Die Gesundheit von Frauen ist oft durch Beckenbodenbeschwerden beeinträchtigt. Beckenbodendysfunktionen
treten häufig erstmals im Leben einer Frau in Folge von Schwangerschaft und Geburt auf [[1], [2]]. Je nach Quelle variiert die Prävalenz; in
einer australischen Kohortenstudie sind von 1507 Erstparae 47 % von Harninkontinenz und 18 % von
Stuhlinkontinenz innerhalb der ersten 12 Monate postpartum betroffen [[16]].
Das Beckenbodengewebe wird durch die peripartalen Veränderungen stark beansprucht und noch in der
Exogestation (die ersten 9 Monate nach der Geburt) ist es geschwächt und besonders anfällig für
Überbelastung. Zudem ist das Perineum nach der Geburt noch lange empfindlich bis schmerzend [[2]]. Die Früherkennung von Wöchnerinnen mit Symptomen von Inkontinenz oder
anderen Beckenbodendysfunktionen bzw. mit Risiken dafür und das Einleiten entsprechender Maßnahmen ist
essentiell [[4], [17]].
Die Reorganisation der Muskelfasern wird unterstützt durch Entlastung des Beckenbodengewebes, durch
achtsame Übungen zur Wahrnehmung und sanfte Bewegungsreize beginnend in den ersten 10 Tagen pp [[4]]. Dies gilt auch bei unauffälligen Verläufen und unabhängig vom Geburtsmodus
[[5]], denn wenn physiologische Reize auf das Gewebe einwirken können, wird
die Regeneration begünstigt durch die Organisation und Ausrichtung der Kollagenmoleküle des Gewebes in die
Funktionsrichtung. So kann normales Gewebe mit weniger Narbengewebe entstehen. Dies betrifft die
sichtbaren Geburtsverletzungen sowie die unsichtbaren Beckenbodenstrukturen [[6]]. Tab.
[1] zeigt die Physiologie der Wundheilung.
Tab. 1
Phasen der Wundheilung [[4], [6]].
Phase
|
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Entzündungsphase 0.–5.Tag
Maßnahmen
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Die Entzündungsphase wird unterteilt in vaskuläre Phase und zelluläre Phase.
Die mechanische Belastbarkeit ist reduziert.
Möglichst Entlastung des Beckenbodens, häufiges Liegen. Durchblutungsförderung, Atemlenkung und
Spür-Übungen.
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Proliferationsphase 5.–21. Tag
Maßnahmen
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Fließende, ineinander übergehende Reparatur- und Reorganisationsprozesse.
Dosierte Bewegungen stimulieren die Bildung eines gut organisierten Gewebes.
Ab dem ca.10.–21. Tag, idealer Zeitraum für dosierte Wochenbett-Rückbildungsgymnastik und
aufbauende Beckenbodenarbeit (nach Kaiserschnitt ab dem 14. Tag).
|
Konsolidierungsphase 21.–60. Tag
Maßnahmen
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Weiterhin hohe Kollagensynthese. Kollagenumbau zu belastungsfähigerem und flexiblerem
Gewebe.
Aufnahme von angepassten sportlichen Aktivitäten gemäß dem Befinden, respektieren von
Schmerzgrenzen und Ermüdungszeichen nach Aufbau der Beckenbodenmuskulatur.
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Organisations- und Umbauphase 60.–360. Tag
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hohe Kollagensynthese,
ab 150.–360. Tag abnehmende Fibroblaste, zunehmende Belastbarkeit und Reißfestigkeit des
Gewebes.
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Anleitung und Information, wie junge Mütter im Alltag ihren Beckenboden schützen und stärken, d. h. nach
Schwangerschaft und Geburt bzw. Kaiserschnitt aufbauen können, gehören zu den professionellen Aufgaben der
Hebamme im Wochenbett. Dennoch erhält diese wichtige frühe Beckenbodenarbeit (BBA) oft nicht gebührend Raum
innerhalb der Begleitung [[7], [8]]. Den
Frauen selber ist das Wohlergehen ihres Kindes meist wichtiger, als ihre eigene Befindlichkeit und
Gesundheit [[16]].
Aufgrund der Physiologie und emotionaler Aspekte stehen im Frühwochenbett die Entlastung des
Beckenbodengewebes, achtsame Übungen zur Beckenbodenwahrnehmung und sanfte Bewegungsreize, um die
Wundheilungsprozesse zu unterstützen, im Vordergrund [[4], [9]].
