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DOI: 10.1055/s-0041-1740534
Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie zum Einsatz von Physician Assistants in der Herzchirurgie
Physician Assistants – Eine effektive und sinnvolle Erweiterung des herzchirurgischen Behandlungsteams- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Rechtliche Grundlagen für das Berufsbild des Physician Assistant in Deutschland
- Zusammenhang des Physician Assistant mit der medizinischen Behandlungsqualität
- Ökonomische Aspekte eines Physician Assistant-Systems
- Physician Assistant-System im Kontext der herzchirurgischen Facharzt-Weiterbildung
- Mögliche Einsatzbereiche und Tätigkeiten von Physician Assistants in herzchirurgischen Fachabteilungen (Tätigkeiten)
- Diskussion
- Anmerkung
- Literatur
Zusammenfassung
Eine qualitativ hochwertige medizinische Behandlung von herzchirurgischen Patienten erfordert den Einsatz und die Rekrutierung von qualifiziertem Personal mit besonderem Blick auf die Fluktuation. Dieser Aspekt gestaltet sich unter den aktuellen Gegebenheiten des Fachkräftemangels wie auch den Rahmenbedingungen im deutschen Gesundheitswesen zunehmend schwieriger. Durch die Einbindung von Physician Assistants (PA) in herzchirurgischen Fachabteilungen kann das bestehende Personalkonzept innovativ, bedarfsgerecht und insbesondere nachhaltig ergänzt werden. Die jahrzehntelange Erfahrung aus anglo-amerikanischen Ländern belegt, dass mit einem PA-System eine hochwertige medizinische Behandlungsqualität nicht nur stabilisiert, sondern potenziell sogar verbessert werden kann. Gleichzeitig können Ärzte in der herzchirurgischen Facharzt-Weiterbildung von alltäglich anfallenden Tätigkeiten ohne ärztlichen Vorbehalt entlastet werden und somit freiwerdende Ressourcen für eine fundierte und vielfältige Facharztweiterbildung nutzen. Auch positive Effekte auf ökonomische Faktoren der Institution sind denkbar. Die erforderliche Delegation von ärztlichen Tätigkeiten auf nicht-ärztliche Mitarbeiter ist in Deutschland bereits jetzt gesetzlich verankert, ohne dass es spezifische, auf den Physician Assistant ausgerichtete rechtliche Rahmenbedingungen gibt. Die verbindliche Festlegung der Tätigkeiten für einen PA durch medizinische Fachgesellschaften sind in diesem Zusammenhang eine wichtige Aufgabe. In diesem Positionspapier werden unter Erörterung der medizinischen, rechtlichen und ökonomischen Aspekte Tätigkeiten für Physician Assistants in der Herzchirurgie strukturiert dargelegt.
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Abstract
High-quality care of cardiac surgical patients requires the employment and recruiting of qualified medical professionals with minimal fluctuation of staff members. This aspect becomes increasingly difficult due to the current shortage of skilled professionals as well as the present framework conditions of the German Healthcare System. The implementation of physician assistants (PA) in cardiac surgery departments may augment existing human resource concepts in an innovative and sustainable manner, tailored to meet department specific requirements. Long-term experiences from Anglo-American countries prove that the implementation of a PA system may stabilize or potentially even improve medical treatment quality. At the same time, cardiac surgical residents may be relieved from routine tasks, releasing additional time resources for a solid and diverse specialist training. Furthermore, positive effects on economic aspects of an institution may be possible. The required delegation of medical tasks to allied health professionals already has a legal basis in Germany, while a specific legal framework tailored to physician assistants does not exist yet. In this context, it is an important aspect that medical associations define a reliable catalog of tasks that may be delegated to physician assistants. Under evaluation of medical, legal and economic aspects and in a structured manner, this position paper defines medical tasks of physician assistants in cardiac surgery.
