Aktuelle Dermatologie 2016; 42(01/02): 50-58
DOI: 10.1055/s-0041-110028
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Paraneoplastische Syndrome der Haut[*]

Paraneoplastic Syndromes of the Skin
M. Simon jr.
Hautklinik am Universitätsklinikum Erlangen
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Miklós Simon jr.
Hautklinik am Universitätsklinikum Erlangen
Ulmenweg 18
91054 Erlangen

Publication History

Publication Date:
04 February 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Paraneoplastische Dermatosen sind nichtmaligne Hauterkrankungen mit enger Bindung zu viszeralen Malignomen. Sie sind zwar verhältnismäßig selten, ihre Kenntnis ist allerdings essenziell, zumal sie, rechtzeitig richtig erkannt, meist eine frühzeitige Entdeckung des zugrundeliegenden malignen Prozesses erlauben und somit die Lebenserwartung der Betroffenen bestimmen. In dieser Übersichtsarbeit werden schwerpunktmäßig die heute bekannten, obligat kutanen Paraneoplasien wie Thrombophlebitis migrans, Acanthosis nigricans maligna, Akrokeratosis Bazex, Erythema gyratum repens, Erythema necroticans migrans, Hypertrichosis lanuginosa acquisita und Paraneoplastischer Pemphigus dargestellt. Pathogenetisch relevante Faktoren bei der Entstehung dieser Dermatosen werden ebenfalls kurz präsentiert.


#

Abstract

Paraneoplastic dermatoses are nonmalignant skin disorders that have strong associations with visceral malignancies. Although these skin diseases are relatively rare, the recognition of them may lead to the early diagnosis of the underlying tumour and determine a better prognosis. This review describes paraneoplastic cutaneous manifestations closely associated with internal malignancies, which include thrombophlebitis migrans, acanthosis nigricans maligna, acrokeratosis paraneoplastica, erythema gyratum repens, erythema necroticans migrans, hypertrichosis lanuginosa acquisita, and paraneoplastic pemphigus. A short updated knowledge on the pathogenesis of these conditions is also presented.


#

Lernziele

Kenntnisse über:

  • Definition

  • Pathogenese

  • Klinische/dermatologische Erscheinungsformen

  • Assoziierte viszerale Malignome

  • Diagnostik und Differenzialdiagnosen

  • Therapie

  • Relevante Literatur


#

Definition/Allgemeines [1] [2]

Bei den kutanen Paraneoplasien handelt es sich um nichtmetastatische Manifestationen an der Haut und/oder den sichtbaren Schleimhäuten, deren Auftreten an die Existenz eines malignen viszeralen Tumors oder einer Erkrankung aus der Lymphomgruppe bzw. einer Leukose gebunden ist. Die bis dahin nicht zu beeinflussende Hautkrankheit verschwindet, wenn es gelingt, das viszerale Malignom zu beseitigen. Das Wiederauftreten der Dermatose zeigt das Tumorrezidiv oder die Metastasierung an. Die Intervalle zwischen dem Auftreten der kutanen Paraneoplasien und dem ersten Tumorsymptom variieren beträchtlich, es existieren Beobachtungen über 15 – 25-jährige „Latenzzeiten“. Neben der Signalwirkung beinhalten einige dieser tumorprovozierten Dermatosen Hinweise auf die Tumorlokalisation, Zellzusammensetzung der Geschwülste sowie Prognose. Sie lassen durch den eng geschalteten Parallelverlauf die Wirksamkeit der Malignomtherapie erkennen.


#

Pathogenese

Bei der Entstehung kutaner Paraneoplasien spielen nach heutigem Kenntnisstand aus pathogenetischer Sicht folgende Faktoren eine entscheidende Rolle:

  • Wachstumsfaktoren: epidermal growth factor (EGF), transforming growth factor-alpha (TGF-alpha), melanocyte stimulating hormone (MSH)-alpha, fibroblast growth factor (FGR), insulin-like growth factor (IGF) bei Acanthosis nigricans maligna, Leser-Trélat-Syndrom, tripe palms, Akrokeratosis Bazex, Hypertrichosis lanuginosa acquisita

  • Hormone und metabolische Veränderungen: erhöhte Glukagonproduktion, Glukoneogenese und Lipolyse sowie Aminosäuremangel bei Erythema necroticans migrans (Glukagonom-Syndrom) und Hypertrichosis lanuginosa acquisita

