Der Königspython
Der Königspython (Python regius) ist die beliebteste und zahlenmäßig am häufigsten gehaltene
Riesenschlange. Gründe hierfür sind seine geringe Körpergröße, seine Farbvielfalt,
die
zahlreichen Zeichnungsmuster, sein umgängliches Verhalten und seine vermeintliche
Anspruchslosigkeit. Diese Schlange wird deswegen häufig zu Unrecht als sog. Anfängertier
bezeichnet und ohne ausreichende Grundkenntnisse erworben.
In der tierärztlichen Praxis schlägt sich dies in einem erhöhten Aufkommen an Anfragen
über die
Haltung und Pflege dieser Tiere, in steigenden Patientenzahlen durch haltungsbedingte
Erkrankungen und demzufolge in einem steigenden Informationsbedarf nieder. Gleichermaßen
steigen die Erwartungen an den Tierarzt hinsichtlich einer fachlich fundierten Behandlung
und
seines Fachwissens über die Biologie, Pflege und medizinische Versorgung von Reptilien.
Grundsätze für die Haltung
Für die erfolgreiche Haltung langfristig gesunder Reptilien sind einige grundsätzliche
Überlegungen unabdingbar. Alle Reptilien–nicht nur die Wildfänge, sondern auch die
Farmzuchten und alle Tiere, die in menschlicher Obhut geboren wurden oder geschlüpft
sind
– sind Wildtiere. Ihre Anpassungsfähigkeit an Bedingungen, die von den natürlichen
Gegebenheiten abweichen, ist extrem limitiert. Die Konsequenz für die Haltung und
Pflege
dieser Tiere in menschlicher Obhut ist, dass die Haltungsbedingungen im Terrarium
den
Bedingungen des natürlichen Lebensraums entsprechen müssen.
Etwa 80 % aller Erkrankungen bei Reptilien lassen sich auf mangelnde
Haltungsbedingungen zurückführen.
Als Wildtiere verfügen Reptilien über ihre ursprünglichen Instinkte. In der freien
Wildbahn
suchen Fressfeinde stets nach erkennbar kranken und schwachen Tieren. Rangniedere
Tiere
werden jedes Zeichen von Schwäche bei ranghöheren Artgenossen nutzen, um ihnen den
Rang
streitig zu machen. Um nicht zur Beute zu werden oder ihren Rang in der artspezifischen
Hierarchie zu verlieren, verschleiern erkrankte oder geschwächte Tiere ihr wahres
Befinden
solange es ihnen möglich ist. Dieses instinktgesteuerte Verhalten führt dazu, dass
gering-
bis mittelgradig schwere Erkrankungszustände für uns als Betrachter nicht ersichtlich
sind. Schließlich werden erst im fortgeschrittenen Krankheitsfall äußerlich
Krankheitssymptome sichtbar, die dann häufig sehr unspezifisch sind.
Natürlicher Lebensraum
Das natürliche Verbreitungsgebiet des Königspythons liegt im feuchtwarmen Klima
Westafrikas. Sein Lebensraum sind gras- und buschbewachsene Gebiete mit geringem
Baumbestand. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen belaufen sich auf 30–35 °C,
die
mittlere Luftfeuchtigkeit liegt tagsüber bei 70 %. Nachts sinken die Temperaturen
geringfügig ab, während die Luftfeuchtigkeit zum Morgen hin ansteigt.
Verhalten und Lebensweise
Als kleine und wenig wehrhafte Riesenschlange ist der Königspython ein sehr
sicherheitsbedürftiges Tier, das ein zurückgezogenes Leben führt. Er ist bodenbewohnend
und verbringt den Tag überwiegend in dunklen Nagetierbauten oder Termitenhügeln. In
diesen
Verstecken, die nur einen Eingang aufweisen, herrscht eine konstant hohe Temperatur
und
Luftfeuchtigkeit. Schlangen sind thigmotaktisch, d. h. der Körperkontakt zu
Gegenständen verleiht ihnen Sicherheit (▶
Abb.
[
1
]). Deswegen werden von ihnen enge Höhlen bevorzugt, an deren Wänden und
Decke sie Kontakt finden.