Sanfte Beckenbodenarbeit
Die physiologischen Heilungsprozesse im Beckenbodengewebe und der Geburtsverletzungen zu unterstützen
bedeutet, diesen Bereich zu entlasten, aber auch frühzeitig angepasste Bewegungsreize anzubieten,
langsam steigernd gemäß den Gesetzen der Wundheilung; im frühen Wochenbett ist noch kein starkes
Beckenbodentraining angezeigt und vor allem ist die Aktivierung der geraden Bauchmuskeln in Rückenlage zu
vermeiden.
Die beiden Aspekte Schützen und Stärken begünstigen die physiologische Regeneration des Beckenbodens
[[4], [5]]. Daher sollen alle
Wöchnerinnen Anleitung und Information zur sanften BBA erhalten, unabhängig von manifesten Symptomen
einer Beckenbodendysfunktion oder asymptomatischer Genesung.
Frühe sanfte Beckenbodenarbeit
-
Schonung und Entlastung des Beckenausgangs zur Vermeidung von unnötigem Druck auf Beckenbodengewebe
und Perineum
-
Optimierung des Bewegungsverhalten und der Körperhaltung
-
Beckenbodenwahrnehmung und Atemlenkung mit Einsatz von Phonemen (Lautelemente) [[4]]
-
sanfte Übungen für den Beckenboden mit co-aktiven Bauchmuskeln [[10],
[11]] in Entlastungsposition
Forschungsvorgehen
Die vorliegende Untersuchung befasste sich mit folgenden Fragen:
-
Welche Bedeutung hat die Beckenbodenarbeit innerhalb der Hebammenbetreuung im Frühwochenbett für
Wöchnerinnen?
-
Was hilft Wöchnerinnen, die Beckenbodenarbeit in ihren Familienalltag zu integrieren und außerhalb der
Hebammenbetreuung fortzuführen?
Ziel war es, Anregungen für eine salutogene Betreuung zu gewinnen.
In der qualitativen Untersuchung wurde die frühe Beckenbodenarbeit aus der Perspektive der Nutzerin
untersucht. Die Datenerhebung erfolgte im Frühsommer 2013 mittels problemzentrierten Leitfadeninterviews bei
den Wöchnerinnen zu Hause im Großraum Zürich (n = 6, Interviewdauer 30–60 Min.). Tab.
[2] zeigt die Ein- und Ausschlusskriterien der Untersuchung. Ethische Aspekte und
der Datenschutz wurden während des ganzen Forschungsprozesses respektiert [[3]].
Tab. 2
Ein- und Ausschlusskriterien der Untersuchung.
Einschlusskriterien
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Ausschlusskriterien
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2–8 Wochen pp
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Am Geburtsort gezielte Einzel-Physiotherapie erhalten
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Jeder Geburtsmodus
Erst- und Mehrpara
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Deutsch sprechende Wöchnerinnen
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Fremdsprachige Frauen, die sich nicht gut auf Deutsch mitteilen können
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Betreuung durch die Hebamme im Wochenbett mit Thema Beckenboden, gemäß dem üblichen Angebot der
Hebamme
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Bereits Teilnahme an einem Rückbildungskurs
|
Die 6 Teilnehmerinnen in dem Convenience-Sampling (nicht-repräsentative Auswahl) haben einen homogenen
sozio-demografischen Hintergrund (30 bis 37 Jahre alt, alle verheiratet und akademische Bildung). Für die
eine Hälfte der Frauen war es das 1. Kind, für die andere das zweite. Die Teilnehmerinnen waren teils von
prä- und/oder postpartaler Inkontinenz betroffen. Sie hatten eine Spontangeburt bzw. eine vaginal-operative
Geburt, keine Teilnehmerin hatte einen Kaiserschnitt oder erhebliche gesundheitliche Probleme. Akquiriert
wurden die Studienteilnehmerinnen von Hebammenkolleginnen, die in der Betreuung immer Wochenbettgymnastik
und die Thematik Beckenboden schützen und stärken einschließen.
Die Datenanalyse der transkribierten Audioaufnahmen wurde gemäß der inhaltlich strukturierenden qualitativen
Inhaltsanalyse nach Mayring durchgeführt. Die Entwicklung des Kategoriensystems erfolgte deduktiv und
induktiv in einem zirkulären Prozess. Beispielsweise wurden Dimensionen des SF-36 [[2]] (Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität) und Aspekte aus dem saluto-physiologischen
Betreuungsmodell [[12]] adaptiert. Alle Kategorien wurden in 6 Themen
zusammengefasst.