  • Auto-/Immunreaktionen: Antikörper, T-Zellen bei Paraneoplastischem Pemphigus, Dermatomyositis, Akrokeratosis Bazex, Erythema gyratum repens

  • Granulozytäre Entzündungsreaktionen: leukozytotrope Zytokine wie granulocyte-macrophage-colony-stimulating factor (GM-CSF), granulocyte-colony-stimulating factor (G-CSF) sowie TNF-alpha, IL-8, IL-1ß bei Sweet-Syndrom, Pyoderma gangraenosum


#

Klassifikation

Siehe [Tab. 1] und [Tab. 2]

Tab. 1

Obligate kutane Paraneoplasien mit 100 %iger Tumorbindung.

Thrombophlebitis migrans (Trousseau, 1861)

Acanthosis nigricans maligna (Pollitzer, 1890)

Akrokeratosis Bazex (Gougerot & Grupper, 1922; Bazex, 1965)

Erythema gyratum repens (Gammel, 1952)

Erythema necroticans migrans (Becker, 1942)

Hypertrichosis lanuginosa acquisita (Herzberg, 1968)

Paraneoplastischer Pemphigus (Anhalt, 1990)

Tab. 2

Fakultative kutane Paraneoplasien mit lockerer Bindung an das Malignom (Auswahl).

Autoimmundermatosen

Neutrophile Dermatosen

Verhornungsstörungen, Fibrosen

Sonstige Krankheitsbilder

Adulte Dermatomyositis

Sweet-Syndrom

Erworbene Ichthyosen

Erythema anulare centrifugum

Bullöses/vernarbendes Pemphigoid

Pyoderma gangränosum

Erworbene palmo-plantare Keratosen

MEN IIb (Multiples endokrines Neoplasie-Syndrom)

Lineäre IgA-Dermatose (IgA-Pemphigoid)

Erythema elevatum et diutinum

Filiforme Hyperkeratosen

Plane Xanthome

Skleromyxödem (Arndt-Gottron)

Lichen planus pemphigoides

Pustulosis subcornealis

Perifollikuläre Fibromatose

Prurigo simplex subacuta

Lupus erythematodes bullosus

Pseudosklerodermie

Erythrodermie

Laminin-332-Pemphigoid

Pachydermoperiostosis

Porphyria cutanea tarda acquisita

Laminin- γ1-Pemphigoid

Reaktive perforierende Kollagenose

Cutis laxa acquisita

Bloom-Syndrom

Häufigste Tumor- oder Grundkrankheitsassoziationen: Karzinome, Non-Hodgkin-Lymphome, Leukämien, Myelom, Paraproteinämien, monoklonale Gammopathien


#

Thrombophlebitis migrans [3] [4] [5] [6]

Seltenes Krankheitsbild, das durch rezidivierende oberflächliche ([Abb. 1]) und tiefe Thrombosen in wechselnder Lokalisation (Brust- und Bauchhaut, Hals-Nackenbereich, Gliedmaßen) in Assoziation mit Neoplasmen (Adenokarzinome der Pankreas, Lunge, Mesotheliom etc.) bis zu 6 Monaten vor Auftritt der Krebssymptomatik derselben vorauseilen kann.

Zoom Image
Abb. 1 Thrombophlebitis superficialis abdominal.

Pathogenetisch liegt eine langsam ablaufende disseminierte intravasale Koagulation, die durch prokoagulierende Faktoren aus dem Tumor ausgelöst wird (Tumorgewebethromboplastin, Plasminogen-Aktivator-Inhibitor, Cyclooxygenase 2), zugrunde.

Die Prognose ist ungünstig, weil es meist bei fortgeschrittenen und bereits metastasierten Karzinomen vorkommt.


#

Acanthosis nigricans maligna [7] [8] [9] [10]

Seltene, symmetrisch angeordnete, progrediente, unscharf begrenzte, pigmentierte, Hautvergröberung („Baumrindenhaut“) mit oder ohne Aussaat warziger Tumoren, besonders an den Augenlidern, am Lippenrot ([Abb. 2]), in der Mundschleimhaut ([Abb. 3]) sowie im Genitalbereich. Die Acanthosis nigricans maligna ist wahrscheinlich in 100 % an die Existenz eines viszeralen Malignoms (vorwiegend Adenokarzinome insbesondere des Magens, Leber- und Bronchialkarzinome) gebunden und betrifft in erster Linie Intertrigoareale ([Abb. 4]) (Axillen, Inguinalregion), darüber hinaus Mamillar- und Palmoplantarregionen (tripe palms, [Abb. 5]). Neben Acanthosis nigricans maligna kann es auch zur Ausbildung eines Leser-Trélat-Zeichens (plötzliches Aufschießen zahlloser seborrhoischer Keratosen) kommen.

