Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(02): e21-e26
DOI: 10.1055/s-0040-100444
Fachwissen
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag Stuttgart

Leberzirrhose und hepatorenales Syndrom: Das Ansprechen auf Terlipressin und Albumin ist mit besserem Überleben assoziiert

Response to Terlipressin and albumin is associated with improved outcome in patients with cirrhosis and hepatorenal syndrome
Marc Nguyen-Tat
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Esther Götz
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Peter Scholz-Kreisel
2   Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Universitätsmedizin Mainz
,
Juliane Ahrens
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Visvakanth Sivanathan
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Jörn Schattenberg
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Johannes W. Rey
3   Innere Medizin 2, Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Dr. Horst Schmidt Klinik (HSK), Wiesbaden
,
Marcus-Alexander Wörns
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Peter R. Galle
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
,
Jens U. Marquardt
1   1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
4   Cirrhose Centrum Mainz
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Marc Nguyen-Tat
1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
DE
Dr. med. Jens Marquardt
1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
DE

Publication History

Publication Date:
22 January 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung | Das hepatorenale Syndrom (HRS) ist eine schwere, potenziell reversible Komplikation bei Patienten mit Leberzirrhose. Unbehandelt ist die Prognose sehr schlecht. Für eine Behandlung mit Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin wurde in mehreren randomisiert-kontrollierten Studien eine Verbesserung der Nierenfunktion demonstriert, der Einfluss dieser Therapie auf die Gesamtprognose bleibt allerdings unklar. Im Rahmen der vorliegenden Observations-Studie sollte der Effekt einer Terlipressin-Behandlung bei HRS auf Nierenfunktion, Gesamtüberleben sowie dialyse- und transplantationsfreiem Überleben untersucht werden.

Patienten und Methodik | Über einen Zeitraum von 12 Monaten wurden in unserem Zentrum alle Patienten mit HRS und Terlipressin-Therapie prospektiv erfasst. Klinisch relevante Parameter, Therapiecharakteristika, Ansprechen, Gesamtüberleben, Dialyseeinleitung und Lebertransplantation (LTx) wurden ausgewertet.

Ergebnisse | Insgesamt wurden 57 Patienten über einen medianen Zeitraum von 65 Tagen prospektiv beobachtet. Bei der Mehrzahl der Patienten lag ein fortgeschrittenes Zirrhose-Stadium vor (Child-Pugh C: 46; 81 %). Die kumulative Terlipressin-Dosis bzw. -Behandlungsdauer betrug im Median 20 mg bzw. 5 Tage. Ein komplettes oder partielles Ansprechen auf Terlipressin im Sinne einer HRS-Rückbildung wurde in 29 bzw. 3 von 57 Patienten beobachtet (51 %; 5 %). Patienten mit Terlipressin-Ansprechen zeigten mit einem medianen Gesamtüberleben von 167 vs. 27 Tagen bzw. einem dialyse- und LTx-freiem Überleben von 81 vs. 4 Tagen eine signifikant bessere Gesamtprognose als Patienten mit Nicht-Ansprechen. In einer uni- und multivariaten Analyse war eine hohe Ausgangs-Serum-Bilirubin-Konzentration mit dem Nicht-Ansprechen assoziiert.

Folgerung | Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin ist eine effektive Therapie beim HRS. Das Terlipressin-Ansprechen ist dabei mit einem signifikanten Überlebensvorteil assoziiert.


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Abstract

Background and aim | Hepatorenal syndrome (HRS) is a severe but potentially reversible complication in patients with cirrhosis. Untreated it is associated with a poor prognosis. Several randomized controlled trials (RCT) demonstrated that treatment with terlipressin and albumin improves renal function. However the effect on overall survival is unclear. Aim of the study was to gain further insight into the effect of terlipressin treatment in patients with HRS on renal function, overall survival and survival without liver transplantation or renal replacement

Methods | All patients presenting with HRS and treated with terlipressin in our tertiary referral liver and transplantation center between April 2013 and April 2014 were included. Clinically relevant parameters such as response to therapy, overall survival and transplant- and renal-replacement-free-survival were prospectively investigated.