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Schlüsselwörter
Physician Assistants - Ausbildung - Delegation - Personalkonzept - BehandlungsqualitätEinleitung
Im Kontext des allgemein beobachteten Fachkräftemangels ist auch die Rekrutierung von Assistenzärzten in deutschen herzchirurgischen Fachabteilungen seit geraumer Zeit eine Herausforderung. Die Diskrepanz zwischen dem Bedarf an Assistenzärzten und der gleichzeitig limitierten Möglichkeit der Facharztweiterbildung spielt eine entscheidende Rolle. Dies führt u.a. dazu, dass Assistenzarzt-Stellen ohne FA-Weiterbildungsperspektive entweder mit Rotations-Assistenten zur Anrechnung der geleisteten Zeit für ein anderes Fachgebiet, oder mit nicht adäquat qualifizierten Kollegen besetzt werden. Eine unerwünschte Personalfluktuation ist die Folge.
Die Etablierung von Physician Assistants kann potenziell ein effektiver Lösungsweg sein. In den USA sind Physician Assistants bereits seit mehreren Jahrzehnten geschätzte, qualifizierte und somit wertvolle Mitglieder herzchirurgischer Teams, welche die medizinische Versorgungsqualität und –effizienz zielgerichtet unterstützen.[1] Auch in Deutschland kommen mittlerweile zunehmend Physician Assistants in verschiedenen Fachdisziplinen zum Einsatz.[2]
In einer gemeinsamen Veröffentlichung der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurde für die Ausbildung zum Physician Assistant als akademischer Rahmen das Hochschulstudium auf Bachelorniveau (Bachelor of Science) festgelegt. Zur Herstellung einer Einheitlichkeit des Berufsbildes wurden in dieser Publikation ebenfalls verbindliche Lehrinhalte definiert.[3]
In diesem Positionspapier sollen folgende Aspekte hinsichtlich der Etablierung von Physician Assistants in herzchirurgischen Fachabteilungen differenziert dargestellt werden:
-
Rechtliche Grundlagen in Deutschland für das Berufsbild des Physician Assistant
-
Zusammenhang des Physician Assistant mit der medizinischen Behandlungsqualität
-
Ökonomische Aspekte eines Physician Assistant-Systems
-
Physician Assistant-System im Kontext der herzchirurgischen Facharzt-Weiterbildung
-
Mögliche Einsatzbereiche und Tätigkeiten von Physician Assistants in deutschen herzchirurgischen Fachabteilungen (Tätigkeiten)
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Rechtliche Grundlagen für das Berufsbild des Physician Assistant in Deutschland
Auf dem Deutschen Ärztetag 2017 sowie der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurde das gemeinsame Konzeptpapier "Physician Assistant - ein neuer Beruf im deutschen Gesundheitswesen" von der Bundesärztekammer (BÄK) und KBV zustimmend zur Kenntnis genommen.[3] Bereits in den Jahren 2015 und 2016 waren im Rahmen des 118. und 119. Ärztetages Beschlüsse gefasst worden, um eine bundeseinheitliche Lösung für das Delegationsmodell Physician Assistant zur Arztentlastung voranzutreiben. Es wurde zusätzlich klar herausgestellt, dass in diesem Zusammenhang keine Substitution ärztlicher Leistungen erfolgen soll.[4] [5] In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus BÄK und KBV wurde das Berufskonzept des Physician Assistant (PA) als Delegationsmodell ausgestaltet. Damit wurde ein Beruf etabliert, der in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem beauftragenden Arzt konkrete Tätigkeitsfelder umfasst und im Krankenhaus zahlreiche Einsatzmöglichkeiten bietet.[6]
In Deutschland bestehen aktuell noch keine konkreten rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von PAs. Es kommen daher allgemeine Prinzipien zur Geltung, die grundsätzlich im Zusammenhang mit der Übertragung ärztlicher Leistungen auf nichtärztliche Mitarbeiter stehen. Hierbei geht es nicht um die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten zur eigenverantwortlichen und dauerhaften Leistungserbringung im Sinne einer Substitution, sondern lediglich um die assistierende Hilfeleistungserbringung im Rahmen der Delegation.[7] Dies ist analog zu der bereits in einem Konsensuspapier deutscher wissenschaftlich-medizinischer Fachgesellschaften beschriebenen Delegation medizinischer Tätigkeiten an Klinische Perfusionisten (Kardiotechnik) nachvollziehbar.[8] Als Grundlage für die Delegation ärztlicher Tätigkeiten kann § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB V herangezogen werden. Hier wird festgelegt, dass die ärztliche Behandlung auch die Hilfeleistung durch andere Personen umfasst, die von einem Arzt angeordnet oder von ihm zu verantworten ist.[7]
