Aktuelle Dermatologie 2015; 41(10): 403
DOI: 10.1055/s-0035-1564956
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Alopecia areata – Dem Haarverlust systemisch und topisch begegnen

Contributor(s):
Friederike Klein
Lalosevic Jovan et al.
Dermatol Ther 2015;
DOI: 10.1111/dth.12255.
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 October 2015 (online)

 

Standardtherapieprotokolle bei schwerer Alopecia areata (AA) fehlen – v. a. bei Kindern und Jugendlichen. Jovan Lalosevic et al. berichten über die retrospektiv erhobenen Ergebnisse der Behandlung mit einer Kombination von oraler Puls- und topischer Therapie mit Glukokortikosteroiden.
Dermatol Ther 2015; DOI: 10.1111/dth.12255

In der pädiatrisch-dermatologischen Universitätsklinik in Belgrad/Serbien wurden 65 Kinder und Heranwachsende im Alter von 2–18 Jahren wegen einer AA, die mehr als 30 % der behaarten Kopfhaut umfasste, behandelt. 43 % der Patienten wiesen eine AA plurifocalis (AAP), 57 % eine AA subtotalis (AAS), eine AAP mit Ophiasis (AAP+OPH) oder eine Alopecia totalis/universalis (AT/AU) auf.

Die Therapie bestand aus einem Puls von oralem Dexamethason (entsprechend 5 mg/kg Prednisolon) nach dem Frühstück 1-mal alle 4 Wochen. Die Pulse wurden 6-, 9- oder 12-mal wiederholt. Jeweils 2 Tage vor, am selben Tag und 2 Tage nach dem Steroidpuls nahmen die Patienten prophylaktisch Ranitidin in einer Dosis von 2 mg/kg (maximal 300 mg/Tag) ein. Dazu wendeten die Patienten eine 0,05 % ige Clobetasolpropionat-Salbe unter Okklusion mit einer Haube an 6 Tagen pro Woche an, wobei nach 3 Wochen Therapie immer eine Woche Therapiepause folgte, um das Nebenwirkungsrisiko zu minimieren. Das Haarwachstum an den AA-Herden erfassten die Untersucher mit Hilfe einer Skala von 0 bis 100 %. Ein wieder einsetzendes Wachstum von mehr als 50 % wurde als gutes Ansprechen gewertet.

Hohe Erfolgsquote

6 bis 12 Monate nach Ende der Therapie wiesen 37 von 65 Patienten (56,9 %) ein Haarwachstum an den AA-Stellen von mehr als 75 % auf. Bei 27 dieser 37 Patienten bedeckten die neu gewachsenen Haare die Läsionen komplett.

Bei AAP zeigten 65,5 % ein komplettes Ansprechen, bei den schwereren Formen der AA dagegen nur 21,6 % und bei AT/AU nur 6,7 % (einer von 15 Patienten). Insgesamt wiesen 61,5 % aller Patienten ein gutes Ansprechen mit einem Haarwachstum über mehr als 50 % der kahlen Stellen auf. Bei Patienten mit einer AA, die erst maximal 12 Monate bestand, war das Ansprechen häufiger gut als bei schon länger Betroffenen.

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Frischer Herd einer Alopecia areata – im Randbereich Anreicherung von Kolbenhaaren. (Bild: © Moll, I. et al. Duale Reihe Dermatologie. Stuttgart: Thieme 2010)

Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. 7 von 65 Patienten (10,7 %) entwickelten am Tag der oralen Pulsgabe Kopfschmerzen, die mit einer Einmalgabe Paracetamol verschwanden. Eine Atrophie der behaarten Kopfhaut entwickelten auf die topische Therapie hin 2 von 15 Patienten mit AT/AU. Die Atrophie hatte sich 2 Monate nach Therapieende wieder komplett zurückgebildet. Magenbeschwerden oder Veränderungen von Blutdruck oder Elektrolyten wurden nicht beobachtet. Auch das Körperwachstum wies keine Hinweise auf einen ungünstigen Effekt der kombinierten Steroidtherapie auf.

Für 45 von 65 Patienten (69 %) lagen Langzeitergebnisse über einen Zeitraum von median 96 Monate vor. In den meisten Fällen blieb das Therapieergebnis bestehen, 3 der Patienten mit AAP mit vollständigem Ansprechen erlebten allerdings wieder eine leichte Verschlechterung.

Fazit

Die kombinierte Therapie mit Steroidpulsen und topischer Therapie unter Okklusion kann bei Kindern und Jugendlichen mit AA langfristige Erfolge erzielen, ohne dass es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommt.


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Frischer Herd einer Alopecia areata – im Randbereich Anreicherung von Kolbenhaaren. (Bild: © Moll, I. et al. Duale Reihe Dermatologie. Stuttgart: Thieme 2010)