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DOI: 10.1055/s-0041-109824
Antimikrobielle Peptid (AMP)-Forschung an der Kieler Universitäts-Hautklinik
Ein zeitlicher Abriss und Zusammenfassung anlässlich der Pensionierung von Prof. Dr. Jens-Michael SchröderAntimicrobial Peptide (AMP) Research at the Department of Dermatology, University of KielA Historical Review in Celebration of the Retirement of Prof. Dr. Jens-Michael SchröderZusammenfassung
Antimikrobielle Peptide (AMPs) sind kleine körpereigene Proteine mit potenter antimikrobieller und auch immunmodulatorischer Aktivität. Eine Fehlregulation von AMPs wird in Verbindung mit diversen infektiösen und entzündlichen Krankheitsgeschehen gebracht. Die AMP-Forschung an der Kieler Universitäts-Hautklinik wurde Mitte der neunziger Jahre initiiert und vorangetrieben von Prof. Dr. rer. nat. Jens-Michael Schröder, der im Jahre 2015 pensioniert wurde. Im Laufe der Jahre konnten diverse neue AMPs entdeckt und charakterisiert werden sowie deren wichtige Rolle in der epithelialen Abwehr aufgedeckt werden, wodurch sich Kiel zu einem international renommierten AMP-Forschungsstandort etablieren konnte.
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Abstract
Antimicrobial peptides (AMPs) are small endogeneous proteins exhibiting potent antimicrobial activity as well as immunomodulatory activites. A dysregulation of AMPs may be associated with several infectious and inflammatory diseases. AMP research at the Department of Dermatology in Kiel started in the mid 1990s and was initiated and driven by Prof. Dr. rer. nat. Jens-Michael Schröder who retired in 2015. Over the years the discovery and characterization of diverse novel AMPs as well as uncovering their important role in epithelial defense established Kiel as an international renowned AMP research site.
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Antimikrobielle Peptide (AMPs) sind kleine Proteine, die in der Lage sind, in niedrigen Konzentrationen das Wachstum von Mikroorganismen schnell und effizient zu hemmen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der angeborenen Abwehr („innate immunity“) und werden umgangssprachlich auch als körpereigene Antibiotika bezeichnet. Die Bedeutung von AMPs wird durch ihre weite Verbreitung in der Natur reflektiert: Man findet AMPs im Tier- als auch im Pflanzenreich sowohl in Einzellern als auch in höheren Organismen bis hin zum Menschen.
Die Geschichte der antimikrobiellen Peptid (AMP)-Forschung an der Kieler Hautklinik wurde durch die Entdeckungen von Michael Zasloff inspiriert, der bereits 1987 zeigte, dass die Haut von Fröschen durch AMPs geschützt wird [1]. Basierend auf diesen Erkenntnissen gingen wir in der Kieler Universitäts-Hautklinik (damaliger Direktor Prof. Dr. Enno Christophers) ab 1996 unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Jens-Michael Schröder gezielt der Frage nach, ob auch die Haut des Menschen in der Lage ist, AMPs zu produzieren. Dabei entpuppten sich insbesondere Psoriasis-Schuppen als reiche Quelle von AMPs [2]. Die Abundanz von AMPs in Psoriasis-Plaques mag mit erklären, warum es bei Psoriasis-Patienten trotz der zerstörten Hautbarriere nicht gehäuft zu Hautinfektionen kommt [3]. So konnten an der Kieler Hautklinik zwei neue AMPs aus der Klasse der humanen Beta-Defensine (hBDs) entdeckt werden: hBD-2 und hBD-3 [4] [5]. Das Besondere an diesen beiden Molekülen ist, dass deren Expression in der Haut, insbesondere in Keratinozyten, im Rahmen von Entzündungsprozessen, Infektionen und Wunden extrem hochgeregelt sein kann [6] [7] [8]. Aber auch AMPs, die in der gesunden Haut abundant exprimiert werden, wie z. B. RNase 7 und Psoriasin, konnten in der Kieler-Hautklinik identifiziert werden [9] [10] und stehen nach wie vor im Fokus der AMP-Forschung an der Kieler Hautklinik.
