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DOI: 10.1055/s-0042-101894
Liebe Mitglieder und Freunde der DTG,
Publication History
Publication Date:
22 February 2016 (online)
wir berichten heute über eine aktuelle Stellungnahme der DTG zum Zika-Virus und über die Tagung der ASTMH im Oktober 2015 in Philadelphia. Außerdem bitten wir um Vorschläge für die im Sommer stattfindende Wahl des neuen Vorstands unserer Gesellschaft.
DTG-Stellungnahme: Bedeutung des Zika-Virus in der Reisemedizin
Wieder verbreitet sich ein „emerging“ Virus: das Zika-Virus, vor Jahrzehnten in Afrika isoliert, hat größere Ausbrüche in Ozeanien verursacht, zunächst in Mikronesien, 2013 in Französisch-Polynesien und jetzt in Süd- und Mittelamerika, hier inzwischen in mehr als 20 Ländern.
Das Zika-Virus ist ein Flavivirus, das durch Aedes-Stechmücken auf den Menschen übertragen wird. Die Infektion beim Menschen geht mit Exanthem, Fieber, Gelenkschmerzen sowie seltener Muskel- und Kopfschmerzen und Erbrechen einher, häufiger auch mit einer Konjunktivitis. Der Hautausschlag hält im Mittel 6 Tage an, andere Symptome nehmen früher ab. Todesfälle scheinen nicht oder nur extrem selten vorzukommen. Eine Häufung von Guillain-Barré-Syndromen wird aus den betroffenen Gebieten berichtet. Die Mehrzahl der Fälle scheint subklinisch abzulaufen.
Seit Mai 2015 werden Zika-Virus-Infektionen aus Brasilien berichtet. Inzwischen melden auch El Salvador, Venezuela, Kolumbien, Suriname, Französisch-Guyana, Honduras, Mexiko, Panama sowie Martinique eine ausgedehnte Übertragung. In Bolivien, Guyana, Ecuador, Guadeloupe, Guatemala, Paraguay, Puerto Rico, Barbados, Saint Martin und Haiti ist die Übertragung noch sporadisch. Eine weitere Ausbreitung des Zika-Virus in Amerika erscheint wahrscheinlich. Erste Fälle werden aus dem Süden der USA gemeldet, wo die Überträger heimisch sind. Es handelt sich um das in Asien zirkulierende Virus, nicht um den afrikanischen Stamm.
Eine Verbreitung durch eingeschleppte Fälle in Deutschland ist derzeit nicht zu erwarten, da die Überträgermoskitos hierzulande kaum vorkommen und eine Übertragung von Mensch zu Mensch nicht stattfindet.
Beunruhigend ist eine Häufung von Fällen von Mikrozephalie in den betroffenen Gebieten. Die brasilianischen Gesundheitsbehörden haben bis Mitte Januar 2016 über inzwischen 3893 Fälle berichtet (gegenüber ca. 150 pro Jahr in den zurückliegenden Jahren bis 2014), die meisten Fälle im Bundesstaat Pernambuco. Das sind 20-mal so viele Fälle wie sonst zu erwarten gewesen wären. Dieser Anstieg der Fälle korreliert mit dem Anstieg der Zika-Virus-Infektionen. Genetische oder toxikologische Ursachen scheinen derzeit sehr unwahrscheinlich. Darüber hinaus wurden Zika-Viren in immer mehr Fällen bei Feten mit Mikrozephalie nachgewiesen sowie auch mittels PCR aus Amnionflüssigkeit. Zusammenfassend ist der ursächliche Zusammenhang zwischen einer Zika-Virus-Infektion im 1. Trimenon der Schwangerschaft und dem Auftreten eines Mikrozephalus beim Feten zwar nicht eindeutig bewiesen, scheint aber wahrscheinlich zu sein.
Der Vorstand der DTG hat zusammen mit Kollegen eine Empfehlung erstellt, die auf der DTG-Homepage www.dtg.org zu finden ist. Aus Sicht der DTG sollten Schwangere Reisen in Gebiete mit aktuellen Zikaausbrüchen möglichst vermeiden. Sollte eine Reise nicht zu vermeiden sein, ist auf einen konsequenten Mückenschutz zu achten. Eine pauschale Reisewarnung für Schwangere kann nicht ausgesprochen werden, da die epidemiologische Situation sich kurzfristig ändern kann und da eine individuelle Bewertung erforderlich ist. Die DTG empfiehlt schwangeren Reisenden aber dringend eine Beratung durch einen Tropenmediziner oder Reisemediziner mit Kenntnis der jeweiligen aktuellen epidemiologischen Situation. Ähnliches gilt auch für Reisende mit chronischen Grunderkrankungen.
Wahl des nächsten Vorstands
Bitte Vorschläge bis 30. April einsenden!
Der Vorstand unserer Gesellschaft wird in diesem Sommer neu gewählt und wird dann nach der Jahrestagung am 7. und 8. Oktober 2016 in Bonn sein Amt antreten. Satzungsgemäß müssen die Wahlunterlagen 3 Monate vor der Mitgliederversammlung ausgeschickt werden. Daher bitten wir Sie um Wahlvorschläge für den nächsten Vorstand. Ihr Vorschlag muss möglichst bis zum 30. April 2016 in der Geschäftsstelle eingegangen sein.
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Tagungsbericht: ASTMH Meeting 2015 Philadelphia, USA
Dr. Christof Vinnemeier, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, I. Medizinische Klinik, Sektion Tropenmedizin, hat an der Tagung teilgenommen und beschreibt einen (natürlich nur sehr kleinen) Ausschnitt der Themen des Meetings.
