PiD - Psychotherapie im Dialog 2015; 16(02): 32-35
DOI: 10.1055/s-0041-101048
Aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Klinische Diagnostik bei Angststörungen

Ein vielschichtiger Prozess
Susanne Knappe
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Dr. Susanne Knappe, Dipl.-Psych.
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie & Center for Preventive Intervention Studies (CEPRIS)
Chemnitzer Str. 46 01187 Dresden

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Publication Date:
11 June 2015 (online)

 

    Eine objektive, reliable und möglichst valide ­Diagnosestellung dient einer korrekten Indikationsstellung, der ­individuellen ­Fallkonzeption und ist Grundlage für die Abrechnung mit dem Kostenträger. ­Dahinter steht ein vielschichtiger Prozess, bei dem sich durch die ­Vielzahl ­diagnostischer Merkmale und ­Kategorien und die Menge ­verfügbarer Instrumente und Verfahren ­besondere ­Herausforderungen ergeben. Dieser Beitrag beschreibt den ­diagnostischen Prozess bei Angststörungen und verweist auf ­Besonderheiten im klinischen Alltag.


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    Was beinhaltet Diagnostik? Diagnostik ist Teil (psycho-) therapeutischer Expertise und tägliche Praxis im ambulanten, sta­tionären und Reha-Setting. Sie ist auch ein Prozess, der Hypothesen prüft („Liegt eine psychische Störung vor?“) und generiert („Die Beschwerden haben eine bestimmte Funktion, nämlich …“), um klinisch relevante Entscheidungen zu treffen. Diagnostik meint nicht nur das Feststellen einer psychischen Erkrankung zu Therapiebeginn, sondern auch die fortlaufende Dokumentation positiver und negativer Entwicklungen (Verlaufsdiagnostik), von Patienten- und Therapeutenratings zum Therapieprozess (Prozessdiagnostik) und die Ergebnisevaluation.

    Zusammengenommen gehören alle Untersuchungsmaßnahmen vor, während und nach einer Therapie, die zu Entscheidungen führen, zum diagnostischen Prozess.

    Diagnostik liefert die Grundvoraussetzungen für die Zuordnung der Problemstruktur zu einer oder mehreren Diagnosen und den Einsatz klinisch-psychologischer Interven­tionen.

    Diagnostik von Angststörungen Die Diagnostik von Angststörungen (und anderen psychischen Störungen) wird daher unter Zuhilfenahme diagnostischer Kriterien, klinischer Interviews und diagnostischer Instrumente getroffen. Die Genauigkeit und Qualität der Diagnostik und diagnostischer Entscheidungen sind maßgeblich für die Prognose und den Verlauf der Beschwerden, die Behandlungszuweisung und Evaluation der Therapieergebnisse.

    Bis heute wurden hunderte psychometrische Skalen und Instrumente für die Erfassung verschiedenster Aspekte von Angst und Angststörungen entwickelt (Hoyer & Margraf 2003, Knappe & Hoyer 2014), für die eine Übersicht kaum zu leisten ist. Daher werden an dieser Stelle Besonderheiten bei der Diagnostik von Angst (-störungen) beschrieben und Hinweise für den klinischen Alltag angeboten.

    Kategoriale und dimensionale Diagnostik Die diagnostischen Klassifikationssysteme (ICD, DSM) liefern diagnostische Prinzipien und standardisierte Kriterien, um psychische Störungen verlässlich zu beschreiben und ein pathologisches von einem nicht pathologischen Beschwerdebild zu unterscheiden.

    Kategoriale Diagnostik führt letztlich zu einer Ja/Nein-Entscheidung darüber, ob eine definierte diagnostische Schwelle überschritten wurde. Sie stellt eine Vereinfachung und Informationsreduktion dar, die letztlich abhängig ist vom aktuellen Erkenntnisprozess und Konsens.

    Für die meisten psychischen Erkrankungen gibt es keine eindeutigen „natürlichen“ Grenzen, die 100 %ig gesund und krank trennen. Tatsächlich bergen psychologische Störungskonzepte vielmehr die implizite Annahme der Kontinuität von normal zu abnormal (krank).

    Fast alle psychischen Störungen erfordern daher neben einer kategorialen Diagnostik einen weiterführenden (dimensionalen) diagnostischen Prozess auf klinischer, instrumenteller und zeitlicher Ebene.

