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DOI: 10.1055/s-0040-1717524
Mensch vs. Maschine: Können Wirbelsäulenchirurgen die Knochenqualität beim Besetzen von Pedikelschrauben intraoperativ zuverlässig erfühlen?
Fragestellung Wirbelkörperfrakturen gehören mit steigender Inzidenz zu den häufigsten Osteoporose-assoziierten Frakturen. Therapie der Wahl bei instabilen oder sekundär kyphosierten Frakturen ist vorwiegend die dorsale Instrumentation bzw.
Spondylodese. Die Verankerung der Pedikelschrauben ist durch die verminderte Knochenfestigkeit häufig schwierig. Um einer Lockerung der Schrauben vorzubeugen, wird in der Literatur die Zementaugmentation bei verminderter Knochendichte empfohlen. Im Idealfall sollte daher präoperativ die Knochendichte des Patienten bestimmt werden (DXA/qCT).
Im klinischen Alltag wird dies jedoch oftmals nicht durchgeführt. Gerne wird durch Wirbelsäulenchirurgen propagiert, dass die Knochenqualität beim Besetzen der Pedikelschrauben intraoperativ erfühlt werden könne.
Ziel der Studie war es, die intraoperativ gefühlte Knochenqualität zu evaluieren und mit der objektiv ermittelten Knochendichte (qCT) zu vergleichen.
Methodik In einer prospektiven Untersuchung wurde intraoperativ die Knochenqualität beim Einbringen von Pedikelschrauben bewertet. Um die intraoperativ gefühlte Knochendichte zu bestimmen, wurde ein Score konzipiert. Unmittelbar postoperativ musste durch den Oberarzt und den Assistenten die Knochenqualität der mit Pedikelschrauben besetzten Wirbelkörper nach dem Schulnotenprinzip (1-4) beurteilt werden. Zudem wurden das Alter der Patienten, die Wirbelkörperetage, der Pedikeldurchmesser und der Schraubendurchmesser erfasst.
Die Messung der Knochendichte wurde mittels asynchroner quantitativer Computertomographie (Mindways qCT Pro®) durchgeführt. Anhand der präoperativ durchgeführten CT der Wirbelsäule wurde, um eine Verblindung der Operateure zu gewährleisten, die Knochendichte der mit Pedikelschrauben besetzten Wirbelköper postoperativ bestimmt. Anschließend wurde die intraoperativ gefühlte Knochenqualität mit der objektiv ermittelten Knochendichte in der qCT verglichen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung Es wurden insgesamt 62 Patienten, die im Jahr 2019 eine dorsale Stabilisierung der Wirbelsäule erhielten, in die Studie eingeschlossen. Insgesamt wurden bei diesen Patienten 204 Pedikelschrauben implantiert. Es zeigte sich sowohl für die Gruppe der Oberärzte, als auch für die Gruppe der Assistenten eine signifikante Korrelation zwischen der intraoperativ gefühlten Knochendichte und der gemessenen Knochendichte (OA: r = -0,364; p < 0,001; Ass: r = -4,50; p < 0.001). Die Pedikelschrauben, die in einen Wirbelkörper mit einer Knochendichte von < 80 mg/cm3 eingebracht wurden, sind zu 69% als nicht ausreichend stabil bewertet worden.
Eine ungefähre Abschätzung der vorliegenden Knochendichte ist durch das Gefühl beim Einbringen einer Pedikelschraube möglich. Eine differenzierte Beurteilung und sinnvolle Indikationsstellung zur Zementaugmentation sind jedoch nicht zuverlässig möglich. Aus diesem Grund erfolgt seitdem in unserer Klinik standardisiert präoperativ die Knochendichtemessung mittels qCT.
Stichwörter Osteoporose Pedikelschraube Knochendichte
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
15. Oktober 2020
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