Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E43
DOI: 10.1055/s-0039-3401166
ePoster
ePoster Sitzung 1.2: Fetale Wachstumsrestriktion
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Supraphysiologische Estradiol-Werte in der in-vitro Fertilisationsbehandlung sind mit einer höheren Inzidenz kleiner Neugeborener assoziiert

A Kohl Schwartz
1   Universitätsspital Bern, Frauenklinik, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Bern, Schweiz
,
V Mitter
1   Universitätsspital Bern, Frauenklinik, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Bern, Schweiz
,
S Amylidi-Mohr
2   Universitätsspital Bern, Frauenklinik, Klinik für Geburtshilfe und Feto-Maternale Medizin, Bern, Schweiz
,
M Minger
1   Universitätsspital Bern, Frauenklinik, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Bern, Schweiz
,
M Zwahlen
3   Universität Bern, Institut für Sozial- und Präventivmedizin, Bern, Schweiz
,
M von Wolff
1   Universitätsspital Bern, Frauenklinik, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Bern, Schweiz
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. November 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Kinder, die nach einer frischen in-vitro Fertilisations (IVF) – Behandlung zur Welt kommen sind leichter und haben höhere perinatale Risiken, als Kinder nach einer Spontankonzeption (Pandey et al. Hum Rep Update 2012; Pinborg et al. Hum Rep Update 2013). Es ist unklar, in wie weit das geringere Geburtsgewicht durch elterliche Faktoren (Alter, Gesundheit, Infertilität, Nikotinabusus), die Laborbedingungen (Fertilisationstechnik, Embryokultur) oder die Stimulationsbehandlung beeinflusst wird (Brentsen et al. Hum Rep Update 2019). Bei der klassischen IVF (cIVF)-Therapie wird durch die Verabreichung von Gonadotropinen die Reifung vieler Eizellen angeregt. Dies führt zu supraphysiologischen Estradiol (E2)-Werten im Serum und zu einem hohen Aufbau des Endometriums. Das Ziel unserer Studie war es, den Einfluss der Gonadotropine auf das Geburtsgewicht der Kinder und die Inzidenz für „small for gestational age“ (SGA) zu untersuchen.

    Methodik:

    Wir haben von 2010 bis 2016 eine retrospektive Kohortenstudie an unserer Klinik durchgeführt. Es wurden alle Einlinge nach cIVF (Stimulation ≥150 IU humanes Menotropin/Tag) und aus der IVF im natürlichen Zyklus (NC-IVF) berücksichtigt (N = 155). Die Auswertung des Geburtsgewichts der Kinder (inkl. alters- und geschlechtsabhängiger Perzentile P) erfolgte vergleichend zwischen cIVF und NC-IVF. SGA wurde geschlechtsadaptiert als Gewicht ≤5. Perzentile definiert. Die Resultate der Regressionsanalyse wurden für die elterliche Größe, BMI und Alter korrigiert. Sekundär wurden weitere perinatale Risiken insbesondere auch in Abhängigkeit supraphysiologischer E2-Werte (> 10'000 pmol/l) untersucht.

    Resultate:

    Insgesamt konnten 85 Einlinge nach cIVF und 70 nach NC-IVF ausgewertet werden. Das mittlere Geburtsgewicht nach cIVF von 3218 g (± 704 g), P 38.6 und nach NC-IVF von 3310 g (± 475 g), P 43.1, hat sich nicht unterschieden p = 0.352. Die Inzidenz der SGA Kinder war leicht höher nach c-IVF (n = 10) versus NC-IVF (n = 2), OR 4.24; 95% CI 0.95 – 21.61), p = 0.058. In der logistischen Regression blieb dieserTrend bestehen, OR 4.23; 95% CI 0.87 – 20.41; p = 0.073. Die Zyklen mit supraphysiologischen E2-Werten führten häufiger zur Geburt eines SGA-Kindes, sowohl in der rohen OR 4.58; 95% CI 1.35 – 15.55; p = 0.015) wie auch in der adjustierten Analyse aOR 3.83; 95% CI 1.06 – 13.82; p = 0.041).

    Diskussion:

    Unsere Daten zeigen eine Assoziation zwischen Gonadotropinstimulation und reduziertem Geburtsgewicht, insbesondere, wenn in der IVF-Therapie supraphysiologische E2 Werte erreicht werden. Diese Resultate leisten einen wichtigen Beitrag zur Diskussion ob und in wie weit eine Gonadotropinstimulation ein Risiko für SGA und damit auch für die Gesundheit der Kinder im späteren Leben ist. Wir empfehlen die Wahl einer tieferen Stimulationsdosis zur Minimierung supraphysiologischer E2 Spiegel in der IVF-Therapie. Damit könnten perinatale und längerfristige gesundheitliche Konsequenzen reduziert werden.


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