studie wurden die Art der Therapie und der Hautbefund im Vergleich zum Anfang der Behandlung dokumentiert. Mehrere Fragen an die Patienten befassten sich mit der subjektiven Beurteilung der Basistherapie seitens der Patienten im Hinblick auf: Einziehverhalten, Konsistenz, Geruch, Nebenwirkungen, Verträglichkeit und Vergleich mit bisher verwendeten Produkten.


#

NIS 2

An zwei weiteren Studienzentren wurden Patienten mit chronischem Handekzem aller Schweregrade im Zeitraum von April 2012 bis Dezember 2013 ambulant behandelt.

Primäre Endziele dieser Untersuchung waren erneut der Therapieerfolg sowie hautkosmetische Eigenschaften der Betulin-Emulsionen. Im Unterschied zur NIS 1 erhielten die Patienten je nach klinischem Ausprägungsgrad nicht notwendigerweise eine zusätzliche topische oder systemische Medikation.

An Patientendaten wurden Geburtsdatum, Geschlecht und Beruf erhoben. Bei der Untersuchung zu Beginn der Beobachtung wurden Diagnose, Ätiologie des Ekzems, berufliche Exposition, Begleiterkrankungen, Beurteilung des Hautzustandes durch Arzt und Patient, topische oder systemische Therapie des Handekzems, sofern erfolgt, und die verwendete Betulin-Emulsion dokumentiert.

Am Ende der Beobachtung wurde erhoben, wie oft die Betulin-Emulsion angewendet wurde, wie Arzt und Patient den Hautzustand bewerten, wie viele Begleitrezepte zu topischer und/oder systemischer Therapie verschrieben wurden, ob sich die Medikation durch die Anwendung der Betulin-Emulsion reduziert hatte, wie viel von der Emulsion über den angegebenen Zeitraum verbraucht wurde, ob weitere Pflegemittel parallel verwendet wurden, wie die Betulin-Emulsion vertragen wurde und ob der Patient aufgrund seines Gesamteindruckes sie weiter verwenden werden würde.


#
#

Ergebnisse

Demografische Daten

An der NIS 1 nahmen insgesamt 99 Patienten teil. Das Alter der Patienten lag zwischen 18 und 73 Jahren, das durchschnittliche Alter lag bei 43 Jahren, das mediane Alter bei 49 Jahren. Das Geschlechterverhältnis war ausgeglichen (Frauen 51,5 %; Männer 48,5 %).

Für die NIS 2 wurden insgesamt 100 Patienten beobachtet, darunter eine Schülerin von 8 Jahren und ein Jugendlicher im Alter von 15 Jahren. Das Alter der 98 erwachsenen Patienten reichte von 23 bis 80 Jahren. Das Durchschnittsalter aller Studienteilnehmer der NIS 2 lag bei 49 Jahren, das mediane Alter bei 47 Jahren. Der Frauenanteil lag hier mit 58 % etwas höher als bei der NIS 1.

Die Betroffenen kamen aus den unterschiedlichsten Berufen. Insgesamt wurden in der NIS 2 berufliche und private Expositionen genannt, die sich in fünf Gruppen zusammenfassen lassen: Handwerker (n = 23), Industriearbeiter (n = 9), Büroberufe (n = 21), Gesundheitsberufe (n = 28), Hausfrauen, Rentner, Schüler und Reinigungsfachkraft (gemeinsam n = 19).


#

Ergebnisse NIS 1

Auch wenn die Daten für die Betulin-Emulsionen PUR und PLUS getrennt erhoben wurden, werden sie hier nicht getrennt dargestellt, da keine nennenswerten Unterschiede im Hinblick auf die Hautverträglichkeit der beiden Cremes festgestellt wurden. Unterstützt wird dieser Befund durch frühere Studienbeobachtungen [1]. Zu Beginn der Studie dominierte in 72 von 93 Fällen (77,4 %) eine hyperkeratotische Morphe des chronischen Handekzems, 21 von 93 der Patienten (22,6 %) hatten eine vesikuläre Morphe.

