Einleitung:
Die Ursachen für Hypoglossus- und Stimmlippenparesen können peripheren und zentralen Ursprungs sein und bedürfen daher einer interdisziplinären ärztlichen Beurteilung.
Fall: Ein 50-jähriger Patient stellte sich mit subjektivem Gefühl der Zungenschwellung, Dyspnoe und Dysphonie in der Rettungsstelle vor. Vor 5 Tagen hatte er ein Sildenafil-Generikum eingenommen, an dem Abend hatte er postkoital leichte Kopfschmerzen verspürt, welche am nächsten Morgen zunehmend und vornehmlich nuchal lokalisiert waren. Am nächsten Tag erstmals das Gefühl der Zungenschwellung und undeutlichen Sprache. Klinisch zeigten sich eine Hypoglossus- sowie Stimmlippenparese rechts, ein Horner Syndrom bestand nicht. Ein CT Kopf/Hals und eine CT-Angiografie blieben zunächst ohne pathologisches Korrelat. Ein nachgeschaltetes MRT Kopf/Hals führte in Zusammenschau mit allen anderen Befunden zur Diagnose: Dissektion der A. carotis interna rechts subbasal ohne relevante Stenose.
Diskussion:
Die sehr seltene Dissektion der A. carotis interna muss als Ursache bei isolierten Hirnnervenausfällen differentialdiagnostisch immer mit in Betracht gezogen werden, da hier die umgehende Einleitung einer antikoagulatorischen Therapie vor thromboembolischen Komplikationen vorbeugen kann. Das verzögerte Auftreten einer isolierten Hypoglossusparese nach einem länger zurückliegenden Kopfschmerzereignis scheint pathophysiologisch durch die Ausdehnung eines subadventitiellen Wandhämatoms nach stattgefundener Dissektion der A. carotis interna und damit verbundenener Druckläsion des N. hypoglossus erklärbar. Die Stimmlippenparese lässt sich auf die Lokalisation der Dissektion im kurzen benachbarten anatomischen Verlauf des N. vagus und des N. hypoglossus lateral der A. carotis interna zurückführen.