pferde spiegel 2016; 19(01): 20-21
DOI: 10.1055/s-0041-111545
fachspiegel
Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hyperkalzämie – Therapiemöglichkeiten

Bianca Schwarz
,
Ilse Schwendenwein
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. Bianca Schwarz, DipECEIM (European Specialist in Equine Internal Medicine)
Pferdeklinik Altforweiler
Raiffeisenstr. 100
66802 Überherrn

 

Ass. Prof. Dr. Ilse Schwendenwein, DipECVCP
Plattform Labordiagnostik, Vetmeduni Vienna
Veterinarplatz 1
1210 Wien
Österreich

Publication History

Publication Date:
11 March 2016 (online)

 

Im Artikel „Hyperkalzämie – ein Symptom mit vielen Ursachen“, der in der Ausgabe 04/15 des pferde.spiegels veröffentlicht wurde, wurde sowohl auf die unterschiedlichen Differenzialdiagnosen der Hyperkalzämie beim Pferd als auch auf die diagnostische Aufarbeitung von Patienten mit Hyperkalzämie eingegangen. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Gerade weil beim Pferd die Hyperkalzämie aufgrund ihrer möglichen Ursachen mit einer sehr vorsichtigen bis schlechten Prognose verbunden ist, ist es wichtig, vor der Therapie eine Diagnose gestellt zu haben [8] .

Häufigste Ursachen

Eine Hyperkalzämie kann beim Pferd entweder mit einer Erkrankung der Parathyroidea verbunden oder unabhängig von deren Funktion sein [8]. Die häufigsten Ursachen einer Hyperkalzämie beim Pferd sind eine chronische Niereninsuffizienz und die sog. humorale Hyperkalzämie bei Malignomen (paraneoplastisches Syndrom). Auch eine Hypervitaminose D oder die idiopathische systemische granulomatöse Erkrankung (Sarkoidose) kommen als Ursache infrage [8]. Ein primärer Hyperparathyreoidismus ist sicherlich eine seltenere Ursache einer Hyperkalzämie, es werden jedoch immer wieder Fälle beschrieben [1], [2], [3].


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Therapie

Beim Vorliegen einer Hyperkalzämie gilt es grundsätzlich, dass die Primärerkrankung zu behandeln ist, um die Hyperkalzämie in den Griff zu bekommen [6].

Senkung des Kalziumspiegels

Ist eine Therapie der Primärerkrankung nicht möglich, kann versucht werden, den hohen Kalziumspiegel zu senken, da dieser negative Auswirkungen auf die Niere (Degeneration der Tubuli und Nekrose) und andere Organsysteme hat. Wenn gleichzeitig die Phosphatkonzentration hoch ist, kann es zur Präzipitation von Kalzium-Phosphor-Kristallen im Weichteilgewebe kommen (Produkt Ca × P > 70 mg/dl bzw. > 5,6 mmol/l).

Intravenöse Infusionen mit 0,9 % NaCl und Furosemid (0,5–2 mg/kg i. v.) können helfen, den Kalziumspiegel kurzfristig zu senken [4], [7]. Kortikosteroide (z. B. Dexamethason 0,05–0,2 mg/kg i. v.) fördern die Kalziurese und reduzieren die Resorption aus Knochen und Darm und sind deshalb ebenfalls geeignet, den Kalziumspiegel zu senken [4].

Therapien der Hyperkalzämie, mit denen es im Bereich der Pferdemedizin gar keine oder nur sehr limitierte Erfahrungen gibt, sind z. B. Kalzimimetika. Diese sind eine neue Medikamentenklasse, die beim Kleintier zum Einsatz kommt. Diese Kalzium-sensing Rezeptor-Agonisten (z. B. Cinacalcet) interagieren mit dem Kalzium-sensing Rezeptor der Parathyroidea und reduzieren so die PTH-Sekretion bei allen Formen von Hyperparathyreoidismus (primär und sekundär) [4].

