Intensivpflichtige Virusinfektionen der unteren Atemwege
Aufschluss über die Inzidenz von Virusinfektionen auf der Intensivstation geben einige Studien, in welchen die Atemwege intubierter Patienten auf respiratorische Viren untersucht wurden. Im Sputum und zum Teil in der bronchoalveolären Lavage (BAL) konnten je nach Studie bei 22 – 36 % der Patienten mit PCR respiratorische Viren nachgewiesen werden [7]
[8]
[9]. Am häufigsten nachzuweisen waren humaner Rhinovirus (ca. 24 %), Respiratory Syncytial Virus (RSV bis zu 27 %), Parainfluenza-Viren (bis zu 27 %) sowie Influenza-Viren (ca. 16 %) und Herpes-simplex-Virus (HSV ca. 22 %).
Rhinoviren, RSV, Parainfluenza- und Influenza-Viren gehören zu den am häufigsten bei Patienten auf der Intensivstation nachgewiesenen Viren.
Als Risikofaktoren für einen Virusnachweis der unteren Atemwege wurden pulmonale Vorerkrankungen, Immunsuppression sowie die kühle Jahreszeit identifiziert. An eine Viruserkrankung sollte man insbesondere bei Nichtansprechen auf eine antibiotische Therapie, einer erneuten klinischen Verschlechterung im Verlauf sowie bei Vorliegen der genannten Risikofaktoren denken.
Influenza
Erreger. Für den Menschen pathogen sind die Influenza-A- und -B-Viren. Anhand der Glykoproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA), die sich auf der Virusoberfläche befinden, können die Influenza-A-Viren weiter in Subtypen unterteilt werden. Bis zu der großen Influenza-Pandemie 2009 zirkulierten neben der Influenza B die Subtypen A(H1N1) und A(H3N2). Seit April 2009 verbreitet sich zudem das pandemische Influenzavirus A(H1N1)2009, das einen bis dahin unbekannten Subtyp der Influenza A(H1N1) darstellte, der zwar die klassischen Eigenschaften einer Influenza A(H1N1) aufwies, allerdings außerhalb der typischen Influenzasaison auftrat. Influenza-Erkrankungen treten überwiegend saisonal auf und spielen auf den Intensivstationen im Winter und während der Influenza-Pandemien eine große Rolle. Während von den saisonalen Influenza-Wellen insbesondere ältere Patienten über 60 Jahre betroffen sind [10], führen die zirkulierenden Virustypen während einer Pandemie häufiger auch bei jüngeren Patienten zu schweren Krankheitsverläufen [11]. Als Prophylaxe steht die Influenza-Impfung zur Verfügung. Eine niedrige Influenza-Impfrate ist verbunden mit einer steigenden Zahl stationärer Aufnahmen auf die Intensivstation [12].
Prophylaxe. Eine Besonderheit der Influenza-Viren ist ihre große genetische Variabilität mit einer hohen Mutationsfrequenz. Häufig auftretende Punktmutationen führen nach und nach zu einer Antigendrift. Durch die Driftvarianten können die Viren mit leicht veränderten Oberflächenproteinen saisonale Influenzawellen auslösen. Ein Antigenshift entsteht durch den Austausch von Gensegmenten oder solche Mutationen, die die Antigen-Eigenschaften erheblich verändern. Die so entstehenden Subtypen weichen erheblich von den bisherigen Viren ab und sind die Auslöser schwerwiegender Influenza-Pandemien. Aufgrund dieser genetischen Variabilität ist es erforderlich, den Influenza-Impfstoff jährlich an die zirkulierenden Subtypen anzupassen. Von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen wird die Impfung für folgende Risikogruppen:
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Personen ab 60 Jahre
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Schwangere ab dem zweiten Trimenon (bei bestehendem Grundleiden ab dem ersten Trimenon)
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Personen mit erhöhtem Risiko durch ein Grundleiden (u. a. COPD, Asthma, chronische Herz-, Kreislauf-, Nieren-, Lebererkrankungen, neurologische Erkrankungen)
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immunsupprimierte Patienten
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medizinisches Personal
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Personen, die in Bereichen mit umfangreichem Publikumsverkehr beschäftigt sind
Zu beachten ist, dass der volle Impfschutz erst 2 Wochen nach der Impfung eintritt. Eine Infektion direkt nach der Impfung ist daher möglich. Dennoch gehört die Influenza-Impfung zu den sehr wirksamen präventiven Maßnahmen [14]
[15].
