kma - Klinik Management aktuell 2014; 19(09): 40-42
DOI: 10.1055/s-0036-1577468
Technologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart

Zwei Kliniken – eine gemeinsame Sprache

Master Patient Index
Guntram Doelfs
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. März 2016 (online)

 

    Nach der Fusion von Abteilungen mussten zwei Kliniken im Breisgau zwei unterschiedliche IT-Systeme in Rekordzeit verschmelzen. Statt auf ein neues KIS setzt das Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen auf einen digitalen Dolmetscher: Software „übersetzt“ in Echtzeit medizinische Daten zwischen beiden Standorten – mit Erfolg.


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    Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen(Fotos: UHZ)

    Am Anfang stand eine ungewöhnliche Idee. 2012 fusionierten im Breisgau das privat geführte Herzzentrum Bad Krozingen und drei kardiologische Abteilungen des Uniklinikums Freiburg zum Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen (UHZ). Das neue Herzzentrum sollte, so die Absicht, zu einem der führenden Herzzentren in Deutschland werden und dabei auch wirtschaftlich durch Synergieeffekte profitieren. Das Projekt stellte aber alle Beteiligten vor erhebliche Herausforderungen. Neben zwei ganz unterschiedlichen Unternehmenskulturen galt es auch, umfangreiche Datenbestände beider Häuser für die medizinische Behandlung unter einen Hut zu bringen, ohne jedoch grundsätzlich die IT-Infrastruktur beider Ursprungshäuser komplett zusammenzulegen. Hinzu kam die enge Vorgabe der Landesregierung von Baden-Württemberg an das UHZ, bis zum Jahresanfang 2014 eine einheitliche Leistungsabrechnung mit den Krankenkassen zu gewährleisten.

    Aufgrund des engen Zeitplans und der zu erwartenden Kosten in Millionenhöhe (siehe Interview) „entschieden wir uns gegen die Einführung eines neuen Krankenhausinformationssystems, weil die Umsetzung mehrere Jahre benötigt hätte“, erzählt Projektkoordinator Peter Doelfs, der seit Oktober 2013 den Geschäftsbereich IT im UHZ leitet. Stattdessen wählte das Haus den Weg, mittels einer Spezialsoftware die medizinischen Daten beider Häuser zusammenzuführen. Die Umsetzung des komplexen Vorhabens gelang in der kurzen Zeit von etwas mehr als einem Jahr.

    Fehlerquote unter einem Prozent
    Der Master Patient Index (MPI) der Walldorfer Softwarespezialisten InterComponentWare (ICW) überprüft dazu Patientendaten in beiden Krankenhausinformationssystemen auf Übereinstimmungen, die dann bei einem definierten Übereinstimmungsgrad zusammengeführt werden. „Der behandelnde Arzt kann so auf Knopfdruck nahezu in Echtzeit die Befunde des anderen Standorts einsehen“, erläutert Peter Doelfs. Der Master Patient Index funktioniert wie ein elektronischer Dolmetscher zwischen den beiden KIS, ohne an der ursprünglichen Datenbasis selbst Änderungen vorzunehmen. Die Fehlerquote bei den Ausgangsdaten liegt nach Angaben des Projektkoordinators bei einem Prozent, „allerdings muss die Datenqualität gut sein, sonst hat man mehr Arbeit.“ Nach intensiven Vorarbeiten mit rund 50 beteiligten Fachkräften aus beiden Krankenhäusern wurden schließlich die Daten von 250.000 Patienten in nur einer Nacht synchronisiert.

    Das Projekt kämpfte anfangs durchaus mit „Berührungsängsten und Befürchtungen“, wie Bernd Sahner, Geschäftsführender Verwaltungsdirektor des UHZ, einräumt. Was Sahner nur vorsichtig andeutet, waren vor allem Befürchtungen am Standort Bad Krozingen, dass das viel größere Uniklinikum im gemeinsamen neuen UHZ den Takt bestimmen würde. Doch ausgerechnet das IT-Projekt zerstreute diese Befürchtungen schnell, da mehr als 50 Mitarbeiter aus beiden Unternehmen gemeinsam an dem Projekt arbeiteten und sich die Mitarbeiter so „kennen und schätzen“ lernten, wie Sahner betont. Seit Anfang des Jahres ist das neue System nun scharfgeschaltet, bereits am fünften Arbeitstag nach Aufnahme lief die erste Abrechnung für die Krankenkassen „ohne jegliche Probleme“, wie Peter Doelfs schildert – und das alles für Projektkosten von nur 350.000 Euro. Selbst kurzfristige Stromausfälle aufgrund heftiger Gewitter überstand das System problemlos.

    EPA soll bald folgen
    In Bad Krozingen denkt man inzwischen weiter. Das jetzige Projekt – hausintern UHZ Agenda 2014 genannt – ist für die Breisgauer Herzspezialisten ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer standortübergreifenden Patientenakte. „Diese werden wir nun schrittweise in Angriff nehmen. Mit den MPI-Funktionalitäten ist eine der größten Hürden auf dem Weg zur Elektronischen Patienten­akte genommen“, sagt Sahner.

    *Peter Doelfs ist trotz gleichen Namens nicht mit Guntram Doelfs, dem Autor dieses Artikels, verwandt.


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    Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen(Fotos: UHZ)