Die Inzidenz von malignen Tumorerkrankungen nimmt in der Bundesrepublik Deutschland
seit vielen Jahren zu. Gesundheitsämter werden zunehmend mit Meldungen über vermutete
oder tatsächliche Häufungen von Krebserkrankungen konfrontiert.
Das Gesundheitsamt des Landkreises Rotenburg (Wümme) hat nach Hinweisen aus der Bevölkerung
über eine potentielle Häufung von Krebserkrankungen in einer Gemeinde eine Anfrage
an das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen gestellt (EKN). Diese Abfrage
ist in einer Arbeitsgruppe mit Beteiligung von drei Bürgerinitiativen, einem von den
Bürgerinitiativen benannten Experten, dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA),
dem EKN und dem Gesundheitsamt des Landkreises einvernehmlich erarbeitet worden.
Als Ergebnis wurde vom EKN für den Auswertungszeitraum 2003 – 2012 eine statistisch
auffällige Häufung an hämatologischen Krebsneuerkrankungen bei Männern in der Samtgemeinde
Bothel festgestellt. Da das EKN aus Datenschutzgründen keine Kontaktdaten der erkrankten
Männer (Fälle) zur Verfügung stellen konnte, wurden für die Ursachenforschung 6978
Bewohnerinnen und Bewohner in der Samtgemeinde mit einem Fragebogen zu eigenen hämatologischen
Krebserkrankungen sowie zu welchen bei Angehörigen schriftlich befragt. Auch dieses
Vorgehen wurde wiederum in der Arbeitsgruppe intensiv beraten und konsensual beschlossen.
Zum Stichtag waren zunächst 3423 Rückläufe eingegangen so dass für eine möglichst
hohe Rücklaufquote 3555 Erinnerungsschreiben versendet wurden, was schließlich zu
insgesamt 4551 Antworten führte.
Für die weitere anonymisierte Bearbeitung wurden die Rückläufer mit einer ID-Nummer
versehen und anschließend ausgewertet. Mit 360 Rücksendern wurden telefonische und
persönliche strukturierte Interviews mit einem erweiterten Fragebogen durchgeführt,
wenn eine entsprechende Krebsdiagnose durch Einsicht in medizinische Befundberichte
gesichert war. Items waren z.B. Wohnort- sowie Berufshistorie, Freizeitverhalten etc.
Schließlich erfolgte noch eine Reihe von Fall-Kontroll-Analysen. Dabei wurden Wohnabstände
von Fällen und je vier zugeordneten Kontrollen zu potentiellen Expositionsquellen
(z.B. holz- sowie metallverarbeitende Betriebe, Erdgasförderanlagen, Bohrschlammgrube,
Benzolemittenten, Pestizidausbringer) mittels bedingter logistischer Regression analysiert.
Die Ergebnisse der Auswertungen des EKN als auch der eigenen Daten wurden immer zunächst
in der Arbeitsgruppe und zeitnah danach in Bürger- und Medieninformationsveranstaltungen
präsentiert.
Dieses transparente und mit allen Beteiligten abgestimmte Vorgehen hat die Akzeptanz
der Ergebnisse der Auswertungen wesentlich befördert.