Bisphosphonate werden in der Humanmedizin zur Therapie von paraneoplastischer Hyperkalzämie eingesetzt, wobei zu beobachten ist, dass der Kalziumspiegel ohne große Nebenwirkungen bei vielen Patienten gesenkt werden kann [5]. Bei Hunden kommt Pamidronat zum Einsatz [4], bei Katzen wird eher orales Alendronat gegeben [4]. Eine adäquate Hydrierung ist bei der Verabreichung von Bisphosphonaten wichtig, da sie nephrotoxisch wirken, speziell in höheren Dosierungen [4]. Die Gabe wird nach 3–4 Wochen wiederholt [4]. Den Autoren sind keine Berichte bekannt, in denen Bisphosphonate oder Kalzimimetika bei Pferden mit Hyperkalzämie eingesetzt wurden, allerdings wäre der Einsatz eines Bisphosphonates sicherlich denkbar, da gerade in der Pferdeorthopädie Tiludronat sehr häufig angewandt wird (1 mg/kg als intravenöse Infusion in 0,9 % NaCl über 30 min).

Mithramycin, ein RNA-Syntheseinhibitor in den Osteoklasten, kommt ebenfalls beim Hund zu Einsatz, allerdings mit Nebenwirkungen wie Thrombozytopenie, Nephro- und Hepatotoxizität [4]. Beim Pferd gibt es hierzu keine Berichte.

Bei hartnäckigen Fällen kann in der Kleintiermedizin Calcitonin helfen, den Kalziumspiegel zu senken, indem es die Resorption von Kalzium aus dem Knochen inhibiert [4]. Der Effekt von Calcitonin ist jedoch kurzlebig [4] und beim Pferd gibt es keinerlei publizierte Berichte.


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Therapie der Hypervitaminose D3

Die Therapie der Hypervitaminose D3 umfasst nicht nur die Reduktion des Kalziums und Phosphors in der Ration [8]: Mittels Glukokortikoiden (Dexamethason, 0,05–0,2 mg/kg i. v.) kann versucht werden, den Verlauf positiv zu beeinflussen. Glukokortikoide vermindern die intestinale Absorption von Kalzium, erhöhen die Kalziumausscheidung über die Nieren und vermindern die Knochenresorption [8].

Die Prognose bei einer Hypervitaminose D3 ist als schlecht zu stellen [8]. Bei der pathologischen Untersuchung finden sich Mineralisierungen von Weichteilgewebe, großen Gefäßen und Endokard. Auch in Nieren, Leber, Lymphknoten, Lunge, Bändern und Sehnen sind Kalziumablagerungen zu finden [8]. Eine Osteopetrose der langen Röhrenknochen kann vorliegen [8]. Die Parathyroidea ist oft atrophisch [8].


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Therapie des primären Hyperparathyreoidismus

Die Behandlung des primären Hyperparathyreoidismus beim Pferd gestaltet sich meist sehr schwierig. Die Exzision der PTH-produzierenden Parathyroidea ist problematisch, da die Nebenschilddrüse anatomisch beim Pferd nicht sehr konstant ist: Anzahl und anatomische Lokalisation variieren stark. Aus diesem Grund ist die Parathyroidea schwierig zu lokalisieren und zu identifizieren [1], [2], [7]. Eine Parathyreoidektomie (chirurgische Entfernung der Parathyroidea) wurde allerdings kürzlich basierend auf den Ergebnissen einer Sestamibi-Szintigrafie erfolgreich zur Therapie eines primären Hyperparathyreoidismus durchgeführt [7]. Leider gelingt es nicht in allen Fällen, die Parathyroidea szintigrafisch darzustellen [9], weshalb auch dann in der Folge keine chirurgische Entfernung möglich ist. Ein Therapieansatz in diesen Fällen ist es, durch medikamentelle Therapie den Zustand des Pferdes zu managen und den Kalziumspiegel zu senken, und zu einem späteren Zeitpunkt die Sestamibi-Szintigrafie zu wiederholen.

Unterstützend sollte bei allen Erkrankungen beim Pferd, die mit einer Hyperkalzämie einhergehen und therapiert werden sollen, eine Rationsüberprüfung und Rationsberechnung erfolgen.


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Fazit

Ein medikamentelles Absenken des Kalziumspiegels beim Pferd scheint möglich, jedoch fehlen hierzu ausreichende Daten. Des Weiteren ist dies bei bestimmten Ursachen der Hyperkalzämie, z. B. bei einem paraneoplastischen Syndrom, nur bedingt sinnvoll. Wie bereits erwähnt, sollte deshalb immer die Ursache der Hyperkalzämie gefunden werden, um – wenn möglich – die Grunderkrankung therapieren zu können.