    Klinische Ebene Angst oder Furcht sind wichtige Basisemotionen. Angst ist damit nicht notwendigerweise ein psychopathologischer Zustand; die Unterscheidung von „normaler“ und „pathologischer“ Angst ist eine der wichtigsten diagnostischen Aufgaben und berücksichtigt Emotionen, Denken, Verhalten und körperliche Funktionen oder Empfindungen. Dabei interessieren

    • Art, Ausmaß, Anzahl und Dauer erlebter Angstsymptome,

    • deren Beginn und Verlauf,

    • vorausgehende und nachfolgende Bedingungen

    • und die Rolle somatischer Faktoren.

    Bislang fehlen objektive Marker für Angststörungen, sodass die Beobachtung und Erfassung von Symptomen durch Selbst- bzw. Fremdbericht maßgebend sind für die Befundung als „pathologisch“.

    Instrumentelle Ebene Die Auswahl diagnostischer Instrumente basiert auf

    • der diagnostischen Fragestellung,

    • den psychometrischen Eigenschaften des Instrumentes wie Objektivität, Reliabilität, diskriminanter und konkordanter Validität, Spezifität, Sensitivität, Vorhersagekraft sowie Praktikabilität,

    • der benötigten Genauigkeit und Ausführlichkeit,

    • sowie dem Zeitpunkt der Erhebung (vor, während, nach einer Behandlung oder Anzahl der Messzeitpunkte).

    Weiterhin sind klinische Erfahrung und Trainings im Umgang mit dem jeweiligen Instrument sowie klinisches Wissen zur Psychopathologie zu berücksichtigen.

    Interviews vs. Fragebögen Standardisierte oder strukturierte Interviews werden häufig als Goldstandard genannt. Ihr Einsatz erfordert mitunter mehr personelle und zeitliche Ressourcen als Fragebögen zur Selbst- oder Fremdauskunft und klinische Ratings. Angesichts der zahlreichen diagnostischen Kriterien und Kategorien fällt es jedoch schwer, alle Kriterien und Entscheidungsregeln während des Gesprächs mit dem Patienten zu bedenken, sodass die Vorteile einer formalisierten (instrumentenbasierten) Diagnostik überwiegen (Kasten 1).

    Kasten 1: Häufig eingesetzte diagnostische Instrumente

    Standardisierte und (halb-)strukturierte Interviews erlauben die reliable Erfassung einer Bandbreite klinischer Merkmale; je nach Interview werden auch Informationen zu Beginn und Verlauf, aktuellem Status und bisherigen Behandlungsmaßnahmen erfasst. In der klinischen Praxis allerdings werden diagnostische Interviews mit dem Verweis auf begrenzte zeitliche und personelle Ressourcen nicht immer eingesetzt (Hoyer & Knappe 2012). Dabei sind die Übereinstimmungsraten zwischen Diagnosen basierend auf standardisierten oder (halb-)strukturierten Interviews mit sog. klinischen Routinediagnosen für die meisten psychischen Störungen gering, und Verlässlichkeit und Aussagekraft klinischer Routinediagnosen liegen deutlich unter denen diagnostischer Interviews (Hoyer & Knappe 2012).

    Die bekanntesten strukturierten und halb-strukturierten diagnostischen Interviews für den Einsatz bei Erwachsenen im deutschsprachigen Raum sind das SKID (Wittchen, Zaudig & Fydrich 1997) und DIPS (Schneider & Margraf 2006) bzw. das Mini-DiPS (Margraf 1994), unter den standardisierten diagnostischen Interviews das computerisierte CIDI (Wittchen & Pfister 1997).

    Durch den modularen Aufbau der Interviews können auch einzelne Sektionen durchgeführt werden, etwa nur zu Angststörungen. Dann ist besonderes Augenmerk auf die Differenzial­diagnostik zu legen. Das abschließende klinische Urteil, etwa über Primär- und Sekundärdiagnosen, kann jedoch kein Interview leisten und bleibt Aufgabe des Interviewers.

    Klinische Rating- / Beurteilungsskalen sind für diagnoseübergreifende oder spezifische Symptome bzw. Syndrome konzipiert. Für Angststörungen zählen neben der HAM-A (Hamilton 1959) für die Erfassung ängstlicher Stimmung, Furcht und assoziierter Symptome auch die Liebowitz Soziale Angstskala (LSAS; Liebowitz 1987) und die Y-BOCS (Goodman et al. 1989) für die Schwere von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen zu den bekanntesten Ratingskalen.

    Symptomübergreifende Instrumente erfassen ausgewählte Bereiche, die über Angststörungen hinweg relevant sind und für die Behandlung und ggf. Prognose einer Person bedeutsam sind. Beispiele hierfür sind das Spielberger Angstinventar (STAI, Spielberger Gorsuch & Lushene 1970), das Beck Angstinventar (BAI, Beck et al. 1988) oder der Fearquestionnaire (FQ, Marks & Matthews 1978).

