Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(08): 603-607
DOI: 10.1055/s-0041-101620
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die inadäquate Sinustachykardie

Inappropriate sinus tachycardia
Samuel Sossalla
1   Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen
,
Dirk Vollmann
2   Herz- & Gefäßzentrum Göttingen
› Author Affiliations
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Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Samuel Sossalla
Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen
Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
Herzzentrum – Klinik für Kardiologie und Pneumologie
Robert-Koch-Str. 40
D-37075 Goettingen
Phone: 0551-3920559   
Fax: 0551–3920966   

Publication History

Publication Date:
16 April 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Die inadäquate Sinustachykardie ist charakterisiert durch eine nicht erklärbare, anhaltende Beschleunigung des normalen Sinusrhythmus (> 100/min.) in Ruhe bzw. einen überschießenden Anstieg bei geringer Aktivität (Herzfrequenz-Mittelwert > 90/min./24 h). Sie geht mit variabler Symptomatik wie z. B. Herzrasen, Palpitationen, Müdigkeit, Schwäche und Schwindel einher. Sowohl Pathogenese als auch Langzeitprognose sind unvollständig verstanden, weshalb sich die Therapie der inadäquaten Sinustachykardie in der klinischen Routine oftmals schwierig gestaltet. Vor der Diagnosestellung und einer etwaigen Therapie-Initiierung müssen mögliche Ursachen einer sekundären Sinustachykardie ausgeschlossen werden. Therapeutisch werden körperliches Training, das Vermeiden von Auslösern und begünstigenden Faktoren sowie bradykardisierende Substanzen wie Betablocker oder Ivabradin empfohlen. Die Katheterablation zur Modifikation der Sinusknotenregion sollte nur als Ultima ratio zur Anwendung kommen.


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Abstract

Inappropriate sinus tachycardia is characterized by an unexplained increase of the resting sinus rate (> 100 bpm) with excess increase in response to moderate activity (mean heart rate > 90 bpm/24 h). Affected patients may suffer from heart race, palpitations, fatigue, weakness and dizziness. The mechanisms underlying inappropriate sinus tachycardia and its long term prognosis are poorly understood. Thus, diagnosis and treatment are empiric and require the initial exclusion of potential causes of secondary sinus tachycardia. Therapeutic approaches include physical training, beta blockers or ivabradine. Radiofrequency catheter ablation should be restricted to patients with refractory and longstanding symptoms.


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Die inadäquate Sinustachykardie (IST) ist charakterisiert durch eine nicht erklärbare, anhaltende Beschleunigung des normalen Sinusrhythmus in Ruhe bzw. einen überschießenden Anstieg bei geringer Aktivität. Betroffen sind insbesondere Frauen jüngeren und mittleren Alters – sie geben vielfältige Symptome an. Um die Diagnose stellen zu können, müssen zuvor sekundäre Ursachen ausgeschlossen werden. Die Therapie ist schwierig – auch angesichts der unklaren Pathogenese und Langzeitprognose.

Physiologische Frequenzanpassung | Der Sinusknoten erzeugt unter Einfluss des autonomen Nervensystems unter physiologischen Ruhebedingungen elektrische Impulse mit einer Frequenz von ca. 50–90 / min [1]. Faktoren wie Hypoxie, Azidose, Dehnung, Temperatur und Hormone regulieren darüber hinaus die Sinusknotenaktivität [1]. Liegt die im Sinusknoten initiierte Herzfrequenz über 100 / min, handelt es sich um eine Sinustachykardie. Zugrunde liegt der gewöhnlichen Sinustachykardie ein adäquater Frequenzanstieg bedingt durch fassbare physiologische, pathologische oder auch pharmakologische Trigger. In den meisten Fällen wird diese Form der Sinustachykardie durch körperliche Belastung oder psychische Auslöser wie Angst, Erregung oder Schmerz hervorgerufen.

