Einleitung
Die Aktinische Keratose ist eine Erkrankung des höheren Alters. Die Prävalenz bei über 70-jährigen Männern beträgt 34 % und bei Frauen 18 % [1]. Ursächlich ist die kumulative Schädigung der Keratinozyten durch UV-Strahlung [2]. Aktinische Keratosen werden als In-situ-Plattenepithelkarzinom angesehen [3]
[4]. Bei etwa 10 % dieser Patienten entwickelt sich im weiteren Verlauf ein invasives Plattenepithelkarzinom [5]. Um dieses Risiko zu vermindern, ist ein korrekt durchgeführter Sonnenschutz unabdingbar. Eine standardisierte Sonnenschutzberatung gibt es bisher nicht. Sonnenschutzberatungen wurden bisher bevorzugt an Arbeitern im Außeneinsatz, Jugendlichen, oder Kindern in Schulen durchgeführt [6]
[7]
[8]
[9]. Untersuchungen zum Thema Sonnenschutzberatung an älteren Untersuchungspopulationen und mit bereits vorgeschädigter Haut fehlen bisher gänzlich, obwohl gerade hier ein Interventionsbedarf besteht. Aus diesen Gründen wurde allen Patienten einer Berliner dermatologischen Praxis mit Aktinischen Keratosen eine strukturierte, standardisierte Beratung angeboten. Die Tatsache, dass die Behandlung Aktinischer Keratosen regelmäßig kontrolliert, Patienten somit häufig in die dermatologische Praxis einbestellt werden, sowie die Übertragung der Beratung an das Praxispersonal machte dieses Projekt in der ambulanten Versorgung durchführbar. Der Effekt dieser Beratungen wurde mithilfe standardisierter Fragebögen untersucht.
Material und Methoden
Design
Von Januar bis Dezember 2012 wurde allen Patienten mit behandlungsbedürftigen, manifesten Aktinischen Keratosen eine Sonnenschutzberatung angeboten. Insgesamt wurden 332 Patienten beraten. Vor Beginn der Sonnenschutzberatung wurden die Patienten gebeten einen standardisierten Fragebogen zu ihrem Sonnenschutzverhalten auszufüllen. Die Patienten wurden im Abstand von jeweils drei, sechs und zwölf Monaten zu drei weiteren Terminen mit gleichem Ablauf einbestellt. Untersucht wurden die Änderungen im Fragebogen zum jeweils nächsten Termin.
Fragebogen
Der Fragebogen wurde eigens für diese Analyse entworfen. Er enthält 12 Fragen, welche mit Ja, Nein oder mit einer vorgegebenen Auswahl an Antwortmöglichkeiten beantwortet werden können und sich an den Empfehlungen der S3-Leitlinie von 2014 [10] orientieren. Erfragt wurden das Wissen über den Sonnenschutz, der Umgang mit dem Sonnenschutz sowie die Anwendung von Sonnenschutzcreme oder Kleidung. Die Fragen wurden ausgewählt, um eine Änderung im Umgang mit dem Sonnenschutz durch die Sonnenschutzberatung festzustellen sowie ein umfassendes Bild über das Sonnenschutzverhalten zu erhalten.
Wissen über den Sonnenschutz:
1. Haben Sie bereits von Sonnenschutz gehört?
2. Fühlen Sie sich sicher im Umgang mit Sonnenschutzmaßnahmen?
Umgang mit dem Sonnenschutz:
3. Praktizieren Sie derzeit Sonnenschutz?
4. Welchen Sonnenschutz nutzen Sie?
a) Sonnenschutzcreme
b) Abdeckung durch Kleidung
c) Schutz durch spezielle Sonnenschutzkleidung
5. Wann wenden Sie Sonnenschutz an?
6. Wer hat Ihren Sonnenschutz empfohlen?
Umgang mit der Sonnenschutzcreme:
