Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S196
DOI: 10.1055/s-0040-1717809
Vortrag
DKOU20-925 Schwerpunktthemen->2. Komplikationsmanagement: Wann was revidieren?

Prozess-Optimierung und Qualitätssteigerung in O&U durch das Interdisziplinäre Extremitätenboard

J Stolberg-Stolberg
*   präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
,
A Milstrey
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
,
S Roßlenbroich
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
,
MJ Raschke
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster
› Institutsangaben
 
 

    Fragestellung Deutschland bietet seinen Bewohnern eine herausragende medizinische Versorgung, welche sowohl die Grund- und Regelversorgung, aber auch bei entsprechender Fragestellung Zugang zu Spezialisten an Universitätskliniken oder Fachkliniken ermöglicht. Leider besteht aktuell dennoch Verbesserungspotential bei der Vernetzung der Häuser der Versorgungsstufe I und II mit der Spitzenmedizin bei der Behandlung von komplexen Verletzungen oder Erkrankungen im Bereich der muskuloskelettalen Medizin wie z.B. bei fehlverheilten Brüchen, Knocheninfektionen, Protheseninfektionen oder chronisch Wunden. Insbesondere wenn diese Spezialverletzungen die Konsultation mehrerer Experten verschiedener Disziplinen erfordert, erwartet vorranging die gesetzlich-versicherten Patienten eine regelrechte Odyssee von Arzt zu Arzt. Ziel dieser Arbeit ist es das interdisziplinäre Extremitätenboard als neue Versorgungsform in O&U zu evaluieren.

    Methodik Erfasst wurden alle Patienten eines deutschen Universitätsklinikums, die im Zeitraum von 09/2017-12/2019 im interdisziplinären Extremitätenboard vorgestellt wurden. Konkret sind im 4-wöchentlichen Turnus Vertreter aus neun verschiedener Disziplinen (Unfallchirurgie, plastischen Chirurgie, Gefäßchirurgie, Angiologie, Dermatologie, Mikrobiologie, Hygiene, Radiologie und regenerativ-muskuloskelettale Medizin) zusammengekommen, um komplexe Fälle interdisziplinär zu diskutieren, Diagnostik und Therapie festzulegen.

    Ergebnisse und Schlussfolgerung Insgesamt konnten 79 Patienten eingeschlossen werden. Hiervon entfallen ca. 60% auf die Unfallchirurgie, 30% auf die plastischen Chirurgie und 10% auf die Gefäßchirurgie, Angiologie und Dermatologie. Während der 27 Treffen wurden die Fälle anhand einer kurzen Bildschirmpräsentation durch junge Assistenzärzte und PJ-Studenten vorgestellt.

    Zusammen mit der anschließenden Falldiskussion wurden pro Fall insgesamt ca. 20 Minuten in Anspruch genommen. In 32 Fällen (40,1%) wurde eine erweiterte Diagnostik eingeleitet, in 16 Fällen (20,3%) fand eine direkte Verlegung in die Klinik einer andere Fachdisziplin statt, in 63 Fällen (79,7%) führte die Falldiskussion zu einer Modifikation der chirurgischen Therapie und in 20 Fällen (25,3%) wurde die Antibiose angepasst. Das interdisziplinäre Extremitätenboard ist ein effektives Instrument zur Qualitätssteigerung in O&U. Die interdisziplinäre Falldiskussion ermöglicht das schnelle Festlegen von Therapieentscheidungen in Komplexfällen. Die Fallvorbereitung und Präsentation sind wertvolle Bestandteile der ärztlichen Ausbildung. Klinische Abläufe und Verlegungen können durch direkte Absprachen beschleunigt werden. Entscheidungen zum Extremitätenerhalt oder Amputation können im gemeinsamen Beschluss erfahrener Kliniker getroffen werden. Bestandteil zukünftiger Forschung ist die telemedizinische Anwendung des interdisziplinären Extremitätenboards.

    Stichwörter Extremitätenboard, Extremitätenerhalt, Komplikationsmanagement


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    15. Oktober 2020

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