Pneumologie 2014; 68(10): 648
DOI: 10.1055/s-0034-1394338
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Idiopathische Lungenfibrose – Neuer Tyrosinkinase-Inhibitor begrenzt die FVC-Abnahme

Rezensent(en):
Matthias Manych
Richeldi L et al.
N Engl J Med 2014;
370: 2071-2082
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Oktober 2014 (online)

 

    Bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) kommt den Wachstumsfaktoren VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), FGF (Fibroblast Growth Factor) und PDGF (Platelet Derived Growth Factor) vermutlich eine zentrale pathogenetische Rolle zu. Der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib blockiert in den Fibroblasten die Rezeptoren dieser Wachstumsfaktoren. Auf Basis einer Phase-II-Dosisfindungsstudie haben L. Richeldi et al. die Wirksamkeit und Sicherheit von Nintedanib bei IPF-Patienten insbesondere in Bezug auf Veränderungen der forcierten Vitalkapazität (FVC) geprüft.
    N Engl J Med 2014; 370: 2071–2082

    In die 2 Phase-III-Studien (INPULSIS-1, -2) mit identischem Design (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert, Parallelgruppen) wurden IPF-Patienten aufgenommen, die 40 Jahre oder älter waren und deren Diagnose seit max. 5 Jahren bestand. Weitere Aufnahmekriterien waren eine FVC von ≥ 50 % des Sollwerts, eine Diffusionskapazität (DLco) von 30 – 79 % des Sollwerts und das Ergebnis einer hochauflösenden CT aus den vergangenen 12 Monaten. Die Studie umfasste 52 Behandlungswochen, in denen die Verumpatienten 2-mal täglich 150 mg Nintedanib einnahmen. Der primäre Endpunkt bestand in der jährlichen FVC-Abnahme; zu den wichtigsten sekundären Endpunkten zählten die Zeit bis zur ersten akuten IPF-Exazerbation und die mit dem St. George’s Respiratory Questionnaire (SGRQ) bestimmte Lebensqualität.

    In der INPULSIS-1-Untersuchung erhielten 513 Patienten mind. eine Dosis der Studienmedikation (309 mal Verum, 204 mal Placebo), bei INPULSIS-2 waren es 548 Patienten (329 Verum, 219 Placebo). In beiden Studien erreichte die Dosisintensität bei 75,9 % der Verum-Patienten über 90 %. Die jährliche FVC-Abnahme betrug in INPULSIS-1 unter Nintedanib –114,7 ml und in der Placebo-Gruppe –239,9 ml (Differenz: 125,3 ml, p < 0,001). In INPULSIS-2 nahm die FVC um 113,6 ml (Nintedanib) bzw. um 207,3 ml (Placebo) ab (Differenz: 93,7 ml, p < 0,001). Die Robustheit dieser Ergebnisse wurde in vorgegebenen Sensitivitätsanalysen bestätigt. Keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Tyrosinkinase-Inhibitor und Placebo ergab INPULISIS-1 hinsichtlich der Zeit bis zur 1. Exazerbation (Hazard Ratio [HR] 1,15, p = 0,67). Dagegen verbesserte sich dieser Parameter in INPULSIS-2 unter Verum gegenüber Placebo deutlich (HR 0,38, p = 0,005). Die Lebensqualität entsprechend SGRQ nach 52 Wochen war in INPULSIS-1 bei beiden Patientengruppen gleich (Nintedanib 4,34 Punkte, Placebo 4,39 Punkte, p = 0,97). In INPULSIS-2 stieg der SGRQ-Score unter Verum weniger stark an als unter Placebo (Nintedanib 2,80 Punkte, Placebo 5,48 Punkte, p = 0,02).

    Unter der Tyrosinkinase-Inhibitor-Behandlung waren in beiden Studien leichte bis mittelschwere Diarrhöen die häufigste unerwünschte Nebenwirkung. Das führte bei 4,5 % (INPULISIS-1) und 4,3 % (INPULSIS-2) der Verum-Patienten zum vorzeitigen Therapieabbruch. Insgesamt gab es im Studienzeitraum unter Nintedanib mit 5,5 % etwas weniger Todesfälle als unter Placebo (7,8 %, HR 0,70, p = 0,14).

    Fazit

    Nach den Daten der beiden Phase-III-Studien mit Nintedanib bei IPF verringert der Tyrosinkinase-inhibitor die jährliche FVC-Abnahme und verbesserte in INPULSIS-2 deutlich die Zeit bis zur 1. IPF-Exazerbation sowie die Lebensqualität.


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