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  • Literatur

  • 1 Cruz Villagran C, Frank N, Schumacher J, Reel D. Persistent hypercalcemia and hyperparathyroidism in a horse. Hindawi Publishing Corporation Case Reports in Veterinary Medicine 2014; Article ID: 465425.
  • 2 Frank N, Hawkins JF, Couetil LL, Raymond JT. Primary hyperparathyroidism with osteodystrophia fibrosa of the facial bones in a pony. JAVMA 1998; 212: 84-86
  • 3 Peauroi JR, Fisher DJ, Mohr FC, Vivrette SL. Primary hyperparathyroidism caused by a functional parathyroid adenoma in a horse. JAVMA 1998; 212: 1915-1918
  • 4 Peterson ME. Calcium Physiology and Calcium-regulating Hormones (July 2013). Im Internet: http://www.merckvetmanual.com/mvm/endocrine_system/the_parathyroid_glands_and_disorders_of_calcium_metabolism/calcium_physiology_and_calcium-regulating_hormones.html?qt=petersonME&alt=sh Stand: 29.01.2016
  • 5 Saunders Y, Ross JR, Broadley KE et al. Systematic review of bisphosphonates for hypercalcaemia of malignancy. Palliat Med 2004; 18: 418-431
  • 6 Shane E, Irani D. Hypercalcemia: pathogenesis, clinical manifestations, differential diagnosis, and management. American Society for Bone and Mineral Research 2006; 176-180
  • 7 Tomlinson JE, Johnson AL, Ross MW et al. Successful detection and removal of a functional parathyroid adenoma in a pony using technetium Tc 99 m Sestamibi scintigraphy. J Vet Intern Med 2014; 28: 687-692
  • 8 Toribio RE. Disorders of Kalzium and phosphate metabolism in horses. Vet Clin Equine 2011; 27: 129-147
  • 9 Wong D, Sponseller B, Miles K et al. Failure of Technetium Tc99 sestamibi scanning to detect abnormal parathyroid tissue in a horse and a mule with primary hyperparathyroidism. J Vet Intern Med 2004; 18: 589-593

Korrespondenzadresse

Dr. Bianca Schwarz, DipECEIM (European Specialist in Equine Internal Medicine)
Pferdeklinik Altforweiler
Raiffeisenstr. 100
66802 Überherrn

 

Ass. Prof. Dr. Ilse Schwendenwein, DipECVCP
Plattform Labordiagnostik, Vetmeduni Vienna
Veterinarplatz 1
1210 Wien
Österreich

  • Literatur

  • 1 Cruz Villagran C, Frank N, Schumacher J, Reel D. Persistent hypercalcemia and hyperparathyroidism in a horse. Hindawi Publishing Corporation Case Reports in Veterinary Medicine 2014; Article ID: 465425.
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  • 3 Peauroi JR, Fisher DJ, Mohr FC, Vivrette SL. Primary hyperparathyroidism caused by a functional parathyroid adenoma in a horse. JAVMA 1998; 212: 1915-1918
  • 4 Peterson ME. Calcium Physiology and Calcium-regulating Hormones (July 2013). Im Internet: http://www.merckvetmanual.com/mvm/endocrine_system/the_parathyroid_glands_and_disorders_of_calcium_metabolism/calcium_physiology_and_calcium-regulating_hormones.html?qt=petersonME&alt=sh Stand: 29.01.2016
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  • 6 Shane E, Irani D. Hypercalcemia: pathogenesis, clinical manifestations, differential diagnosis, and management. American Society for Bone and Mineral Research 2006; 176-180
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  • 8 Toribio RE. Disorders of Kalzium and phosphate metabolism in horses. Vet Clin Equine 2011; 27: 129-147
  • 9 Wong D, Sponseller B, Miles K et al. Failure of Technetium Tc99 sestamibi scanning to detect abnormal parathyroid tissue in a horse and a mule with primary hyperparathyroidism. J Vet Intern Med 2004; 18: 589-593