Gesundheitswesen 2018; 80(04): 382-383
DOI: 10.1055/s-0038-1639202
VORTRÄGE
Infektionsschutz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Regionaler Gastroenteritis-Ausbruch nach schweren Regenfällen im Landkreis Hildesheim 2017 – Zwei Erreger und zwei Quellen?

E Mertens
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 2 - Mikrobiologie, Infektionsschutz, Krankenhaushygiene und Infektionsepidemiologie Hannover, Germany
,
K Hüppe
2   Gesundheitsamt Hildesheim Hildesheim, Germany
,
J Hölscher
2   Gesundheitsamt Hildesheim Hildesheim, Germany
,
K Luden
3   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 3 - Umweltmedizin, hygiene und -epidemiologie Aurich, Germany
,
K Kohls
3   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 3 - Umweltmedizin, hygiene und -epidemiologie Aurich, Germany
,
J Laß
4   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 3 - Umweltmedizin, hygiene und -epidemiologie Hannover, Germany
,
R Huppmann
4   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 3 - Umweltmedizin, hygiene und -epidemiologie Hannover, Germany
,
K Claußen
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 2 - Mikrobiologie, Infektionsschutz, Krankenhaushygiene und Infektionsepidemiologie Hannover, Germany
,
K Beyrer
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 2 - Mikrobiologie, Infektionsschutz, Krankenhaushygiene und Infektionsepidemiologie Hannover, Germany
,
M Mylius
5   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) u. Robert Koch-Institut Abteilung 2 - Mikrobiologie, Infektionsschutz, Krankenhaushygiene und Infektionsepidemiologie (NLGA) und Postgraduierten Ausbildung für angewandte Epidemiologie (RKI), angegliedert an das European Programme for Intervention Epidemiology Training, ECDC, Sc Hannover und Berlin, Germany
,
J Dreesman
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) Abteilung 2 - Mikrobiologie, Infektionsschutz, Krankenhaushygiene und Infektionsepidemiologie Hannover, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
11 April 2018 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Vom 26.07. bis 02.08.17 erkrankten 41 Personen in Ort X und Umgebung mit gastroenteritischen Symptomen. Die meisten Erkrankungen (n=29, 71%) traten zwischen dem 28. und 31.07.17 auf.

    In Stuhlproben wurden Campylobacter jejuni (CAM) und Salmonella Typhimurium (SAL) festgestellt. Der wahrscheinliche Infektionszeitraum gemäß Inkubationszeiten lag folglich zwischen dem 23. und 31.07.17. Als mögliche Quelle wurde eine Trinkwasserkontamination in Zusammenhang mit Starkregen am 24./25.07.17 bzw. Hochwasserereignissen diskutiert. Vorsorglich wurde die Wasserversorgung umgestellt und ein Abkochgebot ausgesprochen.

    Das Gesundheitsamt Hildesheim und das Niedersächsische Landesgesundheitsamt untersuchten den Ausbruch, um die Quellen/Vehikel zu identifizieren.

    Methoden:

    In einer retrospektiven Fall-Kontrollstudie (FKS) wurden telefonische Befragungen zu Symptomen, Lebensmittel- und Trinkwasserkonsum sowie zu Expositionen im Rahmen des Hochwassers durchgeführt.

    Die Falldefinition umfasste alle in Ort X lebenden Personen, die mit gastroenteritischen Symptomen und Labornachweis (CAM, SAL) seit dem 26.07.17 gemeldet wurden. Kontrollpersonen wurden in Wohnortnähe zu den Fällen definiert.

    Als Assoziationsmaß wurden Odds Ratios (OR) mit 95%-Konfidenzintervallen (KI) berechnet und mittels Chi-Quadrat-Test geprüft (p<0,05).

    In Ort X wurden Trinkwasserproben auf Fäkal-(Indikator)keime sowie CAM und SAL untersucht.

    Ergebnisse:

    In der FKS wurden 12 Fälle (CAM 7, SAL 5) und 35 Kontrollen befragt. Bezogen auf alle Fälle fand sich die einzige signifikante Assoziation bezüglich Trinkwasserkonsum (OR 9,17; KI 1,51-94,61; p=0,004). Bezogen auf CAM-Fälle lag dieses OR bei 11,0 (KI 1,182-102,4; p=0,007), für SAL-Fälle bei 2,75 (KI 0,27-36,24; p=0,289). Bei den SAL-Fällen zeigten Hochwasser-Hilfseinsätze eine signifikante Assoziation (OR 51,0, KI 3,52-740; p<0,001), wobei die Einsätze an verschiedenen Orten stattgefunden hatten.

    In einem Tiefbrunnen, der ausschließlich Ort X versorgt hatte, wurden massive Kontaminationen mit Fäkalkeimen festgestellt. CAM und SAL wurden nicht nachgewiesen.

    Diskussion und Schlussfolgerungen:

    Bei dem Gastroenteritis-Ausbruch mit einem deutlichen Erkrankungsgipfel und zwei Erregern handelt es sich wahrscheinlich um zwei Ausbruchsgeschehen mit unterschiedlichen Infektionsquellen.

    Die FKS und die Nachweise von Fäkalkeimen im Tiefbrunnen weisen auf kontaminiertes Trinkwasser als wahrscheinlichste Quelle hin. Eine Trinkwasser-Kontamination im Zuge des Starkregens ist plausibel und liegt im Infektionszeitraum. Die fehlenden CAM-Nachweise können dadurch begründet sein, dass CAM in Wasser nicht lange überleben. Ähnliche Ausbrüche sind in der Fachliteratur beschrieben.

    Hinsichtlich der Salmonellen-Infektionen ist ein Zusammenhang mit Hochwasser-Hilfseinsätzen möglich, wobei die vorliegenden Daten leider keinen Hinweis auf eine konkrete Quelle liefern.


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