Fragestellung:
Anknüpfend an die S3-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und
an die internationale „Choosing wisely“-Initiative wurde auf der Palliativstation
im Universitätsklinikum Würzburg im Juni 2015 das „Klug Entscheiden am Lebensende“-Programm
eingeführt. Durch eine präzisere Festlegung und kurzfristigere Evaluation der Therapieziele
sowie genauere palliative Stadieneinteilung soll hierdurch die nicht zielführende
Medikation am Lebensende vermieden werden. Der Fokus der retrospektiven Patientenaktenanalyse
lag auf der Thromboembolieprophylaxe (TEP) in der Sterbephase (3 bis 7 Tage vor dem
Tod) durch das NMH Na-Enoxaparin, das durch die subkutane Applikation unabhängig von
der Schluckfähigkeit des Patienten gegeben werden kann, und zudem zur Thromboseprophylaxe
bei stationären Tumorpatienten sowie palliativen Patienten eine breite Anwendung findet.
Methodik:
Untersucht wurden zwei Patientengruppen: die Kontrollgruppe (Z1, n = 107) vor der
Einführung des Klug Entscheiden-Programmes sowie die Klug-Entscheiden-Gruppe (Z2,
n = 85) nach der Implementierung des Programmes. Es wurden jeweils nur auf der Station
Verstorbene betrachtet.
Ergebnis:
In Z1 erhielten 2 Tage vor dem Tod 29,7% der Patienten eine (primäre) TEP, in Z2 zum
gleichen Zeitpunkt 2,7% (p < 0,001). In der ärztlichen und pflegerischen Dokumentation
wurde keine Häufung von Hinweisen auf thromboembolische Ereignissen festgestellt (Z1:
7,5%, Z2: 5,9%, p > 0,05). Schmerzen und Dyspnoe traten in vergleichbarer Intensität
auf und Medikamente zur Symptomlinderung in der Sterbephase waren in unverändertem
Umfang erforderlich.
Schlussfolgerung:
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch individuelle Entscheidungen bezüglich
des Absetzens der TEP am Lebensende kein Qualitätsverlust in der Patientenversorgung
befürchtet werden muss. Das Würzburger Klug-Entscheiden-Programm und diese Untersuchung
sollen zur weiteren Reflexion über ärztliches Handeln am Lebensende beitragen und
ermutigen.