Zoom Image
Abb. 2 Dichtstehende, halbkugelige Knötchen an den Lippen.
Zoom Image
Abb. 3 „Bucca lobata“ enoral.
Zoom Image
Abb. 4 Dunkelbrauner bis schwarzer, baumrindenähnlicher Herd mit bis erbsgroßen filiformen Warzen axillär.
Zoom Image
Abb. 5 Deutliche Vergröberung des Hautreliefs palmar beidseits.

Histologie. Akanthose, Hyperkeratose, Papillomatose und Hyperpigmentierung der Basalzellschicht der Epidermis.

Differenzialdiagnose. Pseudoacanthosis nigricans, die konstitutionell häufig bei adipösen (diabetischen) Individuen mit dunkler Komplexion auftritt („insulin resistance syndrome“). Im Kindesalter assoziierte Erkrankungen: Bloom-, Rud-, Crouzon-, Seip-Lawrence-, Prader-Willi-, Wilson-, SADDAN-Syndrome („fibroblast growth factor receptor3 gene mutation“), Leprechaunismus, Chondrodysplasie. Bei Erwachsenen: Fettsucht, Akromegalie und Stein-Leventhal-Syndrom.

Die Überlebenschance wird im Allgemeinen mit 12 Monaten nach dem Auftreten der typischen Hautveränderungen beziffert, obwohl in 17 % der Fälle die charakteristischen Hautläsionen als Erstsymptom und in 60 % der Fälle gleichzeitig mit dem Tumorsymptom in Erscheinung treten. Lediglich bei 22 % der Fälle treten die Hauterscheinungen bis zu 2 Jahre nach der Tumorerkrankung auf.


#

Akrokeratosis Bazex [11] [12] [13] [14] [15] [16]

Primär akral lokalisierte ([Abb. 6], [Abb. 7], [Abb. 8]), fast ausschließlich bei Männern beobachtete, symmetrische, papulosquamöse Eruption im Gesicht und an Extremitäten, später auch am Rumpf. Die Hauterkrankung weist als vielleicht einzige tumorspezifische Dermatose auf ein Plattenepithelkarzinom der Zunge, Tonsillen, des hinteren Rachen-Kehlkopfraumes bzw. der oberen Oesophagus- und Lungenabschnitte sowie auf ihre Metastasen hin. Es handelt sich um Hyperkeratosen, die auf erythematösem Grund eine mit Rhagaden/Fissuren übersäte, festhaftende Schuppung zeigen. Gelegentlich kommt es zur Blasenbildung. Die Nägel sind bei subungualer Hyperkeratose dystrophisch, das Paronychium entzündet ([Abb. 9]). In späteren Stadien kann eine örtliche Ausdehnung der Hautveränderungen mit psoriasiformer Umwandlung über das gesamte Integument (Wangen, Stirn, Arme, Thorax, Abdomen, Beine, Gesäß) vorkommen, begleitet mit starkem Juckreiz. Über eine Kombination mit Ichthyosis acquisita wird berichtet.

Zoom Image
Abb. 6 – 8 Schuppende, hyperkeratotisch-rhagadiforme Herde an den Akren.
Zoom Image
Abb. 7
Zoom Image
Abb. 8
Zoom Image
Abb. 9 Onychodystrophie mit geröteten, schuppenden Endphalangen.

Histologie. Orthohyperkeratose mit parakeratotischen Inseln, Akanthose, in der papillären Dermis perivaskuläre lymphohistiozytäre Infiltrate.

Differenzialdiagnose. Psoriasis vulgaris, Lupus erythematodes (Chilblain-Lupus), Kontaktekzem.

Die Beseitigung der zugrundeliegenden Geschwulst führt zur vollständigen Rückbildung der Akrokeratose ([Abb. 10], [Abb. 11]). Da die Hauterscheinungen (in 67 % als Frühsymptom), richtig gedeutet, bereits wegweisend sind, hat man gute Chancen, den auslösenden Tumor aufzudecken, da dieser sich im Hals-, Nasen- bzw. gastro-oesophago-pulmonalen Bereich befindet.