Abb. 1 Selbst während der Untersuchung behält die Schlange Kontakt zur
Transportbox. (© E. Westenberger)
Hat der Königspython ein seinen Ansprüchen entsprechendes Versteck gefunden, ist er
sehr
standorttreu. Er verlässt diesen Unterschlupf nur zur Nahrungs- oder Partnersuche
sowie
bei Störungen, die seine Sicherheit beeinträchtigen, z. B. durch Fressfeinde. Den
größten
Teil seines Lebens verbringt er bewegungsinaktiv im Verborgenen.
Der
Python regius ist ein dämmerungs- und nachtaktiver Lauerjäger. Seine
Hauptaktivitätszeit fällt in die ersten Stunden nach Sonnenuntergang. Zu seinem
Beutespektrum zählen zahlreiche Kleinsäuger und Vögel, wobei der Anteil der erbeuteten
Vögel mit zunehmender Körpergröße der Schlange und der damit verbundenen Verminderung
der
Intensität seiner Kletterbemühungen abnimmt. Darüber hinaus sind Königspythons
ausgesprochene Nahrungsspezialisten. So bevorzugt die Riesenschlange innerhalb der
Gruppe der adäquaten und verfügbaren Beutetiere häufig individuell nur eine einzige
Beutetierart.
Haltung
Terrarium
Klassische Vollglasterrarien sind für die Haltung des Königspythons ungeeignet. Neben
schlechten energetischen Eigenschaften steht die allseitige Einsehbarkeit im Widerspruch
zum Sicherheitsempfinden der Schlange. Zunehmend finden Kunststoffe Verwendung, die
sich
durch günstige energetische und hygienische Eigenschaften auszeichnen. Darüber hinaus
sind
diese Terrarien nur von der Vorderseite einsehbar.
Die Mindestgröße des Terrariums ist stets so auszuwählen, dass sie mindestens den
Angaben aus dem Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien
von
der Sachverständigengruppe tierschutzgerechter Haltung von Terrarientieren des
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entspricht. Danach gelten
Riesenschlangen als wenig bewegungsaktive Lauerjäger oder Stöberer, die mögliche
Aufenthaltsorte ihrer Beutetiere untersuchen. Ihr Raumbedarf wird somit als gering
eingeschätzt.
Die Abmessungen der Haltungseinrichtung sind auf die gesamte Körperlänge der Schlange
bezogen. Dabei wird die Körperlänge jeweils mit einem Faktor für Länge, Breite (Tiefe)
und
Höhe multipliziert:
-
Länge: 1,0 × Körperlänge
-
Tiefe: 0,5 × Körperlänge
-
Höhe: 0,75 × Körperlänge
Diese Vorgabe gilt für die Unterbringung von maximal 2 Tieren etwa gleicher Größe.
Für jedes
weitere Tier sind 20 % des Terrarienvolumens unter Beibehaltung der geforderten
Terrarienproportionen zuzugeben.
Im Widerspruch dazu steht die häufig praktizierte Haltung der Riesenschlange in tieferen
und
deutlich niedrigeren Behältnissen. Die Befürworter dieser Haltungsform verweisen auf
die
überwiegend terrestrische Lebensweise des Königspythons und darauf, dass diese Bedingung
dem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis der Riesenschlange eher Rechnung trägt als
Terrarien, die den Vorgaben des BMEL entsprechen, also höher als tief sind (▶
Abb.
[
2
]).
Abb. 2 Vorbildliches Terrariensystem für Königspythons mit naturnaher
Einrichtung – obwohl die Höhenvorgabe nicht eingehalten wird. (© LANZO Herp Cages)
Grundsätzlich sollte die Größe des Terrariums mit der Größe der Schlange mitwachsen.
Das Einsetzen eines juvenilen Tieres in ein Terrarium, dessen Größe bereits die Vorgaben
für adulte Schlangen erfüllt, ist nicht ratsam. Auch im natürlichen Lebensraum besetzen
Jungtiere einen räumlich sehr begrenzten Lebensraum, der exakt ihren Bedürfnissen
entspricht. Aufgrund ihrer geringen Körpermasse sind Jungtiere einerseits empfindlicher
gegen Auskühlung als adulte Artgenossen, andererseits wärmen sie sich schneller auf.
