Uringewinnung
Auch bei Kleinsäugern kann Urin durch verschiedene Methoden gewonnen werden:
Welche Methode wann gewählt wird ist von der Fragestellung abhängig (▶Tab.
[
1
]), das benötigte Material zur Urinentnahme und
-untersuchung ist in ▶Abb.
[
1
] dargestellt.
Tab. 1
Uringewinnung
Methode
|
Vorteile
|
Nachteile
|
Geeignet
|
Nicht geeignet
|
Auffangen ohne Manipulation
|
keine Manipulation notwendig
|
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Auffangen nach Ausdrücken der Blase
|
-
schnell und einfach
-
bei Kleinsäugern geringe Gefahr von Ruptur und Rückstau in das
Nierenbecken
-
gute Durchmischung und Entleerung der Blase
-
Beurteilung von Nierenfunktion und Stoffwechsel
|
|
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|
Katheterisierung
|
-
Überprüfung der Harnröhrendurchgängigkeit
-
Blasenspülung und retrograde Eingabe (Kontrastmittel,
Medikamente)
|
-
schwieriger bei weiblichen Kaninchen (gemeinsamer Urethra- und
Vaginalausgang) und männlichen Meerschweinchen (große
Samenblasendrüsen)
-
Gefahr der Einschleppung von Keimen in die Blase und der
Schleimhauttraumatisierung
|
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Zystozentese
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|
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alle Untersuchungen
|
Nachweis von Blutspuren
|
Abb. 1 Material zur Urinentnahme (Auffangschale, sterile Spritze mit Kanüle [22G],
sterile Röhrchen mit und ohne Stabilisator), Urinteststreifen, Refraktometer, Objektträger
für die Sedimentuntersuchung. (© J. Hein)
Auffangen ohne Manipulation
Das Tier wird in eine Box mit nicht saugfähiger Perlstreu oder alternativ in eine Box mit
Gitterboden über einer sauberen Schale gesetzt. Der Gitterboden verhindert eine Kontamination
des Urins mit Kot oder durch Durchlaufen.
Auffangen nach Ausdrücken der Blase
Der Oberkörper des Tieres wird angehoben und der Blaseninhalt aufgeschüttelt und sanft ausmassiert
(Vorsicht bei übervoller Blase und/oder Verdacht auf Verschluss), ▶Abb.
[
2
]. Die Mittelportion ist am repräsentativsten für den
Gesamturin, die Anfangsportion eher für die ableitenden Wege.
Abb. 2 Manuelle Blasenentleerung beim Kaninchen. (© J. Hein)
Katheterisierung
Die Katheterisierung erfolgt möglichst steril mittels eines Katerkatheters oder einer schmalen
Ernährungssonde. Das Tier befindet sich in Rückenlage, ggf. ist eine Sedation notwendig.
Zystozentese
Das Tier wird in Rückenlage fixiert, die Punktion erfolgt im Winkel von 30°–45° mit einer kleinen
Kanüle (22 G). Die Zystozentese kann blind durch Fixation der Blase zwischen den Fingern
(▶Abb.
[
3
]) oder unter Ultraschallkontrolle
durchgeführt werden.
Abb. 3 Zystozentese beim Meerschweinchen (blind). (© J. Hein)
Vorbereitung der Urinprobe
Die Urinproben werden in sterilen Röhrchen aufgefangen und möglichst rasch untersucht. Da es
besonders bei höheren Temperaturen schnell zur Dissoziation von Zylindern, osmotischer
Zellschädigung, Präzipitation von Kristallen und pH-Änderung kommt, sollte Urin nicht länger als
30 Min. bei Zimmertemperatur und maximal 48 Stunden im Kühlschrank (+4 °C) gelagert werden. Vor
der Untersuchung wird der Urin wieder auf Raumtemperatur gebracht, da manche Tests – z. B.
Teststreifen und urinspezifisches Gewicht (USG) – temperaturabhängig sind und Kältepräzipitate
sich erst wieder auflösen müssen [[10]].