Zoom Image
Abb. 10 – 11 Nach Tumorsanierung Rückbildung der Akrokeratose.
Zoom Image
Abb. 11

#

Erythema gyratum repens [17] [18] [19] [20]

Sehr seltene, täglich wandernde, gebänderte, parallel verlaufende Erytheme, die im Bereich der gesunden Haut lokalisierten, schuppigen Halskrause (Collerette) begrenzt sind ([Abb. 12]). Diese sind und vor allem mit Bronchialkarzinomen, Adenokarzinomen der Mamma, der Zervix, des Gastrointestinaltraktes sowie hämatologischen Erkrankungen assoziiert. Betroffen ist vorwiegend die Haut der oberen Partien des Stammes ([Abb. 13]) sowie die proximalen Anteile der Extremitäten. Bei einem Teil der Patienten bestehen palmoplantare Keratosen. Männer sind häufiger betroffen, das Erythem kann der Tumormanifestation um Jahre vorausgehen.

Zoom Image
Abb. 12 – 13 „Zebra-Haut“ mit der typischen Collerette.
Zoom Image
Abb. 13

Histologie. Orthohyperkeratose, stellenweise Parakeratose, perivaskuläre lymphohistiozytäre Infiltrate, erweiterte Kapillare in oberer und mittlerer Dermis.

Differenzialdiagnose. Andere gyrierte und anuläre Erytheme (z. B. Erythema anulare centrifugum), Tinea corporis. Neulich wurden „Erythema gyratum repens (EGR)-like eruptions“ bei verschiedenen Dermatosen beschrieben, wobei die „echte“ EGR, als obligate kutane Paraneoplasie, nicht übersehen werden sollte.

In 60 % aller bekannten Fälle Frühsignal, etwa 1 bis 20 Monate der Tumorsymptomatik vorausgehend, sodass die Prognose günstig gestaltet werden kann, wenn auf dieses Signal hin der Tumor gefunden und beseitigt wird.


#

Erythema necroticans migrans [21] [22] [23]

Wandernde, akrale und periorifizielle ([Abb. 14]), polyzyklische, randständig squamokrustöse/erosive (wie „verbrannt“ wirkende), gelegentlich schlaffe Blasen aufweisende, scharf begrenzte Erytheme, mit zentraler Abheilung und peripherer Ausbreitung ([Abb. 15]), bei Glukagon produzierendem Inselzelltumor des Pankreas (Glukagonom), der zusätzlich zu den geschilderten Hautveränderungen auch für Anämie, Thromboembolien, Diarrhoen, Gewichtsverlust (katabole Stoffwechsellage) sowie für einen Diabetes mellitus oder eine diabetische Stoffwechsellage verantwortlich ist. Eine exanthematische Aussaat der Hauterscheinungen ist möglich. Eine zentrale Collerettebildung ist ebenfalls beobachtet worden. Zusätzlich können Stomatitis, Glossitis, Vulvitis, Alopezie und Nageldystrophien vorhanden sein. Sekundäre Besiedlungen mit Staphylokokkus aureus und/oder Candida albicans können die Diagnosestellung verzögern. Betroffen sind überwiegend Frauen.

Zoom Image
Abb. 14 Polyzyklische, erosive Läsionen mit randständigen Pusteln im Gesicht.
Zoom Image
Abb. 15 Randbetonte Erytheme mit Collerette und zentraler Abblassung.

Histologie. Akanthose, unregelmäßige Parakeratose mit Erythrozyten und epidermotropen Granulozyten, bis hin zu subkornealen Pusteln. Eosinophile, vakuolisierte suprabasale Keratinozyten sowie subepidermales Ödem mit dichtem lymphozytärem Infiltrat.

Differenzialdiagnose. Pseudoglukagonom-Syndrom (bei Hepatopathien, Pankreatitis, M. Crohn, Colitis ulcerosa), Pemphigus foliaceus, Acrodermatitis enteropathica, Erythema anulare centrifugum-artige Psoriasis, subkorneale Pustulose Sneddon-Wilkinson, subakut-kutaner Lupus erythematodes, Pellagra/Pellagroid, Nesidioblastosis.

Die Prognose ist ungünstig, da das Pankreasinselzellkarzinom meist metastasiert ist, bevor es zum Auftreten der typischen Hautveränderungen kommt. Zur palliativen Therapie können Zytostatika (Dacarbazin) oder Somatostatin-Analoga (Octreotid) eingesetzt werden.


