Einleitung:
Eine der großen Herausforderungen der modernen Medizin ist die Therapie komplexer
Erkrankungen. Krankheitsbilder wie Krebs weisen stark schwankende Charakteristika
auf und sind patientenindividuell sehr unterschiedlich. Je nach Mikromilieu des Tumors
sowie Immunstatus und Vorgeschichte des Patienten kann eine Tumorerkrankung in variabler
Form auftreten. Bisher wird anhand der Klassifizierung mittels bestimmter Oberflächen
und Biomarker die Therapiestrategie festgelegt. Wünschenswert wäre jedoch eine individualisierte
Strategie, die unter Berücksichtigung des individuellen Immunstatus und der Mikroumgebung
des zu behandelnden Tumors erfolgt. Allerdings fehlen für eine derartige personalisierte
molekularbiologische Analyse die entsprechenden Tools. Ziel unseres Projekts ist daher
die Entwicklung eines personalisierten Tumormodells zur patientenindividuellen Wirkstofffindung
und Anpassung der Krebstherapie. In einem ersten Schritt wurden hierzu die Kultivierung
von Zelllinien in 2D-Kultur und in einem 3D-Modell sowie die Supplementierung des
Zellkulturmediums mit polyP-Substraten getestet.
Methoden:
Zur Etablierung eines innovativen Modells zur Kultivierung von humanen Tumorzellen
wurden zunächst die Hepatomzelllinie Hep3B und die Kolonkarzinomzellinie Caco-2 unter
klassischen 2D-Kulturbedingungen kultiviert. Der Einfluss unterschiedlicher Medien
sowie des Supplements Polyphosphat (polyP [amorphe Nanopartikel]; dient als exogene
Energiequelle und verhindert hypoxische Zustände in dreidimensionalen Zellclustern)
wurde anhand von Zellzyklusanalysen und Viabilitätsassays untersucht. Das Wachstum
von Hep3B und Caco-2 auf dreidimensionalen Scaffolds wurde mittels Immunhistochemie
sowie Immunfluoreszenzfärbungen evaluiert.
Ergebnisse:
Der Zusatz von polyP-Materialien hatte keinen Einfluss auf das Kurzzeitüberleben von
Caco-2 (3 Tage Kultur) und Hep3B-Zellen (2 Tage Kultur) in der Standard-2D-Kultur.
Auch nach einer Kultivierung von bis zu 9 Tagen wurde der Zellzyklus von Caco-2- und
Hep3B-Zellen durch polyP nur geringfügig beeinflusst. Im Vergleich zu den Kontrollen
war jedoch die metabolische Aktivität der Zellen nach 7 Tagen Kultur in Gegenwart
von polyP-Substraten bis zu 2-fach erhöht. Der Effekt von polyP auf die metabolische
Aktivität war dosisabhängig und erreichte das Optimum bei einer Konzentration von
30 µg/ml. Auf dreidimensionalen polyP-haltigen Scaffolds blieb die Vitalität von Caco-2-
und Hep3B-Kulturen über 10 Tage uneingeschränkt erhalten. Nach 17 Tagen Kultur auf
dreidimensionalen Scaffolds wiesen Hep3B-Zellen zudem eine strukturiertere Anordnung
auf als Kontrollzellen in 2D-Kultur.
Schlussfolgerung:
Der Zusatz von polyP-Materialien verbessert die metabolische Aktivität von Zelllinien
in 2D-Kultur. Dreidimensionale Scaffoldstrukturen sind geeignet zur Kultivierung von
Zelllinien über bis zu 17 Tage. Diese Ergebnisse dienen als Grundlage für weitere
Untersuchungen, die klären sollen, ob eine Kultivierung primärer humaner Tumorzellen
auf polyP-haltigen Scaffolds möglich ist.