Zu beachten ist, dass Tätigkeiten mit einem expliziten Arztvorbehalt nicht auf PAs delegiert werden können. Deswegen gilt im Rahmen der Delegation grundsätzlich, dass delegationsfähig nur Verrichtungen sind, die nicht aufgrund ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen ärztliches Fachwissen voraussetzen und deshalb vom Arzt persönlich durchzuführen sind.[7] In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1975 folgenden Grundsatz hierzu aufgestellt hat (BGH, NJW 1975, 2245 f.): „Damit kann sich eine Pflicht des Arztes, solche Tätigkeiten im Einzelfall persönlich auszuüben, nicht schon aus der Schwere der Gefahren ergeben, die eine unsachgemäße Ausführung mit sich bringen kann. Ein persönliches Eingreifen des Arztes ist vielmehr grundsätzlich nur zu fordern, wo die betreffende Tätigkeit gerade dem Arzte eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten voraussetzt“.
Entsprechend kann eine Einteilung von Tätigkeiten in drei Gruppen erfolgen, wonach es die grundsätzlich nicht delegationsfähigen ärztlichen Leistungen, die im Einzelfall delegationsfähigen ärztlichen Leistungen und die im Allgemeinen delegationsfähigen Leistungen gibt.[7]
Die Möglichkeit der Delegation wird unter anderem auch von der Qualifikation des jeweiligen Mitarbeiters bestimmt. Mit der zunehmenden Qualifikation insbesondere auch der neuen Berufsbilder, wie dem des PA, weitet sich automatisch der Rahmen. Die zentrale Rolle der Ausbildung in diesem Kontext hat der Gesetzgeber im Krankenpflegegesetz (KrPflG) (§ 1 Abs. 1 Satz 2) festgehalten. Demnach können Angehörige eines Pflegeberufes, die ein Studium zum PA absolviert und mittels einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen haben, die erworbenen Kenntnisse auch einsetzen. In der Gesetzesbegründung zum Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3 c SGB V betont der Gesetzgeber, dass die Ausbildung eine grundlegende Kompetenz vermittelt, die generell und dauerhaft den Zugang zum erlernten Beruf und damit die Ausübung der erlernten heilkundlichen Tätigkeit gestattet.[7]
Der Arzt trägt bei der Delegation die sog. Anordnungs- und Anweisungsverantwortung (BGH-Urteil, 10.01.1984, Az.: VI ZR 158/82). Er muss dabei die Gefahrgeneigtheit der durchzuführenden Tätigkeit, die Schutzbedürftigkeit des Patienten auch unter Berücksichtigung der Komplikationsdichte und etwaigen Behandlungsschwierigkeiten sowie die Qualifikation des PA, auf welchen die Tätigkeit delegiert werden soll, berücksichtigen.[7]
Auf der anderen Seite hat der PA die Übernahme- und Durchführungsverantwortung (Urteil OLG Stuttgart, 20.08.1992, Az.: 14 U 3/92; Urteil OLG Köln, 02.12.1992, Az.: 27 U 103/91). Das bedeutet, wenn der PA eine auf ihn zulässig delegierte Leistung übernommen hat, trägt er die Verantwortung dafür, dass im Rahmen seiner Leistung alles ordnungsgemäß durchgeführt wird. Darüber hinaus hat er aber auch eine Remonstrationspflicht, wenn er der Meinung ist, dass er die Leistung nicht erbringen kann oder darf. Der PA hat außerdem die Pflicht, bei auftretenden Komplikationen unmittelbar den Arzt hinzuzurufen ([Abb. 1]).[7]
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Zusammenhang des Physician Assistant mit der medizinischen Behandlungsqualität
In einer von Ranzenbach et al. publizierten retrospektiven Single-Center Studie mit 956 Patienten wurde der Einfluss der ersten Assistenz durch PAs im Vergleich zu Ärzten auf das operative Ergebnis herzchirurgischer Eingriffe untersucht.[4] Die beiden Patientengruppen (PA versus Ärzte) wiesen hinsichtlich des erwarteten operativen Risikos keine signifikanten Unterschiede auf. Die Ergebnisse zeigten auch keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der perioperativen Komplikationsrate, sternaler Wundheilungsstörungen und der 30-Tages-Letalität.[9] Basierend auf diesen Resultaten kann man die Hypothese vertreten, dass der Einsatz eines PA mit entsprechender Qualifikation als erster Assistent bei herzchirurgischen Eingriffen anstelle eines ärztlichen Kollegen zu mindestens gleichwertigen Ergebnissen führen kann.