Klinik. Gefürchtet sind bei der Influenza schwere Verläufe, die über die Pneumonie bis zum ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) fortschreiten und einen passageren Organersatz mit venovenöser extrakorporaler Membranoxygenierung (vv-ECMO) erforderlich machen können. Die Beteiligung anderer Organsysteme im Rahmen einer Myositis oder Myokarditis ist möglich [13]. Auch an eine bakterielle Superinfektion sollte man bei schwerwiegenden Verläufen unbedingt denken.
Diagnostik. Bei schweren Verläufen ist eine schnelle Diagnostik hilfreich. Hierzu stehen Methoden zum Nachweis viraler Antigene zur Verfügung, die eine hohe Sensitivität aufweisen, bei negativem Testergebnis eine Influenza-Infektion allerdings nicht ausschließen. Daher ist bei schweren Krankheitsverläufen eine Virus-PCR erforderlich, die somit weiterhin den Goldstandard nicht nur der Influenza-Diagnostik, sondern insgesamt der Diagnostik bei Infektionen mit respiratorischen Viren darstellt. Zu beachten ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines positiven Influenza-Nachweises nach 2 Tagen rasch abfällt [16] und auch der Qualität des Probenmaterials eine entscheidende Rolle zukommt. Die Dauer der Infektiosität beträgt im Mittel 4 – 5 Tage, daher wird eine Isolierung von betroffenen Patienten über einen Zeitraum von 7 Tagen empfohlen [14]. Zu beachten ist allerdings, dass die Dauer der Infektiosität bei immunsupprimierten Patienten signifikant verlängert ist [17].
Therapie. Die Wirksamkeit einer spezifischen antiviralen Therapie bei Influenza ist nach wie vor umstritten. Aktuelle Meta-Analysen konnten jedoch zeigen, dass der frühzeitige Einsatz von Oseltamivir die Krankheitsdauer verkürzen kann [18]
[19].
Neuraminidasehemmer (Oseltamivir, Zanamivir) können die Krankheitsdauer bei Influenza-Erkrankungen verkürzen.
Ob der Einsatz von Neuraminidasehemmern auch eine positive Auswirkung auf die Rate schwerer Komplikationen und das Outcome der Erkrankung hat, ist weiterhin ungeklärt und wird kritisch diskutiert [18]
[20]. Dennoch sollte man bei schweren Verläufen sowie Risikopatienten eine antivirale Therapie mit Neuraminidasehemmern (Oseltamivir, Zanamivir) erwägen. Oseltamivir wird oral und bei Bedarf auch als Suspension über eine Sonde verabreicht, wohingegen Zanamivir nur für die Inhalation zur Verfügung steht. Resistenzen gegen Oseltamivir sind selten, kommen aber vor. Da die aktuelle Resistenzlage von den zirkulierenden Virustypen abhängt, ist es sinnvoll, sich während der Influenzasaison über die aktuelle Resistenzlage zu informieren. Der Einsatz des M2-Kanalblockers Amantadin wird aufgrund einer hohen Resistenzlage – vor allem gegen pandemische A(H1N1)2009-Viren – nicht mehr empfohlen [14]. Von entscheidender Bedeutung bei der spezifischen antiviralen Therapie ist ein frühzeitiger Beginn. Die Therapie sollte möglichst innerhalb der ersten 48 Stunden nach den ersten Symptomen beginnen.
Die Therapie mit Neuraminidasehemmern sollte innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome beginnen.
