Nuklearmedizin 1984; 23(05): 231-239
DOI: 10.1055/s-0038-1624250
Originalarbeiten – Original Articles
Schattauer GmbH

Tierexperimentelle Studien zur Funktionsbeurteilung von Harnstauungsnieren mit der katheterlosen seitengetrennten Bestimmung der 131J-Hippuran-Clearance[*]

Animal Studies with Unilateral Measurements of 131I-Hippurate Clearance without Catheter to Determine Renal Function during Ureteral Obstruction
E. Doppelfeld
1   Aus dem Institut für Klinische und Experimentelle Nuklearmedizin (Dir.: Prof. C. Winkler) der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bundesrepublik Deutschland
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Publikationsverlauf

Eingegangen: 21. August 1984

Publikationsdatum:
11. Januar 2018 (online)

Zusammenfassung

An 64 mischrassigen Hunden wurden Untersuchungen zum Einfluß einer schlagartigen retrograden Druckerhöhung im Nierenbecken auf die Nierendurchblutung, die renale Extraktion von Para-Amino-Hippursäure und 131J-Hippuran sowie auf die mit Clearance-Methoden meßbare Nierenfunktion durchgeführt. Infolge der akuten Harnabflußsperre nahm der mit dem Bretschneider-Katheter gemessene renal-venöse Abstrom im Gesamtkollektiv signifikant ab, wobei jedoch im Einzelfalle eine Konstanz oder eine Zunahme der renalen Durchblutung festzustellen war. Bei gleichzeitiger Messung des arteriellen Zustromes (elektromagnetische Meßköpfe) wurde eine Tendenz zur Zunahme der arteriellen Nierendurchblutung beobachtet, die jedoch nicht statistisch gesichert werden konnte. Auch hierbei fanden sich im Einzelfall eine Konstanz oder eine Abnahme der Durchblutung. Unabhängig von dem Verhalten der Durchblutung im Einzelfalle wurde in jedem Falle eine signifikante Abnahme der Extraktion von PAH und 131J-Hippuran in der akut gestauten Niere nachgewiesen. Diese stauungsbedingte Funktionseinbuße der Niere war mit konventionellen Meßverfahren (PAH-Clearance, 125J-Hippuran-Clearance im steady state) nachweisbar, während mit der katheterlosen seitengetrennten Bestimmung der 131J-Hippuran-Clearance hierzu diskrepante Werte ermittelt wurden. Nur bei freien Harnabflußverhältnissen erbrachten die genannten Clearance-Verfahren miteinander korrelierende Ergebnisse ebenso wie bei der Untersuchung durch chronische Stauung vorgeschädigter Nieren nach Druckentlastung. Wurde in diesen Fällen jedoch erneut eine Harnabflußsperre erzeugt, so war eine Übereinstimmung zwischen den Resultaten der katheterlosen seitengetrennten Bestimmung der 131J-Hippuran-Clearance einerseits und den konventionellen Clearance-Verfahren andererseits nicht festzustellen. Erwähnt sei, daß bei langfristiger Harnstauung in Einzelfällen mit der katheterlosen seitengetrennten Bestimmung der 131J-Hippuran-Clearance vor Druckentlastung höhere Funktionsanteile als nach Beseitigung der durch prävesikale Ligatur erzeugten Harnstauung gefunden wurden.

Summary

In 64 dogs the influence of a sudden unilateral ureteral obstruction on renal blood flow (RBF), on renal extraction of PAH and 131I-hippurate and on kidney function as determined by clearance methods was studied. By measuring the venous blood flow, using the method of Bretschneider, a decrease of the RBF was observed generally although in some cases the RBF remained constant or even increased. The arterial blood flow, controlled by electromagnetic means, showed a tendency to increase but in some cases remained constant or decreased. In all cases, independent of the reaction of the RBF to acute ureteral obstruction, a significant decrease of the renal extraction of PAH as well as of 131I-hippurate was observed. This decrease of kidney function was found by conventional methods (PAH and 125Ihippurate clearance in “steady state” technique), whereas by external measurement of the 131I-hippurate clearance different results were obtained leading to the assumption of an increase of renal function. Only if urinary flow was free, the three methods agreed in their results. In kidneys damaged by a longer period of ureteral obstruction, these function tests yielded corresponding values only in the case of unimpaired urinary flow. Following repeated ureteral obstruction, external measurement and conventional methods no longer agreed in kidney function determination. In some cases, by external measurementrenal function was determined to be higher before opening the ligation of the ureter as compared to the result achieved thereafter.

* Herrn Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. h. c. C. Winkler zum 65. Geburtstag.


 
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