Gibt es präoperative Prädiktoren für eine hohe Zufriedenheit nach Implantation einer Hüft- oder Knietotalendoprothese? Eine retrospektive Analyse an über 2000 Fällen

Fragestellung Die endoprothetische Versorgung von Knie und Hüftgelenken ist eine der häufigsten Eingriffe der orthopädischen Chirurgie. Trotz weiterer Fortschritte in den operativen Abläufen existiert postoperativ ein ernstzunehmender Anteil unzufriedener Patienten, ohne dass es erkennbare Ursachen für die geschilderten Beschwerden gibt. Ziel dieser Arbeit war es bereits präoperativ Prädiktoren für eine hohe Patientenzufriedenheit nach dem Gelenkersatz zu identifizieren.

Methodik In einer retrospektiven Auswertung der klinikeigenen Datenbank wurden 2209 Patienten nach Hüft- oder Kniegelenkersatz identifiziert, die zwischen 2011 und 2015 an unserer orthopädischen Universitätsklinik und Endoprothesenzentrum der Maximalversorgung versorgt wurden. Neben intraoperativen Komplikationen wurde die Patientenzufriedenheit zwölf Monate postoperativ mit Hilfe patientenzentrierter Fragebögen (Western Ontario and McMaster Universities Arthritis Index [WOMAC] und Euro-Qol 5D-5L [EQ-5D]) zwischen Hüft-und Kniegelenkstotalendoprothesen verglichen. Ein gutes Ansprechen auf die Operation wurde gemäß der OMERACT-OARSI Kriterien definiert und Risikofaktoren hierfür analysiert. Die statistische Beurteilung erfolgte mit deskriptiven Methoden, dem Mann-Whitney-U bzw. Chi-Quadrat Test auf einem 5% Signifikanzlevel sowie multivariater Analyse.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Der Prozentsatz zufriedener Patienten analog den OMERACT-OARSI Kriterien fiel nach Implantation einer Hüftgelenkstotalendoprothese insgesamt höher aus als nach Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese (92,8%, 1145/1234 zu 86,1%, 839/975, p < 0,001). Dies korrelierte mit höheren WOMAC (84,6 ± 16,7 zu 74,3 ± 18,9, p < 0,001) und EQ-5D (0,88 ± 0,17 zu 0,81 ± 0,19, p < 0,001) Werten ein Jahr postoperativ. Hüftgelenksprothesen wiesen eine geringere Infektionsrate (0,3%, 4/1234 zu 0,8%, 8/975, p=0,02) aber höhere intraoperative Frakturrate (1,0%, 12/1234 zu 0,3%, 3/975, p=0,001) auf. Neben der Art des zu versorgenden Gelenkes (Odds Ratio 2,0, p < 0,001) konnten in der multivariaten Analyse hohe präoperative Ausgangswerte im EQ-5D (Odds Ratio 7,4, p < 0,001) und männliches Geschlecht (Odds Ratio 1,4, p=0,05) als unabhängige Prädiktoren für eine vergleichsweise höhere postoperative Unzufriedenheit identifiziert werden.

Die moderne Endoprothetik des Hüft und Kniegelenkes zeigt eine insgesamt hohe Patientenzufriedenheit, wobei die Ergebnisse in der Hüftendoprothetik weiterhin besser ausfallen als in der Knieendoprothetik. Hohe präoperative Werte in den Patientenfragebögen zur Lebensqualität korrelieren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine verringerte Zufriedenheit mit dem Operationsergebnis sowohl beim endoprothetischen Knie- aber auch Hüftgelenksersatz. Gerade in der präoperativen Aufklärung dieser Patienten sollte eine spezielle Beratung mit Bezug auf die individuelle Erwartungshaltung besondere Berücksichtigung finden.

Stichwörter Endoprothetik, Outcome, Prädiktoren

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
15. Oktober 2020