Bei 78 von 99 (78,8 %) Patienten wurde zu Beginn der Studie eine massive und mittelgradige Sebostase diagnostiziert. Massive und mittelgradige Rötungen (45/99 Patienten; 45,5 %) waren wie auch massive und mittelgradige Hyperkeratosen (36/99 Patienten; 36,4 %) häufig. Rhagaden (17/99 Patienten; 17,2 %) bzw. Dyshidrose (10/99 Patienten; 10,1 %), massiv und mittelgradig, waren seltener.

Nach der Behandlung hatten noch 25/99 (25,3 %) der Patienten massiv oder mittelgradig Sebostasen, Rötungen gingen auf 17,2 % zurück (17/99 Patienten), Hyperkeratosen auf 5,1 % (5/99 Patienten), sowie Rhagaden auf 4,4 % (4/99 Patienten) und Dyshidrose auf 3,0 % (3/99 Patienten). Die Unterschiede vor und nach Ende der Therapie waren jeweils statistisch signifikant (p < 0,01).

Zur Anwendung kamen neben der Basistherapie mit den Betulin-Emulsionen systemische und topische Therapien, einschließlich Fototherapie. Die Dauer der Behandlung variierte zwischen 3 und 21 Tagen. In einem Fall kam es schon nach einem Tag zu einem vorzeitigen Studienabbruch. Wesentliche Effekte der Basistherapie auf den Therapieerfolg insgesamt konnten im Rahmen der NIS 1 nur abgeschätzt werden ([Abb. 1]). Dies begründet sich über die im stationären Bereich intensive Therapie mit zusätzlichen wirkstoffhaltigen Externa, häufig kombiniert mit lokalen UV-Licht-Bestrahlungsverfahren und z. T. auch systemischen Therapien. Isolierte Effekte einzelner therapeutischer Optionen (einschließlich der Basistherapie) können im Rahmen derartig komplexer therapeutischer Maßnahmen nicht abgegrenzt werden.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 1 Einschätzung des untersuchenden Arztes zum Anteil der Handcreme am Therapieerfolg, NIS 1, n = 99, Angaben in % der Patienten.

Die Patienten wurden ebenfalls befragt, wie sie die therapiebegleitende Nutzung der Betulinpräparate erlebt hatten. Die Frage nach dem „Hautgefühl“ im Vergleich vor und nach Behandlung wurde von vielen Patienten mit „sehr viel geschmeidiger“ und „besser“ (n = 27 bzw. 54) beantwortet. 16 Patienten gaben an, keine Änderung feststellen zu können. Nur 2 Patienten hatten das Gefühl, dass sich das „Hautgefühl“ verschlechtert hatte.

Ähnlich gute Werte für die Betulin-Emulsion gab es in den Antworten auf die Fragen nach Hauttrockenheit, Einziehverhalten der Creme und Glätte der Haut nach dem Eincremen.

Insgesamt 6 Patienten (n = 98) in dieser Untersuchung berichteten über unerwünschte Effekte, wobei die Anmerkungen „Klebrigkeit“ und „unangenehmer Geruch“ die häufigsten negativen Rückmeldungen waren.

Den Gesamteindruck in Bezug auf die Verträglichkeit der Betulin-Emulsionen spiegelt [Abb. 2] wider.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 2 Verträglichkeit der Betulin-Emulsionen in NIS 1 (Patientenangaben, eine Angabe fehlt, n = 98), Angaben in % der Patienten.

In einer weiteren Frage wurde die Einschätzung der Verträglichkeit mit der zuletzt zuhause verwendeten Handcreme verglichen ([Abb. 3]). 59,2 % der Patienten (58 von 98) schätzten dabei die Betulinpräparate als „sehr viel besser“ oder „besser“ verträglich ein.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 3 Einschätzung der Verträglichkeit der Betulin-Emulsionen im Vergleich mit der zuletzt zuhause verwendeten Handcreme, NIS 1, Angaben in % der Patienten (Patientenangaben, eine Angabe fehlt, n = 98).