Ein späterer Therapiebeginn hat laut der aktuellen Datenlage weniger Aussicht auf einen klinischen Effekt, ist aber in Anbetracht fehlender Alternativen gerechtfertigt.
Vor dem Hintergrund einer überschießenden Immunreaktion wird bei Influenza-Pneumonien auch der Einsatz von Kortikosteroiden häufig diskutiert. Untersuchungen konnten jedoch keinen Benefit einer Kortikosteroidtherapie nachweisen. Einige Daten zeigen sogar, dass die Rate bakterieller Superinfektionen unter Kortikosteroidtherapie deutlich zunimmt [21]. Auch die Studien bei den schweren Pneumonien bis zum akuten Lungenversagen (ARDS) konnten keinen positiven Effekt nachweisen [22]. Allerdings handelt es sich bei den Studien zum Einsatz von Kortikosteroiden bei der H1N1-Pandemie nur um Beobachtungsstudien, wobei weder die Dosis noch der Zeitpunkt der Steroidgabe oder die Länge der Therapie standardisiert waren. Dennoch gibt es aktuell keine Empfehlung für eine Kortikosteroidtherapie bei der Influenza-Pneumonie.
Respiratory Syncytial Virus
Erreger. Ähnlich wie die Influenza-Infektion treten auch Infektionen mit Respiratory Syncytial Virus (RSV) auf der Intensivstation zyklisch auf (vor allem zwischen November und April). Das RSV ist einer der bedeutendsten Erreger respiratorischer Infektionen bei Säuglingen und Kleinkindern, kann allerdings auch im Erwachsenenalter zu schweren Atemwegsinfektionen führen.
Klinik. Vor allem ältere Patienten mit kardiopulmonalen Vorerkrankungen – insbesondere Asthma bronchiale – sowie immunsupprimierte Patienten – vornehmlich nach Stammzell- und Lungentransplantation – gelten als Risikogruppe für eine schwere RSV-Pneumonie [23].
Schwere Verläufe nach RSV-Infektion treten insbesondere bei stammzell- und lungentransplantierten Patienten auf.
Diagnostik. Zur Sicherung der Diagnose sollte man im intensivmedizinischen Bereich einen Genomnachweis mit PCR durchführen, um einer Verbreitung des Erregers schnell entgegenzuwirken.
Therapie. Die Therapie der RSV-Infektion ist überwiegend supportiv. Als antivirale Therapie steht zurzeit lediglich das Nukleosidanalogon Ribavirin zur Verfügung. In einigen wenigen Studien mit geringen Fallzahlen führte der frühe Einsatz von inhalativ verabreichtem Ribavirin bei Patienten nach hämatopoietischer Stammzelltransplantation zu einer Reduktion der RSV-bedingten Letalität [24]. Somit kann man eine Ribavirin-Therapie auch in Anbetracht der fehlenden Alternativen bei dieser Patientengruppe erwägen. Bei lungentransplantierten Patienten gilt eine RSV-Infektion als möglicher Risikofaktor für eine Abstoßungsreaktion [25]. Einzelne Studien zeigten, dass eine Ribavirin-Therapie zu einer verkürzten Krankheitsdauer und einem geringeren Risiko für eine chronische Abstoßungsreaktion führt [26]. Daher kommt Ribavirin in oraler Form bei lungentransplantierten Patienten zum Einsatz. Ergebnisse randomisierter und kontrollierter Studien liegen zurzeit jedoch nicht vor.
Die Therapie mit Ribavirin bei lungentransplantierten Patienten kann möglicherweise das Risiko einer chronischen Abstoßungsreaktion nach RSV-Infektion senken.
Als wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkung kann es unter einer Ribavirin-Therapie zu einer hämolytischen Anämie kommen, die eine Dosisreduktion oder die Beendigung der Therapie erforderlich machen kann.
Palivizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen das RS-Virus, wird derzeit nur prophylaktisch bei Kindern mit dem Risiko einer schwer verlaufenden RSV-Infektion eingesetzt. Untersuchungen an erwachsenen, stammzelltransplantierten Patienten haben keinen Therapieerfolg erbracht, sodass der Einsatz von Palivizumab bei erwachsenen Patienten nicht empfohlen wird [27]. Aktuell befinden sich neue RSV-Therapien in der klinischen Entwicklung, sodass für die nächsten Jahre Änderungen zu erwarten sind.
Humanes Metapneumovirus
Erreger. Das ebenfalls aus der Gruppe der Paramyxoviren stammende humane Metapneumovirus ist dem RS-Virus in Bezug auf Übertragung und Pathogenität als Erreger von Atemwegsinfektionen sehr ähnlich. Das humane Metapneumovirus ist gleichfalls ein häufiger Erreger von Atemwegsinfektionen im frühen Kindesalter, tritt zyklisch auf und sollte insbesondere auch bei immunsupprimierten und älteren Patienten differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden [28].
Klinik. Die Inzidenz der Infektionen mit humanem Metapneumovirus bei immunsupprimierten Patienten ähnelt der von immunkompetenten Patienten, die Krankheitsverläufe sind jedoch häufig schwerwiegender [29].
Diagnostik. Humane Metapneumoviren lassen sich nur sehr begrenzt in der Zellkultur anzüchten, daher ist auch hierbei die PCR die Nachweismethode der Wahl.
Therapie. Die Therapie der Atemwegsinfektion gleicht der beim RS-Virus, denn sie ist supportiv und orientiert sich am Schweregrad der klinischen Symptomatik. In-vitro-Daten zeigen auch für die Infektion mit humanem Metapneumovirus eine Wirksamkeit von Ribavirin. Im Mausmodell konnte Ribavirin die Virusreplikation reduzieren [30]. Kleine Studien und Fallberichte legen den Verdacht nahe, dass auch bei immunsupprimierten Patienten mit einer Ribavirin-Therapie ein positiver Effekt auf den Krankheitsverlauf zu erzielen ist.
Coronavirus
Coronaviren sind häufige Erreger von meist mild und selbstlimitierend verlaufenden Atemwegsinfektionen. Vermutlich sind humane Coronaviren für bis zu 20 – 30 % der ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen verantwortlich, ihre Pathogenität ist in der Regel gering.
SARS-Coronavirus
Erreger. Zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist das SARS-Coronavirus (SARS-CoV), als es 2002/2003 anfänglich im asiatischen Raum zum schweren akuten respiratorischen Syndrom (Severe Acute Respiratory Syndrome, SARS) führte. Bei dem Erreger handelte es sich um eine bis dahin unbekannte Variante des Coronavirus. Er entstammt höchstwahrscheinlich einem tierischen Reservoir. Ein vorläufiges Ende fand die SARS-Epidemie nach einem kontinuierlichen Rückgang der Neuinfektionen im Sommer 2003.
Klinik. Klinisch ist das SARS durch einen akuten Krankheitsbeginn mit Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen und schwerem Krankheitsgefühl gekennzeichnet, erst im Verlauf kommen respiratorische Symptome wie trockener Husten und Dyspnoe bis zum Atmungsversagen hinzu [31].
Respiratorische Symptome können beim SARS zeitlich verzögert auftreten.
Einer intensivmedizinischen Behandlung und einer invasiven Beatmung bedurfte es während der SARS-Pandemie in 20 – 30 % der Fälle. Die Letalität war hoch und lag zwischen 13 und 43 %, je nach Alter und Risikofaktoren [33]. Zum Tod führte in den meisten Fällen ein ARDS mit Multiorganversagen. Sehr schwere Verläufe zeigten sich gehäuft bei älteren Patienten, beim Auftreten von atypischen Symptomen sowie bei Patienten, die initial eine erhöhte Laktatdehydrogenase aufwiesen.
Als prognostisch ungünstig erwiesen sich ein höheres Patientenalter, das Auftreten von atypischen Symptomen sowie eine initial erhöhte Laktatdehydrogenase.