Pathophysiologie | Kommt es im komplexen autonomen Regulationssystem zum Ungleichgewicht mit Überwiegen der Sympathikusaktivität oder reduzierter Aktivität des Parasympathikus, so kann dies zur IST führen [2]. Auch eine gesteigerte Automatie des Sinusknotens wurde als Ursache einer IST beschrieben – neuere Untersuchungen stützen dies jedoch nicht [3]. Als mögliche Auslöser einer IST werden diskutiert [4], [5]:

  • eine vorausgegangene Virusinfektion

  • eine Toxinexposition

  • eine endokardiale Katheterablation mit akzidenteller Modulation des lokalen autonomen Nervensystems

Als potenzielle Pathomechanismen gelten neuro-humorale Veränderungen, Störungen der Kanal- und Rezeptorregulation sowie autoimmunologische Mechanismen mit Antikörper-Bildung gegen Zellrezeptoren [5]. Letztlich bleiben aber die Ätiologie und genaue Pathophysiologie der IST weitestgehend unklar.

Der IST liegt eine Störung des autonomen Nervensystems zugrunde. Die genauen Auslöser und Mechanismen sind unklar.

Epidemiologie | Es gibt nur wenige epidemiologische Daten zur IST:

  • Ca. 90 % der Betroffenen sind weiblich;

  • das mittlere Manifestationsalter liegt bei rund 35 Jahren [2].

  • In einer Studie [6] betrug die Prävalenz im mittleren Alter (40–59 Jahre) ca. 1 % und war damit höher als z. B. die des Wolff-Parkinson-White (WPW)-Syndroms.

Auffallend häufig sind die Betroffenen im Gesundheitswesen tätig [7]. Die IST besteht offenbar nicht unbedingt lebenslang, sondern für einen zeitlichen Abschnitt von Monaten bis Jahren. Auch geht wohl nicht jede Sinustachykardie, die die Kriterien der IST erfüllen würde, mit Symptomen und / oder Arztkontakt einher, so dass einige Fälle möglicherweise unerkannt bleiben.

Langzeit-Prognose unklar | Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 6 Jahren fanden Still et al. [6] bei 7 IST Patienten trotz anhaltend erhöhter Herzfrequenzen und Palpitationen klinisch und echokardiografisch keinen Hinweis für eine strukturelle Herzkrankheit oder die Entwicklung einer Herzinsuffizienz. Es sind aber Einzelfälle beschrieben, in denen nach Diagnose einer IST eine sog. Tachykardiomyopathie mit Abnahme der linksventrikulären Pumpfunktion entstand [8]. Unabhängig hiervon gibt es in der Literatur auch allgemein Hinweise für eine inverse Beziehung zwischen der Sinusfrequenz in Ruhe und der Lebenserwartung [9], [10].

Derzeit ist völlig unklar, ob

  • die Lebenserwartung bei IST ohne strukturelle Herzkrankheit erniedrigt ist und

  • ob eine rein prognostisch motivierte Herzfrequenzsenkung Sinn macht.

Symptomatik | Die Symptomatik der IST ist vielfältig und variabel. Häufig liegen mehrere unspezifische Beschwerden vor. Dazu gehören:

  • Herzklopfen

  • Herzrasen

  • Schwäche

  • Schwindel

  • Präkollaps

  • Kurzatmigkeit

  • Brustenge

  • eingeschränkte Belastbarkeit

Häufig haben die Patienten Angst – ihre Lebensqualität ist eingeschränkt [4], [11].

Die Ausprägung der Beschwerden kann zwischen asymptomatischer IST als Zufallsbefund bis zur anhaltenden Erwerbsunfähigkeit variieren.

Diagnostik

▶ [Abb. 1] fasst die Diagnostik und Differenzialdiagnostik bei IST zusammen.

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Abb. 1 Diagnostik und Differenzialdiagnostik der inadäquaten Sinustachykardie. SVT: supraventrikuläre Tachykardie, AVNRT: AV-nodale Reentrytachykardie, AVRT: AV-Reentrytachykardie, AT: ektope (fokale) atriale Tachykardie.

12-Kanal-EKG | Wenn Symptome bestehen oder eine Ruheherzfrequenz > 100/min vorliegt, sollte ein 12-Kanal-EKG angefertigt werden (▶ [Abb. 2]). Zeigt sich eine regelmäßige supraventrikuläre Tachykardie, so muss

  • unter Berücksichtigung der P-Wellen-Morphologie und

  • der Beziehung zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen

eine Sinustachykardie von anderen supraventrikulären Tachykardien abgegrenzt werden.

