Geburtshilfe Frauenheilkd 2020; 80(04)
DOI: 10.1055/s-0039-3403412
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pyoderma gangrenosum: eine seltene und schwierige Differentialdiagnose ulcerierender Läsionen der Vulva

I Pfniß
1   Klinische Abteilung für Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Graz
,
B Sadoghi
2   Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Graz
,
R Fink-Puches
2   Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Graz
,
E Trapp
1   Klinische Abteilung für Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Graz
,
N Taumberger
1   Klinische Abteilung für Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Graz
,
R Hochstätter
1   Klinische Abteilung für Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Graz
,
G Trutnovsky
1   Klinische Abteilung für Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Graz
,
K Tamussino
1   Klinische Abteilung für Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Graz
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. April 2020 (online)

 
 

Einleitung: Das Pyoderma gangrenosum (PG) stellt eine seltene, chronisch progrediente neutrophile Dermatose, mit einer Inzidenz von 0,3 – 1,0/100 000 dar. Klinisch präsentiert sich das PG häufig als polyzyklische, schmerzhafte, nekrotisierende Ulceration; ein Vorkommen an der Vulva ist äußerst selten [1].

Die Histologie ist nicht pathognomonisch, als wichtigstes diagnostisches Kriterium gilt die Befundpersistenz oder Progression unter lokaler Wundtherapie [2].

Fallbericht: Eine 38-jährige Patientin ohne wesentliche Vorerkrankungen leidet seit 15 Monaten an rezidivierenden, schmerzhaften Ulcerationen an der Vulva. Multiple Behandlungen mit lokaler Wundtherapie führten zu keiner Besserung. Unter der initialen Verdachtsdiagnose einer chronischen Follikulitis wurde die Patientin mehrfach antibiotisch behandelt. Klassische Ursachen von genitalen Ulcerationen konnten klinisch, histologisch und mikrobiologisch ausgeschlossen werden. Wesentliche venerologische Erkrankungen wurden serologisch und mittels PCR ausgeschlossen. Aufgrund weiterer Progression erfolgten Biopsien und schließlich eine Totalexcision. Die Histologie zeigte eine ausgedehnte Ulceration ohne Atypien und ohne Malignität.

Postoperativ kam es zu einer Wundheilungsstörung und zu erneuten schmerzhaften Ulcerationen.

Klinisch zeigte sich im Verlauf der Hinweis auf ein PG mit klassischen unterminierten Rändern der Ulceration und Triggerung durch Minimaltraumata.

Folglich wurde eine immunsuppressive systemische Therapie mit Glukokortikoiden (Aprednislon) und eine adaequate Lokaltherapie eingeleitet. Nach 8 Wochen führte diese Therapie zu einer deutlichen Besserung der subjektiven Beschwerden und zu klinischer Befundregredienz.

Aufgrund fehlender eindeutiger Diagnosekriterien und der Seltenheit der Erkrankung ist die Diagnose Pyoderma gangrenosum schwer zu stellen. Wesentliche andere ulcerierende Erkrankungen müssen ausgeschlossen sein.

Die Pathophysiologie des PG ist noch nicht gänzlich geklärt. Ein multifaktorielles Zusammenspiel von autoimmunen Reaktionen, Neutrophilenaktivierung und genetischen Komponenten wird vermutet. PG ist vor allem mit Erkrankungen, die mit einer Neutrophilenaktivierung einhergehen (chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoiden Arthritiden, hämatologischen Malignomen), assoziiert [3], [4].

Topische und systemische immunsupprimierende Therapien gehören zum derzeit empfohlenen Management des PG [3].

Schlussfolgerung: Pyoderma gangrenosum ist insgesamt eine seltene neutrophile Dermatose mit komplexer Pathophysiologie und stellt eine wichtige Differentialdiagnose für schmerzhafte ulcerierende Läsionen der Vulva dar.


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