Mildere Verläufe hingegen kamen häufiger bei Kindern vor [34]. Die Inkubationszeit des SARS beträgt 2 – 7 Tage. Während der Pandemie entwickelten 95 % der betroffenen Patienten innerhalb von 10 Tagen nach Kontakt mit einer infizierten Person Symptome, daher sollte man Betroffene nach Exposition für diesen Zeitraum überwachen [35].
Diagnostik. Besteht der Verdacht auf eine SARS-Coronavirus-Infektion, sollte eine PCR-Untersuchung aus 2 Proben durchgeführt werden. Geeignete Proben sind Material aus den Atemwegen, Serum bzw. Plasma oder Stuhlproben, wobei unklar ist, welches Material in welchem Krankheitsstadium die höchste Aussagekraft hat. Auch die serologische Bestimmung von Antikörpern ist möglich, allerdings ist zu beachten, dass es in einigen Krankheitsfällen von einer zeitlich verzögerten Serokonversion bis zum völligen Fehlen nachweisbarer Antikörpertiter kommen kann. Hohe Virustiter gehen mit einer schlechteren Prognose einher [36].
Therapie. Die Therapie des SARS ist supportiv. Während der SARS-Pandemie wurden zahlreiche Patienten mit hoch dosierten Kortikosteroiden und Ribavirin behandelt. Einen Vorteil zeigte die Therapie nicht, dafür kam es gehäuft zu Nebenwirkungen, sodass beide Therapien nicht empfohlen werden [32].
MERS-Coronavirus
Erreger. Eine weitere neuartige Coronavirus-Infektion trat 2012 in Saudi-Arabien auf. Bei einem Patienten, der mit Pneumonie und akutem Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wurde aus dem Sputum das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-Co) isoliert.
Klinik. Eine MERS-Co-Infektion beginnt meist mit grippeähnlichen Symptomen und kann im Verlauf über eine Pneumonie bis zum ARDS führen [37]. Häufige Begleitsymptome sind gastrointestinale Beschwerden, vor allem Diarrhöen, sowie ein akutes Nierenversagen. Milde bis asymptomatische Verlaufsformen sind beschrieben, zu schweren Verläufen kommt es überwiegend bei Patienten mit chronischen Vorerkrankungen wie z. B. malignen Grunderkrankungen oder Diabetes mellitus. Die Letalität ist hoch. Eine Analyse von 47 bestätigten MERS-Fällen zeigte, dass 89 % der Patienten intensivmedizinisch versorgt und 72 % beatmet werden mussten [38]. Als sehr wahrscheinlich gilt, dass Dromedare die Quelle für die zoonotischen Infektionen sind, obwohl auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich ist, wie sich bei einigen MERS-Co-Ausbrüchen in Krankenhäusern zeigte [37]. Risikofaktoren für die Infektion mit dem MERS-Coronavirus sind somit zum einen der Kontakt mit Dromedaren oder Kamelen, zum anderen Reisen in arabische Risikogebiete.
Bei Reisenden aus den arabischen Risikogebieten muss man bei entsprechender Klinik an eine MERS-Coronavirus-Infektion denken.
Diagnostik. Empfehlungen zum weiteren Vorgehen bei Verdacht auf eine MERS-Infektion geben die Internetseiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Center for Disease Control and Prevention (CDC). Proben für die empfohlene Diagnostik mit RT-PCR sollten vorzugsweise aus den unteren Atemwegen (Trachealsekret, BAL) gewonnen werden. Empfohlen werden ebenfalls diagnostische Verlaufskontrollen zur Sicherung der Viruselimination.