Ausgewählte Ergebnisse
Bedürfnis nach „Anleitung“
Die frühe sanfte Beckenbodenarbeit entspricht einem Bedürfnis der Wöchnerinnen, auch wenn sie es während
der Betreuung nicht an 1. Stelle als Anliegen an die Hebamme formulierten, da die Sorge um das
Neugeborene und teils Stillschwierigkeiten im Vordergrund standen.
Alle Interviewpartnerinnen erachten das Angebot als sehr wichtigen Anteil der Hebammenarbeit während der
Wochenbettbetreuung. Bei den befragten Frauen, die das 2. Kind geboren haben, stehen dabei Beschwerden
und Inkontinenz im Vordergrund sowie der Wunsch, die körperliche Funktionsfähigkeit
wiederzuerlangen, um ihre „Mutterrolle“ wahrnehmen und den Arbeitsalltag mit Kindern bewältigen zu
können.
Die befragten Mütter, die erstmalig geboren haben, äußern ihren Bedarf nach Anleitung und Information vor
allem, um sicher zu sein, dass sie Haltung, Bewegungsablauf oder Übungen richtig ausführen. Sie wollen
mit einer Fachperson über die körperlichen Veränderungen sprechen und sich über das passende Maß an
körperlicher Aktivität vergewissern.
„…wenn dann noch jemand vorbei kommt und das zeigt, wie das wirklich gehen sollte; …weil, das habe ich
nämlich genau immer falsch gemacht…“ W3
„Bei der Hebamme kann man halt einfach auch nachfragen, wenn man sich nicht sicher ist, ob man es
richtig macht, ob man es richtig spürt oder eben auch nicht spürt. […] was sie mir auch gesagt hat, ist
das mit dem auf die Toilette gehen, dass man sich eben auch da Zeit lassen und nicht schnell, schnell
pressen soll, sondern sich Zeit lassen, dass sich die Muskulatur selber entspannt. Und dann sich einfach
die Zeit zu nehmen und einfach mal die Tür zuzulassen und warten, bis es kommt … ich wusste das gar
nicht, dass das so stark zusammenhängt und einen Einfluss hat, das war für mich ein neues Thema.“ W1
„Also im Spital wurde mir dieses Mal gar nichts gesagt, das fand ich ganz komisch. Also letztes Mal
kam die Physiotherapeutin, und die hat einem ein paar Sachen gesagt. […] gerade beim zweiten Kind braucht
man es eigentlich fast mehr als beim Ersten, fand ich. Ja, weil man hat körperlich eben ganz andere
Sachen, die man machen muss. Also nach dem alles geweitet wurde, und man muss dann wieder tragen, und das
ist dann alles eigentlich noch nicht so stabil. […] es hieß dann einfach [beim Austrittsgespräch], ich
solle ihn anspannen. Aber ich stellte dann fest, das geht gar nicht. Also [die Hebamme] hatte mir dann
eben gesagt, wie ich dann wieder anfangen kann.“ W5
Die frühe sanfte Beckenbodenarbeit wird von Teilnehmerinnen als besonders geeignet für die Wochenbettzeit
beschrieben, da während dieser Zeit die körperliche Sensibilität erhöht ist.
Gesundheit und zum vertrauten Selbst zurückfinden
„…dass man das Gefühl hat, es geht wieder einmal um einen selber. Man setzt sich vielleicht wieder ein
bisschen intensiver mit den eigenen Empfindungen und Bedürfnissen auseinander, was man sonst nicht macht,
weil einen niemand danach fragt. Weil man halt einfach funktioniert für das Kind und was sonst einfach
sonst zu machen ist.“ W1
„…prinzipiell war es für mich, für meinen Körper, was nicht mit [meinem Sohn] zu tun hat, …dass alles
zusammenkommt, dass ich als Ganzes betrachtet wurde.“ W4
Die Interventionen werden als Gesundheitsförderung wahrgenommen und helfen zum vertrauten Selbst
zurückzufinden. Sie geben den Interviewpartnerinnen das Gefühl, als Person wichtig zu sein und
nicht nur als Mutter. Zudem verbinden die interviewten Frauen mit der Beckenbodenarbeit Prävention vor
Inkontinenz und vor Komplikationen in einer nächsten Schwangerschaft.