In einer großen US-amerikanischen Studie mit 6282 chirurgischen Patienten aus den Bereichen Herzchirurgie (407), Viszeralchirurgie (939), orthopädische Chirurgie (4835) und Urologie (101) wurde der Einfluss der Einführung eines sog. Advanced Practice Providers (APP)-Programmes unter anderem auf die klinischen Outcome-Parameter chirurgische Komplikationen, Rehospitalisierungsrate und Letalität untersucht. Der Begriff „Advanced Practice Providers“ umfasst hierbei neben den PAs zusätzlich noch sogenannte Nurse Practitioners. Im Jahr nach der Einführung des APP-Programmes zeigten sich insgesamt signifikant niedrigere Komplikationsraten (30-Tage-Komplikationsrate: OR 0.83 (0.72-0.97), p = 0.02; 90-Tage-Komplikationsrate: OR 0.84 (0.73-0.97), p = 0.02). Die 90-Tage-Rehospitalisierungsrate war 18% niedriger (OR 0.82 (0.70-0.95), p < 0.01), die Letalität unverändert. Des Weiteren zeigte sich durch die Einführung eines APP-Programmes auch ein ökonomischer Vorteil mit einer signifikanten Reduktion der 30-Tage-Behandlungskosten um 1294,73 US Dollar (p < 0.001).[10]
Eine kanadische Studie analysierte den Einfluss von PAs in der chirurgischen Patientenversorgung. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass PAs bei 53.5% von insgesamt 11651 chirurgischen Patientenkontakten involviert waren. Basierend auf ihren Ergebnissen folgerten die Autoren, dass die Integration von PAs in ein chirurgisches Behandlungsteam zu einem Mehrwert in der Patientenversorgung führt. Dieser Benefit ergäbe sich durch ein konsistentes und effektives Management von Behandlungsplänen und anfallenden Problemen auf den Stationen.[11]
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Ökonomische Aspekte eines Physician Assistant-Systems
Zahlen aus den USA belegen die Wirtschaftlichkeit eines PA-Systems auf Basis einer Kostenreduktion und dem strukturierten Ersatz von Assistenzärzten durch PAs.[12] [13] [14]
Die Herzchirurgie erfordert auf Grund komplexer Therapieverfahren den Einsatz erheblicher Personalressourcen aller beteiligten Berufsgruppen. Hierbei besteht die Möglichkeit, für delegierbare Tätigkeiten in einem bedarfsgeregelten Maß das ärztliche Team mit PAs sinnvoll zu ergänzen. PAs haben im Gegensatz zu Assistenzärzten zumeist eine mittel- bis langfristige Beschäftigungsperspektive und üben ihren Beruf mit einer nachgewiesenen hohen Motivation aus.[1] Dies kann einen positiven Einfluss auf die Personalfluktuation und den damit verbundenen Kosten haben.