Therapie. Auch die Therapie der MERS-Infektion ist rein supportiv. In vitro als auch in Tierversuchen an Rhesus-Affen konnte die Virus-Replikation durch eine Kombinationstherapie aus Interferon-α2b und Ribavirin gehemmt werden [39]. Retrospektive Studien zeigen für die Kombinationstherapie aus Interferon und Ribavirin beim Menschen mit MERS-Infektion jedoch sehr widersprüchliche Ergebnisse [40]
[41]. Ein klarer Überlebensvorteil ergab sich nicht, sodass aktuell keine Empfehlung für die Therapie mit Interferon und Ribavirin besteht. Die Ergebnisse weiterer Studien sind abzuwarten.
Adenovirus
Erreger. Die humanpathogenen Adenoviren sind eine große Gruppe genetisch unterschiedlicher Viren. Derzeit sind über 50 Subtypen bekannt, die sich in ihrer Virulenz deutlich unterscheiden.
Klinik. Adenovirusinfektionen treten ganzjährig auf und verlaufen bei immunkompetenten Personen meist selbstlimitierend. Zu schweren Infektionen, die eine intensivmedizinische Versorgung erforderlich machen können, kommt es hauptsächlich bei immunsupprimierten Patienten. Nach hämatopoetischer Stammzelltransplantation können Infektionen mit Adenoviren zu verschiedensten Erkrankungsbildern, u. a. einer Kolitis, Pneumonie, Hepatitis, Nephritis, Enzephalitis oder einer disseminierten Infektion führen [42]. Nach Transplantation eines soliden Organs ist meist das Transplantat betroffen. So ist die seltene Adenoviren-Pneumonie eine frühe Komplikation nach Lungentransplantation und tritt hierbei insbesondere im Kindesalter auf. In einer Studie wurden 308 lungentransplantierte Patienten untersucht, 4 von ihnen entwickelten eine schwere Adenoviren-Pneumonie, 3 davon waren Kinder [43].
Diagnostik. Die Diagnostik richtet sich nach dem Probenmaterial und der Verdachtsdiagnose. Zur Verfügung stehen die kulturelle Anzüchtung, die PCR, die Serologie und Antigennachweise. Eine solche Diagnostik sollte man bei schweren Verläufen und einer Therapiekonsequenz durchführen.
Therapie. Eine antivirale Therapie sollte aufgrund der unzureichenden Datenlage und der ausgeprägten medikamentösen Nebenwirkungen immunkompromittierten Patienten mit schweren Krankheitsverläufen vorbehalten bleiben. Zur antiviralen Therapie setzt man Cidofovir ein, kontrollierte und randomisierte Studien zum Einsatz bei Adenovirusinfektionen gibt es allerdings nicht. In-vitro-Daten zeigen eine stärkere Reduktion der Viruslast durch Cidofovir im Vergleich zu Ganciclovir. Beobachtungsstudien sowie einzelne Fallberichte bei stammzell- oder lungentransplantierten Patienten legen den Verdacht nahe, dass eine Cidofovir-Therapie die Erkrankungsdauer verkürzen und möglicherweise auch die Letalität der schweren Adenovirusinfektion senken kann [44]
[45]. Zu beachten ist aber insbesondere die ausgeprägte dosisabhängige Nephrotoxizität.
Herpes-simplex-Virus Typ 1
Erreger. Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) kann bei einer Vielzahl der Patienten auf Intensivstationen im oberen Respirationstrakt nachgewiesen werden [9]
[46]
[47]. Eine Reaktivierung von HSV-1 kann vorwiegend bei immunsupprimierten Patienten zu schweren Erkrankungsbildern führen.
Klinik. Fälle von HSV-Pneumonien wurden gehäuft beschrieben nach Organtransplantation, bei malignen Grunderkrankungen, nach Verbrennungen sowie bei schwangeren Frauen. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen HSV-Pneumonien bei immunkompententen Personen auftraten, sodass HSV insbesondere bei therapierefraktären Pneumonien als Erreger in Betracht gezogen werden sollte [48]. Der genaue Mechanismus der Reaktivierung ist unklar, vermutet wird jedoch, dass die Viren durch Mikroaspirationen vom oberen Respirationstrakt, wo sie in den dortigen Ganglien latent verbleiben, in den unteren Respirationstrakt gelangen. Eine Schädigung der Mukosa durch die endotracheale Intubation und die anschließende mechanische Beatmung scheinen als mechanischer Reiz für die Reaktivierung eine Rolle zu spielen [47].