AMPs spielen nicht nur eine Rolle als antibakterielle Faktoren, bei einigen AMPs wurde auch potente Aktivität gegen Pilze beobachtet. Diese antifungale Aktivität steht auch im Interesse der hiesigen AMP-Forschung. So konnte beispielsweise in mehreren Publikationen kürzlich gezeigt werden, dass die AMPs hBD-2, hBD-3, RNase 7 und insbesondere Psoriasin eine wichtige Rolle in der kutanen Abwehr zum Schutz vor Infektionen mit Dermatophyten und Aspergillus fumigatus einnehmen [11] [12] [13].
Neuere Forschungen haben auch gezeigt, dass neben der direkten antimikrobiellen Aktivität AMPs auch weitere immunmodulatorische Eigenschaften (z. B. chemotaktische Aktivität, Aktivierung von Effektorzellen, Induktion von Proliferation, Stimulierung von Angiogenese, pro- und anti-inflammatorische Eigenschaften) besitzen und zu ihrer Rolle als wichtige Effektormoleküle der angeborenen Abwehr beitragen [14]. Diese wichtigen multiplen Funktionen der AMPs in der angeborenen Abwehr erklären, warum immer mehr Studien über einen potenziellen Zusammenhang einer Fehlregulation bzw. Fehlfunktion von AMPs mit diversen entzündlichen und infektiösen Erkrankungen berichten. Insbesondere kann man vermuten, dass eine zu geringe oder veränderte Expression bzw. Aktivität von AMPs infektiöse Erkrankungen begünstigen könnte. Neuere Studien legen nahe, dass dies zum Beispiel der Fall sein könnte bei chronischen Haut- und Schleimhautinfektionen, chronisch infizierten Wunden, Superinfektionen bei atopischer Dermatitis, Patienten mit STAT3-Mutationen (Hyper-IgE-Syndrom) und Krebspatienten, bei denen der epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) therapeutisch blockiert wird [11] [15] [16] [17] [18] [19]. Aber auch bei anderen Epithelien wird eine AMP-Dysregulation als Triggerfaktor von Infektionen und Entzündung diskutiert, z. B. eine gestörte AMP-Expression bei Patienten mit Morbus Crohn [20] oder bei Urogenital-Infektionen [21] [22]. Auf der anderen Seite könnte eine zu hohe Expression von AMPs, wie es z. B. bei der Psoriasis diskutiert wird, entzündliche Szenarien fördern, z. B. durch eine AMP-vermittelte chemotaktische Anlockung und Aktivierung von Effektorzellen [23] [24]. Bei Patienten mit Rosazea wird auch eine abnormale Prozessierung des Cathelicidins LL-37 für die Entzündungsreaktionen mit verantwortlich gemacht [25]. Klar ist, dass beim Zusammenhang von Erkrankungen und AMPs die Forschung erst am Anfang steht und wir in den nächsten Jahren sicherlich noch viel über die Rolle von AMPs bei Infektionen und Entzündungen lernen werden.
Die Interaktion von AMPs mit der kutanen Mikrobiota ist ein weiterer Forschungsschwerpunkt, dem in letzter Zeit auch hier in Kiel nachgegangen wird. Es mehren sich die Hinweise, dass AMPs mit der Mikrobiota in besonderer Weise interagieren und dass AMPs eine wichtige Funktion in der Modulierung der präferierten Mikrobiota einnehmen [26] [27]. Eine gestörte kutane Mikrobiota wiederum könnte mit diversen Erkrankungen assoziiert sein, wobei es zu klären gilt, ob eine veränderte Mikrobiota bei bestimmten Erkrankungen Ursache der Erkrankung oder nur deren Folge ist.