Die Frauen äußern, dass ihnen die frühe sanfte Beckenbodenarbeit Gelegenheit gibt für die körperliche
Regenerierung, die im Familienalltag einer jungen Mutter eher selten ist. Außerdem äußern sie, durch
die BBA die Effektivität des eigenen präventiven Handelns wahrzunehmen und zu optimieren. Durch
verbesserte Körperhaltung und Bewegungsabläufe werden z. B. Rückenschmerzen verhindert und das
Wohlbefinden gesteigert.
Die zurückgewonnene körperliche Funktionsfähigkeit wirkt sich positiv aus auf Kontinenz und auf leichte
körperliche Aktivitäten und erleichtert v. a. den Mehrparae die Alltagsbewältigung (z. B. Kinder tragen,
trösten, wickeln, für Ausgleich zwischen den Geschwistern sorgen).
Die Intervention wirkt auf die emotionale Balance in der Wochenbettzeit und unterstützt Erstparae in
Bezug auf ihr unbekanntes, verändertes Körpergefühl.
Soziale Anpassung, Verhalten, Wochenbettkultur
In den Interviewgesprächen wurden Auswirkungen der Beckenbodenarbeit auf das eigene Verhalten und auf das
soziale Umfeld thematisiert. Bestärkt darin, sich als Wöchnerin vor Überlastungen zu schützen,
delegierten Interviewpartnerinnen vermehrt Aufgaben. So entstehen Erholungsinseln im
Familienalltag sowohl während als auch außerhalb der Hebammenbesuche.
„…wenn die Hebamme da ist und mit mir Beckenbodenübungen macht oder auch einfach nur fragt, das ist
eine Auszeit von der Familie... Es ist emotional eine Erholungsphase, man hat ganz kurz Urlaub so diese
halbe Stunde, Stunde, je nachdem, ob man sich jetzt nur um den Kleinen kümmert oder nur um mich oder um
beide.“ W6
Instrumente haben
Mit der sanften Beckenbodenarbeit während der frühen Wochenbettbetreuung erinnern oder erwerben sich die
Wöchnerinnen kognitive wie auch kinästhetische Skills, die über die Betreuungszeit hinaus für sie
verfügbar bleiben. Die verinnerlichten körperlichen Erfahrungen sind Instrumente, die sie auch
später nutzen wollen.
„Man kann die Übungen ja auch während der [nächsten] Schwangerschaft machen.“ W6
Interviewpartnerinnen können sich besser an ihre Situation in der Postpartalzeit anpassen, ihren
Beckenboden schonen und die Ansprüche an sich selbst zurücknehmen, z. B. sich nicht einem übersteigerten
oder sogar falschen Trainingsprogramm zu unterziehen.
„…weil das war mir nicht bewusst, dass das schon etwas ist, dass das schon reicht am Anfang.“ W3
Die Hebamme – Orientierung und Ansporn
„…unter Anleitung eben, weil sonst würde man es ja nicht machen.“ W4
„Weil, wenn man nichts gesagt kriegt, selbst wenn man es auf dem Papier hat…man macht es nicht.“
W6
„…weil man selbst kommt nicht dazu […] weil der Alltag einen so schnell hat und einen die neue
Situation auch überfordert […]. Und wenn dann einer kommt und sagt, jetzt machen wir mal was, dann rafft
man sich auf und dann merkt man auch, das geht ja vielleicht schon wieder oder ach ich hätte das jetzt
probiert, das soll ich noch gar nicht, gut zu wissen.“ W6
Die Hebamme wird als wichtige äußere Ressource wahrgenommen. Sie ist nicht nur Vertrauensperson
und im richtigen Moment ansprechbare Informationsträgerin, sondern Orientierungspunkt für die
Wöchnerinnen. Bei ihr kann sie sich vergewissern, das beruhigt und bestärkt. Zudem ist die Hebamme
Motivatorin und schafft während den Besuchen Zeit und Raum für angepasste Bewegung und
Beckenbodenarbeit.
Die Integration in den Familienalltag
„…es waren leichte Übungen und Dinge, die man in den Alltag integrieren kann. Das war für mich
wichtig, weil ich nicht eine Stunde Zeit habe, mich auszuklinken.“ W1
Beschwerden oder Angst vor erneuter Inkontinenz oder vor einer späteren Senkung sind Motivatoren für die
Fortsetzung des beckenbodenschonenden Verhaltens und der Übungen, genügen aber meist alleine nicht.