Urin sollte nicht länger als 30 min bei Zimmertemperatur und max. 48 h im Kühlschrank (+4°C)
gelagert werden.
Für die Untersuchung von Urinstatus und Sedimentes ist frischer, nativer Urin (unbehandeltes,
steriles Röhrchen) am besten geeignet. Urinproben für die mikrobiologische Untersuchung
sollten in Stabilisatorröhrchen (Röhrchen mit Borsäurepulver) verschickt werden.
Für die Urinuntersuchung stehen folgende Methoden zur Verfügung:
-
Urinstatus (makroskopische Untersuchung, USG, Urinteststreifen)
-
Sedimentuntersuchung
-
bakteriologische Untersuchung (BU)
-
Untersuchung auf andere Infektionserreger (z. B. E. cuniculi-Sporen,
Leptospiren)
-
Bestimmung von bestimmten klinisch-chemischen Parametern (z. B.
Urin-Kortisol/Kreatinin-Quotient [UCC], Urin-Protein/Kreatinin-Quotient [UPC]).
Urinstatus
Makroskopische Urinuntersuchung
Die makroskopische Urinuntersuchung gibt bereits erste wesentliche Hinweise auf
Nierenfunktion und Hydratationsstatus (Konzentration und Farbe), auf Stoffwechselfunktion
und Säure-Basen-Haushalt (Geruch) und auf fütterungsbedingte und/oder krankhafte
Beimengungen (Blut, Kalzium, Eiter etc.).
Farbe
Bei gesundem Urogenitaltrakt sollte ein gut konzentrierter (kräftig gelb gefärbter) Urin
abgesetzt werden (▶Abb.
[
4
]). Schwach
gefärbter Urin spricht für Polyurie (Verifizierung durch Bestimmung des USG). Bestimmte
Medikamente, Futterfarbstoffe und andere Pigmente aus dem endogenen Abbau (Gallepigmente,
Porphyrine, Melanin etc.) können die Harnfarbe erheblich beeinflussen (Nachdunkeln,
Fehlinterpretation als Blut, ▶Abb.
[
5
]).
Abb. 4 Urine mit unterschiedlicher Färbung. (© J. Hein)
Abb. 5 Nachdunkeln von Urin durch Futterfarbstoffe. (© J. Hein)
Geruch
Physiologischer Urin sollte aromatisch riechen. Bestimmte Medikamente, Futterfarbstoffe und
andere Pigmente aus dem endogenen Abbau können den Geruch beeinflussen (z. B.
„Spargelgeruch“). Ein stechender Geruch deutet auf eine Infektion hin, ein fruchtiger
Geruch ggf. auf eine Ketose.
Trübung
Eine Trübung entsteht durch Beimengungen (Kristalle, Schleim, Eiter, Blut, Epithelien,
Bakterien). Eine geringgradige Beimengung von Kalziumkristallen wird bei Kaninchen und
Meerschweinchen noch als physiologisch angesehen (nahrungsabhängige Aufnahme und renale
Elimination). Diese Kristalle entstehen durch eine übermäßige Kalziumzufuhr und/oder eine
Störung des Kalziumstoffwechsels (Hyperparathyreoidismus [[2]], Osteodystrophia fibrosa [[9]]). Für die
Ausfällung sind unterschiedlichste Faktoren verantwortlich, wie die Anwesenheit von
Kristallisationskernen, der pH-Wert, Schleimhautschäden, genetische Prädisposition,
Flüssigkeitsaufnahmemenge, Grundkrankheiten etc. Sind zudem Infektionen und/oder
entsprechende Milieuveränderungen vorhanden, ist auch die Entstehung von Steinen möglich
[[12]]. Starke Kristallansammlungen und Verfärbungen
sollten daher in jedem Fall weiter abgeklärt und therapeutisch (und v. a. diätetisch)
angegangen werden.
Urinspezifisches Gewicht (USG)
Das USG zeigt die Konzentration löslicher Stoffe im Urin an und gibt Hinweise auf die
Rückresorptionsfähigkeit des Tubulussystems und somit die Konzentrationsfähigkeit der
Nieren. Die Bestimmung erfolgt mittels Refraktometer. Teststreifenmethoden sind
aufgrund ungeeigneter Meßbereiche (1000–1025) und schlechter Vergleichbarkeit nicht
geeignet [[1]].
