Gesundheitswesen 2018; 80(04): 411-412
DOI: 10.1055/s-0038-1639280
POSTERPRÄSENTATION
Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Muttermilch-Untersuchungsprogramm Niedersachsen 2006 – 2016: Charakteristika der Teilnehmerinnen und Verlauf der PBDE-Konzentration

D Bentama
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene und -epidemiologie, Hannover, Germany
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ND Costa Pinheiro
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene und -epidemiologie, Hannover, Germany
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R Huppmann
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene und -epidemiologie, Hannover, Germany
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E Gierden
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene und -epidemiologie, Hannover, Germany
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R Suchenwirth
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Umweltmedizin, -hygiene und -epidemiologie, Hannover, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. April 2018 (online)

 
 

    Stillen gewährleistet neben der optimalen Ernährung für den Säugling einen Schutz vor bakteriellen und viralen Erkrankungen, Allergien und späterem Übergewicht durch die Immunglobuline der Mutter.

    Ab 1999 wird am Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) das Muttermilch-Untersuchungsprogramm des Landes Niedersachsen durchgeführt. Seither wurden mehr als 9500 Frauenmilchproben mit dem Schwerpunkt persistente Organohalogenverbindungen untersucht. Auswertungen der Proben von 1999 – 2012 zeigten, dass die Fremdstoffkonzentrationen in den Muttermilchproben kontinuierlich abnahmen. Hier stellen wir die Auswertung der Jahre 2006 – 2016 vor, mit Fokus auf die seit 2006 erhobenen Konzentrationen ausgewählter polybromierter Diphenylether (PBDE; Kongenere BDE-47, BDE-99, BDE-100 und BDE-153). PBDE sind ehemals weitreichend in Flammschutzmitteln eingesetzt worden.

    Die Proben wurden von den Teilnehmerinnen selbst genommen und zusammen mit einem standardisierten Fragebogen an das NLGA geschickt. Die Analytik der PBDE-Kongeneren erfolgte mittels GC-MS. Durch Multiplikation mit dem Faktor 1,24 wurde aus der Summe der 4 Kongeneren ein Gesamtwert für PBDE gebildet.

    Das untersuchte Kollektiv umfasst nach Ausschluss doppelter Teilnahmen 5901 Datensätze. Das Medianalter der Mütter ist 32 Jahre (15 – 51 Jahre). Der Median des BMI liegt bei 24,2 kg/m2 und 57,8% sind Erststillende. Zum Zeitpunkt der Probennahme stillen 30,6% der Frauen seit maximal 8 Wochen und 52,2% bereits länger als 12 Wochen. Es haben 3,2% der Frauen angegeben, aktuell zu rauchen. Ein Hautpflegemittel wird von 45,8% der Frauen verwendet. Der Anteil der Frauen mit dem höchsten Schulabschluss Abitur liegt bei 66,4% und 11,8% der Mütter stammen gebürtig nicht aus Deutschland. Die wichtigsten Zugangswege zum Programm waren 2016 andere Mütter (30,7%), Hebammen (26,7%) und Kinderärzte (25,3%).

    Im Zeitraum 2006 – 2016 hat sich die mittlere PBDE-Konzentration (Median des Gesamtwertes) von 1,46 ng/g Milchfett auf 0,77 ng/g Milchfett im Gesamtkollektiv fast halbiert. Eine Ausnahme bildet das Kongener BDE-153, hier hat sich die mittlere Konzentration im gleichen Zeitraum von 0,55 ng/g Milchfett im Jahr 2006 zu 0,43 ng/g Milchfett 2016 kaum verändert. Die vom NLGA abgeleiteten Referenzwerte für BDE-47 (1,5 ng/g Milchfett) und BDE-153 (1,3 ng/g Milchfett) wurden in 2,64% (max. 48,61 ng/g Milchfett) bzw. in 2,93% (max. 29,52 ng/g Milchfett) der Proben überschritten.

    Die untersuchten Proben zeigen einen deutlichen Rückgang der PBDE-Gehalte in der Muttermilch und belegen die nachhaltige Wirkung von Verwendungsverboten/-beschränkungen für PBDE. Das Untersuchungsprogramm hat sich als etabliertes Instrument zur gesundheitsbezogenen Umweltbeobachtung (Human-Biomonitoring) bewährt und ermöglicht zugleich die Modifizierung/Ausweitung des Untersuchungsspektrums auf neue Stoffe. Zudem tragen unsere Daten neben der individuellen Beratung der Mütter zur allgemeinen Stillempfehlung bei und unterstützen generell die Stillmotivation.


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