Es bleibt abzuwarten, ob die Eigenschaften der AMPs diese als zukünftige neue Klasse von Antiinfektiva qualifizieren. Potente antimikrobielle Aktivität, auch gegen multi-resistente Stämme (wie z. B. MRSA, multi-resistente Acinetobacter baumannii) und im Rahmen der Evolution optimierte immunmodulatorische Eigenschaften, geben Anlass zur Hoffnung, dass AMPs sich zu therapeutischen Zwecken eignen könnten. Therapeutische Optionen wären neben der direkten Applikation von natürlichen AMPs und deren optimierten Varianten auch die gezielte Anregung der Produktion von AMPs (z. B. durch Probiotika). Potenzielle negative Eigenschaften, wie beispielsweise unerwünschte immunmodulierende (z. B. entzündungsfördernde) Prozesse oder die Erzeugung von gegen AMP resistenten Bakterien durch massenhaften Einsatz von AMPs, müssen dabei unbedingt berücksichtigt werden.
Die erfolgreiche Etablierung der AMP-Forschung in Kiel ist sicherlich auch in besonderer Weise der fortwährenden intensiven Unterstützung durch den damaligen Klinikdirektor Prof. Dr. Enno Christophers zu verdanken. Prof. Dr. Enno Christophers hat schon im Jahre 1979 Prof. Dr. Jens-Michael Schröder als Biochemiker zur Verstärkung der Forschung an die Kieler Hautklinik geholt. Diese damals von Prof. Christophers sicherlich als noch recht visionär anzusehende Auffassung, Forschung an den Universitätskliniken gezielt durch Naturwissenschaftler stärken zu müssen, wird ja mittlerweile in den meisten universitären Kliniken praktiziert. Die erfolgreiche AMP-Forschung an der Kieler Hautklinik wird auch durch die damalige (2002) Etablierung eines DFG-geförderten Sonderforschungsbereiches (SFB 617) unter der Leitung der Kieler Hautklinik unter Vorsitz von Prof. Schröder deutlich. Dieser SFB hat sich u. a. mit den AMPs als Effektoren der epithelialen Abwehr befasst.
Als Nachfolger von Prof. Christophers wurde im Jahre 2004 Prof. Dr. Thomas Schwarz neuer Direktor der Kieler Universitäts-Hautklinik. Dankenswerterweise unterstützt Prof. Schwarz die Thematik der AMP-Forschung weiterhin, sodass auch nach dem Weggang von Prof. Christophers weiter Kontinuität auf diesem Forschungssektor an der Kieler Hautklinik gewährleistet ist. Prof. Schwarz hat auch eigene Forschungsinteressen aus seinem Spezialgebiet der UV-Forschung mit einfließen lassen und konnte mit seiner Arbeitsgruppe aufzeigen, dass UV-Strahlung die Produktion wichtiger AMPs in der Haut anregt [28]. Diese durch die UV-Strahlung vermittelte erhöhte Produktion von AMP mag mit erklären, warum Patienten mit intensiver UV-Exposition keine auffällig höhere kutane Infektionsanfälligkeit aufweisen, obwohl bekanntermaßen die adaptive Immunität durch erhöhte UV-Level negativ beeinflusst wird.
Durch die weiterhin als ein primärer Forschungsschwerpunkt der Kieler Hautklinik vorangetriebene AMP-Forschung konnte sich die internationale Sichtbarkeit der Kieler Haut-AMP-Forschung stetig erhöhen. Einladungen Kieler AMP-Forscher zu vielen internationalen AMP-Fachtagungen sowie der Vorsitz 2011 von Prof. Schröder an der internationalen Gordon-Konferenz über antimikrobielle Peptide verdeutlichen dieses. Nicht zuletzt die Organisation eines mit national und international hochkarätigen Rednern (z. B. Michael Zasloff, Chuck Bevins, Joost Oppenheim) besetzten internationalen AMP-Symposiums hier in Kiel zu Ehren der Pensionierung von Prof. Schröder im Mai 2015 dokumentierte noch einmal die internationale Wertschätzung der Kieler AMP-Forschung. Diese wird von uns jüngeren Wissenschaftlern im Sinne von Prof. Schröder auch weiterhin mit hohem Engagement betrieben, sodass wir hoffen, dass die AMP-Forschung weiterhin ein Aushängeschild der Kieler Hautklinik bleibt.
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Interessenkonflikt
Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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