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DOI: 10.1055/s-0038-1667929
Typisch Krankenhaus? Psychische Arbeitsbelastungen von Pflegekräften und Ärzten-/innen in Abhängigkeit vom Beruf und der Situation vor Ort
Publication History
Publication Date:
06 August 2018 (online)
Einleitung:
Hohe emotionale Anforderungen und Vereinbarkeitskonflikte bei den Arbeitszeiten gelten als typische, negative Belastungen von Pflegekräften, und Ärztinnen und Ärzten. Daneben gibt es bei der Arbeit im Krankenhaus jedoch weitere wichtige psychische Belastungsfaktoren. Es stellt sich die Frage, welche Faktoren wie mit Berufen assoziiert sind und ob andere Einflüsse wirksam sind, hier insbesondere die Situation vor Ort.
Material & Methoden:
Aus der COPSOQ-Datenbank (Copenhagen Psychosocial Questionnaire) wurde eine Stichprobe von 20 Krankenhäusern bzw. Kliniken gezogen. Die Befragungen fanden 2011 – 2016 statt. Die Stichprobe enthält die Angaben von 6.466 Pflegekräften und 1.887 Ärztinnen und Ärzten. Auf kleinste Haus entfallen 106 Befragte, auf das größte Haus 1.156 Befragte. Für 20 COPSOQ-Skalen (fünfstufig, 0 – 100) wurden die Unterschiede untersucht 1. zwischen Berufsgruppen, 2. zwischen Häusern und 3. diese für das je andere Merkmal kontrolliert (SPSS-ANOVA).
Ergebnisse:
Am ehesten heben sich die beiden Berufsgruppen bei der Unsicherheit des Arbeitsplatzes, den Quantitativen Anforderungen, Entwicklungsmöglichkeiten und Work-Privacy-Konflikten (Eta-Koeffizienten 0,17 – 0,25) voneinander ab; das gilt auch in den einzelnen Häusern. Bei primärer Differenzierung nach Häusern weisen mehr und andere Faktoren Unterschiede auf, z.B. Rollenkonflikte, Feedback/Rückmeldung, die Unterstützung bei der Arbeit, die Führungsqualität sowie Vertrauen und Gerechtigkeit (Eta 0,15 – 0,28). In der sekundären Betrachtung nach Berufsgruppen fallen diese noch stärker aus (Eta bis 0,36).
Diskussion:
Die Analysen weisen darauf hin, dass Assoziationen von psychischen Belastungen und Berufen nur „die halbe Wahrheit“ sind. Vor allem Faktoren, die sich auf das soziale Gefüge am Arbeitsplatz beziehen, zeigen sich der Situation vor Ort geschuldet. Dieses Ergebnis ist nicht nur inhaltlich plausibel (z.B. die Führungsqualität eher an die Führungskraft als an Tätigkeitsinhalte rückzubinden), sondern praktisch relevant.
Schlussfolgerung:
Es liegt nahe – etwa im Rahmen der psychischen Gefährdungsbeurteilung – bei der Übertragung berufsbezogener Erkenntnisse auf den einzelnen Arbeitsplatz Vorsicht walten zu lassen. Vielmehr sollte sich die Analyse (auch) auf das einzelne Krankenhaus bzw. die Klinik und die jeweiligen Untergliederungen richten.
Literatur:
[1] Lincke, H.-J.; Lindner, A.; Nübling, M. (2017): Die Messung psychischer Belastungen bei der Arbeit mit dem COPSOQ. In: Friedrich Hofmann und Nenad Kralj (Hg.): Handbuch der betriebsärztlichen Praxis. Grundlagen, Diagnostik, Organisation, Prävention, Rechtskommentare. Landsberg/Lech: ecomed, S. 51 – 72.
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