Results | Overall 57 patients were prospectively followed over a median of 65 days. In the majority of patients cirrhosis was in an advanced stage (Child-Pugh C: 46; 81 %). Median cumulative terlipressin dosage and treatment duration were 20 mg and 5 days, respectively. Complete or partial response to terlipressin with recovery from HRS was observed in 20 and 3 out of 57 patients (51 %; 5 %). Median overall survival was significantly better in patients with response to terlipressin than in patients with non-response (167 vs. 27 days; p > 0.0001), as well as median survival free of liver transplantation and renal-replacement-therapy (81 vs. 4 days; p > 0.0001). In uni- and multivariate analysis, non-response was associated with a high baseline serum-bilirubin-concentration.

Conclusion | Terlipressin in combination with albumin is effective in the majority of patients with HRS. Response to therapy is associated with improved survival.


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Einleitung

Das hepatorenale Syndrom (HRS) ist ein funktionelles potenziell reversibles Nierenversagen bei Patienten mit Leberzirrhose ohne Anhalt für eine parenchymatöse Nierenerkrankung. Vor allem im fortgeschrittenen Krankheitsstadium ist es eine häufige Komplikation und verschlechtert bei fortgeschrittener Zirrhose das 5-Jahres-Gesamtüberleben signifikant. Während bei erhaltener Nierenfunktion die 1- und 5-Jahres-Überlebensrate noch bei 85 % bzw. 57 % liegt, verringert sich das 5-Jahres-Überleben mit dem Auftreten eines HRS drastisch auf etwa 10 % [14]. Die schlechteste Prognose mit einem medianen Überleben von nur 14 Tagen haben hierbei Patienten mit einem unbehandelten HRS Typ 1, das durch einen raschen Anstieg der Nierenretentionswerte gekennzeichnet ist. Für Patienten mit führender Hydropie (HRS Typ 2) beträgt das mediane Überleben ca. 6 Monate [2].

Mit Fortschreiten der chronischen Leberparenchymerkrankung steigt das Risiko für die Entwicklung eines HRS. Das 1- und 5-Jahres-Risiko für ein HRS wird bei einem MELD-Score von ≤ 10 auf 8 % bzw. 11 % geschätzt. Bei Patienten mit einem MELD-Score von ≥ 18 steigt die Inzidenz auf bis zu 40 % innerhalb eines Jahres [15].

Das HRS ist eine klinische Ausschlussdiagnose. Nationale und internationale Leitlinien empfehlen für die Diagnosestellung die Anwendung der 2007 modifizierten folgenden Diagnosekriterien des International Ascites Club:

  1. Leberzirrhose mit Aszites oder alkoholische Steatohepatitis

  2. Serum-Kreatinin-Konzentration > 1,5 mg / dl,

  3. ausbleibende Besserung des Serum-Kreatinins auf Werte < 1,5 mg / dl nach mindestens 2-tägigem Pausieren aller Diuretika und Volumenexpansion mit Humanalbumin

  4. Ausschluss eines Schockgeschehens

  5. keine laufende oder kürzlich erfolgte Therapie mit nephrotoxischen Substanzen

  6. Ausschluss einer parenchymatösen Nierenerkrankung [5], [7]

Pathophysiologisch wird die portale Hypertension mit Vasodilatation im Splanchnikus-Gebiet, Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und einer Abnahme des effektiven Herzzeitvolumens mit konsekutiver renaler Minderperfusion als ursächlich angesehen [2]. Zirkulatorische und hormonelle Dysregulation resultieren in einer gesteigerten renalen Natrium- und Wasserrückresorption mit Oligurie / Anurie.