Mechanische Reize durch Intubation und Beatmung begünstigen die Reaktivierung von Herpes-simplex-Viren.
Wie häufig ein positiver HSV-Nachweis mit einer klinisch relevanten Erkrankung einhergeht und ob die Reaktivierung häufig einfach als Indikator für die Schwere der Grunderkrankung zu werten ist, ist nach wie vor ungeklärt. Sicher ist jedoch, dass ein HSV-Nachweis mit einer erhöhten Mortalität, einer längeren Beatmungsdauer und einem längeren Aufenthalt auf der Intensivstation einhergeht [49]
[50]
Diagnostik. Beim Verdacht auf eine HSV-Pneumonie sollte man eine Bronchoskopie mit BAL durchführen. Hinweise auf eine HSV-Infektion kann schon eine erosiv-entzündliche Schleimhaut geben. Dem Nachweis der Virus-DNA dient die PCR.
Therapie. Für die Therapie steht als Mittel der ersten Wahl Aciclovir zur Verfügung. Aufgrund der schlechten oralen Bioverfügbarkeit sollte man es bei schweren Infektionen parenteral verabreichen (10 mg/kgKG alle 8 Stunden). Da die Gabe von Aciclovir zu Nierenfunktionseinschränkungen führen kann, ist eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz erforderlich. Ein durch Aciclovir verursachtes akutes Nierenversagen ist in der Regel reversibel.
Zytomegalievirus
Erreger. Das Zytomegalievirus (CMV) gehört ebenfalls zur Familie der Herpesviren und hat ebenfalls die Eigenschaft, nach der Primärinfektion latent im Körper zu verbleiben. Daher ist es auch beim Zytomegalievirus wichtig, zwischen einer CMV-Infektion und einer klinisch relevanten CMV-Erkrankung mit klinischen Symptomen zu unterscheiden. Der Durchseuchungsgrad in der Bevölkerung ist hoch und so gehört auch das Zytomegalievirus zu den häufig nachgewiesenen Viren auf Intensivstationen [51].
Klinik. Die klinische Relevanz einer CMV-Erkrankung ist bei immunsupprimierten Patienten belegt [52]. Insbesondere bei HIV-Infektionen und nach Organtransplantation kann es zu einer CMV-Reaktivierung kommen, die sich klinisch u. a. als Enzephalitis, Retinitis, Hepatitis, Nephritis, Kolitis oder Pneumonie manifestieren kann.
Diagnostik. Zur Diagnostik einer CMV-Infektion ist insbesondere bei transplantierten Patienten neben der PCR der quantitative Nachweis des pp65-Antigens in Lymphozyten möglich. Ein erneuter Anstieg des pp65-Antigens signalisiert eine aktive Vermehrung des Virus. Nach Beginn einer antiviralen Therapie sollte das pp65 als Zeichen eines Therapieansprechens abfallen. Zu beachten ist, dass die Aussagekraft des Tests bei Neutropenie (Neutrophile unter 1000/μl) eingeschränkt ist [53].
Die Aussagekraft der pp65-Antigen-Bestimmung ist bei Neutropenie eingeschränkt.
Therapie. Für die Therapie der schweren CMV-Infektion steht als Medikament primär Ganciclovir zur i. v. Gabe zur Verfügung. Kommt es aufgrund einer Ganciclovir-Resistenz zu einem Therapieversagen, können als Alternativen Foscavir oder Cidofovir eingesetzt werden. Bei allen 3 Substanzen ist auf die nephrotoxischen Nebenwirkungen zu achten und ggf. die Dosis anzupassen. Ganciclovir und Foscavir sind zudem myelotoxisch [54]. Unter der Therapie sollte man mindestens einmal wöchentlich die Viruslast mit PCR oder über pp65-Antigen bestimmen.