    Spezifische Angstskalen für umgrenzte Problembereiche erfassen dagegen somatische, kognitive und verhaltensbezogene Aspekte und die Schwere bestimmter Angststörungen. Diese Instrumente können aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein:

    • wenn es bereits verlässliche Hinweise auf eine Angststörung gibt (z. B. basierend auf kategorialer Diagnostik),

    • wenn die Schwere von Angstsymptomen bei bereits erkannten Fällen, der Verlauf oder das Ergebnis einer Intervention (Behandlung) evaluiert wird

    • und um Rückfälle zu erkennen.

    Zeitliche Ebene Die einfachste Variante einer Verlaufsdiagnostik ist ein Prä/Post-Vergleich der Angstsymptomatik, wobei engmaschigere Messungen auch die Beobachtung positiver wie negativer Entwicklungen erlauben und somit eine Begründung für therapeutisches Handeln liefern können. Hierfür werden meist kürzere symptomübergreifende oder -spezifische Verfahren bevorzugt, die in wenigen Minuten bearbeitet werden können. Auch verhaltensbezogene Maße können dazu beitragen, für Therapeut und Patient gleichermaßen den individuellen Fortschritt zu verdeutlichen (Kasten 2).

    Kasten 2: Verhaltensbezogene Maße

    Selbstbeobachtungen

    • Selbstbeobachtungen umfassen die Häufigkeit (z. B. von Panikattacken in den letzten 2 Wochen) bzw. die Frequenz von Ereignissen (z. B. notiere jede Panikattacke im Beobachtungszeitraum), um möglichst fortlaufend Informationen über den zeitlichen Verlauf, die Rolle anderer Faktoren, antizipatorischer Angst und Reaktionsverhalten zu sammeln.

    • Für eine einfache und ereignisnahe Selbstbeobachtung können Papier und Bleistift oder elektronische Gedankenprotokolle oder Tagebücher (Apps) genutzt werden.

    • Selbstberichtete Kognitionen, also Aussagen über das Selbst, automatische Gedanken oder innere Dialoge können mittels Produktions- oder Bestätigungsmethoden erfasst werden. Produktionsmethoden meinen das Aufschreiben oder Aufnehmen verbalisierter Erwartungen, Sorgen, Gedanken etc. bezüglich vorangegangener, aktueller oder zukünftiger Ereignisse. Bestätigungsmethoden beinhalten eine Liste von Gedanken bezogen auf das Angsterleben der jeweiligen Person, die gebeten wird, den Grad der Zustimmung oder Ablehnung anzugeben (Hoyer & Chaker 2009).

    Subjektive Einschätzungen

    • Subjektive Enschätzungen helfen beim Erfassen der Intensität von Angst und Furcht (oder anderen emotionalen oder kognitiven Reaktionen), vorzugsweise in spezifischen Situationen. Auf einer Skala von 0–10 oder 0–100 stehen höhere Werte für ein höheres Niveau von Angst oder Anspannung. Verschiedene Abwandlungen, etwa als Furchtthermometer oder visuelle Analogskalen, sind bekannt.

    • Der Vorteil besteht in der unmittelbaren Abfrage und Einschätzung des Erlebten, sodass Erinnerungsverzerrungen vorgebeugt werden (im Vergleich zu einem Symptomfragebogen, der am Ende der Sitzung oder der Exposition vorgelegt wird). Letztlich können aber auch absichtlich niedrige Werte berichtet werden, um der Situation vorschnell zu entkommen, oder aber höhere Werte als Signal für Hilfesuchverhalten.

    Verhaltensproben / Verhaltenstests

    • Verhaltensproben / Verhaltenstests sind mehr oder weniger standardisierte Tests, um a priori ausgewählte Verhaltensweisen (problematisches Verhalten) zu beobachten, die natürlicherweise produziert werden, z. B. der Abstand zwischen einer Person und der gefürchteten Spinne. Ziel ist es, dass der Befragte sich in der Situation präsent fühlt und somit jenes Verhalten zeigt, was auch in einer „echten Situation“ zu beobachten wäre. Ausgewählt werden meist idiosynkratrische Verhaltensweisen, die nicht oder nur schlecht verbalisiert werden können.

    • Verhaltenstests liefern eine unmittelbare Rückmeldung sowie Informationen für die Fallkonzeption, Behandlungsplanung und Ergebnisevaluation.