Kleine Terrarien lassen sich exakter klimatisieren als große Terrarien und werden
darüber
hinaus dem Sicherheitsbedürfnis des juvenilen Königspythons gerecht.
Bodengrund
Als Bodengrund für ein Terrarium bieten sich unterschiedliche Materialien an. Ein
geeigneter
Bodengrund hat einen feuchtigkeitsspeichernden Charakter, ohne dauerhaft nass zu sein.
Er
sollte leicht zu reinigen sein und die Ausscheidungen der Schlange gut aufnehmen.
Es
eignen sich Materialien, die ein geringes Eigengewicht besitzen und staubfrei sind,
z. B.:
-
Zeitungspapier
-
Mulche
-
Späne
-
spezielle Terrarienerden
-
Gartenerde
Da der Königspython keine grabende Schlange ist, ist die Substrathöhe von untergeordneter
Bedeutung.
Standort des Terrariums
Als Standort des Terrariums sollte ein möglichst ruhiger und störungsfreier Platz
gewählt werden. Ein unruhiger Standort in belebter, häuslicher Umgebung und starke
Schwingungen (z. B. durch Musik oder den Verkehr an vielbefahrenen Straßen) führen
zu
einer andauernden Stressbelastung mit negativen Folgen für die Tiere. Optimal sind
separate Zimmer, in denen ausschließlich Reptilien gepflegt werden.
In diesen Räumen sollte die Mindesttemperatur immer der Mindesttemperatur entsprechen,
die
die Terrarienbewohner bevorzugen, da es nahezu unmöglich ist, den verhältnismäßig
kleinen
Terrarienraum unabhängig von den Temperaturgegebenheiten des Zimmerraums zu klimatisieren.
Beim Königspython beträgt die nächtliche Mindesttemperatur 23 °C. Das Klima im
Terrarium darf nicht durch äußere Wärmequellen, z. B. durch direkte Sonneneinstrahlung
durch ein Fenster, beeinträchtigt werden, andernfalls besteht Überhitzungsgefahr.
Gruppenzusammensetzung
Schlangen sind Einzelgänger, die sich nur zur Paarungszeit auf die Suche nach einem
Geschlechtspartner begeben. Der Königspython besitzt ein sehr geringes intraspezifisches
Aggressionspotenzial. Leider wird dies häufig in der Art und Weise missverstanden,
dass
sich mehrere Schlangen ein Terrarium teilen müssen. Die dauernde Vergesellschaftung
mit
Artgenossen führt jedoch zu einer dauerhaften Stressbelastung der Tiere mit negativen
gesundheitlichen Folgen.
Königspythons sind Einzelgänger und sollten nicht in einer Gruppe gehalten werden.
Klima
Die klimatischen Bedingungen im Terrarium variieren in Abhängigkeit von Beleuchtung,
Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Beleuchtung
Unter dem Oberbegriff Beleuchtung werden die Lichtstärke, die Art der Lichtwellenlängen
und
die Beleuchtungsdauer zusammengefasst. Grundsätzlich sind bei allen Parametern die
circadianen und die jahreszeitlichen Veränderungen zu beachten. Maßstab für die
klimatischen Bedingungen im Terrarium sind die Gegebenheiten des natürlichen
Lebensraums.
Da es sich beim Königspython um eine vorwiegend dämmerungs- und nachtaktive Schlange
handelt,
spielt die Art der Beleuchtung – im Gegensatz zu zahlreichen tagaktiven, herbivoren
Reptilienarten – eine untergeordnete Rolle. Auf eine UV-Beleuchtung kann verzichtet
werden, da die Versorgung mit Vitamin D über die verfütterten Tiere erfolgt. Für die
Erzeugung der Grundhelligkeit eignen sich T5-Tageslichtröhren. Flackerndes Licht
aus herkömmlichen Neonröhren führt zu einer erheblichen Stressbelastung und sollte
vermieden werden. Die Beleuchtungsdauer sollte aufgrund der tropischen Herkunft des
Königspythons ganzjährig 12 Stunden betragen. Dabei ist ein deutlicher
Tag-Nacht-Rhythmus unverzichtbar. Im Versteck sollte es immer dunkel sein.
