Der Klinikarzt 2015; 44(04): 215
DOI: 10.1055/s-0035-1550365
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kasuistik – Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö bei einem chronisch kritisch kranken Patienten

Further Information

Publication History

Publication Date:
30 April 2015 (online)

 
 

    Dr. med. Gert Grellmann

    Zoom Image

    Fach- und Privatkrankenhaus Klinik Bavaria Kreischa

    Aufgrund der Notwendigkeit des häufigen Antibiotikaeinsatzes treten C. difficile-assoziierte Diarrhöen bei chronisch kritisch kranken Patienten gehäuft auf. Die Rekonvaleszenz chronisch kritisch Kranker wird durch rezidivierende C. difficile-assoziierte Diarrhöen verzögert bzw. unmöglich. Der Einsatz von Fidaxomicin verringert das Rezidvirisiko. Ein Fallbeispiel.

    Anamnese

    Mitte Dezember 2012 unterzog sich der 73-jährige Patient einem biologischen Mitral- und Aortenklappenersatz. Der postoperative Verlauf gestaltete sich aufgrund rezidivierender Perikardtamponaden und sternaler Wundheilungsstörungen protrahiert. Im Januar 2013 schlossen sich mehrere Re-Thorakotomien sowie eine Sternumrevision und eine Omentum-majus-Plastik an. Aufgrund einer respiratorischen Insuffizienz musste der Patient reintubiert und Mitte Januar dilatativ tracheotomiert werden. Eine therapierefraktäre Tachyarrhythmia absoluta wurde mittels linksatrialer Kryoablation therapiert.

    Im weiteren Verlauf kam es zum Auftreten eines Platzbauchs mit der Notwendigkeit einer erneuten Wundrevision. Mitte Februar machten Wundheilungsstörungen eine Deckung des sternalen Defekts erforderlich. Diesem Eingriff folgten aufgrund von Nachblutungen operative Revisionen und eine erneute Spalthauttransplantation.

    Infolge zahlreicher Antibiosen trat im März eine Clostridium difficile-Infektion (CDI) auf, die mit Vancomycin behandelt wurde. Nachdem die Diarrhöen hierunter jedoch nicht sistierten, kam es zu einem prärenalen Nierenversagen. Anfang April 2013 erfolgte die Aufnahme in das Fach- und Privatkrankenhaus der Klinik Bavaria Kreischa. Die Aufnahmediagnose lautete: Prärenales Nierenversagen bei Critical illness Polyneuropathie/Myopathie.


    #

    Verlauf

    Bei Aufnahme imponierte eine deutliche Exsikkose mit stark erhöhten Nierenretentionsparametern. Daneben bestand eine Hypokaliämie bei anhaltend hypotonen Kreislaufverhältnissen. Unter Volumenbilanzierung und Ausgleich der Hypokaliämie waren die Nierenretentionsparameter gut rückläufig. Die Vancomycintherapie wurde bei persistierender Diarrhö über insgesamt 15 Tage fortgeführt. Kurz nach Aufnahme kam es zu einem rektalen Blutabgang. Eine im Rahmen von Erbrechen auftretende akute respiratorische Verschlechterung erforderte eine nichtinvasive Beatmung. Unter dem Verdacht auf eine Aspirationspneumonie wurde eine antibiotische Therapie mit Piperacillin / Tazobactam begonnen. Die CT-Untersuchung zeigte pneumonische Infiltrate sowie eine ausgeprägte Kolitis im Bereich des gesamten Kolons. Eine Rektosigmoidoskopie bei rektalem Blutabgang erbrachte den Befund einer ausgeprägten Divertikulose, einzelner Polypenknospen im Sigma und eines großen Polypen im Rektum. Eine aktive Blutung war zum Untersuchungszeitpunkt nicht nachweisbar, entzündliche Pseudomembranen oder Schleimhautveränderungen waren makroskopisch nicht erkennbar.


    #

    Therapie der rezidivierenden CDI

    Anfang Mai wurde der Patient kardiopulmonal und respiratorisch stabil in den Reha-Bereich der Klinik Bavaria Kreischa verlegt. Stuhlfrequenz und -konsistenz hatten sich verbessert, aber nicht normalisiert. Eine erneut auftretende Clostridien-assoziierte Enteritis wurde mit Metronidazol behandelt. Nachdem jedoch auch nach 10 Tagen keine Besserung eintrat, wurde der Patient auf Vancomycin, 3 × tgl. 500 mg oral, für insgesamt 21 Tage umgesetzt. Unter engmaschiger Anpassung von Elektrolyten und Flüssigkeit erreichte er bis Ende Juni 2013 Teilselbstständigkeit. Stuhlfrequenz und -konsistenz hatten sich trotz Besserung auch diesmal nicht normalisiert. Ein Ende Juni auftretender septischer Schock im Rahmen eines Harnwegsinfekts machte die erneute Krankenhausaufnahme erforderlich. Unter Antibiose mit einem Carbapenem rezidivierte die C. difficile-assoziierte Enteritis, woraufhin ein weiterer Therapiezyklus mit Metronidazol begonnen wurde. Mitte Juli erfolgte eine 2. Rektosigmoidoskopie, bei der sich multiple pseudomembranöse Läsionen bis ca. 50 cm zeigten (Abb. [ 1 ]).

    Zoom Image
    Abb. 1 Pseudomembranöse Kolitis.

    Am 3. Tag einer daraufhin begonnenen 10-tägigen Fidaxomicintherapie normalisierte sich das Stuhlverhalten, und der Patient konnte unter laufender Fidaxomicintherapie zur erneuten neurorehabilitativen Behandlung verlegt werden. Nach Beendigung der Fidaxomicintherapie waren die Durchfälle regredient, und der Allgemeinzustand des Patienten verbesserte sich deutlich. Anfang September konnte er in ein weitestgehend selbständiges Leben in häuslicher Umgebung entlassen werden. Seit der Therapie mit Fidaxomicin traten keine Durchfälle mehr auf.


    #
    #

     
    Zoom Image
    Zoom Image
    Abb. 1 Pseudomembranöse Kolitis.