    • Gerade für Angststörungen bieten sich Verhaltenstests an, da sie über angstauslösende Reize, automatisierte Sicherheitsverhaltensweisen, Kognitionen und körperliche Angstsymptome informieren. Erhoben werden z. B. der Abstand zur Spinne in cm oder m, Anzahl der Etagen, die mit dem Fahrstuhl gefahren werden, oder die Teilschritte bis zum Erreichen eines vorher festgelegten Ziels (Angsthierarchie).

    • Ängstliches Vermeidungsverhalten kann insbesondere mit dem Behavioral Avoidance Test (BAT; Craske, Barlow & Meadows 2000) erfasst werden: Hier werden Angstsymptome wie Atemlosigkeit, Herzklopfen oder Schwindel z. B. durch Hyperventilation, wiederholtes schnelles Drehen auf einem Drehstuhl oder durch das Einatmen durch einen Strohhalm provoziert.

    • Besonderes Augenmerk muss auf die Gültigkeit des Tests für das Alltagsgeschehen des Befragten gelegt werden; daher sind Verhaltenstests i. d. R. hochindividualisiert.

    • Verhaltenstests ersetzen keine Techniken zur Verhaltensmodifikation wie Konfrontationsbasierte Interventionen oder Verhaltensexperimente.

    Prozessdiagnostik im engeren Sinne meint die Beobachtung des Geschehens während der therapeutischen Intervention. Auch hier orientiert sich die Wahl des Instrumentes an

    • der diagnostischen Fragestellung nach Therapiezielen,

    • Motivation und Zuversicht,

    • Behandlungserwartung,

    • Compliance

    • oder Qualität der Therapeut-Patient-Beziehung.

    Beispiele hierfür sind Stundenbögen für Patienten und Therapeuten (STEP; Krampen 2002) oder auch Fragebogen zur Evalua­tion von Therapieverläufen (Lutz & Böhnke 2008). Ihr Einsatz liefert möglicherweise Hinweise auf Störungen in der therapeutischen Beziehung (Kasten 3).

    Kasten 3

    Beispiele für eine (störungsübergreifende) Verlaufs- und Prozessdiagnostik

    Therapieziele

    • Berner Inventar für Therapieziele (BIT-CT) (Grosse Holtforth & Grawe 2002a)

    Motivation und Zuversicht

    • Fragebogen zur Analyse Motivationaler Schemata (FAMOS) (Grosse Holtforth & Grawe 2002b)

    Behandlungserwartungen

    • Wie sinnvoll erscheint Ihnen die Behandlung?

    • Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Behandlung Ihre ______reduzieren wird?

    • Würden Sie die Behandlung einem/r Freund/in, der/die unter _______ leidet, empfehlen?

    • Was glauben Sie, wie erfolgreich die Behandlung die ______ vermindern wird?

    • Folgende Situationen können bei Ihnen Angst auslösen oder nicht [nenne Situationen]. Wenn diese Ihnen Angst machen, wie zuversichtlich wären Sie, dass diese Behandlung die Angst beseitigt?

    • Wie stark ist Ihre ______zum jetzigen Zeitpunkt?

    • Was erwarten Sie, wie stark Ihre ______ unmittelbar nach der Behandlung ist?

    • Was erwarten Sie, wie stark Ihre ______ 1 Jahr / 5 Jahre nach der Behandlung ist?

    Therapieverlauf

    • Fragebogen zur Evaluation von Therapieverläufen (Lutz & Böhnke 2008)

    • Stundenbogen für die Allgemeine und Differentielle Einzelpsychotherapie (STEP) (Krampen 2002)

    • Bonner Fragebogen für Therapie und Beratung (BFTB) (Fuchs et al. 2003)

    • Stations-Erfahrungsbogen (SEB) zur Erfassung des Verlaufs stationärer Psychotherapie (Sammet & Schauenburg 1999)

    Compliance, Mitarbeit

    • Pünktlichkeit, Regelmäßigkeit der Termine, Hausaufgaben ect.

    Das Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie im Internet unter www.thieme-connect.de/products. Klicken Sie einfach beim jeweiligen Beitrag auf „Zusatzmaterial“.

    Diese Instrumente sind i. d. R. nicht geeignet, zwischen verschiedenen Angststörungen, Angststörungen und anderen psychischen oder somatischen Erkrankungen zu unterscheiden. [Tab. 1] [2] zeigen einige Beispiele für symptomübergreifende und spezifische Angstskalen.

    Tab. 1 Beispiele für diagnoseübergreifende Symptomfragebögen.