#

Ergebnisse NIS 2

Bei den 100 ambulant behandelten Patienten wurden sechs verschiedene Formen des chronischen Handekzems diagnostiziert. Am häufigsten wurden Patienten mit einem kumulativ subtoxischen Handekzem in die NIS aufgenommen (51 Patienten). Weitaus seltener waren hyperkeratotisch-rhagadiforme Handekzeme (14 Patienten), irritativ-toxische Handekzeme (11 Patienten) und atopische Handekzeme (10 Patienten). Noch seltener wurden Patienten mit einem Exsikkationsekzem (3 Patienten) und atopischer Dermatits (1 Patient) für die Studie rekrutiert. In weiteren 10 Fällen wurde als Diagnose nur „Handekzem“ angegeben.

Der Median des Behandlungszeitraums lag bei 14 Tagen. Allerdings wurden insgesamt 21 Patienten 3 Monate und länger behandelt und in der Anwendung der Creme beobachtet.

Der Schweregrad des Handekzems vor dem Beobachtungszeitraum wurde von den behandelnden Ärzten wie folgt beurteilt: trockene Haut (19 Patienten), leichtes Handekzem (50 Patienten), mittelschweres bis schweres Handekzem (22 Patienten) und persistierendes, chronisches Handekzem (9 Patienten).

Da bei der Mehrheit der Patienten im Rahmen der ambulanten Intervention eher moderat ausgeprägte Schweregrade des chronischen Handekzems vorlagen, erfolgte in 41 Fällen ausschließlich eine Basistherapie mit Betulin-Präparaten. Bei 59 Patienten kamen zusätzlich wirkstoffhaltige topische oder systemische Therapien zum Einsatz.

[Abb. 4] zeigt den Vergleich des Schweregrades des Handekzems vor Beginn und am Ende der Beobachtung, falls keine weitere Medikation erfolgte. 38 Patienten aus dieser Gruppe wiesen initial eine trockene Haut oder ein leichtes Handekzem auf, nur bei 3 Patienten wurde ein mittelschweres bis schweres Handekzem beobachtet.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 4 Vergleich des Schweregrades vor Beginn und am Ende der Beobachtung, falls keine weitere Medikation zusätzlich zur Basistherapie mit Betulin-Emulsion erfolgte, NIS 2, n = 41, Angaben in % der Patienten.

Am Ende des Beobachtungszeitraums zeigten 36 der 41 (87,8 %) Patienten entweder einen abgeheilten Befund oder hatten nur noch eine trockene Haut, weitere 3 Patienten hatten ein leichtes Handekzem und 2 Patienten ein mittelschweres bis schweres Handekzem. Bei keinem dieser Patienten kam es zu einer Verschlechterung des Hautbefundes im Beobachtungszeitraum.

[Abb. 5] zeigt den Vergleich des Schweregrades des Handekzems vor Beginn und am Ende der Beobachtung, falls eine Medikation oder Therapie zusätzlich zur Betulin-Emulsion verwendet wurde. In dieser Gruppe hatten 31 Patienten trockene Haut oder ein leichtes Handekzem, bei weiteren 19 wurde ein mittelschweres bis schweres Handekzem festgestellt und 9 Patienten hatten ein persistierendes chronisches Handekzem.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 5 Vergleich des Schweregrades vor Beginn und am Ende der Beobachtung, falls eine Therapie zusätzlich zur Basistherapie mit der Betulin-Emulsion erfolgte, NIS 2, n = 57 (für zwei Patienten fehlt eine Angabe für den Zeitpunkt „nachher“, daher nicht dargestellt).

Am Ende des Beobachtungszeitraums waren 28 von 57 Patienten (49,1 %) entweder abgeheilt oder zeigten nur noch eine trockene Haut, weitere 15 Patienten hatten ein leichtes Handekzem, 12 ein mittelschweres bis schweres und 2 Patienten ein persistierendes chronisches Handekzem. Bei weiteren 2 Patienten fehlen Angaben zum Ende des Beobachtungszeitraumes, diese sind daher in [Abb. 5] nicht dargestellt.

