Zusammenfassung
Die reaktive Arthritis (ReA) wird definiert als eine infektinduzierte Erkrankung, deren Hauptmanifestation die sterile Gelenkentzündung ist. Die auslösende Infektion spielt sich dabei immer extraartikulär ab, d. h. sie betrifft gelenkferne Bereiche des Organismus und verursacht durch Dissemination in die Gelenke und intraartikuläre Persistenz von vitalen Erregern oder Erregerstrukturen einige Tage bis Wochen später Entzündungen überwiegend an Strukturen des Bewegungssystems; ein wichtiges Kriterium der ReA ist das Phänomen, dass der Erreger nicht aus entzündeten Gelenkmaterialien angezüchtet werden kann. Es konnte aber gezeigt werden, dass Erregerbestandteile (z. B. Antigene) aber auch DNA im betroffenen Gelenk nachweisbar sind und damit eine dauerhafte Infektion oder zumindest eine Interaktion zwischen dem Wirt und dem Erreger (umschrieben mit dem Begriff „Persistenz“) möglich wird. Die extraartikulären Infektionen (sog. Primärinfekte) sind typischerweise bakterielle Infekte des Urogenital-, des Gastrointestinal- und des Respirationstraktes. Als häufige Erreger, die eine ReA auslösen können, wurden Chlamydien (Chlamydia trachomatis, seltener Chlamydia (bzw. Chlamydophila) pneumoniae) und Enterobakterien identifiziert. Als „Spezialfall“ einer ReA kann die Borreliose bzw. die Lyme-Arthritis angesehen werden, bei der trotz leitliniengerechter antibiotischer Therapie eine anhaltende Aktivität (mit DNA-Nachweis von Borrelien im Gelenk) bestehen kann. Auf diese Erkrankung soll aber hier nicht weiter eingegangen werden. Untersuchungen zur Prävalenz der ReA geben diese mit 40/100 000 an, die Inzidenz liegt bei 4–5/100 000. Aufgrund von klinischen und pathogenetischen Gemeinsamkeiten (Oligoarthritis der unteren Extremität, Befall des Achsenskelettes, Assoziation mit HLA-B27) gehört die ReA zur Gruppe der Spondyloarthritiden (SpA); in diesem Zusammenhang sind allerdings 2 Besonderheiten der ReA relevant: 1. für die ReA können bakterielle Erreger (z. B. Chlamydia trachomatis) und deren Persistenz in Zellen des Wirtsorganismus als ätiologisches Agens identifiziert werden und 2. ein selbstlimitierender Krankheitsverlauf tritt in 70–80% der Fälle auf. Derzeit wird die antibiotische Behandlung – wenn überhaupt – nur dann als sinnvoll angesehen, wenn die Primärinfektion noch aktiv ist (eine Ausnahme stellt z. B. die unkomplizierte Yersinien-Infektion dar); die antibiotische Behandlung der ReA per se kann derzeit nicht grundsätzlich empfohlen werden. Die Therapie der ReA zielt wie bei allen anderen Arthritiden auf ihre antiinflammatorische und immunmodulierende Wirkung ab. Hier kommen NSAR, lokale und systemische Steroide sowie langwirksame krankheitsmodifizierende „Basistherapien“ (csDMARDs/conventional synthetic disease modifying antirheumatic drugs) zum Einsatz. Der Einsatz biologischer Substanzen (im Wesentlichen TNF-Blocker) ist nur in kleineren Fallserien beschrieben, eine behördliche Zulassung steht nicht in Aussicht.
Abstract
Reactive arthritis (ReA) is defined as an inflammatory disease mainly affecting peripheral joints characterised mostly by an asymmetric oligoarthritis of the lower limbs. It occurs within days to weeks after a primary, extra-articular infection. Bacteria cannot be cultured from joint specimens; however, viable persistent bacteria and/or microbial parts such as antigens or DNA have been detected within affected joints. The primary infection mostly affects the urogenital, the gastrointestinal, or the respiratory tract. The bacteria commonly involved are Chlamydia trachomatis (e. g. causing a urethritis) and enterobacteriae (e. g. causing an enteritis). ReA prevalence is estimated to be 40/100 000 adults, the incidence is 4–5/100 000. The classical ReA form is part of the spondyloarthritis concept due to the fact that the disorders within this group share clinical and pathogenic characteristics such as involvement of lower extremity joints, axial involvement and association with HLA-B27. Nevertheless, ReA reveals some distinct features such as a primary infection acting as a trigger, the intra-articular persistence of bacteria or parts thereof and a higher likelihood of a spontaneous remission. However, the 20–30% of patients developing chronic symptoms can pose a therapeutic challenge. For the moment, antibiotic treatment is only recommended – if at all – for cases in which an active primary infection is still present (one exception would be, e. g. an uncomplicated Yersinia-induced diarrhoea). ReA patients running an active and chronic course benefit from anti-inflammatory as well as immunomodulatory agents; in severe cases, biologics such as TNF inhibitors can be useful to control signs and symptoms.
Schlüsselwörter
Reaktive Arthritis - Spondyloarthritis - Primärinfektion -
Chlamydia
Key words
reactive arthritis - spondyloarthritis - primary infection -
chlamydia