7. Kennen Sie den Namen Ihrer Sonnencreme?
8. Wie hoch ist der Lichtschutzfaktor für UVA-/UVB-Strahlung?
9. Wie viel Sonnencreme verwenden Sie für das Gesicht/Handrücken/Arm?
10. Wie oft wenden Sie Sonnencreme am Tag an?
Sonnenschutz durch Kleidung:
11. Setzen Sie eine Kopfbedeckung auf?
12. Schützt Ihre Kopfbedeckung folgende Areale: Oberkopf, Stirn, Ohren, Nacken/Hals?
Sonnenschutzberatung
Die Sonnenschutzberatung wurde von einem/einer Arzthelfer/in durchgeführt, nachdem er/sie eine entsprechende Schulung durch den Arzt erhalten hatte. Die Sonnenschutzberatung wurde individuell an das Vorwissen des Patienten angepasst. Sie enthielt folgende 10 Kernpunkte, welche in jeder Beratung angesprochen wurden und sich an den Empfehlungen der S3-Leitlinie von 2014 [10] orientieren.
-
Tragen Sie jeden Morgen ein Sonnenschutzpräparat im Gesicht und an den Handrücken auf!
-
Tragen Sie ausreichend Sonnenschutzcreme auf!
-
Vergessen Sie nicht die Ohren oder andere freiliegende Hautareale zu schützen!
-
Nutzen Sie eine Kopfbedeckung!
-
Schützen Sie generell freiliegende Areale vor langzeitiger Sonneneinstrahlung (> 30 Minuten) mittels Sonnenschutzcreme und Kleidung!
-
Führen Sie Sonnenschutz im Urlaub durch!
-
Führen Sie Sonnenschutz bei der Gartenarbeit durch!
-
Führen Sie Sonnenschutz beim Fahrradfahren durch!
-
Halten Sie sich im Schatten auf, nur kurzzeitig in der Mittagssonne!
-
Vermeiden Sie Sonnenbrände!
Diese Punkte wurden dem Patienten auf einem Merkblatt mit nach Hause gegeben. Zudem wurde der Hinweis ausgesprochen, die Sonne nicht gänzlich zu meiden, sondern gesundheitsbewusst mit dem Sonnenschutz umzugehen.
Statistik
Nachfolgend wurden die Fragebögen retrospektiv mittels SPSSv21 analysiert. Die Verteilung der Antworten zu den Terminen zwei, drei und vier wurde mit der des ersten Termins auf statistisch signifikante Änderungen geprüft. Für Fragen mit zwei Antwortmöglichkeiten wurde der exakte Fisher-Test angewendet, standen mehr Antworten zur Auswahl, erfolgte die Berechnung mithilfe des Chi-Quadrat-Testes nach Pearson.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 332 Patienten (61,9 % männlich, 38,1 % weiblich) in dieser retrospektiven Analyse beraten. Das Durchschnittsalter aller Patienten betrug 75,2 Jahre. 164 Patienten waren zum zweiten Termin, 96 zum dritten Termin und 32 zum vierten Termin erschienen. Im Folgenden werden die gegebenen Antworten auf die von uns gestellten Fragen vorgestellt. Die Verteilung der Antworten zu den Terminen zwei, drei und vier wird mit der des ersten Termins verglichen.
Frage 1: 97,7 % der Befragten gaben vor Beginn der Beratungen an, bereits von Sonnenschutz gehört zu haben. Während der Beratungen ergaben sich keine Änderungen.
Frage 2: 75,5 % der Patienten fühlten sich vor der ersten Beratung sicher im Umgang mit Sonnenschutz. Ab dem dritten Termin ist eine signifikante Steigerung auf 87,0 % (p = 0,006) zu beobachten.
Frage 3: Zum ersten Termin antworteten 79,9 % der Patienten, aktuell Sonnschutz zu betreiben. Nach stetiger Steigerung im Verlauf der vier Beratungstermine wurde diese Frage zum vierten Termin von 96,8 % der Patienten mit „Ja“ beantwortet (p = 0,011).