Die Kosteneffektivität eines PA-Systems basiert auf einer mittel-/langfristig effizienten Erledigung der delegierten Tätigkeiten mit im Vergleich zu Assistenzärzten niedrigeren Lohnkosten.
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Physician Assistant-System im Kontext der herzchirurgischen Facharzt-Weiterbildung
Wegen fehlender Detail-Informationen über das Berufsbild des PA besteht unter herzchirurgischen Assistenzärzten in der Facharzt-Weiterbildung häufig eine Skepsis durch die Wahrnehmung als Konkurrenten. Diese Problematik ist aus anderen Ländern, in welchen PA-Systeme teilweise schon deutlich länger etabliert sind, bereits bekannt.[15] [16] Diesen Bedenken kann jedoch auf Basis von Erkenntnissen publizierter Studien begegnet werden, in denen ein positiver Einfluss des Einsatzes von Physician Assistants auf die Weiterbildungssituation von Assistenzärzten gezeigt werden konnte.[15] [17] Durch die Übernahme definierter alltäglich anfallender Tätigkeiten ohne ärztlichen Vorbehalt durch Physician Assistants können die Assistenzärzte deutlich entlastet werden und sich somit bspw. intensiver auf die Facharztweiterbildung konzentrieren.
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Mögliche Einsatzbereiche und Tätigkeiten von Physician Assistants in herzchirurgischen Fachabteilungen (Tätigkeiten)
Grundsätzlich gelten für den Einsatz von PAs zwei wichtige Grundregeln:
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1. Bei der Durchführung ärztlicher Tätigkeiten durch einen Physician Assistant gilt das Delegationsprinzip.
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2. Tätigkeiten mit einem sogenannten Arztvorbehalt dürfen nicht durch Physician Assistants durchgeführt werden.
In der folgenden Tabelle ([Tab 1]) sind nicht-delegierbare Tätigkeiten mit Arztvorbehalt aufgeführt.
In [Tabelle 2] sind potenzielle Einsatzbereiche sowie delegierbare ärztliche Tätigkeiten aufgeführt, welche von PAs in deutschen herzchirurgischen Fachabteilungen übernommen werden können. Diese Aufstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Definition solcher Tätigkeiten sowie der Einsatzbereiche muss als vorläufig betrachtet werden, da sich das PA-Berufsbild in Deutschland erst im Stadium der Etablierung befindet, und Vorgaben aus anderen Ländern aufgrund differenter rechtlicher Rahmenbedingungen und Unterschieden in den Gesundheitssystemen nicht vollständig übernommen werden können. Auch können Tätigkeiten und Einsatzbereiche von PAs in unterschiedlichen deutschen herzchirurgischen Fachabteilungen variieren. Des Weiteren müssen für die Delegation einzelner Tätigkeiten die individuelle Qualifikation und Berufserfahrung des entsprechenden PAs berücksichtigt werden.
Weitere Einsatzbereiche in Forschung und Lehre sind denkbar und sinnvoll:
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Forschung: Patientenscreening für klinische Studien, Durchführung der Laboranalytik, Studiendokumentation (Erstellen & Führen von Datenbanken, Sammeln von Daten), Korrespondenz mit der Studienleitung, Literaturrecherche und Präsentationserstellung
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Lehre: Vorlesungsassistenz, Erstellung von Vorlesungsskripten, Seminarvorbereitung, Mitwirkung an Blockpraktika, Mitarbeit in Lehrprojekten
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Diskussion
Die herzchirurgischen Fachabteilungen in Deutschland sehen sich heutzutage mit vielen neuen Herausforderungen konfrontiert. Sowohl aus medizinischer als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Einführung eines PA-Systems eine sinnvolle Maßnahme, um diesen Herausforderungen entgegenzutreten. Der Einsatz von PAs führt nach gegenwärtigem Kenntnisstand zu keiner Beeinträchtigung der medizinischen Behandlungsqualität, im Gegenteil zeigen einige Studien sogar eine Verbesserung derselben auf und begründen das unter anderem mit einer besseren Personal-Kontinuität,[9] [10] [11] die auch von Patienten als positiv empfunden wird. Weitere Daten belegen außerdem die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von PAs.[12] [13] [14] Die ärztliche Weiterbildung im Fachgebiet Herzchirurgie kann profitieren, da anfallende Tätigkeiten ohne Arztvorbehalt an PAs delegiert werden können und Assistenzärzte dadurch entlastet werden.