Bei physiologischer Nierenfunktion besteht eine umgekehrte Proportionalität zwischen
Konzentration und Urinmenge, d. h. bei geringer Urinmenge ist eine hohe Konzentration zu
erwarten und umgekehrt [[10]]. Bei einem gesunden
Kleinsäuger mit intakter Nierenfunktion sollte das USG oberhalb des isostenurischen
Bereichs (1008–1016) liegen. Den konzentriertesten Urin der Kleinsäuger haben Hamster und
Wüstenrennmäuse mit einem USG von über 1040. Bei Kaninchen und Meerschweinchen wird
häufiger ein niedrigeres USG (meist < 1025) verzeichnet. Dies ist durch Kalzurie,
leichte Infektionen und entsprechende Interferenz an den ADH-Rezeptoren der Sammelrohre
bedingt. Bei starker Urintrübung sollte der Überstand nach kurzem Stehenlassen verwendet
werden.
Urinteststreifen
Urinteststreifen(▶Tab.
[
2
]) sind
semiquantitive Trockenchemiesysteme zur Bestimmung verschiedener Parameter. Die
Durchführung ist schnell und einfach. Die Teststreifenfelder werden mit Urin beträufelt
und nach 60 Sekunden (Leukozytenfeld nach 120 Sekunden) abgelesen. Die Auslesung erfolgt
visuell und/oder maschinell mit entsprechenden Lesegeräten. Ergebnisse unterschiedlicher
Tests und Ausleseverfahren können stark variieren [[1]].
Tab. 2
Urinteststreifenparameter.
Parameter
|
Einflüsse
|
Aussage
|
Bilirubin
|
Falsch positiv: Färbung durch Farbstoffe und Gallepigmente
Falsch negativ: Teststreifenfehler
|
Nur wasserlösliches, konjugiertes Bilirubin; Kopplung an
Dichloranilin
Hinweis auf Hyperbilirubinämie (prä-, intra- oder posthepatisch), bei
Kleinsäugern selten
|
Blut
|
Falsch positiv: selbst verursachte Blutung durch
Uringewinnung, Reaktion auf Hämoglobin, Erythrozyten und
Myoglobin, körperliche Aktivität, Vit. C
Falsch negativ: Teststreifenfehler, starke Trübung
|
Oxydation von Hydroperoxid durch Hämoglobin/Myoglobin
Abhängig von der Art der Uringewinnung (Anzahl der Ausdrückversuche,
Zystozentese etc.)
|
Glukose
|
Falsch positiv: Teststreifenfehler
Falsch negativ: hohe Ketonkörperkonzentration, Vit. C
|
Glukoseoxidase-Peroxidase-Methode
Hinweis auf Hyperglykämie (auch kurzzeitig iatrogen oder
physiologisch) oder verminderte Rückresorptionskapazität der
Nieren
Positive Befunde sollten durch eine Blutuntersuchung (Glukose,
Fruktosamin) bestätigt werden
|
Ketonkörper
|
Falsch positiv: Interaktion mit Sulfhydryl, Phenylketonen,
Phthaleine; Spuren ggf. noch physiologisch
Falsch negativ: Teststreifenfehler, Überwiegen von
Buttersäure, starke Trübung
|
Probe nach Legal; nur Acetessigsäure und Aceton, keine
B-Hydroxybuttersäure
Hinweis auf gestörten Energiestoffwechsel (Hyper- oder
Hypoglykämie)
Beurteilung nur gemeinsam mit pH-Wert und Glukosekonzentration
|
Leukozyten
|
Falsch positiv: Konservierungsmittel, Antibiotika (Imipenem,
Meropenem, Clavulansäure); Überdeckung bei starker Färbung
Falsch negativ: Bilirubin, Nitrofurantoin, Glukose, Protein,
Antibiotika (Cephalexin, Gentamycin)
|
Nachweis der Esteraseaktivität von Granulozyten (intakte und lysierte
Leukozyten)
Positive Befunde sollten durch Sediment bestätigt werden
|
Nitrit
|
Falsch positiv: Trübung
Falsch negativ: nicht-nitritbildende Bakterien (oft), zu kurze
Verweildauer des Urins in der Blase (ideal Morgenurin),
Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 3 Tage
|
Griess’sche Probe – Nitritnachweis (indirekter Nachweis
nitratabbauender Bakterien (E. coli etc.)