Frage 4: Der Anteil der Befragten, welcher sich mit Sonnencreme schützte, stieg von 81,0 % zum ersten Termin auf 89,6 % zum dritten Termin an (p = 0,033). Der Schutz durch Kleidung oder spezielle Sonnenschutzkleidung zeigte keine signifikanten Änderungen.
Frage 5: Vor Beginn der Beratungen gaben 31,3 % der Patienten an, Sonnenschutz einmal täglich durchzuführen. Dieser Anteil steigerte sich bis zum vierten Termin auf 78,1 % (p = 0,000). Dagegen wurden Patienten, welche Sonnenschutz nur bei speziellen Situationen betreiben, wie am Wasser, in den Bergen, nur im Urlaub oder nur, wenn die Sonne scheint, signifikant weniger.
Frage 6: 68,1 % der Patienten, die Sonnenschutz betreiben, konnten vor Beginn der Beratungen nicht angeben, woher sie die Empfehlung bekommen hatten, Sonnenschutz durchzuführen. 27,7 % hatten diese Empfehlung vom Hautarzt erhalten, weniger als 5 % bekamen diesen Rat aus dem Internet, Zeitschriften oder sonstigen Quellen. Während der Beratungen wuchs der Anteil der Patienten, die ihre Empfehlung vom Hautarzt erhalten hatten (p = 0,001; Termin 3) ([Tab. 1]).
Tab. 1
Dargestellt ist die statistische Auswertung der Antworten auf die Fragen eins bis sechs. Aufgeführt ist der Anteil der Befragten, welche die Frage zu den jeweiligen Terminen mit Ja beantwortet haben. Der P-Wert gibt die Signifikanz der Änderungen im Antwortmuster der Termine zwei, drei und vier, verglichen mit denen des ersten Termins an. Signifikante Änderungen sind hervorgehoben.
Frage
|
Termin 1
|
Termin 2
|
Termin 3
|
Termin 4
|
|
Ja
|
Ja
|
p
|
Ja
|
p
|
Ja
|
p
|
1) Haben Sie bereits von Sonnenschutz gehört?
|
97,7 %
|
98,8 %
|
0,388
|
100,0 %
|
0,146
|
96,9 %
|
0,553
|
2) Fühlen Sie sich sicher im Umgang mit Sonnenschutzmaßnahmen?
|
75,5 %
|
78,3 %
|
0,308
|
88,8 %
|
0,006
|
87,0 %
|
0,161
|
3) Praktizieren Sie aktuell Sonnenschutz?
|
79,9 %
|
80,6 %
|
0,474
|
86,5 %
|
0,095
|
96,8 %
|
0,011
|
4) Welchen Sonnenschutz nutzen Sie zur Zeit?
|
Sonnencreme
|
81,0 %
|
83,5 %
|
0,296
|
89,6 %
|
0,033
|
87,5 %
|
0,264
|
Abdeckung durch Kleidung
|
63,6 %
|
60,4 %
|
0,277
|
58,3 %
|
0,209
|
59,4 %
|
0,385
|
Nutzung von Sonnenschutzkleidung
|
3,9 %
|
2,4 %
|
0,288
|
3,2 %
|
0,508
|
3,1 %
|
0,647
|
Sonstige
|
2,3 %
|
0,6 %
|
0,168
|
1,1 %
|
0,398
|
0,0 %
|
0,495
|
5) Wann wenden Sie Sonnenschutz an?