#

Hypertrichosis lanuginosa acquisita [24] [25] [26]

Auftreten eines dichten Wachstums sehr feiner, in Ausnahmefällen bis zu mehrere Zentimeter langer, lanugoartiger Haare im Gesicht ([Abb. 16]), Nacken, Stamm und Extremitäten („Haarmensch“) mit metastasierenden Tumoren, meist Karzinome innerer Organe (Gallenblase, Lunge, Kolon, Rektum, Blase, Uterus), seltener Lymphomen. Der überschießende Haarwuchs hält während der meist kurzen Krankheitsdauer in voller Stärke an. Etwa 75 % der Berichte beschreiben Frauen.

Zoom Image
Abb. 16 Dichte Behaarung fazial.

Differenzialdiagnose. Hereditäre Hypertrichosis lanuginosa, Hirsutismus bei Androgen-produzierenden Tumoren, durch Medikamente ausgelöste Hypertrichosen (Minoxidil, Glukokortikosteroide, Hydantoine), Porphyria cutanea tarda.

Da es sich überwiegend um metastasierte, rasch zum Tode führende Geschwülste handelt, muss diese spät auftretende kutane Paraneoplasie prognostisch als ungünstig gewertet werden.


#

Paraneoplastischer Pemphigus [27] [28] [29] [30] [31]

Seltene Pemphigusform, die mit schmerzhafter hämorrhagischer Cheilitis und Stomatitis ([Abb. 17], [Abb. 18]) mit Erosionen des Naso-/Oropharynx, Oesophagus, der Trachea, Bronchien sowie mit Hautveränderungen, die an ein Erythema exsudativum multiforme majus/TEN, einen systemischen Lupus erythematodes, einen Lichen ruber, ferner an andere autoimmun-blasenbildende Dermatosen erinnern, einhergeht. Der Paraneoplastische Pemphigus ist obligat mit malignen Krankheiten (Castleman-Tumor, chronisch lymphatische Leukämie, B-Zell-Lymphom, Thymom, solide Tumoren) assoziiert. Anders als bei den übrigen Pemphigusformen finden sich hier auch Manifestationen an inneren Organen (Lunge, Duodenum, Kolon). Die 5 diagnostischen Kriterien des Paraneoplastischen Pemphigus beinhalten:

Zoom Image
Abb. 17 – 18 Erosive, schmierig belegte Läsionen der Lippen, der Zunge und bukkal.
Zoom Image
Abb. 18
  • schwere ulzerierende Stomatitis mit Konjunktivitis und Erythema multiforme-artigen Hautveränderungen

  • suprabasale Akantholyse, vakuolisierende Basalzelldegeneration und bandförmiges lymphohistiozytäres Infiltrat

  • interzelluläre IgG- und C3-Ablagerungen, gleichzeitig IgG und C3 entlang der Basalmembranzone

  • interzelluläre IgG-Ablagerungen auf Rattenharnblasen-Epithel

  • Serum-Antikörper gegenüber spezifischen Keratinozyten-Antigenen von Desmoplakin I und II, bullöses Pemphigoid-Antigen II, Periplakin und 170 kD Molekulargewicht

Pathogenetisch werden Kreuzreaktivität von Autoantikörpern gegen Tumorantigene und desmosomale Strukturen oder autoreaktive Lymphomzellklone vermutet.

Differenzialdiagnose. Pemphigus vulgaris, bullöses Pemphigoid, Lichen ruber mucosae, Erythema exsudativum multiforme majus/TEN, systemischer Lupus erythematodes.

Bei einigen Patienten führte die Beseitigung des Tumors zur Besserung der Haut- und Schleimhautsymptome, sonst besteht häufig ausgeprägte Therapieresistenz gegenüber verschiedenen Immunsuppressiva. Somit verläuft die paraneoplastische Autoimmunreaktion oft tödlich.


#

Therapie kutaner Paraneoplasien

In der Regel heilen kutane Paraneoplasien ab, wenn die auslösende maligne Erkrankung erfolgreich (chirurgisch und/oder chemotherapeutisch/strahlentherapeutisch) behandelt wird. Einige, vor allem immunologisch vermittelte Paraneoplasien (Paraneoplastischer Pemphigus, Dermatomyositis) müssen parallel zur Tumorsuche unverzüglich immunsuppressiv behandelt werden.


#
#

Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* Herrn Professor J. J. Herzberg, Berlin/Hamburg/Bremen, in Ehren zum 100. Geburtstag im Jahr 2014 gewidmet.


