Kennedy S, Barske H, Wing K et al.
SF-36 Mental Component Summary (MCS) Score Does Not Predict Functional Outcome After
Surgery for End-Stage Ankle Arthritis.
J Bone Joint Surg Am 2015;
97: 1702-1707
Der Einfluss der Psyche auf das Behandlungsergebnis konnte bereits in Studien verschiedener
orthopädischer Eingriffe dargelegt werden. Dabei zeigte sich eine positive Korrelation
zwischen dem geistigen Gesundheitszustand und dem postoperativen Outcome. Ob dies
auch für die operative Versorgung bei einer Arthrose des Sprungelenks zutrifft, haben
Kennedy et al. untersucht.
Kennedy S, Barske H, Wing K et al. SF-36 Mental Component Summary (MCS) Score Does
Not Predict Functional Outcome After Surgery for End-Stage Ankle Arthritis. J Bone
Joint Surg Am 2015; 97: 1702–1707
Einleitung
Die Zufriedenheit des Patienten nach operativer Versorgung einer schweren OSG-Arthrose
(OSG: oberes Sprunggelenk) unterliegt einer starken interindividuellen Varianz, ohne
dass objektivierbare Kriterien wie Funktionalität und radiologisches Ergebnis allein
eine Erklärung bieten. Ziel der retrospektiven Multizenterstudie war die Quantifizierung
des Einflusses der präoperativen geistigen Gesundheit auf das funktionelle Ergebnis
nach operativer Versorgung der endgradigen OSG-Arthrose mittels Endoprothese bzw.
Arthrodese. Ausgegangen wurde dabei von der Hypothese, dass ein verringerter präoperativer
SF-36-MCS-Wert (Short Form 36 Mental Component Summery) einhergehend sei mit einem
schlechteren postoperativen Outcome.
Methodik
Innerhalb einer 2002 begonnen Multizenterstudie der COFAS (Canadian Orthopaedic Foot
and Ankle Society) wurde u. a. eine End-Stage-Ankle-Arthritis-Datenbank angelegt,
aus der retrospektiv Daten akquiriert werden konnten. Diese beinhaltete Patienten
mit symptomatischer endgradiger OSG-Arthrose unterschiedlicher Genese und nach ausgeschöpfter
konservativer Therapie mit OSG-Gelenkersatz oder -Arthrodese. Auch Revisionseingriffe
und begleitende Prozeduren wie beispielsweise Osteotomien oder Arthroplastiken anderer
Gelenke wurden eingeschlossen. Vorbestehende Komplikationen wie Osteonekrosen, Infekte
oder Charcot-Arthropathie führten zum Ausschluss aus der Betrachtung.
Durch mehrfache Erhebung des AOS-Wert (AOS: Ankle Osteoarthritis Scale) im Behandlungsverlauf
konnte das postoperative Outcome quantifiziert werden. Zur Bewertung der psychischen
Komponente wurde der MCS-Wert des SF-36 herangezogen, der bereits im Vorfeld als indirekter
Indikator für Depressionen genutzt wurde. Der Punktwert steigt mit der Abnahme von
Symptomen. Anhand des Wertes wurden Subgruppen definiert und diese hinsichtlich des
postoperativen Ergebnisses verglichen. Zur Detektion eines vermuteten Zusammenhangs
wurde der Pearson-Korrelationkoeffizient (r) verwendet.
Ergebnisse
Über den Zeitraum von 5 Jahren konnten 337 Patienten in die Analyse eingeschlossen
werden, die durchschnittlich nach 5,2 Jahren nachuntersucht wurden. Dabei zeigte sich
eine Abnahme des AOS-Wertes (gleichbedeutend mit einer Abnahme von Schmerz und einer
Verbesserung der Funktionalität) von prä- nach postoperativ und zwar unabhängig von
der Operationsmethode. Entgegen der anfangs gestellten Hypothese ließ sich diese Abnahme
jedoch nicht in einen direkten Zusammenhang mit dem präoperativ ermittelten MCS-Wert
bringen.
Schlussfolgerung
Die eingangs aufgestellte Hypothese konnte anhand der vorliegenden Datenlage nicht
bewiesen werden. Im Gegenteil, ein direkter Zusammenhang scheint in dieser spezifischen
Fragestellung nicht vorzuliegen.
Kommentar
Das postoperative Outcome wird durch verschiedenste Faktoren beeinflusst, wobei die
Psyche einen nachhaltigen Einfluss ausüben kann. Bereits in der Hüft- und Kniegelenkchirurgie
wird der MSC-Wert als prognostischer Faktor angesehen. Hier konnte gezeigt werden,
dass die Psyche einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis der operativen Intervention
hat. In der beschriebenen Studie konnte dies hinsichtlich des Sprunggelenkes nicht
bestätigt werden. Somit kann man den Score bei Operationen im Sprunggelenksbereich
auch nicht als präoperativen Indikator für das postoperativen Ergebnis benutzen. Es
stellt sich die Frage warum der MCS-Wert bei Knie und Hüftoperationen eine Einfluss
hat und beim Sprunggelenk nicht. Die Arthrose im oberen Sprunggelenk ist überwiegend
posttraumatisch verursacht, sodass die Patienten häufig posttraumatischem Stress unterliegen
und somit der Ausgangswert im Vergleich zu Patienten mit Knie- und Hüftinterventionen
so weit verändert ist, dass der MCS-Wert nicht passt. Die Autoren beschreiben in ihrer
Diskussion einen höheren MCS-Wert bei ihren Patienten als bei den Untersuchungen bei
Knie- und Hüftinterventionen.
Der SF-36 ist ein gutes Werkzeug, um die Lebensqualität abzubilden und er beweist
sich häufig als guter Indikator zur Überprüfung von Interventionen und deren Sinnhaftigkeit.
Diese Studie ist deshalb so interessant, weil sie zeigt, dass Patienten mit Erkrankungen
am Sprunggelenk sich von Patienten mit Erkrankungen an Hüfte und Knie unterscheiden.
Deswegen muss das Suchen nach passenden Punktwerten weitergehen.