Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E54-E55
DOI: 10.1055/s-0039-3401193
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ePoster Sitzung 1.5: Risikofaktoren in der Schwangerschaft und Stillzeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neuromuskuläre Erkrankung unklarer Ätiologie mit letaler Stammganglienblutung im Wochenbett – ein Fallbericht

TH Ayub
1   Uniklinik Bonn, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Bonn, Deutschland
,
B Strizek
1   Uniklinik Bonn, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Bonn, Deutschland
,
U Gembruch
1   Uniklinik Bonn, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Bonn, Deutschland
,
WM Merz
1   Uniklinik Bonn, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Bonn, Deutschland
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Publication Date:
27 November 2019 (online)

 
 

    Fragestellung:

    Neuromuskuläre Erkrankungen umfassen eine Krankheitsgruppe mit etwa 800 verschiedenen Formen. Eine konkrete Diagnosestellung ist oft nicht möglich. Eine Schwangerschaft resultiert meist in einer (reversiblen) Verschlechterung der Symptome. Aufgrund der Seltenheit der einzelnen Krankheitsbilder ist eine exakte Prognose jedoch meist nicht möglich.

    Klinischer Fall:

    Die 31-jährige GI/P0 stellte sich erstmalig in der 13+0 SSW zur Mitbetreuung bei neuromuskulärer Erkrankung unklarer Ätiologie vor. Im Vorfeld war eine umfassende humangenetische Diagnostik erfolgt, in der zahlreiche Homozygotie-Regionen bei Konsanguinität der Eltern nachgewiesen wurden. Der Bruder der Patientin war ebenfalls betroffen, sodass ein autosomal-rezessiver Erbgang wahrscheinlich war. Symptome begannen im Kindesalter und umfassten eine ausgeprägte generalisierte Muskelschwäche mit Atrophie der Gesichts- und Kaumuskulatur, Dysphagie, belastungsabhängiger Dyspnoe (erschwertes Treppensteigen, mehr als 3 kg konnte sie nicht tragen), Gaumensegelparese, Rhinophonia aperta, gastrointestinalen Beschwerden mit Erbrechen, Regurgitationen, Diarrhoen und Obstipationen und ausgeprägter Hyperhidrosis bei Kälte. Zudem lagen eine Anorexie (BMI 16), Depression, manifeste Osteoporose, normochrome Anämie, adenoide Wucherungen, Hohlfüße, Skoliose sowie eine Intelligenzminderung vor. Bei Kinderwunsch war neben einer präkonzeptionellen Beratung eine Hysteroskopie zur Entfernung eines Corpuspolypen erfolgt. Es wurde eine interdisziplinäre Betreuung mit engmaschigen fetomaternalen Verlaufskontrollen durchgeführt. Der Schwangerschaftsverlauf war respektive eines gut eingestellten Gestationsdiabetes regelrecht, sonographisch zeigte sich ein eutropher Fet mit unauffälligen Dopplerindizes. In der 31. SSW erfolgte ein stationärer Aufenthalt bei Zervixverkürzung (17 mm) ohne vorzeitige Wehentätigkeit. Auf Wunsch der Patientin war eine primäre Sectio für 37+0 SSW terminiert, wurde jedoch in 36+5 SSW bei vorzeitiger Wehentätigkeit komplikationslos durchgeführt. Ein phänotypisch unauffälliger Junge (2945 g, Apgar 9/10/10, pH 7,37) wurde geboren. Der postoperative Verlauf war unauffällig, mit Entlassung am 3. postpartalen Tag. Fünf Tage später wurde die Patientin in die neurochirurgische Intensivstation einer externen Klinik bei Stammganglienblutung eingeliefert. Trotz Hemikranektomie verstarb die Patientin im weiteren Verlauf.

    Schlussfolgerung:

    Neurologische Erkrankungen stellen die zweithäufigste indirekte mütterliche Todesursache dar. Wir vermuteten daher einen Zusammenhang zwischen der Vorerkrankung, der Schwangerschaft bzw. Geburt und der Stammganglienblutung. Eine Literaturrecherche erbrachte jedoch hierfür keine Bestätigung. Dieser Fallbericht illustriert, dass trotz intensiver interdisziplinärer Betreuung an einem Zentrum Komplikationen leider nicht immer verhindert werden können.


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