Entsprechend dem klinischen Verlauf wird das HRS unterteilt in einen Typ 1 mit rasch progredientem Verlauf, der mit einer Verdopplung des Serum-Kreatinins innerhalb von 14 Tagen auf ≥ 2,5 mg / dl einher geht, sowie einen Typ 2, der führend durch eine chronisch eingeschränkte Nierenfunktion bei gleichzeitigem refraktären Aszites gekennzeichnet ist. Dabei ist das HRS mit einem hohen Mortalitätsrisiko assoziiert. Das mediane Überleben wird beim unbehandelten HRS Typ 1 mit nur etwa 14 Tagen angegeben, beim HRS Typ 2 mit etwa 6 Monaten [2].

Terlipressin ist ein partieller Agonist an V1- und V2-Rezeptoren, jedoch mit führendem Effekt auf die V1-Rezeptoren. In Europa und Asien ist es für die Behandlung des HRS zugelassen. Für die Behandlung mit Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin konnte in mehreren randomisiert-kontrollierten Studien sowie in aktuelleren Meta-Analysen eine signifikante Verbesserung der Nierenfunktion gezeigt werden [4], [9], [10], [11], [12], [13], [16]. Der berichtete Effekt auf die Gesamtprognose der Patienten war allerdings uneinheitlich.

Im Rahmen der vorliegenden prospektiven Observationsstudie sollten klinische Charakteristika, Ansprechen auf Terlipressin, Gesamtüberleben und dialyse- und transplantationsfreies Gesamtüberleben in unserem Kollektiv aus Patienten mit Zirrhose und HRS untersucht sowie ggf. Prädiktoren für das Ansprechen auf Terlipressin identifiziert werden.


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Patienten und Methoden

Über 12 Monate (April 2013–April 2014) wurden alle volljährigen stationären Patienten mit Zirrhose unabhängig von deren Ätiologie, mit klinischer Diagnose eines HRS und unter Terlipressin-Therapie in unserem Zentrum prospektiv erfasst. Der Einschluss in die vorliegende Beobachtungsstudie erfolgte unmittelbar nach Diagnosestellung eines HRS durch den behandelnden Arzt. Die Diagnose sowie Therapieindikation wurde durch die behandelnden Ärzte in Anlehnung an etablierte Kriterien aus den aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften gestellt [5], [7]. Entsprechend diesen Leitlinien wurde die Diagnose anhand folgender Kriterien gestellt:

  • Vorliegen einer Leberzirrhose mit Aszites (oder alkoholische Steatohepatitis)

  • Serum-Kreatinin > 1,5 mg / dl (> 133 mmol / l)

  • keine Besserung des Serum-Kreatinins auf Werte < 1,5 mg / dl nach 2-tägigem Pausieren aller nephrotoxischen Substanzen und Volumenexpansion, inkl. Albumin

  • Ausschluss eines Schockgeschehens

  • Kein Anhalt für parenchymatöse Nierenerkrankung

Die Klassifizierung in ein HRS Typ 1 und Typ 2 wurde anhand der aktuell gültigen Leitlinien-Kriterien der DGVS sowie EASL vorgenommen.

  • Für ein HRS Typ 1 ist dementsprechend eine Verdopplung des Serum-Kreatinins innerhalb von 2 Wochen auf über 2,5 mg / dl charakteristisch.

  • Das HRS Typ 2 ist durch refraktären Aszites mit Serum-Kreatinin-Konzentrationen zwischen 1,5 und 2,5 mg / dl bei stabilem oder langsam fortschreitenden Verlauf gekennzeichnet.

Nach Aufklärung und erteilter Einwilligung wurden relevante klinische Parameter wie Ätiologie, Child-Pugh-Score, Komorbiditäten, Terlipressin / Humanalbumin-Dauer und -Dosis, Überleben sowie dialysefreies Überleben und relevante laborchemische Parameter erfasst. Die Terlipressin-Dosis lag bei 4 mg / Tag, Humanalbumin wurde in einer Dosis von 40 g / Tag verabreicht. Entsprechend dem klinikinternen Standard wurde Terlipressin weder eindosiert noch im Verlauf dosiseskaliert.