In der Behandlung des leichten chronischen Handekzems wurde in 26 von 50 Fällen eine über die Basistherapie hinausgehende medikamentöse Behandlung eingesetzt. Bei den restlichen 24 Patienten wurde ausschließlich die Basistherapie mit Betulin-Emulsionen angewendet. Die Erfolge waren ähnlich, mit einer Tendenz zur besseren Wirksamkeit für die alleinige Basistherapie ([Abb. 6]): Mit Medikation waren am Ende des Beobachtungszeitraums 17 Patienten abgeheilt oder hatten trockene Haut, 5 hatten weiterhin ein leichtes Handekzem und bei 3 Patienten hatte sich das Handekzem verschlechtert. In einem Fall fehlt die Angabe zum Schweregrad am Ende des Beobachtungszeitraums, daher sind nur die 25 komplett dokumentierten Fälle in [Abb. 6] dargestellt.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 6 Behandlungserfolg des leichten chronischen Handekzems nur mit Betulin-Emulsionen (n = 24) und unter Zusatztherapie (n = 25), NIS 2, Angaben in % der Patienten.

In der Gruppe der ausschließlich mit Betulin-Emulsionen Behandelten waren am Ende des Beobachtungszeitraums 21 Patienten abgeheilt oder hatten trockene Haut, zwei Patienten hatten weiterhin ein leichtes Handekzem und bei einem Patienten hatte sich das Handekzem verschlechtert, zum mittelschweren bis schweren Grad.

Auch in dieser NIS wurde die Verträglichkeit der Creme überwiegend positiv durch die Patienten beurteilt. Auf einer 10-teiligen Bewertungsskala (1 = sehr gut, 10 = sehr schlecht) fielen 73 Bewertungen auf die Werte 1 – 3, 18 Bewertungen auf die Werte 4 – 6 und nur 6 Bewertungen auf die Werte 7 – 9. Drei Bewertungen fehlten.

In drei Fällen stellte der behandelnde Arzt Nebeneffekte fest; genannt wurden in diesem Zusammenhang Bläschenbildung bei Wärme, Juckreiz und zu klebrige Konsistenz des Präparates.

Die Einschätzung der Verträglichkeit der Creme durch den behandelnden Arzt ist in [Abb. 7] dargestellt.

Zoom ImageZoom Image
Abb. 7 Beurteilung der Verträglichkeit durch den Arzt, NIS 2, n = 96 (vier Angaben fehlen), Angaben in % der Patienten.

Kritikpunkte an der Betulin-Emulsion waren: „zu klebrig“ (4-mal), „zieht schlecht ein“ (3-mal) und „zu fett“ (2-mal). Nur 10 der befragten 100 Patienten gaben an, die Anwendung der Betulin-Emulsion nach Abschluss des Beobachtungszeitraums nicht weiterführen zu wollen, während die anderen 90 Patienten eine Fortsetzung der Basistherapie mit Betulin-Emulsionen bejahten.

Insgesamt ergab sich damit ein positives Bild für die Anwendung der Betulin-Emulsionen in der Basistherapie des chronischen Handekzems. Die Cremes erwiesen sich zumeist als gut bis sehr gut verträglich. Bei Patienten mit einem leichten chronischen Handekzem heilten die allermeisten Ekzeme ab oder verbesserten sich auf einen trockenen Hautzustand.


#
#

Diskussion

In den vorliegenden beiden NIS wurden Betulin-Emulsionen im Rahmen einer Basistherapie des chronischen Handekzems eingesetzt. Betulin ist die Hauptkomponente eines Triterpentrockenextrakts aus Birkenrinde, das für die Herstellung der Emulsionen verwendet wird („Betulsionen“).

Die untersuchten Betulin-Emulsionen erfüllen vollständig die nach der Leitlinine „Management von Handekzemen“ geforderten Eigenschaften, da sie nicht nur komplett frei von Duft- und Konservierungsstoffen sind, sondern auch auf den Einsatz von Emulgatoren verzichten [13]. In der Betulin-Emulsion stabilisiert das Betulin selbst die W/O-Emulsion, indem es sich an der Grenzschicht zwischen Wasser und Öl anlagert und vernetzt.