|
täglich
|
31,3 %
|
48,8 %
|
0
|
58,9 %
|
0
|
78,1 %
|
0
|
nur am Wochenende
|
1,6 %
|
1,8 %
|
0,567
|
4,3 %
|
0,136
|
0,0 %
|
0,606
|
nur bei der Gartenarbeit
|
21,2 %
|
17,2 %
|
0,177
|
16,0 %
|
0,165
|
12,5 %
|
0,176
|
nur im/am Wasser
|
17,6 %
|
11,7 %
|
0,056
|
6,4 %
|
0,004
|
12,5 %
|
0,326
|
nur in den Bergen
|
9,2 %
|
7,4 %
|
0,318
|
3,2 %
|
0,04
|
0,0 %
|
0,055
|
nur im Urlaub
|
25,2 %
|
16,0 %
|
0,014
|
10,6 %
|
0,001
|
6,3 %
|
0,009
|
nur wenn ich daran denke
|
7,5 %
|
4,3 %
|
0,122
|
2,1 %
|
0,041
|
3,1 %
|
0,312
|
nur wenn ich erinnert werde
|
2,3 %
|
1,2 %
|
0,34
|
0,0 %
|
0,152
|
3,1 %
|
0,552
|
nur im Sommer
|
7,5 %
|
7,3 %
|
0,552
|
3,2 %
|
0,102
|
0,0 %
|
0,094
|
nur wenn die Sonne scheint
|
9,4 %
|
16,5 %
|
0,02
|
18,1 %
|
0,02
|
12,5 %
|
0,38
|
6) Wer hat Ihren Sonnenschutz empfohlen?
|
keiner
|
68,1 %
|
58,6 %
|
|
44,4 %
|
|
50,0 %
|
|
Hautarzt
|
27,7 %
|
39,1 %
|
|
54,3 %
|
|
50,0 %
|
|
Zeitschriften
|
2,1 %
|
1,6 %
|
0,224
|
0,0 %
|
0,001
|
0,0 %
|
0,19
|
Internet
|
0,4 %
|
0,0 %
|
|
1,2 %
|
|
0,0 %
|
|
Sonstige
|
1,7 %
|
0,8 %
|
|
0,0 %
|
|
0,0 %
|
|
Frage 7: 23,6 % der Patienten kannten zum ersten Termin den Namen ihrer Sonnencreme. Zum dritten Termin konnten mit 39,3 % signifikant mehr der Beratenen ihre Sonnencreme-Marke benennen (p = 0,005).
Frage 8: Insgesamt wurde in 29,3 % aller Befragungen angegeben, dass der Lichtschutzfaktor (LSF) gegen UVA-Strahlung unbekannt sei. Betrachtet man die übrigen gegebenen Antworten, so gab vor Beginn der Beratungen ein Großteil der Patienten an, Sonnencreme mit einem LSF-UVA von 30 (30,2 %) und 50 (45,9 %) zu nutzen. Im Verlauf der Beratungen wurde der LSF 50 signifikant häufiger verwendet, während niedrigere LSF seltener angegeben werden (p = 0,021; Termin 2). 94,7 % aller Befragten gaben an, den LSF ihrer Sonnencreme gegen UVB-Strahlung nicht zu kennen. Von einer statistischen Auswertung der übrigen 5,3 % wurde daher abgesehen.
Frage 9: Während der Beratungen ergaben sich keine Änderungen in der Menge an Sonnencreme, die für Gesicht, Handrücken, oder Arm verwendet wurden. Hier werden daher nur die Ergebnisse der ersten Befragung dargestellt. Für das Gesicht verwendeten 68,7 % der Patienten 5 ml Sonnencreme. 9,8 % der Patienten cremten sich das Gesicht nicht ein. Auch für den Handrücken gebrauchte die Mehrheit der Patienten 5 ml Creme. 26,1 % der Patienten nutzten dafür keine Sonnencreme. Auf den Arm trugen 44,5 % der Befragten 10 ml Sonnencreme auf. Der Anteil der Patienten, der keine Sonnencreme benutzt, ist für den Arm am größten (27,8 %).