Die Definition des Therapieansprechens auf Terlipressin wurde mit Ende der Behandlung im Rahmen der Auswertung entsprechend publizierten Kriterien unterteilt in

  • Komplettes Ansprechen (complete response, CR): Abfall des Serum-Kreatinin auf < 1,5 mg / dl

  • Partielles Ansprechen (partial response, PR): Abfall des Serum-Kreatinin um mind. 50 % gegenüber dem Ausganswert, aber Serum-Kreatinin weiterhin > 1,5 mg / dl

  • Nicht-Ansprechen (non-response, NR): Serum-Kreatinin > 1,5 mg / dl ohne mind. 50 %igem Serum-Kreatinin-Abfall

Die Studie wurde durch das Ethikkomittee der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz genehmigt und entsprechend der Deklaration von Helsinki durchgeführt.

Die statistische Auswertung erfolgte unter Zuhilfenahme von GraphPad Prism Version 5.04 (GraphPad Software) und SAS-Software Version 9.4 (SAS Institute Inc., Cary, NC, USA). Terlipressin-Ansprechen wurde definiert als komplettes oder partielles Ansprechen (CR oder PR). Im Rahmen der univariaten Analyse wurden binarisierte Variablen mittels Chi-Quadrat-Test auf statistische Signifikanz getestet. Der Kreatinin- sowie MELD-Score-Gruppenvergleich wurde mit einem T-Test bei angenommener Normalverteilung realisiert. Die Auswertung der Covariablen im Rahmen der multivariaten Analyse wurde über eine logistische Regression unter Einschluss aller Variablen mittels Forward-Selektion durchgeführt. Dialyse- und Lebertransplantations (LTx)-freies Überleben wurden mittels Kaplan-Meier-Analyse ausgewertet, der Kurvenvergleich erfolgte mittels Log-rank (Mantel-Cox)-Test.


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Ergebnisse

Insgesamt wurden zwischen April 2013 und März 2014 57 Patienten (37 männlich, 20 weiblich) mit Zirrhose und HRS eingeschlossen (▶ [Tab. 1]).

Tab. 1 Patientencharakteristika zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme.

N = 57

Geschlecht

  • Männlich

  • Weiblich


37 (65 %)

20 (35 %)

Alter – Jahre

  • Median

  • Spanne


59,0

24,6–76,5

Child-Pugh Stadium

  • A

  • B

  • C


0 (0 %)

11 (19 %)

46 (81 %)

Hepatozelluläres Karzinom

15 (26 %)

Hepatorenales Syndrom

  • Typ 1

  • Typ 2


15 (26 %)

42 (74 %)

Ätiologie

  • Nutritiv-toxisch

  • HCV

  • HBV

  • PBC / PSC / AIH

  • Sonstige


41 (72 %)

7 (12 %)

3 (5 %)

4 (7 %)

2 (4 %)

Serum-Kreatinin [mg / dl]

  • Median

  • Spanne


1,9

0,7–6,5

Serum-Bilirubin [mg / dl]

  • Median

  • Spanne


5.6

0,5–41,0

INR

  • Median

  • Spanne


1,4

1,0–2,6

MELD-Score

  • Median

  • Spanne


22

9–40

Das mediane Alter betrug 59 Jahre. Bei der überwiegenden Anzahl der Patienten bestand eine fortgeschrittene Leberzirrhose (Child-Pugh C: 46; 81 %), der mediane MELD-Score lag bei 22. Eine nutritiv-toxische Genese war die führende Ursache der Lebererkrankung (41 Patienten, 72 %). Bei 15 Patienten (26 %) lag zugleich ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) vor.

Die Terlipressin-Therapie wurde über einen Median von 5 Tagen (Spanne: 1–13 Tage) durchgeführt. Die kumulative Dosis lag im Median bei 20,0 mg (Spanne: 3,0–134,0 mg). Alle Patienten erhielten zusätzlich Humanalbumin in einer medianen Kumulativdosis von 180 g (Spanne: 10–760 g).