Daten für die Wirksamkeit einer Basistherapie beim Handekzem fehlen bisher weitgehend, obschon die Bedeutung der Basistherapie bei chronischen Dermatosen insgesamt als unverzichtbar angesehen wird [18] [19]. Lodén et al. kommen in einer offenen, randomisierten, prospektiven Parallelgruppen-Studie mit Hautbarriere-fördernden Feuchtigkeitscremes zu dem Schluss, dass die Anwendung dieser Cremes die erscheinungsfreien Intervalle der Patienten mit einem kontrollierten Handekzem zu verlängern scheint [20]. Für die medikamentöse Therapie des Handekzems oder für physikalische Therapieverfahren liegen dagegen eine Vielzahl klinischer Studien vor [13].

Irritierende oder sensibilisierende Effekte auf die Haut durch Betulin-Emulsionen sind aufgrund der dargestellten Zusammensetzung der Präparate und auch der dargestellten sehr guten Verträglichkeit in beiden Interventionsstudien nicht zu erwarten. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass in dem Betulin-Extrakt der verwendeten Präparate keine Birkenpollen-Allergene enthalten sind, sodass diesbezüglich keine Einschränkungen im Hinblick auf die Anwendung bei Allergikern zu befürchten sind. Die gute Verträglichkeit der Betulin-Emulsion wurde bisher an über 800 Probanden bestätigt, auch bei Patienten mit Allergien, Neurodermitis und Psoriasis [21]. Bislang wurde lediglich in einem Einzelfall eines Polysensibilisierten kasuistisch eine Typ-IV-Sensibilisierung gegen Betulin publiziert [22]. Insgesamt kann daher von einem sehr geringen Sensibilisierungspotenzial ausgegangen werden. Keiner der im Rahmen der NIS untersuchten Patienten zeigte Anhaltspunkte für eine kontaktallergische oder irritative Reaktion auf die Cremes.

Effekte der Basistherapie mit Betulin-Emulsionen sind im Rahmen der stationären Behandlung, wie in NIS 1 durchgeführt, nur orientierend abzuschätzen. Dies begründet sich über die im stationären Bereich intensive Therapie mit zusätzlichen wirkstoffhaltigen Externa, häufig kombiniert mit lokalen UV-Licht-Bestrahlungsverfahren und z. T. auch systemischen Therapien. Isolierte Effekte einzelner therapeutischer Optionen (einschließlich der Basistherapie) können im Rahmen dieser komplexen therapeutischen Maßnahmen kaum abgegrenzt werden.

Das spricht allerdings keineswegs gegen einen Nutzen und sinnvollen Einsatz von Betulin-Emulsionen auch in der stationären Therapie. Auch hier kommt der Basistherapie des Handekzems unstrittig eine wesentliche Bedeutung zu [19].

Mehrere In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen weisen darauf hin, dass die in der Betulin-Emulsion enthaltenen Triterpene anti-inflammatorische Eigenschaften aufweisen [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [24] [25]. Diese Befunde wurden in einer Untersuchung der regenerativen und anti-entzündlichen Effekte von den auch hier verwendeten Betulin-Emulsionen bei gestörter epidermaler Barrierefunktion bestätigt [1].

Inzwischen gibt es erste Untersuchungen, die zeigen, dass Betulin auch in der Wundheilung wirksam ist [24]. An einer Phase-II-Studie [25] und drei internationalen klinischen Studien der Phase III [26] wurde der Effekt in der Wundheilung von einer Betulin-haltigen Salbe (Oleogel) untersucht. Hierbei wurde nachgewiesen, dass das Betulin-haltige Oleogel die Wundheilung beschleunigt.

Das Ergebnis der NIS 2, dass in leichten Fällen des chronischen Handekzems die Betulin-Emulsion eine Wirksamkeit ohne weitere Begleittherapie entfaltet, erscheint so erklärlich.