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Abb. 2 12-Kanal-EKG (25 mm / s) zur Beurteilung einer regelmäßigen anhaltenden supraventrikulären Tachykardie (Kammerfrequenz ca. 110/min) anhand von P-Wellen-Morphologie und Zusammenhang zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen. Links Sinustachykardie, rechts typisches Vorhofflattern (counter-clockwise) mit negativen P-Wellen in II, III, aVF und V6 und atrioventrikulärer 2:1-Überleitung.

Die P-Wellenmorphologie der IST sollte gleich oder zumindest sehr ähnlich aussehen wie bei normalem Sinusrhythmus.

24-Stunden-Langzeit-EKG | Ist eine Sinustachykardie diagnostiziert, so muss nach Ursachen gesucht werden (▶[Tab. 1]). Nach Ausschluss einer sekundären Sinustachykardie ist zu klären, ob es sich um

  • eine anfallsweise auftretende (paroxysmale) oder

  • eine anhaltende (persistierende) Sinustachykardie handelt.

Hierzu sollte man das Herzfrequenzprofil über einen längeren Zeitraum betrachten, z. B. durch Anlage eines 24-Stunden-Langzeit-EKG (▶ [Abb. 3]). Bei der IST findet sich außerhalb der Schlafphasen eine persistierende Erhöhung der Herzfrequenz mit ausgeprägten Spitzen bereits bei geringer Aktivität.

Tab. 1 Mögliche Ursachen einer gewöhnlichen (sekundären) Sinustachykardie.

Ursachen

  • Emotionale Erregung: Angst, „Weißkittel-Effekt“, Freude, Schmerz

  • Genussmittel: Alkohol, Koffein, Nikotin

  • Drogenabusus: Cannabis, Cocain, Ecstasy, LSD, „magic mushrooms“

  • Medikamente: Anticholinergika, Antidepressiva, Betamimetika, Methylxanthine

  • Anämie

  • Exsikkose

  • Fieber

  • Hypoglykämie

  • Autonome Poyneuropathie

  • Hyperthyreose

  • Phäochromozytom

  • Lungenembolie

  • Myokardinfarkt

  • Herzinsuffizienz

  • posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom

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Abb. 3 Herzfrequenzprofil während einer ca. 24-stündigen Langzeit-EKG-Registrierung bei einer 22-jährigen Patientin mit seit > 1 Jahr bestehenden Palpitationen und rezivierendem Präkollaps. Die mittlere Herzfrequenz während des Beobachtungszeitraumes ist deutlich erhöht (99/min) und ist auf eine ausgeprägte Sinustachykardie-Neigung außerhalb von Schlafphasen zurückzuführen. Nach Ausschluss einer sekundären Sinustachykardie (Ursachen s. ▶ [Tab. 1]) wurde eine inadäquate Sinustachykardie diagnostiziert.

Die über 24 Stunden gemittelte Herzfrequenz liegt bei > 90 Schlägen in der Minute. Ein nächtliches Absinken der Herzfrequenz in Schlafphasen ist auch für die IST typisch.

POTS | Bei anfallsweise auftretenden Sinustachykardien und normaler mittlerer Herzfrequenz muss nach Ausschluss möglicher Auslöser (▶ [Tab. 1]) neben der seltenen Sinusknoten-Reentrytachykardie ein posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (POTS) in Betracht gezogen werden. Dabei handelt es sich um eine Kreislaufregulationsstörung im Sinne einer orthostatischen Intoleranz, bei der es in aufrechter Körperhaltung zum überschießenden Herzfrequenzanstieg kommt. Betroffen sind wie bei der IST vor allem jüngere Frauen, und auch die Symptomatik (u. a. Herzklopfen, Herzrasen, Schwindel, Präkollaps) ist ähnlich. Es ist davon auszugehen, dass es Überlappungen von IST und POTS gibt und beiden klinischen Syndromkomplexen ähnliche Pathomechanismen zugrunde liegen [4], [12].

Ein POTS wird diagnostiziert, wenn die Herzfrequenz beim Übergang aus der Liegendposition zum Stehen innerhalb von 10 Minuten um ≥ 30/min oder auf ≥ 120/min ansteigt (ohne orthostatische Hypotension).