  • Literatur

  • 1 Silva JA, Mesquita K, Igreja AC et al. Paraneoplastic cutaneous manifestations concepts and updates. An Bras Dermatol 2013; 88: 1-10
  • 2 Owen C. Cutaneous manifestations of internal malignancy. www.uptodate.com ©2015 UpToDate®
  • 3 Durham R. Thrombophlebitis migrans and visceral carcinoma. Arch Int Med 1955; 96: 380-386
  • 4 Tasi SH, Juan CJ, Dai MS et al. Trousseau’s syndrome related to adenocarcinoma of the colon and cholangiocarcinoma. Eur J Neurol 2004; 11: 493-496
  • 5 Thayalasekaran S, Liddicoat H, Wood E. Thrombophlebitis migrans in a man with pancreatic adenocarcinoma: a case report. Cases J 2009; 2: 6610
  • 6 Ogren M, Bergquist D, Wahlender K et al. Trousseau’s syndrome – what is the evidence? A population – based autopsy study. Thromb Haemost 2006; 95: 541-545
  • 7 Pollitzer S. Acanthosis nigricans. Morris M, Unna PG, Leloir H, Duhring LA. International atlas of known skin disorders. Hamburg: Voss; 1890
  • 8 Schwartz RA. Acanthosis nigricans. J Am Acad Dermatol 1994; 31: 1-19
  • 9 Lenzner U, Ramsauer J, Petzold W et al. Acanthosis nigricans maligna. Fallbeschreibung und Literaturübersicht. Hautarzt 1998; 49: 41-47
  • 10 Torley D, Bellus GA, Munro CS. Genes, growth factors and acanthosis nigricans. Br J Dermatol 2002; 147: 1096-1101
  • 11 Gougerot H, Grupper C. Dermatose érythémato-squameuse avec hyperkératose palmoplantaire, porectasies digitales et cancer de la langue latent. Paris Méd 1922; 43: 234-237
  • 12 Bazex A, Salvador R, Dupré A et al. Syndrome paranéoplasique à type d’hyperkératose des extrémités: guérison après la traitement de l’épithélioma laryngé. Bull Soc Fr Dermatol Syphil 1965; 72: 182
  • 13 Bolognia J, Brewer Y, Cooper D. Bazex syndrome (acrokeratosis paraneoplastica). An analytic review. Medicine (Baltimore) 1991; 70: 269-280
  • 14 Zarzour JG, Singh S, Andea A et al. Acrokeratosis paraneoplastica (Bazex syndrome) report of a case associated with small cell lung carcinoma and review of the literature. J Radiol Case Rep 2011; 5: 1-6
  • 15 von Hintzenstern J, Kiesewetter F, Simon M et al. Paraneoplastische Akrokeratose Bazex – Verlauf unter palliativer Therapie eines Zungengrundkarzinoms. Hautarzt 1990; 41: 490-493
  • 16 Kofler L, Kofler H. Acrokeratosis paraneoplastica Bazex 6 Jahre vor Diagnose eines Magenkarzinoms. Hautarzt 2015; Jan 13 (Epub)
  • 17 Gammel JA. Erythema gyratum repens. Skin manifestations in patient with carcinoma of breast. Arch Dermatol Syph 1952; 66: 494-505
  • 18 Eubanks LE, McBurney E, Reed R. Erythema gyratum repens. Am J Med Sci 2001; 321: 302-305
  • 19 Boyd AS, Neldner KH, Menter A. Erythema gyratum repens: a paraneoplastic eruption. J Am Acad Dermatol 1992; 26: 757-762
  • 20 Rongioletti F, Fausti V, Parodi A. Erythema gyratum repens is not an obligate paraneoplastic disease: a systemic review of the literature and personal experience. J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28: 112-115
  • 21 Becker W, Kahn D, Rothman S. Cutaneous manifestations of internal malignant tumors. Arch Dermatol Syph 1942; 45: 1069-1080
  • 22 Rappersberger K, Wolff-Schreiner E, Konrad K et al. Das Glukagonom-Syndrom. Hautarzt 1987; 38: 589-598
  • 23 Schwartz RA. Glucagonoma and pseudoglucagonoma syndromes. Int J Dermatol 1997; 36: 81-89
  • 24 Herzberg JJ, Potjan K, Gebauer D. Hypertrichosis lanuginosa (et terminalis) acquisita als paraneoplastisches Syndrom. Arch klin exp Dermatol 1968; 232: 176-186
  • 25 Jemec GB. Hypertrichosis lanuginosa acquisita. Report of a case and review of the literature. Arch Dermatol 1986; 122: 805-808
  • 26 Slee PH, van der Waal RI, Schagen van Leewen JH et al. Paraneoplastic hypertrichosis acquisita uncommon or overlooked?. Br J Dermatol 2007; 157: 1087-1092
  • 27 Anhalt GJ, Kim SC, Stanley JR et al. Paraneoplastic pemphigus. An autoimmune mucocutaneous disease associated with neoplasia. N Engl J Med 1990; 323: 1729-1735
  • 28 Preisz K, Kárpáti S. Paraneoplastic pemphigus. Orv Hetil 2007; 148: 979-983
  • 29 Frew JW, Murrel DF. Current management strategies in paraneoplastic pemphigus (paraneoplastic autoimmune multiorgan syndrome). Dermatol Clin 2011; 607-612
  • 30 Yong AA, Tey HL. Paraneoplastic pemphigus. Australas J Dermatol 2013; 54: 241-250
  • 31 Baghmar S, Kumar S, Gupta SD et al. Follicular dendritic cell sarcoma with paraneoplastic pemphigus: Rare case and a brief review of literature. Indian J Med Paediatr Oncol 2013; 34: 317-319

