Pneumologie 2014; 68(12): 775
DOI: 10.1055/s-0034-1396399
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tuberkulöse Perikarditis – Kortison- und Immuntherapie enttäuschen

Contributor(s):
Horst Gross
Mayosi BM et al.
N Engl J Med 2014;
371: 1121-1130
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Publication History

Publication Date:
09 December 2014 (online)

 

    Die Komplikationen einer tuberkulösen Perikarditis lassen sich weder durch eine intensivierte Kortisontherapie noch durch eine intradermale Immuntherapie (Mycobacterium indicus pranii) wesentlich beeinflussen. Bei HIV-Patienten muss die kanzerogene Wirkung des Kortisons mit ins therapeutische Kalkül einbezogen werden, wie die prospektive Verlaufsstudie von B.M. Mayosi et al. verdeutlicht.
    N Engl J Med 2014; 371: 1121–1130

    Die durch Mycobakterium tuberculosis verursachte Perikarditis hat per se eine schlechte Prognose. Die Progredienz der Erkrankung könnte durch den antiinflammatorischen Effekt einer hochdosierten Kortisontherapie begrenzt werden. Zu deren Effektivität gibt die Literatur allerdings widersprüchliche Empfehlungen. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob eine intradermale Immuntherapie mit inaktiviertem Mycobacterium indicus pranii indiziert sein könnte. Bei Infektionen mit Mycobacterium leprae hat sich dieser Ansatz bewährt.

    Im Rahmen einer Langzeitbeobachtung prüften die Autoren die beiden Therapiekonzepte (Kortison- und Immuntherapie) bei 1400 Patienten mit einer gesicherten oder wahrscheinlichen tuberkulösen Perikarditis. Diese erhielten randomisiert entweder Prednisolon (Initial 120 mg absteigend bis 5 mg) für 6 Wochen oder eine Immuntherapie mit 5 intradermalen Injektionen von inaktiviertem Mycobacterium indicus pranii. Jedem Therapiekonzept wurde eine Placebogruppe zugeordnet. Als kombinierten Studienendpunkt definierten die Autoren das Auftreten einer interventionsbedürftigen Perikardtamponade, einer Pericarditis constrictiva oder eines letalen Ereignisses. Wegen der hohen Koinzidenz mit HIV-Infektionen wurden deren typische Komplikationen zusätzlich erfasst.

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    Im Gegensatz zu Deutschland spielen extrapulmonale Verlaufsformen der Tuberkulose in Afrika eine bedeutende Rolle. (Bild: © Melissa Brower/CDC)

    Sowohl Kortison als auch die Immuntherapie blieben ohne wesentlichen therapeutischen Effekt. Ein Endpunktereignis trat therapieunabhängig bei ca. 25 % auf. Die Analyse zeigte eine gruppenunabhängige Mortalität von etwa 20 %. Eine bedrohliche Perikardtamponade war im Durchschnitt bei 3 % aufgetreten. Ein singulärer Therapieeffekt unter Kortison betraf die Pericarditis constrictiva: Deren Inzidenzrate fiel, gegenüber Placebo, von 8 auf 4 %. Demgegenüber stieg bei den HIV-Patienten unter Kortison die Rate für HIV-typische Karzinome massiv an (0,1 vs. 1,3 %). Auch Candida-Infektionen waren hiervon betroffen (5 vs. 8 %).

    Fazit

    Der therapeutische Einsatz von Kortison bei tuberkulöser Perikarditis ist nur zu erwägen, wenn die Vermeidung oder Therapie der Pericarditis constrictiva im Vordergrund steht. Hier wirkt Kortison nachhaltig. Bei der Indikationsstellung muss berücksichtigt werden, dass bei HIV-Patienten unter Kortison Neoplasmen induziert werden können. Für die Immuntherapie mit Mycobacterium indicus pranii dagegen wurde keine therapeutische Relevanz erkennbar.


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    Im Gegensatz zu Deutschland spielen extrapulmonale Verlaufsformen der Tuberkulose in Afrika eine bedeutende Rolle. (Bild: © Melissa Brower/CDC)