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Therapie

Patienten ernst nehmen | Aufgrund der komplexen und unvollständig verstandenen Pathogenese ist die Therapie der IST in der klinischen Routine oftmals schwierig. Nicht selten widmet der Facharzt den Betroffenen nicht mehr ausreichend Aufmerksamkeit, sobald bei Sinustachykardie und Symptomen wie Luftnot und Herzrasen die potenziell gefährlichen Ursachen ausgeschlossen worden sind.

Symptomorientierte Behandlung | Die aktuellen Therapieansätze fasst ▶ [Abb. 4] zusammen. Prinzipiell sollte die Behandlung der IST nicht primär frequenzbezogen, sondern symptomorientiert sein, da die Prognose derzeit eher als benigne gilt [4], [6], [13]. Da kaum Langzeitdaten existieren, bleibt letztlich unklar, ob eine reine Herzfrequenzsenkung bei asymptomatischer IST sinnvoll ist.

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Abb. 4 Fluss-Schema zur Behandlung der inadäquaten Sinustachykardie.

Auslöser vermeiden | Bei der symptomatischen IST sollte an erster Stelle stehen, verstärkende Faktoren zu vermeiden bzw- zu behandlen. So sollten die Patienten

  • auf Genussmittel wie Koffein, Nikotin und Alkohol verzichten und

  • psychischen Belastungssituationen mit Entspannungstechniken oder ggf. psychologischer oder auch psychiatrischer Therapie begegnen.

Eine integrale Rolle bei der Primärtherapie der IST sollte körperliches Ausdauertraining einnehmen. Erfahrungsgemäß lässt sich bei einer nicht unerheblichen Zahl von Patienten mit IST die Herzfrequenz durch körperliches Training senken und die Symptomatik bessern.

Medikamentöse Frequenzsenkung | Bessern sich die Beschwerden trotz solcher primären Veränderungen des Lebensstils nicht ausreichend, empfehlen die internationalen Leitlinien eine bradykardisierende medikamentöse Behandlung [1]. Diverse Substanzen wurde für die IST vorgeschlagen – die wenigsten davon systematisch untersucht.

Mit dem Ziel einer Herzfrequenzreduktion können nach aktuellem Kenntnisstand Betablocker, Ivabradin und herzwirksame Kalziumkanalblocker eingesetzt werden.

Da die Evidenz bezogen auf die IST jeweils niedrig ist, werden wegen der großen und langjährigen Erfahrung bei anderen Krankheitsbildern primär Betablocker empfohlen. Problematisch ist hierbei die Hypotonie als mögliche Nebenwirkung, so dass sich trotz signifikanter Herzfrequenzsenkung die Beschwerden nicht immer bessern [14]. Alternativ kann der Funny-Channel-Inhibitor Ivabradin eingesetzt werden: Er verlangsamt selektiv die spontane diastolische Depolarisation im Sinusknoten und wirkt hierdurch bradykardisierend. In einer kleinen, aber Placebo-kontrollierten Studie mit „crossover“-Design [15] senkte Ivabradin bei 20 Patienten mit IST die Herzfrequenz signifikant:

  • in Ruhe von 88 ± 11 auf 76 ± 11/min (p = 0,011),

  • im Stehen von 108 ± 12 auf 92 ± 11/min (p < 0,0001),

  • bei Belastung von 176 ± 17 auf 158 ± 16/min (p = 0,001).

Auch die Beschwerden besserten sich [15]. Der Zusammenhang zwischen selektiver Reduktion der Herzfrequenz und Verbesserung der Symptomatik in dieser Studie deutet – anders als bisher vermutet – darauf hin, dass die Herzfrequenz bei der IST doch ein therapeutisches Ziel sein könnte. In einer weiteren, nicht-randomisierten Studie erhielten 20 Patienten mit IST sequenziell Metoprolol oder Ivabradin für jeweils 4 Wochen [14]. Ivabradin senkte die Ruhefrequenz ähnlich wie Metoprolol, war aber mit einer größeren Reduktion der Herzfrequenz bei Belastung und mit weniger Nebenwirkungen assoziiert.