Hierfür muss jemand das Thema ansprechen, ihm Wichtigkeit beimessen und konkrete Vorschläge machen. Aus
den Interviews geht hervor, dass einfache Übungen, die mit Alltagstätigkeiten verbunden werden
können, eher weiterhin gemacht werden im Vergleich zu Übungssequenzen, die vom Alltag losgelöst sind.
Außerdem sind Wiederholung und Erinnerungsstützen nötig und erwünscht, um die Nachhaltigkeit der
Interventionen zu optimieren.
Diskussion
Mit dem kleinen Sampling konnte keine Sättigung bei den Themen erzielt werden. Es ist daher anzunehmen, dass
nicht alle Themen identifiziert wurden. Limitierend ist außerdem, dass durch die Einschränkung auf die
deutsche Sprache Informationen z. B. von Migrantinnen fehlen.
Zwei Erkenntnisse sind hervorzuheben: Die Einschätzung der befragten Wöchnerinnen, dass diese Interventionen
der Hebamme für die Wochenbettzeit besonders geeignet ist aufgrund der erhöhten körperlichen
Sensibilität und dass die frühe sanfte Beckenbodenarbeit einen Beitrag zur Wochenbettkultur
leistet, indem sie die Lying-in-time unterstützt.
Das Bedürfnis der befragten Wöchnerinnen nach Absicherung, v. a. hinsichtlich korrekter Ausführung,
bestätigen andere Untersuchungen [[13]]. Fehlendes Feedback und
Informationsdefizite können zur Folge haben, dass die BBA nicht fortgeführt wird [[14]]. Um die Nachhaltigkeit zu verbessern, schlagen Bick et al. vor, gemeinsam mit der Wöchnerin
Informationsmaterial zu lesen und anzuschauen und hierbei auf ihr Vorwissen Bezug zu nehmen [[15]].
Die Aussagen der Interviewpartnerinnen decken sich mit den Studienergebnissen von Chiarelli et al., dass
eine gute Anleitung mit umfassender Information zu Wirkungsweise und Ziel von BBT und Instruktion zur
korrekten Ausführung mit Überprüfung so wie Ermutigung zur regelmäßigen Durchführung notwendig sind [[13]].
Assessments zur Detektion von prädikativen Risikofaktoren resp. Symptomen für Beckenbodendysfunktionen sind
bei jeder Wöchnerin vorzunehmen [[17]]. Risikofaktoren können
Inkontinenz in der Schwangerschaft, hoher BMI und chronischer Husten, Nikotinabusus, prolongierte Geburt,
kindliches Geburtsgewicht > 4000 g, DR II-IV oder vaginal operative Entbindung sein. Vorübergehende
Empfindungseinschränkungen im Beckenausgang in den ersten Tagen sowie eine herabgesetzte Reaktionsfähigkeit
der Muskulatur kann durch eine Überdehnung der Nervenstruktur (N. pudendus) entstanden sein.
Bei ausgeprägter oder anhaltender Beckenbodendysfunktion > 2 Wochen ist es wichtig, eine Physiotherapie
zu veranlassen [[4], [15]]. Um Motivation und
Übungsgelegenheit in der Gruppe zu bekommen, ist die Empfehlung zu weiterführenden Rückbildungskursen und
fortführendem Beckenbodentraining wichtig [[9]].
Frühe Information und Anleitung zu Schutz und Stärkung des Beckenbodens sind direkte Gesundheitsförderung
über die Körperarbeit und die mental-kognitive Ebene, daher sind sie ein wichtiges ressourcenorientiertes
Instrument in einer salutogenen Begleitung. Auch wenn für die Effektivität dieser Interventionen
insbesondere bei asymptomatischen Frauen (noch) keine Daten verfügbar sind, sind es die Physiologie der
Wundheilung und die Bedeutung für die Zielgruppe, die für die frühe Beckenbodenarbeit sprechen.
Seit Juli 2015 werden nun in der Schweiz Besuche nicht nur bis zum 10. Tag, sondern ähnlich wie in
Deutschland, 10 bzw. 16 Termine bis 8 Wochen nach der Geburt von der Grundversicherung ohne ärztliche
Verordnung vergütet.
Da Hebammen Frauen während einer Zeit begleiten, in der der Beckenboden sehr vulnerabel ist, liegt hier
ein Präventionspotenzial für die maternale Gesundheit.