Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e39
DOI: 10.1055/s-0038-1667975
SYMPOSIEN
Aspekte chronischer Erkrankungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Spiritualität und Bindung im Kontext fortgeschrittener Krebserkrankung – eine Mediation

K Scheffold
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
,
R Philipp
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
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S Vehling
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
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S Koranyi
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
,
D Engelmann
2   Universitätsmedizin Leipzig, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Leipzig, Deutschland
,
F Schulz-Kindermann
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
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M Härter
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
,
A Mehnert
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, W26, Hamburg, Deutschland
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. August 2018 (online)

 
 

    Einleitung:

    Bindung ist ein wichtiger Prädiktor für psychische Belastungen bei fortgeschritten erkrankten Krebspatienten. Der Verlust von Sicherheit und Kontrolle, sowie steigende Abhängigkeiten bei Fortschreiten der Erkrankung aktivieren das Bindungssystem und erhöhen die Wahrscheinlichkeit existenzieller Belastung. Sinnquellen reduzieren psychische Belastungen. Park & Folkman liefern mit ihrem Meaning Making Model eine theoretische Grundlage zur Annahme einer Mediation des Zusammenhangs zwischen Bindung und psychischer Belastung durch Spiritualität. Globales und situationales Sinnempfinden kann auf der Grundlage von Bindung entwickelt werden und in Form von Spiritualität zu einer Reduktion psychischer Belastung führen.

    Methode:

    N = 190 Patienten wurden im Rahmen des ersten Erhebungszeitpunktes der CALM Studie in Leipzig und Hamburg befragt. Eingeschlossen wurden Patienten mit soliden Tumoren im UICC Stadium III oder IV und einem PHQ-9 ≥9 und/oder Distress ≥5. Zur Erhebung der Bindung wurde die Experience in Close Relationships Scale (ECR-M16) eingesetzt, des Weiteren die FACIT-Sp Skala für spirituelles Wohlbefinden und der PHQ-9, sowie die Death and Dying Distress Scale (DADDS) zur Erhebung von Depressionen und Todesangst.

    Ergebnisse:

    Im Vergleich zu sicher gebundenen Patienten haben ängstlich-vermeidende Patienten ein höheres Risiko für depressive Symptome und Todesangst. Diese Zusammenhänge werden durch niedrigeres spirituelles Wohlbefinden signifikant mediiert. Es werden 11% (Depression; R2 = 0,11, F = 7,14, p < 0,002) bzw. 15% (Todesangst, R2 = 0,15, F = 10,36, p < 0,001) der Varianz aufgeklärt. Vermeidende, sowie besitzergreifend gebundene Patienten haben im Vergleich zu sicher gebundenen Patienten kein signifikant höheres Risiko für depressive Symptome oder Todesangst.

    Diskussion:

    Ängstlich-vermeidend gebundene Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung haben ein erhöhtes Risiko für depressive Symptome und Todesangst, da sie niedrigeres spirituelles Wohlbefinden erleben. Bei der Implementierung und Weiterentwicklung therapeutischer Angebote für fortgeschritten erkrankte Krebspatienten sollte vor dem Hintergrund der Bindung das spirituelle Wohlbefinden der Patienten adressiert und im besten Fall gesteigert werden. Dies kann zur Reduktion psychischer Belastungen führen.


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