Ein Komplett-Ansprechen (CR) auf die Terlipressin-Behandlung wurde bei 29 Patienten (51 %) beobachtet, 3 Patienten zeigten ein partielles Ansprechen (PR; 5 %). 25 Patienten (44 %) sprachen nicht auf Terlipressin an (NR; ▶ [Abb. 1]). In der Gruppe der Patienten mit Ansprechen fiel die Serum-Kreatinin-Konzentration im Median um 1,48 mg / dl (p < 0,0001), bei Nicht-Ansprechen blieb sie im wesentlichen unverändert (p = 0,65; ▶ [Abb. 2]). Während in der Gruppe der Patienten mit Terlipressin-Ansprechen der MELD-Score im Median ein Abfall um 4,5 Punkte gegenüber dem Ausgangswert zu verzeichnen war (p = 0,02), zeigten Patienten mit Nicht-Ansprechen einen medianen MELD-Anstieg um 4,0 Punkte (p = 0,005; ▶ [Abb. 3]).

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Abb. 1 Ansprechen auf Terlipressin definiert als Komplett-Ansprechen (CR), partielles Ansprechen (PR) sowie Nicht-Ansprechen (NR). Dargestellt sind die Anzahl der Patienten und der Anteil vom Gesamtkollektiv in % (n = 57).

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Abb. 2 Veränderung der Serum-Kreatinin-Konzentration von Terlipressin-Behandlungsbeginn (Crea-Start) zu Terlipressin-Behandlungsende (Crea-Ende) in der Gruppe der Patienten mit Ansprechen (n = 32; oben) sowie mit Nicht-Ansprechen (n = 25; unten).

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Abb. 3 Veränderung des MELD-Score von Terlipressin-Behandlungsbeginn (MELD-Start) zu Terlipressin-Behandlungsende (MELD-Ende) in der Gruppe der Patienten mit Ansprechen (n = 32) sowie mit Nicht-Ansprechen (n = 25).

Das mediane Überleben aller 57 Patienten mit HRS lag ungeachtet des Ansprechens auf Terlipressin bei 82 Tagen mit einem 30- und 90-Tages-Überleben von 71 % bzw. 47 %. Das mediane Gesamtüberleben von Patienten mit Terlipressin-Ansprechen war dabei mit 167 vs. 27 Tagen bei Patienten mit Nicht-Ansprechen signifikant verlängert, bei einer Hazard Ratio für das Ereignis Tod von 0,35 (95 %-KI 0,16–0,75; p = 0,0071; ▶ [Abb. 4a]).

In der Gruppe der Patienten mit Ansprechen lagen 30- und 90-Tage-Gesamtüberleben bei 87 % und 57 % vs. 49 % und 33 % bei Nicht-Ansprechen. Bei insgesamt 4 Patienten wurde im Beobachtungszeitraum eine Lebertransplantation (LTx) durchgeführt – bei 2 Patienten mit Terlipressin-Ansprechen sowie 2 Patienten in der Gruppe der Non-Responder. Das mediane dialyse- und transplantationsfreie Überleben lag in der Gruppe der Patienten mit Terlipressin-Ansprechen bei 81 vs. 4 Tagen bei Patienten mit Nicht-Ansprechen (Hazard Ratio für Tod / LTx / Dialyseeinleitung von 0,19; 95 %-KI 0,09–0,39, p < 0,0001; ▶ [Abb. 4b]).

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Abb. 4 Kaplan-Meier-Analyse des (a) Gesamtüberlebens und des (b) dialyse- und LTx-freien Gesamtüberlebens bei Patienten mit Terlipressin-Ansprechen (CR, PR; n = 32) vs. Patienten mit Nicht-Ansprechen (NR; n = 25).

