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DOI: 10.1055/s-0039-1679305
Gibt es Unterschiede in den Behandlungsergebnissen bei Lungentuberkulose zwischen Asylsuchenden und Nicht-Asylsuchenden? Ergebnisse einer intensivierten Surveillance neu diagnostizierter Lungentuberkulosen 2015/2016 in Niedersachsen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
05. April 2019 (online)
Hintergrund:
Im Jahr 2015 stieg die Zahl der Asylsuchenden (AS) in Deutschland und auch in Niedersachsen stark an. Diese kamen vielfach aus Ländern mit einer deutlich höheren Tuberkuloseinzidenz. Nur 66,7% der in 2015 in Niedersachsen neu gemeldeten Lungentuberkulose-Fälle (pTB) wurden als erfolgreich behandelt übermittelt bei einem WHO-Ziel von 90%. Die Behandlung bei AS kann durch die hohe Mobilität und Sprachbarrieren deutlich erschwert sein. Ziel unserer Studie war eine Beurteilung, ob AS häufiger als non-AS ein nicht erfolgreiches Behandlungsergebnis (BE) aufweisen, um Handlungsbedarfe zu identifizieren.
Methode:
Wir analysierten Surveillance-Daten neu diagnostizierter pTB, übermittelt zwischen 01.07.2015 und 30.06.2016 in Niedersachsen. Im November 2017 erfolgte eine Nachbefragung der Gesundheitsämter zur Vervollständigung der Daten. Die Auswertung erfolgte mit den aktualisierten Daten zum Datenstand März 2018. Wir teilten die BE gemäß der WHO Empfehlungen ein und verglichen die klassifizierten BE sowie die Gründe für ein nicht erfolgreiches BE zwischen AS und non-AS mittels logistischer Regression. Wir berechneten als Assoziationsmaß Odds Ratios, adjustiert für Altersgruppe und Geschlecht (aOR), mit einem 95%-Konfidenzintervall (95%-KI).
Ergebnisse:
Es wurden 360 Fälle von pTB übermittelt bei 149 AS und 211 non-AS. AS waren im Durchschnitt jünger (30 vs. 49 Jahre) und relativ häufiger männlich (84% vs. 60%). Von 28/360 fälschlichen Übermittlungen (Doppelmeldung, nichttuberkulöse Mykobakterien) war ein größerer Anteil unter den AS (9% vs. 7%). Der Anteil erfolgreicher BE betrug 88% bei AS vs. 78% bei non-AS. Nach Adjustierung ergab sich ein aOR von 1,4 (95%-KI: 0,70 – 2,70). Der Hauptgrund für nicht-erfolgreiche BE war bei non-AS der Tod, bei AS der unbekannte Wegzug mit unbekanntem tatsächlichem BE. Eine verringerte Chance für ein erfolgreiches BE zeigte sich bei der Altersgruppe der über 59-Jährigen (aOR: 0,4; 95%-KI: 0,23 – 0,71) und innerhalb der AS für Fälle aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ (aOR: 0,2; 95%-KI: 0,05 – 0,96).
Schlussfolgerungen:
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede beim BE zwischen AS und non-AS. Die Intensivierung der Surveillance ergab einen deutlich höheren Anteil erfolgreicher BE. Dennoch konnte das WHO-Ziel in beiden Gruppen nicht erreicht werden, AS verfehlten dieses aber nur knapp. Das standardisierte elektronische Meldesystem, dessen Einführung für 2020 in Deutschland geplant ist, könnte den Austausch von Informationen zwischen Gesundheitsämtern erleichtern und damit den Anteil fälschlicher Übermittlungen und fehlender Daten reduzieren. Tatsächliche Verbesserungen des BE könnten möglicherweise erreicht werden, wenn z.B. Abschiebungen von AS während der Behandlung ausgesetzt würden. Bei non-AS sollten nähere Informationen zur Todesursachen untersucht werden, um ggf. Ansatzpunkte für eine verbesserte Therapie zu identifizieren.
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