    BSI / SCL-90-R

    Aggressivität / Feindseligkeit, Ängstlichkeit, Depressivität, Paranoides Denken, Phobische Angst, Psychotizismus, Somatisierung, Unsicherheit im Sozialkontakt, Zwanghaftigkeit

    PROMIS Level 1

    Screening für Depression, Ärger, Manie, Angst, somatische Symptome, Suizidalität, Psychose, Schlafprobleme, Mnestik, Schlafprobleme, zwanghafte Gedanken / Verhaltensweisen, Dissoziation, Substanzgebrauch

    Beck Angstinventar (BAI)

    Erfassen der Schwere von klinischer Angst

    Fragebogen zu körperbezogenen Ängsten, Kognitionen und Vermeidung (AKV)

    Kognitionen, Sicherheits- / Vermeidungserhalten bei Panik, Agoraphobie, Somatisierung

    Angstsensitivitätsindex (ASI-3)

    somatische, soziale und kognitive Bedenken bezüglich Angsterleben

    Cross-D

    Angststörungsübergreifend ist im Zuge der Revision des DSM eine Skala entwickelt worden, die die Häufigkeit und Intensität physiologischer, kognitiver und behavioraler Symptome erfasst.

    Tab. 2 Beispiele für die diagnosespezifische ­Symptomfragebögen.

    Angststörung

    physiologische Symptome

    Kognitionen

    Sicherheits-/Vermeidungsverhalten

    Schwere

    Liebowitz Soziale Angstskala (LSAS)

    Soziale Angst

    x

    x

    Panik-Agoraphobie-Skala (PAS)

    Panik, Agoraphobie

    x

    x

    x

    x

    Pennstate Worry Questionnaire (PSWQ)

    Generalisierte Angststörung

    x

    Unsicherheitstoleranz (IUS)

    Generalisierte Angststörung

    x

    x

    Fear Survey Schedule (FSS-III)

    Soziale Situationen, Blut/ Verletzungen, Tiere und speziell Insekten, agoraphobische Ängste

    x

    Dental Fear Survey (DFS)

    Zahnbehandlungsphobie

    x

    x

    x

    Schweregrad der Sozialen ­Angststörung, Panikstörung, ­Agoraphobie, ­Generalisierten Angststörung, ­Spezifischen Phobie

    Für jede der genannten Angststörungen sind im Zuge der Revision des DSM neue Skalen entwickelt worden, die, einem einheitlichen Muster folgend, störungsspezifisch die Häufigkeit und Intensität physiologischer, kognitiver und behavioraler Symptome erfassen.

    Verhaltensbezogene Maße zur Beobachtung und Messung von Verhaltensweisen und Emotionen in spezifischen Situationen beinhalten eine Vielzahl von Methoden (Kasten 2), schließen auch Verhaltensexzesse und -defizite ein, sowie Faktoren, die diese Verhaltensweisen beeinflussen.

    Fazit

    Die Auswahl aus zahlreichen diagnostischen Instrumente ist von verschiedenen Aspekten abhängig. Daher können schwerlich einzelne Instrumente als „besonders empfehlenswert“ herausgestellt werden. Kliniker unterscheiden häufig zwischen Kernmerkmalen und Randsymptomen, während Skalen i. d. R. alle Items gleich gewichten. So kann nach erfolgreicher Behandlung einer Sozialen Angststörung Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten deutlich reduziert sein, während die Furcht vor negativer Bewertung in ähnlichem Ausmaß wie zu Therapiebeginn besteht. Daher ist es umso wichtiger, die Diagnostik von Angst- und anderen psychischen Störungen als vielschichtigen Prozess wahrzunehmen. Für diesen Prozess gibt es kein richtig oder falsch; vor dem Hintergrund der diagnostischen Fragestellung gilt es abzuwägen zwischen der Zielsymptomatik, der benötigten Genauigkeit und dem Zeitpunkt der Diagnostik.


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    Dr. Susanne Knappe, Dipl.-Psych.


    Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie & Center for Preventive Intervention Studies (CEPRIS)
    Chemnitzer Str. 46 01187 Dresden
    susanne.knappe@tu-dresden.de


    wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Technischen Universität Dresden, in Weiterbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin; Forschungsschwerpunkte: Epidemiologie, Verlauf, Diagnostik und Klassifikation von Angststörungen, Prävention von Angststörungen, Versorgung von Angst-und depressiven Störungen.

    Interessenkonflikt

    Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

    Korrespondenzadresse

    Dr. Susanne Knappe, Dipl.-Psych.
    Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie & Center for Preventive Intervention Studies (CEPRIS)
    Chemnitzer Str. 46 01187 Dresden

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