Z Orthop Unfall 2015; 153(05): 468
DOI: 10.1055/s-0035-1564951
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Temporäre Hemiepiphyseodese – Postoperative histomorphologische Unterschiede bei verschiedenen Implantaten?

Contributor(s):
Kerstin Radtke
Sanpera Jr J, Raluy-Collado D, Frontera-Juan G et al.
Histological differences between various methods of hemiepiphysiodesis: is guided growth really different?.

J Pediatr Orthop B 2015;
24: 308-314
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Publication Date:
09 October 2015 (online)

 

Die spanische Forschergruppe um Sanpera et al. untersuchte anhand von Kaninchen ob sich bei temporären Hemiepiphyseodesen die Ergebnisse je nach verwendetem Implantat unterscheiden.
Sanpera I Jr, Raluy-Collado D, Frontera-Juan G et al. Histological differences between various methods of hemiepiphysiodesis: is guided growth really different? J Pediatr Orthop B 2015; 24: 308–314

Einleitung

Die temporäre Hemiepiphyseodese ist ein etabliertes Verfahren zur Achskorrektur bei im Wachstum befindlichen Kindern und Jugendlichen. Initial wurden mehrere Blount-Klammern über eine Seite der Epiphyse positioniert (medial oder lateral), was das Wachstum in diesem Bereich hemmt. Neuere Implantate wie Eight-Plates™ (Orthofix, Ottobrunn) und andere Implantate nach selbigem Prinzip sowie transphyseale Schrauben sind nun am Markt verfügbar und finden Anwendung. Während Schrauben und Staples das Wachstum durch Kompression limitieren, wird bei Eight-Plates und Analoga eine Funktionsweise nach dem Prinzip eines Spannungsbandes (engl. „tension band“) angenommen. Bei unterschiedlicher Funktionsweise werden Unterschiede auch in der Histologie des Knochens nach Verwendung der verschiedenen Epiphyseodesematerialien vermutet.


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Methodik

Bei 24 weiblichen White New Zealand Kaninchen wurden im Alter von 8 Wochen im Bereich der Hinterläufe temporäre Hemiepiphyseodesen mit unterschiedlichen Implantaten durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Kontrollgruppe untersucht. Tiergruppen zu je 6 Tieren wurden nach 1, 2, 4 und 6 Wochen euthanasiert. Zu diesem Zeitpunkt wurden Ganzbeinaufnahmen der beiden unteren Extremitäten angefertigt und radiologisch hinsichtlich der Achsenverhältnisse ausgewertet. Zudem wurden die Tibiae für die histologische Aufarbeitung abgesetzt. Die Histologie erfolgte an 4–5 μm dicken Schnitten mit HE-Färbung. In der Betrachtung wurden mediale, laterale und zentrale Arealen unterschieden.


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Ergebnisse

Alle Tibiae nach Hemiepiphyseodese zeigten eine Varusfehlstellung. Die Höhe der Wachstumszone war in allen Fällen nach Operation reduziert. Histologisch zeigten sich die stärksten morphologischen Veränderungen in der medialseitig gelegenen Zone (direkt unter dem Implantat). Unterschiede in der zentralen Zone waren nicht relevant. Beschrieben wurden initial nach Staples (medial) vergrößerte Chondrozyten mit Verlust ihres typischen Aussehens, die sich nun in Clustern gruppierten. Diese Veränderungen wurden bereits in der 1. Woche nach OP beschrieben. Nach Eight-Plates variierte die Morphologie initial in Abhängigkeit von der Verwendung der Schraubenlänge. Bei kurzen Schrauben waren Struktur und Anordnung der Chondrozyten kaum verändert, bei langen Schrauben zeigten sich ebenfalls ein Strukturverlust und eine Anordnung in Clustern. Die genannten Veränderungen breiteten sich im zeitlichen Verlauf dann auch auf die laterale Seite aus. Sechs Wochen postoperativ waren histomorphologische Unterschiede zwischen den Gruppen deutlich angeglichen.

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(Bild: PhotoDisc)

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Kommentar

In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass nach temporärer Hemiepiphyseodese histomorphologische Veränderungen an der Wachstumsfuge auftreten, in unterschiedlicher Ausprägung und in Abhängigkeit vom verwendeten Implantat. Auswirkungen der Schraubenlänge bei Eight-Plate-Implantation auf das histologische Ergebnis können dargestellt werden. Lange, divergierend eingebrachte Schrauben scheinen den vormals verwendeten Staples in der Auswirkung auf die Morphologie gleichwertig. Bezüglich der Auswirkungen auf das Endergebnis ist es jedoch interessant, dass die histologischen bildmorphologischen Unterschiede sich binnen 6 Wochen zwischen den Gruppen ausgleichen. Einschränkungen der Studie stellen die Verwendung von Tieren im Versuch dar. Belastungen der Hinterläufe der Tiere sind möglicherweise nicht direkt auf die Beinachsenbelastung beim Menschen zu übertragen, Unterschiede in der Biomechanik und in der Folge auch in der Histologie sind möglich. Dennoch liefert diese Studie einen interessanten Einblick in die Histomorphologie nach Hemiepiphyseodese und trägt zum Gesamtverständnis dieser Operation und der postoperativen Reparationseffekte bei.


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(Bild: PhotoDisc)