Positive Befunde hinweisend
|
pH-Wert
|
Abhängig von Fütterung und Lagerung
sauer = proteinreiche Nahrung
alkalisch = pflanzliche Nahrung und Lagerung (Temperatursenkung,
Urease-bildende Bakterien)
|
Nachweis von Hydroniumionen
Hinweisend auf Säure-Basen-Haushalt und Stoffwechselsituation
|
Protein
|
Falsch positiv: alkalischer Urin, Interaktion mit
Desinfektionsmittel, Chlorhexidin
Falsch negativ: sehr dünner und sauer Urin
|
Proteinreaktion des pH-Indikators (sensitiv auf Albumin)
Abhängig von Gewinnungsart (Blutbeimengung), Grad der Hämaturie und
Urinkonzentrierung (USG)
Hinweis auf renale, urogenitale oder andere Proteinbeimengung (Blut,
Hb, Myoglobin), ggr. Mengen auch bei Fieber, Hypo-/Hyperthermie,
Stress, Anstrengung
|
Urobilinogen
|
irrelevant beim Tier
|
Diazoniumsalzreaktion
Keine klinische Bedeutung beim Tier
|
Urinteststreifen liefern gerade bei kritischen Patienten bereits in der Praxis schnell und
einfach erste Aussagen über Stoffwechsellage und Säure-Basen-Haushalt des Tieres
(pH-Wert, Glukose, Ketonkörper), geben Hinweise auf Infektionen (Leukozyten, Nitrit) und
ermöglichen die Unterscheidung von Urinverfärbungen (Blut, Hämoglobin, Myoglobin,
Bilirubin oder andere Farbstoffe). Im Idealfall sollten die Urinteststreifenfelder (mit
Ausnahme des pH-Wertes) negativ ausfallen.
Der pH-Wert richtet sich nach der Tierart, der Nahrung und dem Gesundheitszustand.
Kleinnager haben zumeist einen leicht alkalischen Urin. Diäten mit hohem Gehalt an
tierischen Proteinen und katabolische Störungen (z. B. Hunger, Ketose und Fieber) führen
zu einer Ansäuerung, pflanzliche Diäten zu einer Alkalisierung [[3]].
Aufgefangener Urin ist häufig bakteriell kontaminiert, was positive Befunde vortäuschen kann.
Besteht laut Urinteststreifen Verdacht auf eine bakterielle Zystitis (Leukozyten,
Nitrit), sollte das Ergebnis durch eine Sedimentuntersuchung aus Zystozenteseurin
verifiziert und – spätestens bei einem Rezidiv – die Keimart und ihre Empfänglichkeit
mittels bakteriologischer Untersuchung und Antibiogramm bestimmt werden.
Der Proteingehalt im Urin korreliert mit dem Blutgehalt und dieser wiederum mit
der Art der Uringewinnung. Bei Blasenmanipulation steigt der Blutgehalt (Ausdrücken: 1+
bis 4+ Blut; Zystozentese und Katheterisierung: meist 1+ Blut) und muss entsprechend
kritisch bewertet werden.
Glukose kann bei kurzzeitigen Blutglukoseschwankungen (Nahrung, Stress, Östrus) im
Urin vorgefunden werden. Der Nachweis von Glukose kann aber auch ein Hinweis auf eine
pathologische Hyperglykämie oder Niereninsuffizienz sein und sollte daher kontrolliert und
mittels Glukose- und Fruktosaminmessung im Blut verifiziert werden.