Temperatur und Luftfeuchte
Temperatur und Luftfeuchte sind kontinuierlich mittels Thermo- und Hygrometer zu überwachen.
Wichtig hierbei ist die tatsächliche Messung der Parameter im Aufenthaltsbereich der
Tiere
(z. B. im Versteck oder unter dem Wärmestrahler). Messungen an Stellen, die für die
Tiere
gänzlich unzugänglich sind, z. B. ein Thermometer, das im Bereich der oberen Terrarienwand
angebracht ist, sind nicht ausreichend.
Unter natürlichen Bedingungen ist das Sonnenlicht immer mit Wärmestrahlung verbunden,
daher
ist eine Wärmequelle von unten unphysiologisch. Deswegen sollten im Terrarium Licht
und
Wärme immer verknüpft werden, z.B mit Spotstrahlern. Die Strahler dürfen für die
Tiere nicht erreichbar sein und müssen ggf. mit einem Gitterkäfig ummantelt werden.
Da
Reptilien keine lokale Überhitzung registrieren können, sondern nur eine vollständige
Überhitzung des gesamten Körpers, kann es bei Berührung mit heißen Gegenständen zu
erheblichen Verbrennungen kommen (▶
Abb.
[
3
]). Heizmatten oder -kabel sollten nur von außen an den Seitenwänden des
Terrariums angebracht werden, um eine gewisse Grundwärme zu erreichen. Die Tiere sollten
nie die Möglichkeit haben, sich unter eine Heizmatte zu „graben“. Durch die entstehende
Stauwärme kommt es sonst zum Hitzeschock und zu schweren Verbrennungen.
Abb. 3 Königspython mit Hautverbrennungen während der Badebehandlung in
Kaliumpermanganatlösung. (© E. Westenberger)
Bezüglich der Temperaturen und Luftfeuchte muss im Terrarium für Königspythons zwischen
2
Klimabereichen unterschieden werden:
-
dem Klima im Versteck, in dem der Königspython den größten Teil seines Lebens
verbringt
-
dem Klima im übrigen Terrarienraum während der Nacht, wenn der Königspython sein
Versteck verlässt
Die Vorzugstemperatur im Versteck soll dauerhaft und ohne Schwankungen bei 31–32 °C
liegen
bei einer durchgehend hohen Luftfeuchtigkeit von ca. 80 %. Im übrigen Terrarium muss
tagsüber ein horizontaler Temperaturgradient hergestellt werden, der zwischen 26 und
33 °C
liegt. Nachts wird die Temperatur auf 23 °C abgesenkt. Die Luftfeuchtigkeit liegt
tagsüber
vorzugsweise bei über 60 % und steigt nachts noch an.
Strukturierung des Terrariums
Das wichtigste Strukturelement des Terrariums ist der Versteckplatz. In Anlehnung an
die natürlichen Gegebenheiten soll dieser nur einen Zugang besitzen (▶
Abb.
[
4
]). Die Größe des Verstecks muss so gewählt
werden, dass die Schlange in eingeschlungenem Zustand an den Wänden und der Decke
des
Unterschlupfs Kontakt findet. Weiterhin ist ein Trinkgefäß unerlässlich. Die
Strukturierung des restlichen Terrarienraums kann sehr variabel und entsprechend den
optischen Wünschen des Betrachters gestaltet werden. Durch den Einbau weiterer Ebenen
lässt sich die den Schlangen zur Verfügung stehende Fläche vergrößern.
