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DOI: 10.1055/s-0034-1396540
Internationale Studienergebnisse
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
28 November 2014 (online)
- Deutschlandweite Befragung – So denken Therapeuten über ihre Zukunft
- „Was müsste sich Ihrer Meinung nach an der Berufssituation ändern?“ – Stimmen aus der Studie
- Geistige Fitness – Sport erhöht Gedächtnisleistung – bis 70 Jahre
- Zitat
- Chronischer Schmerz – Für Ärztinnen zählt der subjektive Befund mehr
- Sturzprävention – Aktiv gegen das Sturzrisiko
- Chronic Disease Management – Ein starkes Trio
Deutschlandweite Befragung – So denken Therapeuten über ihre Zukunft
Direktzugang, Akademisierung, Weiterbildung – die Liste der aktuellen Diskussionsthemen in den Gesundheitsberufen ist lang. Doch was denken Physio- und Ergotherapeuten selbst über die Zukunft ihrer Berufe? Eine berufspolitisch unabhängige Arbeitsgruppe von Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten befragte über acht Monate hinweg Therapeuten in Deutschland und veröffentlichte jetzt erste Ergebnisse.
Insgesamt 3.506 Fragebögen, darunter 2.233 von Physio- und 1.273 von Ergotherapeuten, konnte die Forschergruppe auswerten. Die Befragten waren im Schnitt 36 Jahre alt und überwiegend weiblich (81,6 Prozent). Der größte Teil der Therapeuten war angestellt, knapp ein Drittel selbstständig. Über einen akademischen Abschluss verfügten 14,2 Prozent der Befragten.
Neben geschlossenen Fragen konnten die Teilnehmer Kommentare dazu abgeben, was sich ihrer Meinung nach in der Physio- bzw. Ergotherapie ändern müsste. Bei der Auswertung gruppierten die Wissenschaftler die Antworten in die acht Hauptthemen: Bezahlung, Mitsprache, Anerkennung, Aus- und Fortbildung, Kooperation, Erstzugang, Akademisierung und Sonstige (Grafik rechts).
In vielen Punkten waren sich die Physiotherapeuten einig. Die meisten befürworten beispielsweise den Direktzugang und fühlen sich auch schon jetzt dazu befähigt. Ebenso sieht die Mehrheit Änderungsbedarf in der Ausbildung. Hier müssten die Lehrkräfte besser qualifiziert sein und die Kosten gesenkt werden. Auseinander gingen dagegen die Meinungen, ob es in bestimmten Bereichen wie der Neurologie einen Einheitsberuf aus Physio- und Ergotherapie geben sollte. Jeder Fünfte sähe darin eine deutliche Qualitätssteigerung, die anderen fordern weiterhin eine Abgrenzung der Berufe.
Die Ergebnisse dienen jetzt als Grundlage für die zukünftige Entwicklung der Berufe, so die Autoren.
rrn
Gesundheitswesen 2014; doi: 10.1055/s-0034-1387711
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„Was müsste sich Ihrer Meinung nach an der Berufssituation ändern?“ – Stimmen aus der Studie
„Nach zehn Jahren Berufserfahrung sollte jeder Therapeut einen Direktzugang bekommen.“
„Nur Hochschulabsolventen sollten eine Direktzugangserlaubnis bekommen.“
„Gut wäre ein gemeinsames Grundstudium mit den Medizinstudenten oder ein Studium auf Medizinniveau.“
„Für den Direktzugang brauchen wir dringend eine Lobby und die versicherungstechnische Rückendeckung.“
„Wir brauchen bezahlbare Studienplätze und müssen wegkommen von Privat- Fachhochschulen.“
Anteil der Kommentare zum Änderungsbedarf bezogen auf die acht übergeordneten Themen