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Miklós Simon jr.
Hautklinik am Universitätsklinikum Erlangen
Ulmenweg 18
91054 Erlangen

  • Literatur

  • 1 Silva JA, Mesquita K, Igreja AC et al. Paraneoplastic cutaneous manifestations concepts and updates. An Bras Dermatol 2013; 88: 1-10
  • 2 Owen C. Cutaneous manifestations of internal malignancy. www.uptodate.com ©2015 UpToDate®
  • 3 Durham R. Thrombophlebitis migrans and visceral carcinoma. Arch Int Med 1955; 96: 380-386
  • 4 Tasi SH, Juan CJ, Dai MS et al. Trousseau’s syndrome related to adenocarcinoma of the colon and cholangiocarcinoma. Eur J Neurol 2004; 11: 493-496
  • 5 Thayalasekaran S, Liddicoat H, Wood E. Thrombophlebitis migrans in a man with pancreatic adenocarcinoma: a case report. Cases J 2009; 2: 6610
  • 6 Ogren M, Bergquist D, Wahlender K et al. Trousseau’s syndrome – what is the evidence? A population – based autopsy study. Thromb Haemost 2006; 95: 541-545
  • 7 Pollitzer S. Acanthosis nigricans. Morris M, Unna PG, Leloir H, Duhring LA. International atlas of known skin disorders. Hamburg: Voss; 1890
  • 8 Schwartz RA. Acanthosis nigricans. J Am Acad Dermatol 1994; 31: 1-19
  • 9 Lenzner U, Ramsauer J, Petzold W et al. Acanthosis nigricans maligna. Fallbeschreibung und Literaturübersicht. Hautarzt 1998; 49: 41-47
  • 10 Torley D, Bellus GA, Munro CS. Genes, growth factors and acanthosis nigricans. Br J Dermatol 2002; 147: 1096-1101
  • 11 Gougerot H, Grupper C. Dermatose érythémato-squameuse avec hyperkératose palmoplantaire, porectasies digitales et cancer de la langue latent. Paris Méd 1922; 43: 234-237
  • 12 Bazex A, Salvador R, Dupré A et al. Syndrome paranéoplasique à type d’hyperkératose des extrémités: guérison après la traitement de l’épithélioma laryngé. Bull Soc Fr Dermatol Syphil 1965; 72: 182
  • 13 Bolognia J, Brewer Y, Cooper D. Bazex syndrome (acrokeratosis paraneoplastica). An analytic review. Medicine (Baltimore) 1991; 70: 269-280
  • 14 Zarzour JG, Singh S, Andea A et al. Acrokeratosis paraneoplastica (Bazex syndrome) report of a case associated with small cell lung carcinoma and review of the literature. J Radiol Case Rep 2011; 5: 1-6
  • 15 von Hintzenstern J, Kiesewetter F, Simon M et al. Paraneoplastische Akrokeratose Bazex – Verlauf unter palliativer Therapie eines Zungengrundkarzinoms. Hautarzt 1990; 41: 490-493
  • 16 Kofler L, Kofler H. Acrokeratosis paraneoplastica Bazex 6 Jahre vor Diagnose eines Magenkarzinoms. Hautarzt 2015; Jan 13 (Epub)
  • 17 Gammel JA. Erythema gyratum repens. Skin manifestations in patient with carcinoma of breast. Arch Dermatol Syph 1952; 66: 494-505
  • 18 Eubanks LE, McBurney E, Reed R. Erythema gyratum repens. Am J Med Sci 2001; 321: 302-305
  • 19 Boyd AS, Neldner KH, Menter A. Erythema gyratum repens: a paraneoplastic eruption. J Am Acad Dermatol 1992; 26: 757-762
  • 20 Rongioletti F, Fausti V, Parodi A. Erythema gyratum repens is not an obligate paraneoplastic disease: a systemic review of the literature and personal experience. J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28: 112-115
  • 21 Becker W, Kahn D, Rothman S. Cutaneous manifestations of internal malignant tumors. Arch Dermatol Syph 1942; 45: 1069-1080
  • 22 Rappersberger K, Wolff-Schreiner E, Konrad K et al. Das Glukagonom-Syndrom. Hautarzt 1987; 38: 589-598
  • 23 Schwartz RA. Glucagonoma and pseudoglucagonoma syndromes. Int J Dermatol 1997; 36: 81-89
  • 24 Herzberg JJ, Potjan K, Gebauer D. Hypertrichosis lanuginosa (et terminalis) acquisita als paraneoplastisches Syndrom. Arch klin exp Dermatol 1968; 232: 176-186
  • 25 Jemec GB. Hypertrichosis lanuginosa acquisita. Report of a case and review of the literature. Arch Dermatol 1986; 122: 805-808
  • 26 Slee PH, van der Waal RI, Schagen van Leewen JH et al. Paraneoplastic hypertrichosis acquisita uncommon or overlooked?. Br J Dermatol 2007; 157: 1087-1092
  • 27 Anhalt GJ, Kim SC, Stanley JR et al. Paraneoplastic pemphigus. An autoimmune mucocutaneous disease associated with neoplasia. N Engl J Med 1990; 323: 1729-1735
  • 28 Preisz K, Kárpáti S. Paraneoplastic pemphigus. Orv Hetil 2007; 148: 979-983
  • 29 Frew JW, Murrel DF. Current management strategies in paraneoplastic pemphigus (paraneoplastic autoimmune multiorgan syndrome). Dermatol Clin 2011; 607-612
  • 30 Yong AA, Tey HL. Paraneoplastic pemphigus. Australas J Dermatol 2013; 54: 241-250
  • 31 Baghmar S, Kumar S, Gupta SD et al. Follicular dendritic cell sarcoma with paraneoplastic pemphigus: Rare case and a brief review of literature. Indian J Med Paediatr Oncol 2013; 34: 317-319