Abb. 4 Unterschlupf aus Zellstoff mit einem Zugang. Dieses Material speichert
Feuchtigkeit und gewährleistet ein dauerhaft feuchtes Innenklima. (© LANZO Herp Cages)
Fütterung
Schlangen sind ausschließlich carnivor und werden mit lebenden oder toten Futtertieren
gefüttert. Zur Verminderung von Stress für das Futtertier und zur Minimierung von
Gefahren für
die Schlange ist die Verfütterung toter Futtertiere stets zu bevorzugen. Im Gegensatz zur
Fütterung von herbivoren oder insektivoren Reptilien, bei denen auf fütterungsbedingte
Mangelzustände ein großes Augenmerk gelegt werden muss, ist die Fütterung ganzer Futtertiere
bei
Schlangen stets bedarfsdeckend, z. B. hinsichtlich der Versorgung mit Kalzium. Sind
die
Futtertiere ihrerseits ausgewogen ernährt worden und werden mit einem gefüllten Magen-Darm-Trakt
verfüttert, sind ernährungsbedingte Erkrankungen bei Schlangen selten.
Zur Fütterung des Königspythons eignen sich diverse Kleinnagerarten verschiedener
Altersstufen. Die Größe der angebotenen Futtertiere und die Frequenz der Fütterung
richten sich
nach dem Alter und der Größe der Schlange. Folgende Fütterungsintervalle sind
empfehlenswert:
-
Jungtiere bis zu 6 Monate: alle 5–7 Tage
-
Halbwüchsige: alle 10–14 Tage
-
Adulte ab einer Körperlänge von ca. 90 cm: alle 14–21 Tage
Während der Häutungsphase werden Königspythons nicht gefüttert.
Wenn – entgegen der Empfehlung – mehrere Tiere gemeinsam gehalten werden, sollten
sie stets einzeln
und außerhalb des Terrariums in kleinen Einzelboxen gefüttert werden, um Streitigkeiten
um das
Futter zu vermeiden. Außerdem sind Schlangen, die außerhalb ihres Terrariums gefüttert
werden,
bei Pflegearbeiten im Terrarium umgänglicher, weil sie an diesem Ort kein Futter erwarten.
Leitsymptome bei Reptilien
Leitsymptome bei Reptilien
Bei Reptilien sind Symptome, die für eine spezifische Krankheit kennzeichnend sind,
sehr selten. In
der Regel werden nur allgemeine Symptome sichtbar, die dann hinsichtlich ihrer
Krankheitsursachen differenzialdiagnostisch aufgearbeitet werden müssen. Zu den häufigsten
Leitsymtomen bei Schlangen zählen Inappetenz, Erbrechen und Häutungsstörungen.
Inappetenz
Das Symptom Inappetenz ist sehr unspezifisch. Die Futterverweigerung kann bei Schlangen
physiologische und pathologische Ursachen haben.
Physiologische Ursachen für Inappetenz
Zu den physiologischen Ursachen gehören:
-
Häutung
-
Trächtigkeit
-
Paarungszeit
-
Eingewöhnungszeit
-
Sättigung
-
Fresspausen
Häutung
Kurz vor der Häutung nehmen die meisten Schlangen keine Nahrung auf. Die Häutungsphase
nimmt
einen Zeitraum von 1–2 Wochen ein. Die bevorstehende Häutung ist optisch an der
Trübung der Brille erkennbar (▶
Abb.
[
6
]), die jedoch unmittelbar vor der Häutung wieder verschwindet. Zudem trübt
sich die Farbe der Haut, weil sich Flüssigkeit zwischen alter und neuer Hautschicht
einlagert.
Abb. 6 Königspython vor der Häutung mit deutlicher Trübung der Brille. Der
Begriff Brille bezeichnet die verwachsenen und durchsichtig gewordenen Augenlider
von Schlangen. Die Brille häutet sich mit. (© E. Westenberger)
Die 1. Häutung findet meist 1 Woche nach dem Schlupf statt. Die Jungtiere nehmen zuvor
grundsätzlich kein Futter, sondern nur die Nahrungsreserven des Dottersacks auf.
Trächtigkeit
Weibliche Schlangen stellen gewöhnlich 8–3 Wochen vor der Eiablage die
Nahrungsaufnahme ein und beginnen mit der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz.
Die
Trächtigkeitsdauer liegt bei 120–130 Tagen. Beim Königspython ist ein „auf die
Seite-Legen“ des hinteren Körperdrittels ein typisches Zeichen für eine fortgeschrittene
Trächtigkeit.