Trotz der positiven Aspekte besteht in Deutschland bezüglich des Berufsbildes des Physician Assistants noch ein erhöhtes Maß an Skepsis und Unsicherheit, die in vielen Fällen durch das Fehlen konkreter rechtlicher Rahmenbedingungen für den Einsatz von PAs begründet wird. Der Gesetzgeber hat in entsprechenden Richtlinien allerdings bereits zahlreiche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Delegation ärztlicher Leistungen geklärt und auch deutlich gemacht, dass eine grundlegend erworbene Kompetenz generell und dauerhaft ausgeübt werden kann. Insofern ist es zulässig, sich bei der Betrachtung der Delegation ärztlicher Leistungen auf PAs auf die Ausführungen in Anlage 24 des Bundesmantelvertrages Ärzte oder aber auch auf die Heilkundeübertragungsrichtlinie im Sinne von § 63 Abs. 3 c SGB V zu beziehen. Jenseits dessen geht es bei der Beurteilung noch nicht geklärter Fragestellungen in erster Linie darum, ob die zu delegierende Leistung unter einem zwingenden Arzt-Vorbehalt steht. Wenn dieser nicht gegeben ist, bestehen grundsätzlich an der Delegationsfähigkeit keine Zweifel. Des Weiteren ist immer die Frage zu stellen, inwieweit die Person, auf welche die Tätigkeit delegiert werden soll, tatsächlich dazu in der Lage ist, diese Leistung zu erbringen, und ob angesichts des konkreten Patienten die Delegation vertretbar ist. Im Einklang mit § 4 der Anlage 24 zum Bundesmantelvertrag Ärzte hat der delegierende Arzt sicher zu stellen, dass der PA aufgrund seiner beruflichen Qualifikation, allgemeinen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Erbringung der delegierten Leistung geeignet ist.[7]
Der Arzt trägt im Rahmen der Delegation eine Anweisungs- und Anordnungsverantwortung. In diesem Zusammenhang muss der Arzt den PA zur selbständigen Durchführung der zu delegierenden Leistung anleiten, sowie die korrekte Durchführung regelmäßig überwachen. Die sorgfältige Dokumentation der Einweisung in die zu delegierenden Tätigkeiten ist empfehlenswert.
Zur Absicherung des Haftpflichtversicherungsschutzes ist es außerdem notwendig, dass die Haftpflichtversicherung der entsprechenden Institution über den Einsatz von PAs informiert wird.
Für die weitere Etablierung des Berufsbildes des PAs in Deutschland und als weiterer Schritt zu mehr Rechtssicherheit ist auch die Entwicklung strukturierter Tätigkeits-Profile durch die jeweiligen medizinischen Fachgesellschaften notwendig, in welchen grundsätzlich festgelegt wird, welche Leistungen delegiert werden können, und im Rahmen welcher Leistungen ein zwingender Arztvorbehalt besteht. Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie hat mit diesem Positionspapier einen entsprechenden Vorschlag für einen Tätigkeitskatalog vorgelegt.
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Anmerkung
Die in dieser Publikation gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche und männliche Personen.
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No conflict of interest has been declared by the author(s).
