Wenn nach dem Medizinstudium die Entscheidung für ein Fachgebiet bereits gefallen
ist, ist man nun auf der Suche nach einer verlässlichen Karriereperspektive. Viele
renommierte Kliniken und Universitäten in Deutschland stehen zur Auswahl. Mit der
Approbation in der Tasche steht jungen Medizinern heute jedoch nahezu die ganze Welt
offen. Dies bietet die Möglichkeit während der Facharztausbildung Erfahrungen im In-
und Ausland zu sammeln und gute Kontakte im Fachbereich zu knüpfen.
Wer als Absolvent einer deutschen medizinischen Fakultät in den Vereinigten Staaten
von Amerika als Arzt arbeiten möchte, muss eine „Medical Licence“ in dem entsprechenden
Bundesstaat erwerben. Grundvoraussetzung dafür ist, dass ausländische Bewerber die
gleichen Prüfungen ablegen wie die amerikanischen Medizinstudenten, die „United States
Medical Licence Examinations“ (USMLEs). Diese Prüfungen werden von einer unabhängigen
Institution, der „Educational Commission for Foreign Medical Graduates” (ECFMG) abgenommen.
USMLE Step 1 entspricht weitgehend dem 1. Teil der Ärztlichen Prüfung, USMLE Step
2 dem 2. Teil der Ärztlichen Prüfung. USMLE Step 2 besteht aus einer schriftlichen
Prüfung, dem USMLE Step 2 CK (clinical knowledge) und einer mündlich-praktischen Prüfung,
USMLE Step 2 CS (clinical skills) [
1
]. Danach wird das ECFMG-Zertifikat verliehen.
Ganz aktuelle Zahlen zeigen, dass das Fach Orthopädie und Unfallchirurgie in den USA
vom Nachwuchs sehr geschätzt wird. Die Plätze für eine Facharztausbildung werden dort
zentral über das „National Resident Matching Program“ (NRMP) vergeben. 2015 gab es
in den USA 703 Facharztausbildungsplätze für „Orthopaedic Surgery“ an 1062 Bewerber
zu vergeben [
2
]. Wer einen Platz ergattert hat, wird im Verlauf der kommenden 5–6 Jahre eine anstrengende,
jedoch sehr strukturierte Weiterbildung erhalten. Die Antragstellung am NRMP ist aufwendig
und die Konkurrenz einschüchternd groß. 2015 konnten von 177 unabhängigen Bewerbern
(hauptsächlich Absolventen von medizinischen Fakultäten außerhalb der USA) 40 erfolgreich
für „Orthopaedic Surgery“ matchen [
2
]. Eine in den USA abgeschlossene Facharztausbildung (Residency) ist die Voraussetzung,
wenn man langfristig in den USA arbeiten möchte.
Es ist jedoch auch möglich eine Spezialisierung in der Orthopädie und Unfallchirurgie
in den USA zu absolvieren. Die Spezialisierungen sind sehr strukturiert. Es gibt Fellowships
über 1–2 Jahre, die zentral über das „San Francisco Matching Program“ (SFMP) vergeben
werden. 2013 standen insgesamt 668 Fellowshipplätze für die Spezialisierung im Fach
Orthopädie und Unfallchirurgie zur Verfügung. Fachärzte aus den USA konnten durchschnittlich
zu 60–80 % in den 6 Spezialisierungen gematched werden [
3
]. Das ECFMG -Zertifikat und eine abgeschlossene Facharztausbildung sind die Voraussetzungen
um am Fellowship Match teilzunehmen. Internationale Bewerber werden jedoch nicht an
allen Kliniken und Universitäten akzeptiert.
Eine Auflistung der möglichen Spezialisierungen im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie
ist in ‣ Tab. [
1
] angegeben.
Tab. 1 Verfügbare Spezialisierung im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie in den USA
Bei der Antragstellung für das SFMP wird ein besonderes Augenmerk auf bereits vorzuweisende
Leistungen und zukünftige Motivation gelegt. Wie bei allen Bewerbungen in den USA
kommt jedoch auch der Empfehlung anderer Kollegen ein großer Stellenwert zu. Wer sich
den Traum, in den USA als Arzt zu arbeiten, tatsächlich erfüllen möchte, sollte während
dem Studium anfangen sich sein Netzwerk aufzubauen und Schritt für Schritt dem Ziel
näher kommen. Am besten kann man während Famulaturen (Clerkships) oder PJ-Aufenthalten
(Medical Electives) einen bleibenden Eindruck hinterlassen und sich somit Referenzen
für die spätere Bewerbung erarbeiten.
Heute wird schon frühzeitig in der Laufbahn gefordert klinische und wissenschaftliche
Akzente zu setzen, Präsenz zu zeigen und erfolgreich zu netzwerken. Dies ist auch
während oder nach der Facharztausbildung in Deutschland möglich. In den USA können
„Short-term Fellowships“ oder „Observerships“ absolviert werden. Dafür ist kein ECFMG-Zertifikat
notwendig.
In allen großen Kliniken in den USA gibt es für jede Spezialisierung einen nicht-ärztlichen
Fellowship Coordinator. Bei Interesse an einer Observership, kann dieser per Email
kontaktiert werden. Dabei ist es hilfreich, wenn man ein Empfehlungsschreiben auf
Englisch vom eigenen Arbeitgeber und (wenn vorhanden) den Nachweis der Finanzierung
beilegt. Sobald man für ein Observership akzeptiert ist, müssen einige Impftiter nachgewiesen
werden. Vor Ort erfolgt eine klinische Untersuchung und darauf basierend die Freigabe
für das Observership. Eine direkte Teilnahme an der Patientenversorgung ist nicht
erlaubt.
Von unterschiedlichen Fachgesellschaften werden Reisestipendien für Short-term Fellowships
oder Observerships zur Verfügung gestellt, wie zum Beispiel von der Deutschen Gesellschaft
für Unfallchirurgie.
Auch wenn die Internationalisierung des Nachwuchses in der Orthopädie und Unfallchirurgie
höchste Mobilität und Anstrengungen erfordern, bietet sich heute jedem Assistenzarzt
die Chance sich ein eigenes Profil zu erarbeiten. Internationale Vernetzung und Sichtbarkeit
ermöglichen die Kooperation mit mehreren Hochschulen im In- und Ausland und können
so zum persönlichen Fortkommen, jedoch auch zum weiteren Erfolg unseres Fachs und
unserer Patientenversorgung beitragen.
Weiterführende Informationen
Korrespondierender Autor
Dr. med. Markus Loibl
Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg
markus.loibl@ukr.de