Cave Unter Ivabradin können – dosisabhängig und meist vorübergehend – sogenannte Phosphene (Lichtwahrnehmungen) auftreten.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Datenlage ist nach unserer Einschätzung Ivabradin bei der IST – zumindest bei zeitlich begrenzter Anwendung – dem Betablocker gleichzusetzen. Als Substanzen der 2. / 3. Wahl kommen Kalziumkanalblocker vom Nondihydropyridin-Typ wie Diltiazem oder Verapamil in Betracht. Von Digitalis oder Antiarrhythmika der Klasse I oder III wird abgeraten.

Katheterablation | Gelingt mit konservativen und medikamentösen Maßnahmen keine ausreichende Reduktion von Herzfrequenz und Symptomatik, so kommt in ausgewählten Zentren eine Katheterablation mit dem Ziel der Sinusknotenmodifikation in Betracht. Obgleich zahlreiche Fälle mit erfolgreicher IST-Behandlung durch Katheterablation beschrieben wurden, sollte man bei diesem Ansatz sorgfältig abwägen unter Berücksichtigung

  • der langfristigen Erfolgsaussicht einerseits und

  • des Risikos für bedeutsame Komplikationen andererseits [1], [4].

Potenzielle Komplikationen der Ablation sind z. B.

  • die Notwendigkeit zur Schrittmacherimplantation,

  • die Schädigung des Nervus phrenicus und

  • das Vena-cava-superior-Syndrom.

Ihre genaue Häufigkeit ist letztlich unklar.

Konsequenz für Klinik und Praxis
  • Die inadäquate Sinustachykardie ist charakterisiert durch eine nicht erklärbare, anhaltende Beschleunigung des normalen Sinusrhythmus (> 100/min) in Ruhe bzw. bei geringer Belastung (Mittelwert > 90/min über 24 h).

  • Die Symptomatik ist variabel und umfasst u. a. Herzrasen, Palpitationen, Müdigkeit, Schwäche und Schwindel.

  • Pathogenese und Langzeitprognose sind nicht ausreichend erforscht, was die Therapie in der klinischen Routine erschwert.

  • Für die Diagnosestellung und vor Therapie-Einleitung muss das Vorliegen einer sekundären Sinustachykardie ausgeschlossen sein.

  • Die Therapie umfasst körperliches Training, die Identifizierung und Vermeidung von verstärkenden Faktoren sowie die Anwendung von Betablockern oder Ivabradin.

  • Eine Katheterablation im Bereich des Sinusknotens sollte nur als Ultima ratio zur Anwendung kommen.


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PD Dr. med. Samuel Sossalla


ist Oberarzt an der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen. Schwerpunkt seiner Tätigkeit sind sowohl die konservative als auch die interventionelle Kardiologie einschließlich der speziellen Rhythmologie. Ferner leitet er die Arbeitsgruppe zelluläre Elektrophysiologie am Standort.
ssossalla@med.uni-goettingen.de

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Prof. Dr. med. Dirk Vollmann


ist niedergelassener Kardiologe im Herz- & Gefäßzentrum Göttingen und Belegarzt am Krankenhaus Neu-Bethlehem in Göttingen. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die spezielle Rhythmologie einschließlich der Katheterablation tachykarder Herzrhythmusstörungen und der Implantation von Herzschrittmachern, Defibrillatoren und Geräten zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT).
vollmann@hgz-goettingen.de

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Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literaturverzeichnis