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Literatur
- 1 Thourani VH, Miller Jr JI. Physicians assistants in cardiothoracic surgery: a 30-year experience in a university center. Ann Thorac Surg 2006; 81 (01) 195-199 , discussion 199–200
- 2 Hoffmann M, Arnegger S, Mend B, Hoffmann R, Marschall T. Physician Assistants in der Chirurgie: Ein junges Berufsbild aus Absolventensicht. Unfallchirurg 2018; 121 (06) 502-509
- 3 BÄK. KBV. Physician Assistant – Ein neuer Beruf im deutschen. Gesundheitswesen 2017 https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Fachberufe/Physician_Assistant.pdf
- 4 Bundesärztekammer. 118. Deutscher Ärztetag Beschlussprotokoll. 2015 https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/118._DAET/118DAETBeschlussprotokoll20150515.pdf
- 5 Bundesärztekammer. 119. Deutscher Ärztetag Beschlussprotokoll. 2016 https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/119.DAET/119DAETBeschlussprotokoll20160603.pdf
- 6 Hoffmann M, Blum K. Physician Assistant - ein neuer Beruf im deutschen Gesundheitswesen. Das Krankenhaus 2017; 109
- 7 Hüttl P, Heberer J. Physician Assistants – eine juristische Einschätzung. Passion Chir 2021; 11
- 8 Bauer A, Benk C, Thiele H. et al. Qualification, knowledge, tasks and responsibilities of the clinical perfusionist in Germany. Interact Cardiovasc Thorac Surg 2020; 30 (05) 661-665
- 9 Ranzenbach EA, Poa L, Puig-Palomar M, Holtzman M, Miller S, Mohr M. The safety and efficacy of physician assistants as first assistant surgeons in cardiac surgery. JAAPA 2012; 25 (08) 52
- 10 Hollenbeck BK, Kaufman SR, Oerline M. et al. Effects of Advanced practice Providers on Single Specialty Surgical Practice. Ann Surg 2021
- 11 Lack A, Saddik M, Engels P, Lethbridge S, Nenshi R. The emergence of the physician assistant role in a Canadian acute care surgery setting. Can J Surg 2020; 63 (05) E442-E448
- 12 Medvecz AJ, Vogus TJ, Terhune KP. The Cost of Not Training a Surgical Resident. J Surg Educ Elsevier Inc. 2021; 1-7
- 13 Seyidova N, Chen AD, Lee J, Alnaeem H, Grover R, Lin SJ. Advanced Practice Providers in Plastic Surgery. Plast Reconstr Surg 2021; 147 (05) 862e-871e
- 14 Nabagiez JP, Shariff MA, Molloy WJ, Demissie S, McGinn Jr JT. Cost Analysis of Physician Assistant Home Visit Program to Reduce Readmissions After Cardiac Surgery. Ann Thorac Surg 2016; 102 (03) 696-702
- 15 Drennan VM, Calestani M, Taylor F, Halter M, Levenson R. Perceived impact on efficiency and safety of experienced American physician assistants/associates in acute hospital care in England: findings from a multi-site case organisational study. JRSM Open 2020; 11 (10) 2054270420969572
- 16 Polansky MN, Herrmann D, Dolmans DHJM. et al. Exploring residents' perceptions of PA and NP roles and barriers to collaboration. JAAPA 2021; 34 (05) 42-50
- 17 Polansky MN, Govaerts MJB, Stalmeijer RE, Eid A, Bodurka DC, Dolmans DHJM. Exploring the effect of PAs on physician trainee learning: An interview study. JAAPA 2019; 32 (05) 47-53
Address for correspondence
Publication History
Received: 05 November 2021
Accepted: 08 November 2021
Article published online:
28 December 2021
© 2021. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Thourani VH, Miller Jr JI. Physicians assistants in cardiothoracic surgery: a 30-year experience in a university center. Ann Thorac Surg 2006; 81 (01) 195-199 , discussion 199–200
- 2 Hoffmann M, Arnegger S, Mend B, Hoffmann R, Marschall T. Physician Assistants in der Chirurgie: Ein junges Berufsbild aus Absolventensicht. Unfallchirurg 2018; 121 (06) 502-509
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- 4 Bundesärztekammer. 118. Deutscher Ärztetag Beschlussprotokoll. 2015 https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/118._DAET/118DAETBeschlussprotokoll20150515.pdf
- 5 Bundesärztekammer. 119. Deutscher Ärztetag Beschlussprotokoll. 2016 https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/119.DAET/119DAETBeschlussprotokoll20160603.pdf
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