Paarungszeit
Männliche Schlangen verweigern die Nahrungsaufnahme regelmäßig während der Paarungszeit.
Eingewöhnungszeit
Neuerworbene Schlangen zeigen in derEingewöhnungszeit oder direkt nach dem Umsetzen
in ein
neues Terrarium eine temporäre Inappetenz. Abhängig vom Charakter der Riesenschlange
kann
dieser Zeitraum stark variieren. Regelmäßige Bestimmungen des Körpergewichts sind
bei der
Einschätzung eines Therapiebedarfs hilfreich. Bei allgemein gesunden Tieren verändert
sich
das Körpergewicht in diesen Phasen nicht.
Sättigung
Ein weiterer physiologischer Grund für Inappetenz ist die Sättigung. Während des
Verdauungsvorgangs, der Tage bis Wochen in Anspruch nehmen kann, nehmen Schlangen
keine neue Nahrung auf.
Fresspausen
Neben diesen physiologischen Gegebenheiten, die für alle Schlangen Geltung finden,
legt
insbesondere der Königspython – im natürlichen Lebensraum in der trockenen Jahreszeit
wie
auch im Terrarium – physiologischerweise lange Fresspausen ein. Diese können sich
über
einen Zeitraum von mehreren Monaten erstrecken. Während dieser Zeit verlieren die
Schlangen jedoch keine bzw. kaum an Körpermasse.
Pathologische Ursachen für Inappetenz
Eine pathologische Inappetenzkann auf Fehlern in der Haltung und Fütterung beruhen.
Die
Gründe können nur im Rahmen einer ausführlichen Anamnese ermittelt werden: Am besten
sollte der Tierhalter vor der Konsultation einen detaillierten Anamnesebogen mit allen
relevanten Fragen zur Haltung und Fütterung ausfüllen.
Stress
Der Königspython ist äußerst sensibel und stressanfällig. Das Fehlen eines adäquaten
Versteckplatzes, ein unruhiger Standort des Terrariums, die Haltung mehrerer Tiere
in
einem Terrarium oder ein zu häufiges Handling (▶
Abb.
[
5
]) stellen Stressfaktoren dar. Die übliche Antwort auf
derartige Stressoren ist die Nahrungsverweigerung. Bei Wildfängen stellen Fang, Hälterung
beim Zwischenhändler in Afrika, Transporte nach Europa und eine erneute Zwischenhälterung
beim Zoohändler eine massive Stressbelastung dar, die oftmals mit monatelanger
Futterverweigerung beantwortet wird.
Abb. 5 Der Königspython ist eine sehr umgängliche Riesenschlange. Trotzdem führt
ein zu häufiges Handling zu Stress. (© E. Westenberger)
Futtertiere
Königspythons gelten als Nahrungsspezialisten. Insbesondere Wildfänge oder Tiere aus
Ranchingfarmen sind oft auf eine spezielle Futtertierart, sogar auf eine spezielle
Fellfarbe geprägt. Werden diesen Tieren andere als die bekannten Futtertiere angeboten,
verweigern sie konsequent die Nahrungsaufnahme. Bei inappetenten Tieren mit verdächtiger
Herkunft kann die ausschließliche Verfütterung von Rennmäusen (Gerbils) die Lösung
des
Problems sein.
Ein weiterer Grund für die Futterverweigerung kann die Prägung auf tote oder lebende
Beute sein. Eine Schlange, die stets mit lebender Beute gefüttert wurde, kann tote
Beutetiere verweigern und umgekehrt. Auch die Größe der Beutetiere kann Anlass zur
Futterverweigerung geben. Während zu kleine Futtertiere häufig nicht beachtet werden,
können Königspythons aus Respekt vor zu großen Futtertieren deren Aufnahme verweigern.