Frage 10: Die meisten Patienten (64,0 %) wendeten Sonnencreme einmal pro Tag an. Während der Beratungen ist die Tendenz zu erkennen, dass ein größerer Teil der Patienten die Sonnencreme einmal pro Tag aufträgt (84,0 %; Termin 4), während die Antwortmöglichkeiten, „mehr als einmal pro Tag“ oder „gar nicht“ im Verlauf der Termine seltener gewählt wurden. Jedoch konnten keine signifikanten Veränderungen nachgewiesen werden ([Tab. 2]).
Tab. 2
Dargestellt ist die statistische Auswertung der Antworten auf die Fragen sieben bis zehn. Aufgeführt ist der Anteil der Befragten, welche die Frage zu den jeweiligen Terminen mit Ja beantwortet haben. Der P-Wert gibt die Signifikanz der Änderungen im Antwortmuster der Termine zwei, drei und vier, verglichen mit denen des ersten Termins an. Signifikante Änderungen sind hervorgehoben.
Frage
|
Termin 1
|
Termin 2
|
Termin 3
|
Termin 4
|
|
Ja
|
Ja
|
p
|
Ja
|
p
|
Ja
|
p
|
7) Kennen Sie den Namen Ihrer Sonnencreme?
|
23,6 %
|
38,2 %
|
0,002
|
39,3 %
|
0,005
|
40,0 %
|
0,063
|
8) Wie hoch ist der Lichtschutzfaktor für UVA-Strahlung?
|
< 20
|
3,8 %
|
4,2 %
|
|
0,0 %
|
|
5,3 %
|
|
20
|
17,6 %
|
8,3 %
|
|
9,8 %
|
|
5,3 %
|
|
25
|
2,5 %
|
2,1 %
|
0,021
|
2,0 %
|
0,026
|
0,0 %
|
0,508
|
30
|
30,2 %
|
18,8 %
|
|
17,6 %
|
|
26,3 %
|
|
40
|
0,0 %
|
0,0 %
|
|
2,0 %
|
|
0,0 %
|
|
50
|
45,9 %
|
66,7 %
|
|
68,6 %
|
|
63,2 %
|
|
9) Wie viel Sonnencreme verwenden Sie für …
|
nichts
|
5 ml
|
10 ml
|
20 ml
|
> 20 ml
|
|
|
das Gesicht
|
9,8 %
|
68,7 %
|
19,5 %
|
2,0 %
|
0 %
|
|
|
den Handrücken
|
26,1 %
|
51,0 %
|
22,0 %
|
0,4 %
|
0,4 %
|
|
|
den Arm
|
27,8 %
|
20,8 %
|
44,5 %
|
5,7 %
|
1,2 %
|
|
|
10) Wie oft wenden Sie Sonnencreme am Tag an?
|
gar nicht
|
6,7 %
|
4,7 %
|
|
1,2 %
|
|
0,0 %
|
|
1 ×
|
64,0 %
|
65,6 %
|
|
68,7 %
|
|
84,0 %
|
|
2 ×
|
23,4 %
|
24,2 %
|
0,888
|
21,7 %
|
0,143
|
12,0 %
|
0,212
|
3 ×
|
5,9 %
|
5,5 %
|
|
7,2 %
|
|
4,0 %
|
|
> 3 ×
|
0,0 %
|
0,0 %
|
|
1,2 %
|
|
0,0 %
|
|
Frage 11: 34,1 % der Patienten setzten immer eine Kopfbedeckung auf. 21,0 % der Befragten benutzten diese nie. In den übrigen Fällen wurde die Kopfbedeckung nur in speziellen Situationen wie im Sommer, im Urlaub oder im Winter getragen. Signifikante Änderungen zeigten sich im Verlauf der Beratungen nicht.
Frage 12: Die Mehrheit der Patienten trug eine Kopfbedeckung, die den Oberkopf (74,9 %) und die Stirn (51,8 %) bedeckt. Nur bei wenigen Patienten wurden Ohren (13,2 %) oder Nacken/Hals (7,9 %) vor Sonnenexposition geschützt. Auch wenn im Verlauf der Beratungen eine Vergrößerung des Anteils der Hutträger zu erkennen ist, ließen sich keine signifikanten Veränderungen berechnen ([Tab. 3]).
