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DOI: 10.1055/s-0035-1548947
Chronische Bronchitis – Nicht durch Luftverschmutzung beeinflusst?
Publication History
Publication Date:
06 March 2015 (online)
Luftverschmutzung und insbesondere Feinstaubbelastung sind gesundheitsschädlich – das ist wissenschaftlich hinreichend belegt. Nun untersuchte das ESCAPE-Projekt (European Study of Cohorts for Air Pollution) der EU die Zusammenhänge mit Atemwegserkrankungen. Die Studie wurde in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz durchgeführt. Die Ergebnisse sind zunächst überraschend.
Thorax 2014; 69: 1005–1014
Y. Cai et al. berichten über eine Metaanalyse von Querschnitt-Studien zum Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und chronischer Bronchitis. 15 279 Probanden, wurden hinsichtlich der NO2-Belastung untersucht. Bei 10 537 Probanden analysierten die Autoren die Staubbelastung.
Als Kriterien der Luftverschmutzung galten folgende Messwerte:
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inhalierbarer Feinstaub (PM10: Staub mit einer Teilchengröße < 10 μm),
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lungengängiger Feinstaub (PM2,5: Teilchengröße < 2,5 μm),
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grober Feinstaub (PMcoarse: PM10 minus PM2,5),
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die Lichtabsorption von lungengängigem Feinstaub (PM2,5abs),
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NO2,
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NOx (Kombination aus NO und NO2) sowie
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Verkehrsdichte.
In der Gesamtauswertung fand sich keine statistisch signifikante Assoziation zwischen einem Parameter der Luftverschmutzung und Symptomen einer chronischen Bronchitis. Die meisten Subgruppen-Analysen kamen zu ähnlichen nicht signifikanten Ergebnissen.
Lediglich in der Untergruppe der Nie-Raucher zeigte sich eine statistisch signifikante Abhängigkeit des bronchialen Auswurfes von der Konzentration des groben Feinstaubs (PMcoarse) mit einer Odds Ratio von 1,31 (95 %-Konfidenzintervall 1,05–1,64) pro Anstieg der Feinstaubdichte um 5 μg / m3. Der selbe Effekt konnte auch für PM10 in gleicher Stärke beobachtet werden. Aus älteren Kohorten lässt sich zudem ein signifikanter Zusammenhang zwischen chronischem Husten und PM2,5abs errechnen.
Die Ergebnisse dieser Metaanalyse dürfen nicht zu dem voreiligen Schluss führen, die Auswirkungen der Luftverschmutzung seien gar nicht so schlimm. Hier wurden ausschließlich Querschnittstudien analysiert, die nur eingeschränkte Aussagen über den Langzeitverlauf erlauben. Zudem blieb das Malignomrisiko unberücksichtigt. Querschnitt-Analysen enthalten Personen, die dieser Luftverschmutzung unterschiedlich lange exponiert waren, z. B. Menschen die durch Zuzug aus einer ländlichen Region in ihrer Jugend weniger mit inhalativen Schadstoffen belastet waren.
Für Menschen, die Ende des 20. Jahrhunderts geborenen wurden, sind leider schlechtere Ergebnisse zu befürchten. Darüber können aber nur Längsschnitt-Untersuchungen Auskunft geben. Die Studie zeigt auch eindrucksvoll die Schädlichkeit des Rauchens: Nur bei Nie-Rauchern lassen sich die Schäden der Luftverschmutzung auch schon in Querschnitt-Untersuchungen nachweisen.
Dr. med Peter Pommer
Internist und Pneumologe
Klinik am Kofel, Oberammergau
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