Darüber hinaus können wehrhafte Futtertiere wie Ratten, Vielzitzenmäuse und Rennmäuse
zu
Stresssituationen führen. Wird ein Königspython von einem Beutetier gebissen, kann
er eine
Vorsicht gegenüber dieser Futtertierart entwickeln und diese als Futter oder sogar
komplett die Nahrungsaufnahme verweigern. Solchen Schlangen sollte man viel Ruhe gönnen
und ihnen zunächst weniger wehrhafte Futtertiere (Mäuse) anbieten.
Fütterungszeit
Als dämmerungs- und nachtaktive Riesenschlange werden Königspythons stets am Abend
gefüttert. Wird eine andere Fütterungszeit gewählt, verweigern die Tiere die
Nahrungsaufnahme.
Überfütterung
Sind Schlangen durch Überfütterung stark verfettet, legen sie nicht selten monatelange
Fresspausen ein.
Haltungstemperaturen
Als wechselwarme Tiere benötigen die Riesenschlangen Klimabedingungen, mit denen sie
ihre
bevorzugte Körpertemperatur (preferred Body Temperature, PBT) erreichen können. Zu
niedrige Temperaturen führen dazu, dass der Stoffwechsel suboptimal abläuft. Dies
äußert
sich u. a. in Futterverweigerung.
Erkrankungen
Die Nahrungsverweigerung kann beim Königspython zusätzlich zu den haltungsbedingten
Gründen
auch ein klinisches Symptom für Erkrankungen sein (z. B. Infektionen mit Parasiten,
Bakterien, Viren sowie Organerkrankungen). Sollten sich hierfür Verdachtsmomente ergeben,
muss eine weitere Diagnostik erfolgen. An die klinische Allgemeinuntersuchung schließen
sich in der Regel Blut- und Kotuntersuchungen sowie eine bildgebende Diagnostik an.
Erbrechen
Die häufigsten Gründe für das Erbrechen sind Haltungsfehler und parasitäre, virale
oder bakterielle
Infektionskrankheiten. Selten sind Fremdkörper, Abszesse oder Neoplasien in Ösophagus
oder Magen
ursächlich. Da es sich grundsätzlich um ein unspezifisches Symptom handelt, ist eine
sorgfältige
Anamnese der Haltungsbedingungen unabdingbar.
Das Leitsymptom Erbrechen wird stets von pathologischen Ursachen hervorgerufen.
Stress
Zu den wichtigsten haltungsbedingten Gründen für Erbrechen bei Schlangen zählt Stress.
Die Tiere
können z. B. erbrechen, wenn im Terrarium keine geeigneten Versteckplätze zur Verfügung
stehen,
oder wenn sie kurz nach der Fütterung – z. B. durch Reinigungsarbeiten – aus dem Terrarium
genommen oder transportiert werden. Eine hohe Besatzdichte und eine Infektion mit
Ornithonyssus natricis (der Schlangenmilbe) können ebenfalls zu stressbedingtem Erbrechen
führen.
Niedrige Umgebungstemperaturen
Die Haltung bei niedrigen Umgebungstemperaturen, unter denen die artspezifische, bevorzugte
Körpertemperatur (PBT) nicht erreicht werden kann, führt zu einer Minderfunktion der
zur
Verdauung notwendigen Enzymaktivitäten. Unter unzureichenden Verdauungsbedingungen können
die Beutetiere zunehmend in Verwesung übergehen und werden erbrochen.
Infektionen
Eine Kryptosporidieninfektion verursacht bei Schlangen eine Hypertrophie der Magenwand.
Der Magen
wird dann schon bei äußerlicher Betrachtung des Tieres als Verdickung am Übergang
vom 1. zum 2.
Körperdrittel sichtbar. Betroffene Tiere erbrechen ihr Futter in der Regel 1–3 Tage
nach der
Nahrungsaufnahme. Zudem gehen Infektionen mit Flagellaten, Amöben, Nematoden oder
Zestoden mit
dem Symptom Erbrechen einher.
Schließlich sind auch bakterielle und virale Infektionen in Betracht zu ziehen. Der
Verdauungstrakt
von Schlangen wird physiologischerweise von zahlreichen Bakterienarten besiedelt.