Der Nachweis von Ketonkörpern im Urin (nur Azeton und Acetessigsäure) weist auf eine
schwerwiegende Stoffwechselentgleisung hin. Die Ursache kann eine Mangelsituation
(„Hungerketose“) oder wie oft beim Kaninchen eine kurzzeitige Hyperglykämie („diabetische
Ketoazidose“) sein. Eine Hypoglykämie konnte bei einer Studie an 907 Kaninchen nur bei 1,4
% festgestellt werden [[5]]. Die Therapie ist entsprechend
abhängig von der Glukosekonzentration in Blut.
Für die Bestimmung des urinspezifischen Gewichts sind Urinteststreifen nicht geeignet
[[1]].
Da auch Medikamente und Desinfektionsmittel Einfluss auf die Testfelder haben können und so
immer sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse möglich sind, sollten
unplausible Ergebnisse immer durch entsprechende weiterführende Untersuchungen
(Sedimentuntersuchung, Blutuntersuchung, Ultraschall) verifiziert werden [[1], [10]].
Sedimentuntersuchung
Die Sedimentuntersuchung ermöglicht eine mikroskopische qualitative und quantitative Bestimmung
von:
-
Zellen
-
Zylindern
-
Kristallen
-
Mikroorganismen (Bakterien, Hefen etc.)
-
anderen Beimengungen (z. B. Farbstoffe, Präzipitate, Zellreste etc.)
Die Uringewinnungsmethode ist hierbei abhängig von der Fragestellung (z. B. Blutung: freiwillig
abgesetzter Urin; Verdacht auf bakterielle Zystitis: Zystozenteseurin, ▶Tab.
[
1
]). Zur Sedimentherstellung wird der Urin in einem sterilen
Röhrchen (ohne Stabilisator) ca. 5 Minuten bei 400 g (z. B. 1500 U/min. bei 15 cm Radius)
zentrifugiert (höhere Umdrehungen zerstören die Zylinder) und der Überstand weitgehend
abgegossen. Ein Tropfen des resuspendierten Sediments wird auf einen Objektträger gegeben, mit
einem Deckglas abgedeckt und bei geschlossener Irisblende oder heruntergeklapptem Kondensor
mikroskopiert (400 ×). Zur besseren Zelldifferenzierung können getrocknete Urinsedimente wie
Blutausstriche gefärbt werden (z. B. mit einer Schnellfärbung wie Diff Quick®). Die
Untersuchung sollte zeitnah erfolgen, Standzeit und Lagerung müssen bei der Beurteilung
berücksichtigt werden.
Eine Konkrementanalyse kann vom Labor durchgeführt werden, ist bei pflanzenfressenden
Kleinsäugern mit alkalischem Urin aber wenig hilfreich. Bei Kaninchen bestehen die Kristalle zu
mehr als 90 % aus Kalziumkarbonaten („Calcite“, Korn-, Hantel- oder Biskuitform, ▶Abb.
[
6
]), weniger als 3 % bestehen aus Kalziumphosphaten
(Schollen- oder große Lattenform, Verwechslung mit Struvitkristallen möglich) und nur selten
werden Kristalle aus Ammonium-Magnesium-Phosphaten (Struvit 1,2 %, „Sargdeckelform“) oder
Kalziumoxalaten (0,8 %, briefumschlagartig [Weddelit] oder seltener zugespitzt, stabförmig
[Whewellit]) nachgewiesen [[7]]. Bei Meerschweinchen überwiegen
ebenfalls die Kalziumkarbonate, gerade bei Urethrasteinen scheint der Anteil an Struvit
(Beteiligung von Urease-produzierenden Bakterien) aber höher zu sein [[4]]. Kalziumkarbonate und -oxalate können nicht in der Blase aufgelöst werden, sind nur
durch Entfernung (Hydropulsion, Spülung, Zystotomie) behandelbar und dauerhaft nur durch
konsequente Umstellung auf kalziumarme Fütterung und Kontrolle zu verhindern.