Im Rahmen einer univariaten Analyse wurden die Variablen Geschlecht, Child-Pugh-Stadium, Ätiologie, florider Alkoholkonsum, HCC, Hydropie sowie Ausgangs-Serum-Bilirubin-Konzentration in den Patientengruppen mit und ohne Terlipressin-Ansprechen getestet (▶ [Tab. 2]). Eine Ausgangs-Serum-Bilirubin-Konzentration von über 7,5 mg / dl war hierbei mit einem Nicht-Ansprechen auf Terlipressin assoziiert (p = 0,036). Im Rahmen einer multivariaten Analyse mittels logistischer Regression zeigte sich ebenfalls eine Assoziation einer erhöhten Serum-Bilirubin-Konzentration mit dem Nicht-Ansprechen (p = 0,039; OR = 0,308; 95 %-KI 0,100–0,944). Für die verbleibenden Parameter konnte keine signifikante Assoziation nachgewiesen werden.

Tab. 2 Univariate Analyse von potenziellen Einflussfaktoren auf das Terlipressin-Ansprechen.

Ansprechen auf Terlipressin (n = 32)

Nicht-Ansprechen auf Terlipressin (n = 25)

p-Wert

* = signifikant

Geschlecht

  • Männlich

  • Weiblich


20 (63 %)

12 (37 %)


17 (68 %)

8 (32 %)


0,666

Child-Pugh-Stadium

  • A oder B

  • C


8 (25 %)

24 (75 %)


3 (12 %)

22 (88 %)


0,217

Ätiologie

  • Nutritiv-toxisch

  • Andere


21 (66 %)

11 (34 %)


20 (80 %)

5 (20 %)


0,231

Alkoholkonsum

  • Floride

  • Nicht-floride / keiner


7 (22 %)

25 (78 %)


8 (32 %)

17 (68 %)


0,389

Hepatozelluläres Karzinom

  • Ja

  • Nein


9 (28 %)

23 (72 %)


6 (24 %)

19 (76 %)


0,726

Hepatorenales Syndrom

  • Typ 1

  • Typ 2


8 (25 %)

24 (75 %)


7 (28 %)

18 (72 %)


0,799

Aszites

  • Keiner, I°, II°

  • III°


1 (3 %)

31 (97 %)


2 (8 %)

23 (92 %)


0,413

Serum-Bilirubin ≤ 7,5 mg / dl > 7,5 mg / dl


24 (75 %)

8 (25 %)


12 (48 %)

13 (52 %)


0,036*


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Diskussion

In der vorliegenden Observations-Studie wurden Patienten mit Leberzirrhose und HRS unter Therapie mit Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin prospektiv beobachtet. In der Gruppe der Patienten mit Terlipressin-Ansprechen waren das Gesamtüberleben sowie das dialyse- und LTx-freie Gesamtüberleben signifikant besser als das von Patienten, die nicht auf die Therapie ansprachen. Erhöhte Ausgangs-Bilirubin-Werte > 7,5 mg / dl waren hierbei mit einem Nicht-Ansprechen auf Terlipressin vergesellschaftet.

Terlipressin und Humanalbumin sind beim HRS eine effektive Behandlung. Die bislang veröffentlichten Terlipressin-Ansprechraten variieren jedoch von Studie zu Studie erheblich und zeigen eine Schwankungsbreite zwischen 34 % und 95 % [3], [4], [10], [11], [13], [16], [18], [19]. Diese sind am ehesten auf sehr heterogene Patientenpopulationen sowie unterschiedliche Definitionen des Therapie-Ansprechens zurückzuführen. In der hier vorliegenden Untersuchung lag die Ansprechrate auf Terlipressin bei Anwendung der in aktuellen Leitlinien üblichen Kriterien bei insgesamt 56 % (51 % mit Komplett-Ansprechen, 5 % mit partiellem Ansprechen). Ein Ansprechen auf die Therapie war mit einer signifikanten Verbesserung des MELD-Score assoziiert.

Randomisiert-kontrollierte Studien zeigten für die Behandlung mit Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin vs. Humanalbumin alleine oder Placebo kein eindeutiger Effekt auf das Überleben in der Kombinations- / Verum-Gruppe. Dagegen fanden sich in mehreren Studien Hinweise auf das Terlipressin-Ansprechen als wesentlicher prädiktiver Faktor für die weitere Prognose von Patienten mit HRS [13], [16], [17]. Ergebnisse von Meta-Analysen zum Effekt von Terlipressin auf das Überleben von HRS-Patienten sind widersprüchlich [4], [6], [8], [9].

Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit erhobenen Ansprech- und Überlebensraten spiegeln den Effekt von Terlipressin / Humanalbumin beim HRS in der klinischen Praxis wider. Das mediane Gesamtüberleben in unserer gesamten Kohorte lag ungeachtet des Ansprechens auf Terlipressin bei 82 Tagen, mit einem 30- und 90-Tages-Überleben von 71 % bzw. 47 %. Damit zeigte das hier analysierte Kollektiv eine insgesamt bessere Überlebensrate als andere veröffentlichte Studien.

Martin-Llahi et al. beobachteten im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie unter Terlipressin und Humanalbumin ein 30- und 90-Tages-Überleben von ca. 65 % und 58 % – die Grunderkrankung dieses Kollektiv war allerdings mit einem medianen MELD-Score von 30 deutlich weiter fortgeschritten [10]. Testro et al. beobachteten in einer Untersuchung an 69 Patienten mit HRS Typ 1 und 2 unter Terlipressin / Humanalbumin ein medianes Überleben von nur 48 bzw. 28 Tagen; eine weitere Auswertung ermittelte ein medianes Gesamtüberleben von nur 21 Tagen. Bei beiden Untersuchungen handelt es sich allerdings um ältere retrospektive Analysen, die möglicherweise aktuellere Kenntnisse in der Therapie und Prophylaxe – auch von häufig mit einem HRS einhergehenden Komplikationen, wie z. B. der spontan bakteriellen Peritonitis (SBP), – nicht berücksichtigen konnten [11], [18].

Wir beobachteten bei Patienten mit Terlipressin-Ansprechen ein 30- und 90-Tage-Gesamtüberleben von 87 % bzw. 57 %. Das mediane Gesamtüberleben bei Komplett- oder partiellem Ansprechenswar mit 167 Tagen signifikant besser als bei Patienten mit Nicht-Ansprechen (27 Tage). Ebenso waren das mediane dialyse- und LTx-freie Überleben mit 81 vs. 4 Tagen deutlich länger. Die Patienten mit HRS, die nicht auf Terlipressin ansprachen, wurden somit häufig innerhalb weniger Tage dialysepflichtig. Die eingeleitete Nierenersatztherapie konnte die Prognose dieser Patienten dabei nicht auf das Niveau der Patienten mit Terlipressin-Ansprechen anheben. Zusammenfassend ist somit unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus randomisiert-kontrollierten Studien, Meta-Analysen und der vorliegenden klinischen Observationsstudie ein Terlipressin-Therapieversuch bei allen Patienten mit HRS regelmäßig angezeigt, wenn keine absoluten Kontraindikationen vorliegen. Bei negativen Prädiktoren und Zeichen eines Nicht-Ansprechens sollte zudem eine frühzeitige Dialyseeinleitung erwogen werden.

In den vergangenen Jahren wurden in verschiedenen Patientenkollektiven mehrere potenzielle Prädiktoren für das Ansprechen auf Terlipressin / Humanalbumin vorgeschlagen, u. a. Child-Pugh-Stadium, HRS-Typ sowie die Ausgangs-Serum-Kreatinin- und -Bilirubin-Konzentration [1], [8], [12]. Im Rahmen einer uni- und multivariaten Analyse war hiervon in unserem Kollektiv einzig ein Serum-Bilirubin über 7,5 mg / dl mit einem Nicht-Ansprechen auf Terlipressin assoziiert. Ursächlich für unterschiedliche Ergebnisse betreffend der Assoziation von einzelnen potenziellen Prädiktoren mit dem Therapieansprechen könnte neben den inhomogenen Patientenkollektiven und den teils unterschiedlichen Definitionen des Therapieansprechens auch die relativ geringe Anzahl an Patienten in den meisten Studien sein. Die abschließende Beurteilung der Relevanz einzelner Prädiktoren wird erst nach Vorliegen von Studien mit größerer Patientenbasis möglich sein.