Im
Erkrankungsfall verändert sich die zahlenmäßige Verteilung der Bakterien hin zu pathogenen
Arten, deren Wachstum – oft durch abwehrschwächende Einflüsse fehlerhafter Haltung
– begünstigt
wird. In bakteriologischen Untersuchungen zeigt sich dies, indem die physiologische,
bakterielle
Mischflora durch pathogene Erreger in Reinkultur ersetzt wird.
Häutungsschwierigkeiten
Wie alle Reptilien wächst auch der Königspython lebenslang. Die Wachstumsgeschwindigkeit
verlangsamt sich mit zunehmendem Alter jedoch so sehr, dass die Größenzunahme optisch
nicht mehr
erkennbar ist. Da die äußeren Hautschichten nicht mitwachsen, werden sie im Rahmen
des
Häutungsvorgangs abgestoßen. Die Frequenz der Häutungen nimmt mit zunehmendem Alter
ab: Junge
Königspythons häuten sich im 4- bis 6-wöchigen Rhythmus, adulte Tiere nur noch wenige
Male im
Jahr.
Vor der Häutung lagert sich Flüssigkeit zwischen der abzustoßenden und der nachgewachsenen
Hautschicht ein. Dies wird durch die Eintrübung der Brille und der milchig hellen
Verfärbung der
gesamten Haut für einen Zeitraum von 4–7 Tagen sichtbar (▶
Abb.
[
6
]). Die Häutungsflüssigkeit wird 2–4 Tage vor der Häutung
resorbiert. Die Trübung verschwindet und die Schlange erlangt ihre Färbung zurück.
Durch Reiben
an rauen Gegenständen öffnet die Schlange die Haut im Kopfbereich und streift sie
in einem
Stück, dem sog. Natternhemd, ab.
Häutungsstörungen
Häufige haltungsbedingte Ursache für Häutungsstörungen sind die Haltung unter zu trockenen
oder zu kühlen Klimabedingungen und das Fehlen von adäquaten Häutungshilfen (Steine, Äste
oder andere raue Gegenstände, an denen sich die Schlange reiben kann). Weiterhin können
ein
allgemein schlechter Gesundheitszustand, Ektoparasitenbefall, Infektionen oder Narbenbildung
dazu führen, dass sich Schlangen nur unvollständig häuten. Bei zu feuchten Haltungsbedingungen,
unter denen der Boden im Terrarium nicht abtrocknet, kommt es häufig zuMykosen an
den
Bauchschuppen. Weiterhin kann eine Flüssigkeitsansammlung unter bzw. in den ventralen
Schuppen
zu einer Bläschenbildung führen. Bakterielle Infektionen der so vorgeschädigten Haut
führen zu
schweren Dermatitiden.
Weitere haltungsbedingte Vorstellungsgründe
Weitere haltungsbedingte Vorstellungsgründe
Sämtliche Stoffwechselvorgänge, insbesondere die Immunabwehr, sind bei Reptilien
temperaturabhängig. Die Tiere sind darauf angewiesen, ihre Körpertemperatur möglichst
lange im
Bereich ihrer artspezifisch bevorzugten Körperinnentemperatur zu halten. Unter suboptimalen,
zu
kühlen Haltungsbedingungen nimmt die Leistungsfähigkeit der körpereigenen Immunabwehr
ab und die
Anfälligkeit gegenüber Infektionserregern zu. Es treten gehäuft Atemwegsinfektionen und
Stomatitiden auf (▶
Abb.
[
7
]).
Abb. 7 Stomatitis und deutliche Schleimansammlung infolge einer Infektion der
Atemwege. (© E. Westenberger)
Fazit
Der Königspython ist eine sehr empfindliche Riesenschlange. Regelmäßig führen Fehler
in der Haltung
und Fütterung zu gesundheitlichen Problemen. Um diesen vorzubeugen, sind spezifische
Kenntnisse
über den natürlichen Lebensraum und die spezielle Lebensweise der Schlange essenziell.
Haltungsbedingte krankheitsbegünstigende oder auslösende Faktoren müssen gezielt vor
der
tierärztlichen Untersuchung mittels eines sehr detaillierten Vorberichts erkannt und
bewertet
oder ausgeschlossen werden.