Insgesamt können vor diesem Hintergrund Betulin-Emulsionen auch als Basistherapie des berufsbedingten Handekzems im BGlichen Heilverfahren nach § 3 Berufskrankheitenverordnung in Betracht gezogen werden [26] [27]. Darüber hinaus erscheint es auf der Basis der hier dargestellten Ergebnisse möglich, die Betulin-Emulsionen als alleinige Therapieform bei leichten Verlaufsformen des Handekzems anzuwenden.


#

Ausblick

Die Ergebnisse dieser nicht-interventionellen Untersuchungen zur Effektivität und Verträglichkeit von Betulin-Emulsionen verdeutlichen die Notwendigkeit zur Durchführung einer effektiven Basistherapie im Rahmen der Behandlung chronischer Handekzeme. Es ist wünschenswert, dass die guten Ergebnisse der hier vorgestellten NIS 1 und NIS 2 an größeren Patientenkollektiven, am besten unter Berücksichtigung beruflich bedingter Handekzeme, überprüft und bestätigt werden. Es ist davon auszugehen, dass die anti-inflammatorischen Eigenschaften von Betulin-Emulsionen bei leichten Formen von Handekzemen ausreichend effektiv sind und dass in diesen Fällen auf eine weitere anti-inflammatorische Therapie mit z. B. topischen Glukokortikoiden verzichtet werden kann.


#

Fazit für die Praxis

  • Betulin-Emulsionen sind W/O-Emulsionen, die auf tensidische Emulgatoren verzichten können und die aufgrund ihrer Zusammensetzung ein äußert geringes Allergiepotenzial besitzen.

  • Betulin-Emulsionen eignen sich zur Basistherapie sämtlicher Formen und Schweregrade von Handekzemen.

  • Bei leichen Handekzemformen eignen sich die Betulin-Emulsionen aufgrund ihres anti-inflammatorischen Effeks zur alleinigen Therapie.


#
#

Interessenkonflikt

Prof. Skudlik und Prof. Pföhler erhielten Referentenhonorare der Firma Birken, Dr. Schorn war Mitarbeiter der Birken AG.

