Ergotherapiekonzept zur Verbesserung der Fahreignung älterer Menschen
Die Bachelorarbeit
Das Autofahren ermöglicht vielen älteren Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, mehr Selbstständigkeit und ein erhöhtes Maß an Autonomie. Das ist vor allem auf dem Land wichtig, wo das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln schwach ist. Als Ergotherapeutin in einer orthopädischen Rehaklinik erlebte Michaela Oldenbüttel, was der Verlust des Autofahrens durch eine chronische Erkrankung für Menschen bedeutet und dass das im Widerspruch zu den Zielen der Ergotherapie steht. Das veranlasste sie, ein ergotherapeutisches Konzept zum Erhalt und zur Verbesserung der Fahreignung älterer Menschen zu entwickeln.
Vorbereitend stellte sie sich die Frage, wie ältere Menschen ihre Fahreignung selbst einschätzen und ob sie bereit sind, auf das Autofahren zu verzichten. Anhand eines Fragebogens interviewte sie 43 Patienten einer orthopädischen Rehaklinik. Die 17 Männer und 26 Frauen waren zwischen 60 und 95 Jahre alt und im Besitz eines Führerscheins. Zudem befragte sie sieben Fahrschulen im Umkreis telefonisch zum Angebot spezieller Fahrtrainings für ältere Menschen.
Ergebnis
Die Ergotherapeutin fand heraus, dass sich von den befragten Personen Frauen eher als eine Gefahr im Straßenverkehr betrachten als Männer. Die interviewten Männer hingegen zeigten eine höhere Bereitschaft, den Führerschein abzugeben. Nur eine der befragten Fahrschulen bot ein Fahrsicherheitstraining an, welches für die Bedürfnisse der Autofahrer 65+ konzipiert ist.
Basierend auf den Interviews und einer Literaturrecherche entwarf Michaela Oldenbüttel ein Übungsprogramm zur Verbesserung der Fahreignung. Das erstellte ergotherapeutische Konzept besteht aus einem Prä-Test, fünf Modulen zur Verbesserung der zum Autofahren notwendigen Fähigkeiten und einem Post-Test. Der Prä-Test gibt Aufschluss über aktuelle Fähigkeiten und Defizite. Anschließend erfolgt das mindestens vierwöchige Trainingsprogramm, welches sowohl im Rahmen der Therapie als auch nach Anleitung selbstständig durchgeführt werden kann. Die fünf Module beinhalten gezielte Übungen und decken folgende Faktoren ab:
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verlangsamte Reizaufnahme und Verarbeitungsgeschwindigkeit: Reaktionsspiele
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nachlassende Reaktionsgeschwindigkeit: Ballspiele
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Verlangsamung von Bewegungen und motorische Reaktionen: Koordinationstraining mit Überkreuzen der Körpermittellinie
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eingeschränkte Beweglichkeit: Übungen für die Beweglichkeit der Arme und der HWS
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erhöhte Störempfindlichkeit bei Reizüberflutung, Ablenkungen und Irritationen: Konzentrations- und Gedächtnistraining
Im Anschluss an das Programm erfolgt ein Post- Test, um die Fahreignung erneut festzustellen.
Fazit
Zusammenfassend hält Michaela Oldenbüttel fest, dass …
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> ihr Konzept neben dem Einsatz im therapeutischen Setting durchaus auch als Präventionsmaßnahme in Kooperation mit Krankenkassen, Versicherungen sowie Fahrschulen dienen kann. Das heißt, die Maßnahme hat das Potenzial, um Unfallzahlen zu reduzieren und Kosten einzusparen.
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> eine Folgestudie zur Überprüfung der Effektivität ihres Trainingsprogrammes sinnvoll ist – auch, um es auf andere Patientengruppen, beispielsweise mit neurologischen Einschränkungen, anzupassen.
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> solange keine gesetzlichen Regelungen im Bezug auf das Autofahren im Alter getroffen werden, jeder Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll und selbstreflektiert agieren sollte, um Unfälle zu verhindern.
→ Koch M. Autofahren bei älteren Personen und die Möglichkeit der positiven Einflussnahme in diesem Zusammenhang im Bereich der Ergotherapie. Bachelorarbeit der AS Akademiestiftung Hellweg; 2011