„Die Ausbildung müsste flächendeckend akademisiert werden.“
„Wir brauchen neue Arbeitsfelder, sonst lässt sich die Zukunft unserer Berufe nicht sichern.“
„Wir dürfen keine Angst mehr davor haben, hohe Preise für unsere Arbeit zu verlangen.“
„Für eine bessere Patientenversorgung muss eine genauere Befundung durch die Ärzte her.“
Nach einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands kann eine kardiopulmonale Diagnostik Hinweise auf ein funktionelles Defizit des M. quadriceps geben. Zu diesem Ergebnis kamen brasilianische Forscher in ihrer Beobachtungsstudie.
Um die Leistungsfähigkeit des Muskels in der Frührehabilitation zu testen, benötigt man eine Untersuchungsmethode, die das Transplantat nicht zu sehr belastet. Forscher aus São Paulo suchten nach einer solchen Funktionsdiagnostik. Sie rekrutierten dafür zwei Frauen und sieben Männer nach einer Rekonstruktionsoperation des vorderen Kreuzbands. Alle waren in einem sehr guten Trainingszustand und durchschnittlich 32 Jahre alt. Die Untersuchung fand zwei Monate postoperativ statt und bestand aus zwei Einheiten auf dem Fahrradergometer.
Am ersten Tag fuhren die Probanden nur mit dem nicht operierten Bein einige Drei-Minuten-Intervalle. Dabei bestimmten die Wissenschaftler die Wattzahl, bei der die Herzfrequenz der Probanden konstant auf 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz (220 – Lebensalter) blieb. Am zweiten Tag maßen sie zuerst den Ruhepuls aller Probanden. Im Anschluss daran radelten die Teilnehmer nur mit dem operierten Bein für fünf Minuten mit der am Vortag festgelegten Wattzahl. Danach erholten sie sich so lange, bis der Ruhepuls wieder erreicht war. Derselbe Ablauf fand mit dem nicht operierten Bein statt.
Vor, während und unmittelbar nach dem Test maßen die Forscher die Herzfrequenz und unter anderem folgende Atemgaswerte jedes Atemzugs:
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> Sauerstoffaufnahme (VO2)
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> Kohlendioxidabgabe (VCO2)
-
> Atemminutenvolumen (VE)
-
> Atemfrequenz (f)
Nach der fünfminütigen Trainingseinheit mit dem operierten Bein waren die VO2, VCO2, Herz- und Atemfrequenz sowie das VE signifikant höher als beim Training mit dem nicht operierten Bein. Die Wissenschaftler vermuten, dass das an der schlechten Bewegungsökonomie aufgrund des schlechten Sauerstoffstatus und der niedrigeren Muskelmasse im operierten Bein liegt. Therapeuten können somit Herzund Atemfrequenz nutzen, um in einer frühen postoperativen Phase Rückschlüsse auf den funktionellen Status des Patienten zu ziehen.
smo
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Geistige Fitness – Sport erhöht Gedächtnisleistung – bis 70 Jahre
Senioren können durch regelmäßigen Sport ihre Hirndurchblutung und Gedächtnisleistung verbessern. Dies gilt allerdings nur bis zu einem Alter von 70 Jahren, fanden Neurowissenschaftler aus Magdeburg heraus.
Für ihre Untersuchung rekrutierten die Forscher 40 gesunde, aber sportlich untrainierte Probanden und verteilten sie in zwei Gruppen. In jeder Gruppe war die eine Hälfte über 70 und die andere unter 70 Jahre alt. Die eine Gruppe trainierte über drei Monate hinweg regelmäßig auf dem Laufband, die Kontrollgruppe führte über diesen Zeitraum lediglich Dehnund Entspannungsübungen durch. Vor und nach den drei Monaten testeten die Wissenschaftler die körperliche Verfassung und die Gedächtnisleistung der Probanden, indem sie ihnen aufgaben, sich abstrakte Abbildungen zu merken und diese wiederzugeben. Zudem machten sie MRT-Aufnahmen der Gehirne der Teilnehmer.


Die Ergebnisse nach drei Monaten zeigten: Bei etwa 80 Prozent der unter 70-Jährigen in der Laufgruppe hatte sich durch das Training nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die Durchblutung des Hippocampus und das visuelle Erinnerungsvermögen verbessert. Bei den über 70-Jährigen der Laufgruppe und allen Probanden der Kontrollgruppe blieben diese Effekte aus.
rrn
Mol Psychiatry 2014. doi: 10.1038/mp.2014.114
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Zitat
»AUCH MIT 60 KANN MAN NOCH 40 SEIN – ABER NUR NOCH EINE HALBE STUNDE AM TAG.«
Anthony Quinn, 1915–2001, mexikanisch-US-amerikanischer Schauspieler
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Chronischer Schmerz – Für Ärztinnen zählt der subjektive Befund mehr
Viele Patienten teilen die Meinung, weibliche Ärzte würden sich bei der Untersuchung mehr Zeit nehmen, eher präventive Maßnahmen befürworten und mehr psychosoziale Informationen aufnehmen.
Eine Forschergruppe aus Portugal wollte diese Annahme nun mit Zahlen belegen und rekrutierte für ihre Umfrage 310 weibliche und männliche Allgemeinmediziner. Die Wissenschaftler entwickelten drei verschiedene Fragebögen, die alle dieselbe alltägliche Situation beschrieben: Ein Patient kommt in die Praxis und berichtet von langanhaltenden, starken Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich. Die drei Fragebögen unterschieden sich darin,
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> ob der Patient weiblich oder männlich war,
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> wie der Patient sich verhielt und seine Beschwerden beschrieb (eindringlich oder neutral) und
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> ob der Patient objektive Daten wie MRTAufnahmen oder Röntgenbilder mitgebracht hatte, die zum Beispiel auf einen Bandscheibenvorfall hindeuteten.