  • Literatur

  • 1 Laszczyk MN, Reitenbach-Blindt I, Gehring W. Regenerative und anti-entzündliche Effekte von Betulin-Emulsionen bei gestörter epidermaler Barrierefunktion. Akt Dermatol 2009; 35: 1-5
  • 2 Daniels R, Laszczyk MN. Betulin für tensidfreie Emulsionen. Pharm Ztg 2008; 11: 34-36
  • 3 Laszczyk MN, Jäger S, Simon-Haarhaus B et al. Physical, chemical and pharmacological characterization of a new oleogel-forming triterpene extract from the outer bark of the birch (betulae cortex). Plant Med 2006; 72: 1389-1395
  • 4 Weigenand O, Hussein AA, Lall N et al. Antibacterial Activity of Naphtoquinones and Triterpenoids from Euclea natalensis Root Bark. J Nat Prod 2004; 67: 1936-1938
  • 5 Adomat C, Gehring W. Protektiver Effekt von Betulin-Emulsionen. Akt Dermatol 2013; 39: 499-503
  • 6 Kuiate JR, Mouokeu S, Wabo HK et al. Antidermatophytic Triterpenoids from Syzygium jambos (L.) Alston (Myrtaceae). Phytother Res 2007; 21: 149-152
  • 7 Alakurtti S, Makela T, Koskimies S et al. Pharmacological Properties of the Ubiquitous Natural Product Betulin. Eur J Pharm Sci 2006; 29: 1-13
  • 8 De la Puerta R, Martinez-Dominguez E, Ruiz-Guiterrez V. Effect of minor components of virgin olive oil on topical anti-inflammatory assays. Z Naturforsch [C] 2000; 55: 814-819
  • 9 Fernandez MA, de las Heras B, Garcia MD et al. New insights into the mechanism of action of the anti-inflammatory triterpene lupeol. J Pharm Pharmacol 2001; 53: 1533-1539
  • 10 Manez S, Recio MC, Giner RM et al. Effect of selected triterpenoids on chronic dermal inflammation. Eur J Pharmacol 1997; 334: 103-105
  • 11 Recio MC, Giner RM, Manez S. Investigations on the steroidal anti-inflammatory activity of triterpenoids from Diospyros leucomelas. Planta Med 1995; 61: 9-12
  • 12 Jay V, Bernhard P, Pourrat H et al. An innovative ingredient for a better skin protection. SÖFW-Journal 2000; 7: 24-27
  • 13 Diepgen L, Elsner P, Schliemann S et al. Management von Handekzemen, Leitlinie, ICD-10-Ziffer: L20.L23.L24.L25.L30. JDDG 2009; 7 (Suppl. 03) 1-16
  • 14 Meding B, Järvholm B. Hand eczema in Swedish adults – changes in prevalence between 1983 and 1996. J Invest Dermatol 2002; 118: 719-723
  • 15 Meding B, Järvholm B. Incidence of hand eczema – a population based retrospective study. J Invest Dermatol 2004; 122: 873-877
  • 16 Berg S. Prävalenz von Handekzemen in Heidelberg und weltweit – die Heidelberger Prävalenzstudie im Vergleich mit Ergebnissen aus der Literatur. Dissertation. Heidelberg: 2005
  • 17 Mortz CG, Lauritsen JM, Bindslev-Jensen C et al. Prevalence of atopic dermatitis, asthma, allergic rhinitis, and hand and contact dermatitis in adolescents. The Odense Adolescence Cohort Study on Atopic Diseases and Dermatitis. Br J Dermatol 2001; 144: 523-532
  • 18 Diepgen TL, Agner T, Aberer W et al. Management of chronic hand eczema. Contact Dermatitis 2007; 57: 203-210
  • 19 Staubach P, Lunter DJ. Basistherapie in der Dermatologie – Geeignete Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen. Ästhetische Dermatologie und Kosmetologie 2014; 3: 26-34
  • 20 Lodén M, Wiren K, Smerud K et al. Treatment with a Barrier-strengthening Moisturizer Prevents Relapse of Hand-eczema. An Open, Randomized, Prospective, Parallel Group Study. Acta Dermato Venereologica 2010; 90: 602-606
  • 21 Studien der Birken AG. auf: www.imlan.de/wie-wirkt-imlan/studien.html
  • 22 Meyer-Hoffert U, Brasch J. Allergic contact dermatitis caused by betulin-containing triterpene extract from the outer bark of birch (Betula alba). Contact Dermatitis 2013; 68: 382-383
  • 23 Ebeling S, Naumann K, Pollok S et al. From a Traditional Medicinal Plant to a Rational Drug: Understanding the Clinically Proven Wound Healing Efficacy of Birch Bark Extract. PLOS ONE 2014; 9: e86147
  • 24 Metelmann HR, Brandner J, Schumann H et al. Accelerating the aesthetic benefit of wound healing by triterpene. J Craniomaxillo Fac 2012; 40: e150-154
  • 25 Aus www.clinicaltrials.gov Oleogel-S10 in Wound Healing of Skin Graft Donor Sites (BSG-12); Oleogel-S10 in Wound Healing of Split-Thickness Skin Graft Donor Sites (BSH-12); Oleogel-S10 Versus Standard of Care in Healing of Grade 2a Burn Wounds (BBW-11).
  • 26 Skudlik C, Breuer K, Jünger M et al. Optimierte Versorgung von Patienten mit berufsbedingten Handekzemen – Hautarztverfahren und Stufenverfahren Haut der gesetzlichen Unfallversicherung. Hautarzt 2008; 59: 690-695
  • 27 Skudlik C, Lindemann B, Woltjen M et al. (“With all suitable means”. Off-label-use and public statutory employers’ liability insurance.) „Mit allen geeigneten Mitteln“: Off-Label-Use und Berufsgenossenschaften. Hautarzt 2013; 64: 743-747

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Claudia Pföhler
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Kirrbergerstraße
66421 Homburg/Saar