Abb. 6 Polymorphe Kalziumkarbonate im Urinsediment eines Kaninchens (400 ×). (© J. Hein)
Erregernachweis
Die bakteriologische Untersuchung (BU) des Urins dient nicht nur der Verifizierung eines
positiven Bakteriennachweises auf Teststreifen oder im Sediment, sondern auch der
Keimzahlbestimmung und der Keimdifferenzierung (mit Antibiogramm zum gerichteten
Antibiotikaeinsatz). Die Durchführung einer BU ist nur aus steril entnommenem Zystozenteseurin
(Versand in sterilen Röhrchen mit Stabilisator) sinnvoll. Bei Verwendung von kontaminiertem
Urin, falscher Lagerung und/oder langem Transport sind falsch-positive Befunde häufig.
Falsch-negative Befunde treten während oder innerhalb von einer Woche nach antibiotischer
Therapie oder Vorliegen anderer Hemmstoffe auf.
Beim Kleinsäuger gibt es nur wenige andere Erreger, die bei einer Infektion im Urin
nachweisbar sind (z. B. Leptospiren, mikroskopisch). Selbst der Nachweis von Encephalitozoon
cuniculi-Sporen (Kaninchen etc.) spielt gegenüber der Antikörperbestimmung im Blut
(Sensitivität 96 %, [[6]]) nur eine sehr untergeordnete Rolle, da
die Sporen nur unregelmäßig beim Platzen von Tubuluszellen frei werden (falsch-negative Befunde:
60 % bei Urin-PCR, 89 % bei Trichromfärbung [[8]]).
Klinisch-chemische Parameter
Die Bestimmung des Urin-Protein/Kreatinin-Quotient (UPC) wird bei Hund und Katze mit
„sauberem“ Urin (kein Blut, keine Entzündungszellen etc.) zum Nachweis und zur Quantifizierung
von Proteinverlust über die Nieren verwendet. Da der Urin von Kleinsäugern aber nur sehr selten
klar und ohne Beimengungen ist, ist die Aussagekraft beim Kleinsäuger extrem fraglich. Zudem
liegen keine verwendbaren Referenzbereiche vor [[1]].
Der Urin-Kortisol/Kreatinin-Quotient (UCC) wird vor allem beim Hund zum Ausschluss eines
Morbus Cushing verwendet. Aussagekräftige Untersuchungen und Referenzbereiche hierzu liegen bei
Kleinsäugern (Meerschweinchen, Hamster, Ratte etc.) noch nicht vor. Der Einsatz beim Frettchen
ist nicht zielführend, da der hier vorliegende Hyperadrenokortizismus nicht kortisol- sondern
geschlechtshormonbedingt ist.
Die Bestimmung anderer Enzymaktivitäten und Substratkonzentrationen zur Frühdiagnostik von
Nierenerkrankungen ist theoretisch auch beim Kleinsäuger möglich, Studien und Referenzbereiche
liegen aber bisher nicht vor.
Tab. 3
Urin: tierartspezifische Besonderheiten (Werte aus [[4], [7], [11]]).
Parameter
|
Kaninchen
|
Meerschweinchen
|
Chinchilla
|
Frettchen (Stinktier)
|
Kleinnager
|
Farbe
|
hellgelb bis rotbraun (Pigmente)
|
gelb bis rotbraun (Pigmente)
|
gelb
|
gelb
|
hellgelb-gelb
|
Trübung
|
klar bis leicht trüb
|
klar bis leicht trüb
|
klar bis leicht trüb
|
klar
|
klar
|
USG
|
> 1016
(isostenurischer Bereich: 1008–1016)
|
> 1016
|
> 1016
|
> 1016
|
> 1016 (Wüstenrennmaus u. Hamster meist > 1040)
|
pH-Wert
|
7,5–9,0 (8,25)
|
8,0–9,0 (8,5)
|
8,0–9,0
|
6,5–7,5
|
Maus, Ratte: 5–7
Hamster, Gerbil: 6–8 (nahrungsabhängig)
|
Kristalle
|
> 90 % Kalziumkarbonate
|
v. a. Kalziumkarbonate
|
selten (Ca-Ausscheidung v. a. über Darm)
|
v. a. Struvit
|
selten Struvit
|