Zusammenfassend kann die Behandlung mit Terlipressin in Kombination mit Humanalbumin in der Mehrzahl der Fälle die Rückbildung eines HRS bei Patienten mit Leberzirrhose erreichen. Das Ansprechen auf die Therapie ist hierbei signifikant mit einer verbesserten Prognose assoziiert. Weitere Untersuchungen sollten klären, ob und welche identifizierten Prädiktoren für das Therapieansprechen zur Therapie- und Risikostratifizierung eingesetzt werden können. Inwieweit das Nicht-Ansprechen auf Terlipressin, das beim HRS mit einer sehr schlechten Prognose assoziiert ist, ein mögliches Kriterium für die Priorisierung oder De-Priorisierung weiterer Therapiemaßnahmen wie z. B. eines Nierenersatzverfahrens oder einer Lebertransplantation ist, sollte Gegenstand künftiger Fragestellungen sein.

Konsequenz für Klinik und Praxis
  • Terlipressin ist in Kombination mit Humanalbumin bei hepatorenalem Syndrom effektiv. Bei etwa der Hälfte der Patienten geht die Serum-Kreatinin-Konzentration auf < 1,5 mg / dl zurück.

  • Das Ansprechen auf die Therapie ist ein starker Prädiktor für das Gesamtüberleben sowie das dialyse- und LTx-freie-Überleben.

  • Eine Serum-Bilirubin-Konzentration > 7,5 mg / dl ist ein Prädiktor für ein Nicht-Ansprechen – Patienten mit Nicht-Ansprechen haben eine äußerst ungünstige Prognose

Acknowledgement: Unser Dank gilt allen ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern der 1. Medizinischen Klinik und Poliklinik für die tatkräftige Unterstützung. Teile der Arbeit sind Bestandteil der Promotionsarbeit von G.E.


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Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit bestehen.

Supporting Information

  • Literaturverzeichnis

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  • 2 Cardenas A, Gines P. Therapy insight: Management of hepatorenal syndrome. Nat Clin Pract Gastroenterol Hepatol 2006; 3: 338-348
  • 3 Colle I, Durand F, Pessione F et al. Clinical course, predictive factors and prognosis in patients with cirrhosis and type 1 hepatorenal syndrome treated with Terlipressin: a retrospective analysis. J Gastroenterol Hepatol 2002; 17: 882-888
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Marc Nguyen-Tat
1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
DE
Dr. med. Jens Marquardt
1. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
DE

  • Literaturverzeichnis

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Abb. 1 Ansprechen auf Terlipressin definiert als Komplett-Ansprechen (CR), partielles Ansprechen (PR) sowie Nicht-Ansprechen (NR). Dargestellt sind die Anzahl der Patienten und der Anteil vom Gesamtkollektiv in % (n = 57).
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Abb. 2 Veränderung der Serum-Kreatinin-Konzentration von Terlipressin-Behandlungsbeginn (Crea-Start) zu Terlipressin-Behandlungsende (Crea-Ende) in der Gruppe der Patienten mit Ansprechen (n = 32; oben) sowie mit Nicht-Ansprechen (n = 25; unten).
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Abb. 3 Veränderung des MELD-Score von Terlipressin-Behandlungsbeginn (MELD-Start) zu Terlipressin-Behandlungsende (MELD-Ende) in der Gruppe der Patienten mit Ansprechen (n = 32) sowie mit Nicht-Ansprechen (n = 25).
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Abb. 4 Kaplan-Meier-Analyse des (a) Gesamtüberlebens und des (b) dialyse- und LTx-freien Gesamtüberlebens bei Patienten mit Terlipressin-Ansprechen (CR, PR; n = 32) vs. Patienten mit Nicht-Ansprechen (NR; n = 25).