Die Probanden sollten die Schmerzangaben des Patienten beurteilen und angeben, ob sie ihm eine Therapieverordnung oder eine Überweisung an einen Spezialisten ausstellen würden. Nach der Auswertung stellten die Autoren tatsächlich Unterschiede fest: Für die männlichen Ärzte zählten die objektiven Befunde mehr als die subjektiven Beschreibungen des Patienten, vor allem dann, wenn es um die Verordnung von psychologischer und psychiatrischer Hilfe ging. Sie empfahlen zum Beispiel seltener eine Gesprächstherapie, wenn beim Patienten schlüssige organische Befunde vorlagen. Bei ihren weiblichen Kolleginnen war dieser Unterschied weniger ausgeprägt.
rrn
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Sturzprävention – Aktiv gegen das Sturzrisiko
Physio- und Ergotherapeuten können im Zuge des „Chronic Disease Managements“ des Hausarztes innerhalb von fünf Behandlungen dazu beitragen, das Fallrisiko von älteren Menschen zu verringern (unten). Dies fanden zwei Wissenschaftlerinnen von der University of Sydney in ihrer Studie heraus.


Abb.: teaserstock/fotolia.de
Die Forscherinnen rekrutierten acht Probanden aus zwei Hausarztpraxen in Sydney und New South Wales. Die Teilnehmer waren im Schnitt 81,3 Jahre alt, alleinstehend und im letzten Jahr gestürzt oder hatten Angst davor, zu fallen. In der Studie wurden sie von Physiound Ergotherapeuten aus den umliegenden Praxen betreut. Zu Beginn der Studie durchliefen alle Probanden das Westmead Home Safety Assessment, welches das Sturzrisiko bestimmte. Alle Therapeuten wurden zudem vorab geschult, wie sie das Otago-Übungsprogramm mit den Probanden durchführen (physiopraxis 4/13, S. 34). Das Programm umfasste fünf Hausbesuche in sechs Wochen, bei denen die Therapeuten die Probanden unter anderem zu Kräftigungsübungen für die Beinmuskulatur, Gleichgewichtsübungen und einem Trainingsplan für regelmäßige Spaziergänge anleiteten. Dies alles sollten sie zwischen den Hausbesuchen auch selbstständig fortführen. Zusätzlich berieten sie die Teilnehmer zu Wohnraumanpassungen und begleiteten deren Umsetzung.
Das Ergebnis: Bei allen Patienten nahm das Fallrisiko signifikant ab und sie verbesserten sich in ihren Aktivitäten des täglichen Lebens und ihren physischen Kapazitäten.
Die australischen Richtlinien zur Fallprävention beinhalten seit 2009 die Empfehlung an Hausärzte, ihre älteren Patienten jährlich zu befragen, wie oft sie stürzen, und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Dieser Schritt unterstreicht die Relevanz dieser Untersuchungsergebnisse und soll weitere Forschungen zum Thema anregen.
Saja
Aust Fam Physician 2014; 4: 211–215
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Chronic Disease Management – Ein starkes Trio
Im Zuge des „Chronic Disease Managements“ arbeiten Hausärzte, Physio- und Ergotherapeuten folgendermaßen zusammen:
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1. Der Arzt untersucht mögliche medizinische Faktoren, die das Fallrisiko des Patienten beeinflussen können, und erstellt einen Managementplan.
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2. Der Arzt überweist den Patienten zur Ergound Physiotherapie.
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3. Woche 1: Hausbesuch durch einen Physiotherapeuten. Er leitet den Patienten zum Otago-Übungsprogramm an.
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4. Woche 1: Hausbesuch durch einen Ergotherapeuten. Er beurteilt die Situation des Patienten mithilfe des Westmead Home Safety Assessments und der Falls Behavioural Scale (FaB), er gibt Ratschläge zur Wohnraumanpassung, zum Beispiel Stolperfallen wie Teppiche zu beseitigen, überprüft, wie der Patient das OtagoÜbungsprogramm alleine durchführt, und korrigiert ihn bei Bedarf.
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5. Woche 2: Hausbesuch durch einen Physiotherapeuten. Er überprüft auch, wie der Patient das Übungsprogramm durchführt, und verbessert ihn bei Bedarf.
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6. Woche 5: Hausbesuch durch einen Ergotherapeuten. Er überprüft erneut, wie der Patient seine Übungen durchführt und bewertet die Fortschritte. Zudem gibt er Sicherheitsratschläge für den Alltag.
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7. Woche 6: Hausbesuch durch einen Ergooder Physiotherapeuten. Neben andere Dingen überprüft er ein letztes Mal das Übungsprogramm und gibt Ratschläge, wie der Patient die Übungen auch weiterhin durchführt. Therapeut und Patient erstellen gemeinsam einen individuellen Plan mit präventiven Maßnahmen, um Stürze in Zukunft zu vermeiden. Zudem überprüfen sie abschließend, ob die Wohnraumanpassungen angemessen und ausreichend sind.
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8. Beide Therapeuten berichten abschließend an den Hausarzt des Patienten.


Saja
Aust Fam Physician 2014; 4: 211–215
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Abb.: teaserstock/fotolia.de

