Aktuelle Dermatologie 2014; 40(12): 484
DOI: 10.1055/s-0034-1396388
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Malignes Melanom – Betablocker können Mortalitätsrate nicht senken

Contributor(s):
Dunja Voos
McCourt C et al.
Br J Dermatol 2014;
170: 930-938
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Publication History

Publication Date:
08 December 2014 (online)

 

Betablocker haben einen potenziellen antiangiogenetischen und antimigratorischen Effekt auf Krebszellen. Zwei Studien der letzten Jahre gaben Hinweise darauf, dass Betablocker bei Melanompatienten möglicherweise die Mortalitätsrate senken könnten. Die Wissenschaftler um C. McCourt haben hierzu in Irland eine Fallkontrollstudie durchgeführt, in der sie diese Hinweise allerdings nicht untermauern konnten.
Br J Dermatol 2014; 170: 930–938

In Großbritannien sind zurzeit mehr als 12 000 Menschen an einem malignen Melanom erkrankt. Jedes Jahr sterben dort rund 2000 Menschen daran. Bei kaum einer anderen Krebserkrankung nehmen die Fallzahlen so schnell zu. Zudem ist die Prognose für Patienten mit einem metastasierten Melanom schlecht.

Wachstum und Invasion des malignen Melanoms hängen stark von angiogenetischen Faktoren ab. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Noradrenalin die Produktion des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) hochregulieren kann. Außerdem verstärkt es die Produktion der Interleukine 8 und 6 in menschlichen Melanomzellen. Diese Wirkung kann durch den nichtselektiven Betablocker Propranolol vollständig geblockt werden. Außerdem zeigten Experimente mit menschlichen und tierischen Krebszellen, dass Propranolol die Angiogenese hemmen und die Migration von Krebszellen unterbrechen kann, indem es die Noradrenalin-abhängigen Antworten hemmt. Trotz dieser Erkenntnisse gab es bisher nur 2 Studien, die zeigten, dass die Einnahme von Betablockern nach bzw. vor der Melanomdiagnose mit einer verminderten Mortalitätsrate assoziiert ist. Eine weitere, holländische Studie konnte diesen Zusammenhang nicht bestätigen.

C. McCourt und Kollegen vom Belfast Health and Social Care Trust analysierten nun die Daten von 1876 Patienten, die in den Jahren 1998–2010 die Diagnose „malignes Melanom“ erhalten hatten. Die Daten stammten aus dem britischen Clinical Practice Research Datalink (CPRD) sowie aus dem National Cancer Data Repository (NCDR) und dem Office of National Statistics (ONS). Jeder Studienteilnehmer, der am malignen Melanom verstorben war, wurde mit 4 Kontrollpatienten verglichen, die im selben Jahr die Diagnose erhalten und im Anschluss mindestens genauso lange überlebt hatten.

Kein Zusammenhang zwischen Betablockern und Mortalitätsrate

Die durchschnittliche Zeit zwischen Diagnose und Melanom-bedingtem Tod betrug 3,3 ± 2 Jahre. 20,2 % der 242 Patienten, die am malignen Melanom verstorben waren, wurden nach der Diagnose mit Betablockern behandelt. Von den 886 passenden Kontrollpatienten hatten 20,3 % nach Diagnosestellung Betablocker erhalten. Es bestand also kein Zusammenhang zwischen der Gabe von Betablockern und dem krebsspezifischen Tod (Odds Ratio [OR] = 0,99; 95 %-Konfidenzintervall [KI] = 0,68–1,42). Dieses Ergebnis veränderte sich auch unter Berücksichtigung möglicher Störfaktoren nicht (OR = 0,87; 95 %-KI = 0,56–1,34). Zudem konnten die Wissenschaftler keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen der Mortalitätsrate und den Betablocker-Typen oder den täglichen Dosierungen feststellen.

Fazit

Der Verlauf des malignen Melanoms wird durch angiogenetische Faktoren mitbestimmt. Studien legten den Verdacht nahe, dass Betablocker einen Einfluss auf die krankheitsspezifische Mortalitätsrate haben könnten. Die aktuelle Studie der irischen Wissenschaftler um C. McCourt konnte hier jedoch keinen Zusammenhang feststellen. Aufgrund der widersprüchlichen Studienlage seien weitere Studien notwendig, so die Autoren.


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