Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(06): 276
DOI: 10.1055/s-0034-1397296
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Häufung von Atemwegsinfektionen und neurologischen Erkrankungen – Enterovirus D68 in Nordamerika

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Publikationsdatum:
08. Januar 2015 (online)

 

    Mitte August begann in Nordamerika eine ungewöhnliche Häufung von Atemwegsinfektionen, die durch das Enterovirus D68 (EV-D68) hervorgerufen wurden. Schätzungen zu den aktuellen Fallzahlen liegen derzeit nicht vor, allerdings meldeten vor allem im September und Anfang Oktober verschiedene Krankenhäuser so viele Atemwegsinfektionen wie sonst zum Höhepunkt der Grippewelle. Die Anzahl der schweren Fälle hätte dabei sogar über der der Grippesaison gelegen. Seit Mitte Oktober ist in den meisten Regionen jedoch ein Rückgang der Neuinfektionen zu beobachten. Labordiagnostisch bestätigt wurden in Kanada bisher 150 Fälle und in den USA 1116 Infektionen in 48 Bundesstaaten. Es handelt sich fast ausschließlich um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

    Das Virus wurde bereits 1962 entdeckt, war bisher jedoch relativ selten. Es verursacht in der Regel milde bis schwere Erkältungen und insbesondere Kinder, die unter Asthma leiden, können auch schwerwiegende Atemprobleme entwickeln. Bei dem diesjährigen Ausbruch werden in den USA auch 11 Todesfälle mit dem Virus in Verbindung gebracht; in Kanada verstarb ein junger, schwer asthmakranker Mann während einer Infektion mit EV-D68.

    Mit dem EV-D68-Ausbruch dieses Jahr begann in Nordamerika darüber hinaus auch eine Häufung von Fällen einer polioähnlichen Erkrankung. Einige – wenngleich auch nicht alle – der Erkrankten wurden auch positiv auf das EV-D68 getestet, bei den übrigen Patienten wurden andere Enteroviren nachgewiesen. Die betroffenen Kinder leiden unter einer Schwäche bis hin zur Lähmung mindestens einer Extremität und weisen außerdem Auffälligkeiten in der grauen Substanz des Rückenmarks auf. Ob die Lähmungen reversibel sind, ist derzeit noch nicht sicher. Bisher wurden in den USA mindestens 70 und in Kanada 17 solcher Fälle entdeckt. Anfang November wurde dann auch aus Frankreich ein Fall eines 4-jährigen zuvor gesunden Jungen gemeldet, der während einer EV-D68-Infektion eine unvollständige Lähmung von allen 4 Extremitäten entwickelte. Die Ursache für diese neurologische Erkrankung ist derzeit noch ungeklärt, ein Zusammenhang mit der EV-D68-Epidemie wird jedoch nicht ausgeschlossen.

    Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan

    Quellen: promed, CDC


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