  • 1 Blomstrom-Lundqvist C, Scheinman MM, Aliot EM et al. ACC / AHA / ESC guidelines for the management of patients with supraventricular arrhythmias – executive summary: a report of the American College of Cardiology / American Heart Association Task Force on Practice Guidelines and the European Society of Cardiology Committee for Practice Guidelines. Circulation 2003; 108: 1871-1909
  • 2 Morillo CA, Klein GJ, Thakur RK et al. Mechanism of ‚inappropriate‘ sinus tachycardia. Role of sympathovagal balance. Circulation 1994; 90: 873-877
  • 3 Nwazue VC, Paranjape SY, Black BK et al. Postural tachycardia syndrome and inappropriate sinus tachycardia: role of autonomic modulation and sinus node automaticity. J Am Heart Assoc 2014; 3: e000700
  • 4 Olshansky B, Sullivan RM. Inappropriate sinus tachycardia. J Am Coll Cardiol 2013; 61: 793-801
  • 5 Skeberis V, Simonis F, Tsakonas K et al. Inappropriate Sinus tachycardia following radiofrequency ablation of AV nodal tachycardia: incidence and clinical significance. Pace 1994; 17: 924-927
  • 6 Still AM, Raatikainen P, Ylitalo A et al. Prevalence, characteristics and natural course of inappropriate sinus tachycardia. Europace 2005; 7: 104-112
  • 7 Krahn AD, Yee R, Klein GJ, Morillo C. Inappropriate sinus tachycardia: evaluation and therapy. J Cardiovasc Electrophysiol 1995; 6: 1124-1128
  • 8 Winum PF, Cayla G, Rubini M et al. A case of cardiomyopathy induced by inappropriate sinus tachycardia and cured by ivabradine. Pacing Clin Electrophysiol 2009; 32: 942-944
  • 9 Levine HJ. Rest heart rate and life expectancy. J Am Coll Cardiol 1997; 30: 1104-1106
  • 10 Jensen MT, Suadicani P, Hein HO, Gyntelberg F. Elevated resting heart rate, physical fitness and all-cause mortality: a 16-year follow-up in the Copenhagen Male Study. Heart 2013; 99: 882-887
  • 11 Benezet-Mazuecos J, Rubio JM, Farre J et al. Long-term outcomes of ivabradine in inappropriate sinus tachycardia patients: appropriate efficacy or inappropriate patients. Pacing Clin Electrophysiol 2013; 36: 830-836
  • 12 Brady PA, Low PA, Shen WK. Inappropriate sinus tachycardia, postural orthostatic tachycardia syndrome, and overlapping syndromes. Pacing Clin Electrophysiol 2005; 28: 1112-1121
  • 13 Shinbane JS, Wood MA, Jensen DN et al. Tachycardia-induced cardiomyopathy: a review of animal models and clinical studies. J Am Coll Cardiol 1997; 29: 709-715
  • 14 Ptaszynski P, Kaczmarek K, Ruta J et al. Metoprolol succinate vs. ivabradine in the treatment of inappropriate sinus tachycardia in patients unresponsive to previous pharmacological therapy. Europace 2013; 15: 116-121
  • 15 Cappato R, Castelvecchio S, Ricci C et al. Clinical efficacy of ivabradine in patients with inappropriate sinus tachycardia: a prospective, randomized, placebo-controlled, double-blind, crossover evaluation. J Am Coll Cardiol 2012; 60: 1323-1329

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D-37075 Goettingen
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Abb. 1 Diagnostik und Differenzialdiagnostik der inadäquaten Sinustachykardie. SVT: supraventrikuläre Tachykardie, AVNRT: AV-nodale Reentrytachykardie, AVRT: AV-Reentrytachykardie, AT: ektope (fokale) atriale Tachykardie.
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Abb. 2 12-Kanal-EKG (25 mm / s) zur Beurteilung einer regelmäßigen anhaltenden supraventrikulären Tachykardie (Kammerfrequenz ca. 110/min) anhand von P-Wellen-Morphologie und Zusammenhang zwischen P-Wellen und QRS-Komplexen. Links Sinustachykardie, rechts typisches Vorhofflattern (counter-clockwise) mit negativen P-Wellen in II, III, aVF und V6 und atrioventrikulärer 2:1-Überleitung.
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Abb. 3 Herzfrequenzprofil während einer ca. 24-stündigen Langzeit-EKG-Registrierung bei einer 22-jährigen Patientin mit seit > 1 Jahr bestehenden Palpitationen und rezivierendem Präkollaps. Die mittlere Herzfrequenz während des Beobachtungszeitraumes ist deutlich erhöht (99/min) und ist auf eine ausgeprägte Sinustachykardie-Neigung außerhalb von Schlafphasen zurückzuführen. Nach Ausschluss einer sekundären Sinustachykardie (Ursachen s. ▶ [Tab. 1]) wurde eine inadäquate Sinustachykardie diagnostiziert.
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Abb. 4 Fluss-Schema zur Behandlung der inadäquaten Sinustachykardie.