Tab. 3
Dargestellt ist die statistische Auswertung der Antworten auf die Fragen elf und zwölf. Aufgeführt ist der Anteil der Befragten, welche die Frage zu den jeweiligen Terminen mit Ja beantwortet haben. Der P-Wert gibt die Signifikanz der Änderungen im Antwortmuster der Termine zwei, drei und vier, verglichen mit denen des ersten Termins an. Signifikante Änderungen sind hervorgehoben.
Frage
|
Termin 1
|
Termin 2
|
Termin 3
|
Termin 4
|
|
Ja
|
Ja
|
p
|
Ja
|
p
|
Ja
|
p
|
11) Setzen Sie eine Kopfbedeckung auf?
|
nie
|
21,0 %
|
18,4 %
|
|
17,2 %
|
|
20,0 %
|
|
immer
|
34,1 %
|
36,8 %
|
|
39,8 %
|
|
53,3 %
|
|
nur im Sommer
|
28,9 %
|
31,9 %
|
0,788
|
31,2 %
|
0,706
|
23,3 %
|
0,188
|
nur im Urlaub/in besonderen Situationen
|
12,8 %
|
9,8 %
|
|
9,7 %
|
|
3,3 %
|
|
nur im Winter
|
3,3 %
|
3,1 %
|
|
2,2 %
|
|
0,0 %
|
|
12) Schützt Ihre Kopfbedeckung folgende Areale?
|
Oberkopf
|
74,9 %
|
76,2 %
|
0,423
|
78,1 %
|
0,311
|
81,3 %
|
0,29
|
Ohren
|
13,2 %
|
14,0 %
|
0,454
|
11,5 %
|
0,402
|
21,9 %
|
0,142
|
Stirn
|
51,8 %
|
56,1 %
|
0,215
|
57,3 %
|
0,206
|
62,5 %
|
0,167
|
Nacken/Hals
|
7,9 %
|
11,0 %
|
0,175
|
8,3 %
|
0,521
|
18,8 %
|
0,052
|
Diskussion
Limitierung der Ergebnisse
Zum vierten Termin sind lediglich 32 Patienten erschienen. Wahrscheinlich waren viele Patienten nicht bereit, den Weg zur Praxis für eine Beratung auf sich zu nehmen oder fühlten sich inzwischen bereits gut informiert. Die verbliebenen 10 % der ursprünglichen Studienpopulation sind für statistische Signifikanzprüfungen erheblich anfälliger als die weit größere Anzahl der Antworten der übrigen Termine. Daher werden in der Diskussion Fragen, welche zum zweiten oder dritten Termin, nicht jedoch zum vierten Termin eine signifikante Änderung anzeigten, als Beratungserfolg interpretiert.
Ergebnisse
Der Sonnenschutz ist bereits vor Beginn der Beratungen fast allen Patienten bekannt gewesen. Trotzdem fühlte sich ein Viertel der Patienten unsicher und 20 % der Patienten führten keinen Sonnenschutz durch. Diese Diskrepanz zeigt den Beratungsbedarf in der Studienpopulation. Im Verlauf der Beratungen konnten diese Defizite verbessert werden.
Unter den verschiedenen Methoden des Sonnenschutzes wurde die Sonnencreme am häufigsten verwendet. Nach zwei Beratungen gaben 89,6 % der Befragten an, Sonnencreme zu benutzen. Kleidung oder spezielle Sonnenschutzkleidung wurden deutlich seltener getragen. Die Beratungen erbrachten hier keinen Effekt. Die Anwendung des Sonnenschutzes ist der am schwersten zu beeinflussende Teil der Sonnenschutzberatungen. Andere Studien konnten hier ebenfalls keine Effekte nachweisen [11]. Warum fallen die Ergebnisse hier weniger positiv aus? Eine mögliche Erklärung ist, dass die Änderung unserer Kleiderordnung im Gegensatz zur Benutzung von Sonnencreme einen größeren Einschnitt in unseren Lebensstil und unsere Persönlichkeit darstellt. Viele Patienten sind nicht bereit, ihr Erscheinungsbild für den Sonnenschutz zu ändern. Notwendig ist hier die Aufklärung über die Limitation der Sonnencreme [12] und genauere Empfehlungen, welche Kleidungsstücke getragen werden sollten (langärmelige Hemden, lange Hosen, Hut mit Nackenschutz [7]).