Mit insgesamt über 3400 wissenschaftlichen Beiträgen in 363 Symposien, Meetings und Poster Sessions fand vom 25. bis 29. Oktober das 64. Meeting der American Society of Tropical Medicine and Hygiene (ASTMH) in Philadelphia statt. Überschattet wurde der Kongress vom überraschenden Tod von Alan Magill im September. Magill war nicht nur eine der treibenden Kräfte innerhalb der ASTMH, sondern prägte in den vergangenen Jahren auch die weltweiten Anstrengungen zur Bekämpfung der Malaria – zuletzt in seiner Rolle als Leiter des Malariaprogramms der Bill & Melinda Gates Foundation.
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Malaria
Im Themenbereich Malaria fiel eine große Anzahl von Sessions zur Entwicklung neuer Medikamente, Resistenzen und Eliminierung der Malaria auf. In allein 6 Symposien zur Eliminierung berichteten unter anderem Kollegen aus Südostasien von ihren Erfahrungen und der unbedingten Notwendigkeit, in Entwicklungs- und Schwellenländern Brücken zwischen öffentlichem und privatem Gesundheitssektor zu bauen, um erfolgreich sein zu können. Ergänzt wurden die wissenschaftlichen Beiträge durch ein Malariasymposium der WHO, in welchem die Leitlinien und Schlüsselstrategien der nächsten 15 Jahre dargestellt wurden. Hier wurde unter anderem auch die Roadmap bis 2030 vorgestellt, die eine weitere Reduktion der Malariainzidenzen um 90 % zum Ziel hat. Aufgebaut werden soll auf 3 Kernelemente:
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Universeller Zugang zu Prävention, Diagnostik und Therapie
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Intensivierung der Anstrengungen zur Eliminierung
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Verbesserte Surveillance
Schon zwischen den Jahren 2000 und 2015 ist die Malariainzidenz weltweit um rund 60 % gefallen: Durch geringere Übertragungsraten, Verteilung von über einer Milliarde imprägnierter Bettnetze, ‚indoor residual spraying’ und weitere Maßnahmen sind schätzungsweise 6,2 Mio. Menschen weniger an Malaria gestorben.
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Ebola
Hinsichtlich der Ebolaepidemie galt es, Lehren aus den Ereignissen zu ziehen, sowohl für die Versorgung vor Ort, die Art und den Umfang des Einsatzes der westlichen Industrieländer und die Entwicklung von Impfstoffen. Daniel G. Bausch von der WHO in Genf zeigte mit Hilfe von Daten einer Querschnittsstudie bei 277 Überlebenden aus Sierra Leone, dass Langzeitkomplikationen ein häufiges Problem sind und eine engmaschige Nachsorge erfordern: Drei Viertel der Patienten litten demnach zum Zeit-punkt der Nachsorgeuntersuchung unter Arthralgien, 60 % der Patienten unter neu aufgetretenen Beschwerden der Augen.
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Emerging viruses
Arbovirosen, insbesondere Dengue und Chikungunya, bildeten einen weiteren Schwerpunkt des Kongresses. Das Chikungunya-Virus breitet sich zurzeit mit hoher Geschwindigkeit in Südamerika aus, wobei die Dynamik der Ausbreitung und die Entstehung von Ausbrüchen nur wenig verstanden sind. Henrik Salje von der Johns Hopkins School of Public Health Baltimore konnte anhand eines Vergleichs neuer und historischer Daten aus Cebu, Philippinen, zeigen, dass nach Krankheitsausbrüchen etwa die Hälfte der Population für eine Infektion empfänglich blieb.
Das Vorgehen bei, durch das Dengue-Virus induzierter, Thrombopenie variiert weltweit. In einer multizentrischen randomisierten Studie konnte Yee S. Leo darstellen, dass bei Patienten mit Thrombozytenzahlen von ≤ 20 × 103 die prophylaktische Gabe von Thrombozytenkonzentraten einer rein supportiven Therapie nicht überlegen ist und Blutungsereignisse nicht verhindert.
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Klinische Tropenmedizin
Ein weiteres Highlight, insbesondere für klinisch tätige Tropenmediziner, war das Symposium „Clinical Update – What’s new in Literature?“ in dem die wichtigste, klinisch relevante Literatur des Jahres 2015 zu den Themenbereichen Influenza, Chikungunya, Gelbfieber und Malaria dargestellt wurde. Die Surveillance respiratorischer Infektionen beispielsweise ist in afrikanischen Ländern weiterhin sehr lückenhaft. In einer 2015 publizierten Arbeit gelangen McMorrow et al. eine Zusammenfassung krankenhausbasierter Mortalitätsdaten von Patienten mit „Severe acute respiratory illness (SARI)“ afrikanischer Länder, insbesondere Südafrika und Kenia. Hier wurde neben der Rolle des Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) und der Adenoviren auch die Rolle der Influenza für die Mortalität vor allem junger Afrikaner deutlich.
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Neglected Tropical Diseases
In besonderer Erinnerung ist auch der Vortrag von Professor Dr. David A. Warrel von der University of Oxford geblieben. Warrel beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Schlangenbissvergiftungen und ihren Folgen und setzt sich aktuell für eine Neubewertung ihres weltweiten Stellenwerts ein. Mithilfe von Daten aus Indien illustrierte er eindrucksvoll seine These, dass Schlangenbissvergiftungen das „most neglected of all neglected tropical diseases“ sind. Schätzungen zufolge werden weltweit jährlich 5 Mio. Menschen von Giftschlangen gebissen, wovon 125 000 versterben und 400 000 bleibende Behinderungen oder Entstellungen davontragen.
Das nächste ASTMH Meeting wird vom 13. bis 17. November 2016 in Atlanta stattfinden.
In der Hoffnung auf zahlreiche Vorschläge für die Wahl des neuen Vorstands
grüßen Sie aus Hamburg herzlich
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