Zoom Image
Abb. 1 Thrombophlebitis superficialis abdominal.
Zoom Image
Abb. 2 Dichtstehende, halbkugelige Knötchen an den Lippen.
Zoom Image
Abb. 3 „Bucca lobata“ enoral.
Zoom Image
Abb. 4 Dunkelbrauner bis schwarzer, baumrindenähnlicher Herd mit bis erbsgroßen filiformen Warzen axillär.
Zoom Image
Abb. 5 Deutliche Vergröberung des Hautreliefs palmar beidseits.
Zoom Image
Abb. 6 – 8 Schuppende, hyperkeratotisch-rhagadiforme Herde an den Akren.
Zoom Image
Abb. 7
Zoom Image
Abb. 8
Zoom Image
Abb. 9 Onychodystrophie mit geröteten, schuppenden Endphalangen.
Zoom Image
Abb. 10 – 11 Nach Tumorsanierung Rückbildung der Akrokeratose.
Zoom Image
Abb. 11
Zoom Image
Abb. 12 – 13 „Zebra-Haut“ mit der typischen Collerette.
Zoom Image
Abb. 13
Zoom Image
Abb. 14 Polyzyklische, erosive Läsionen mit randständigen Pusteln im Gesicht.
Zoom Image
Abb. 15 Randbetonte Erytheme mit Collerette und zentraler Abblassung.
Zoom Image
Abb. 16 Dichte Behaarung fazial.
Zoom Image
Abb. 17 – 18 Erosive, schmierig belegte Läsionen der Lippen, der Zunge und bukkal.
Zoom Image
Abb. 18