Es wird empfohlen Sonnenschutz regelmäßig zu betreiben. Indirekte Sonnenstrahlen wie reflektierte Sonnenstrahlen vom Schnee oder durch Wolken fokussierte Sonnenstrahlen [13] stellen eine Gefahr für die Haut dar, an die häufig nicht gedacht wird. Im Vergleich zum Beginn der Beratungen gaben zum vierten Termin mehr als doppelt so viele Patienten an, Sonnenschutz täglich zu betreiben.
Kaum ein Patient hatte die Empfehlung, Sonnenschutz zu betreiben aus dem Internet oder Zeitschriften erfahren. Einige Patienten hatten diesen Rat bereits durch einen Hautarzt erhalten, ein Großteil der Patienten bekam noch gar keine Empfehlung. Gerade ältere Patienten, die das Internet seltener als Informationsquelle nutzen [14], sind auf die Aufklärung durch den Dermatologen angewiesen.
Die Frage nach dem Namen der verwendeten Sonnencreme sollte untersuchen, inwieweit sich die Befragten mit ihrem Sonnenschutzprodukt auseinandergesetzt haben. Durch die Beratung wurde das Thema Sonnenschutz stärker in das Bewusstsein der Patienten gerückt.
Die Untersuchung des verwendeten LSF lieferte ein paradoxes Ergebnis. Nach den Regeln der internationalen COLIPA steht auf der Sonnencreme lediglich der LSF gegen UVB-Strahlung. Hat die Sonnencreme ein UVA-Siegel, muss mindestens ein Drittel des UVB-LSF gegen UVA-Strahlung wirksam sein. Eine Sonnencreme mit LSF 30 und einem UVA-Siegel muss also einen LSF > 10 gegen UVA-Strahlung aufweisen. Der genaue UVA-LSF einer Sonnencreme ist häufig nicht in der Produktbeschreibung enthalten. Trotzdem haben 94,7 % der Befragten angegeben, ihren UVB-LSF nicht zu kennen, während der UVA-Schutz in nur 29,3 % der Fälle unbekannt war. Wahrscheinlich kennt kaum ein Patient den genauen Unterschied zwischen UVA- und UVB-Strahlung. Da der LSF gegen UVA-Strahlung zuerst abgefragt wurde, gaben die Patienten vermutlich hier den LSF an, welcher auf der Sonnencreme steht. Die UVA-Strahlung ist Teil der Pathogenese des Melanoms [15] und anderer Erkrankungen. Daher muss besser über diese beiden Strahlungstypen aufgeklärt werden. Bei der Höhe des LSF fällt auf, dass im Laufe der Beratungen verstärkt zu Sonnencremes mit hohem LSF gegriffen wird. Einige Patienten unterliegen dem Irrglauben, umso höher der gewählte LSF, umso besser ist der Schutz für die eigene Haut. Aufnahme von UVB-Strahlung über die Haut ist ein wichtiger Zwischenschritt in der Vitamin-D-Synthese. Die Wahl der richtigen Sonnencreme wird kontrovers diskutiert. Viele Studien sind sich einig, dass der LSF so hoch wie nötig, jedoch so klein wie möglich gewählt werden soll [16]. Der verwendete LSF sollte an individuelle Parameter, wie das Sonnenverhalten oder den Hauttyp, angepasst werden.
Um einen effektiven Sonnenschutz der Haut zu erreichen, wird eine Menge von 2mg/cm² Sonnencreme empfohlen [17]. Das statistische Bundesamt ermittelte 2013 eine Durchschnittsgröße von 1,67 m und ein Durchschnittsgewicht von 73,3 kg im Alter von 75 Jahren. Nach Mosteller errechnet sich eine durchschnittliche Körperoberfläche von 1,84 m² pro Person. Mithilfe der Neunerregel erhält man das Ergebnis, dass die Mindestmenge Sonnencreme für das Gesicht 1,7 ml, für den Arm 3,3 ml und für den Handrücken 0,4 ml beträgt. 90,2 % der Patienten verwenden eine ausreichende Menge Sonnencreme für das Gesicht. Auf Handrücken oder Arm tragen 26,1 %, bzw. 27,8 % der Befragten keine Sonnencreme auf. Gerade der Handrücken stellt neben dem Kopf eine typische Lokalisation für Aktinische Keratosen dar [2]. Entsprechend sollte die Aufmerksamkeit der Patienten auf diese Lokalisationen gelenkt werden.
Die Wirkdauer einer Sonnencreme hängt vom verwendeten LSF sowie dem eigenen Hauttyp ab. Es wird empfohlen, Sonnencreme einmal pro Tag anzuwenden, gegebenenfalls häufiger. In den Fragebögen spiegelte sich diese Tendenz wider.
Eine der häufigsten Lokalisationen der Aktinischen Keratose ist der Oberkopf [2]. Daher ist gerade in der hier untersuchten Patientenpopulation die Auswahl der richtigen Kopfbedeckung wichtig. Es zeigte sich im Verlauf der Beratungen die Tendenz, dass ein größerer Anteil der Patienten immer eine Kopfbedeckung trägt (53,3 %; vierter Termin), doch konnten keine signifikanten Unterschiede nachgewiesen werden. Die getragene Kopfbedeckung bietet häufig unzureichenden Schutz. Selten werden Ohren oder Nacken/Hals geschützt. Auch hier erbrachte die Beratung keine signifikante Änderung. Wie bereits oben diskutiert, zeigt sich das Problem, dass sich der Kleidungsstil nur schwer beeinflussen lässt.
In vielen Fragen zeigten sich signifikante Änderungen erst nach der zweiten oder dritten Beratung. Die Wiederholung der Termine in größer werdenden Zeitabschnitten ist entscheidend, um das Sonnenschutzverhalten positiv zu beeinflussen. Die Bedeutung der repetitiven Beratungen ist aus mehreren anderen Studien bekannt [18]
[19]
[20]
[21]
[22].
Zusammenfassung
Es zeigten sich einige Mängel im Wissen und in der Durchführung des Sonnenschutzes bei dem Patientenkollektiv. Die Sonnenschutzberatungen waren geeignet, viele dieser Probleme zu verbessern. Die Patienten gingen sicherer und bewusster mit dem Thema Sonnenschutz um und wendeten diesen regelmäßiger an. Viele Fehler in der Anwendung der Sonnencreme konnten korrigiert werden. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht in der Bedeutung von UVA- und UVB-Strahlung und der Wahl des richtigen LSF. Empfehlungen zu der richtigen Kleidung und Kopfbedeckung wurden nicht adäquat umgesetzt und sollten daher verstärkt thematisiert werden. Einige Verhaltensweisen zeigten erst nach mehrmaliger Wiederholung die gewünschte Verbesserung, sodass der mehrmaligen Beratung eine große Bedeutung zukommt.
Fazit
Die standardisierte Sonnenschutzberatung ist ein einfach umzusetzendes und wirksames Mittel zur Verbesserung des Sonnenschutzverhaltens im höheren Alter. Bestehende Informationsdefizite können effektiv beseitigt werden. Entscheidend für den Erfolg ist die mehrmalige Wiederholung der Termine.