Schlüsselwörter
Kardioversion - Vorhofflimmern - Defibrillation - Schlaganfallverhinderung
Keywords
cardioversion - atrial fibrillation - defibrillation - stroke prevention
Vorhofflimmern ist die häufigste kardiale Arrhythmie im Erwachsenenalter. Eine Kardioversion
ist notwendig, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. Das Prinzip der elektrischen
Kardioversion gleicht dem der Defibrillation. Besonders wichtig ist bei dem Verfahren,
dass eine Embolie – insbesondere ein Schlaganfall – verhindert wird.
Allgemeines | Seit der Einführung der externen elektrischen Kardioversion durch Lown im Jahre 1963
hat sich beim Ablauf und Vorgehen dieser Maßnahme nur wenig verändert [1]. Ziel ist es, den Sinusrhythmus bei Vorhofflimmern zu erreichen. Dabei ist es wesentlich,
das Auftreten einer Thromboembolie nach Kardioversion zu verhindern. Die Kardioversion
kann pharmakologisch oder mittels externem Elektroschock herbeigeführt werden [2].
Indikation | Die Indikationsstellung zur Kardioversion von Vorhofflimmern ist primär Symptom-getrieben.
Sie wird angewandt [3]:
-
bei neu aufgetretenem Vorhofflimmern
-
als Eingriff zur Wiederherstellung von Sinusrhythmus im Rahmen einer Rhythmuskontrolle
-
bei schwerer Vorhofflimmer-assoziierter Symptomatik
-
bei schnell übergeleitetem Vorhofflimmern mit hoher Herzfrequenz im Verbund mit Hypotension,
Myokardischämie oder Herzinsuffizienz – falls die Herzfrequenz sich nicht mit Medikamenten
senken lässt (vor allem, wenn zusätzlich eine akzessorischen Leitungsbahn mit antegrader
Leitung vorliegt)
Antikoagulation | Vor einer elektrischen Kardioversion bei Vorhofflimmern sollte entweder eine orale
Antikoagulation über 3–4 Wochen erfolgt, oder ein linksatrialer Thrombus mit Hilfe
einer transösophagealen Echokardiographie ausgeschlossen worden sein. Die Kardioversion
wird dann entweder unter effektiver oraler Antikoagulation oder Heparintherapie durchgeführt
[2], [3].
Aufklärung | Der Patient muss im elektiven Fall 24 h vorher mündlich und schriftlich über die
Prozedur sowie Risiken (Schlaganfall, ggf. mit tödlichem Ausgang, Aspiration etc.)
aufgeklärt werden. Spezielle Aufklärungsbögen sind verfügbar.
So wird’s gemacht: Kardioversion
Monitoring der Vitalfunktionen| Der Patient ist in liegender Position zum EKG-Monitoring am Defibrillator angeschlossen.
Zusätzlich erfolgt eine nicht-invasive Blutdruckmessung. Üblicherweise wird auch die
Sauerstoffsättigung mittels Pulsoxymetrie gemessen – u. a., um die intravenöse Narkose
zu steuern [4].
Elektrodenpositionierung | Für die Positionierung der flächigen Schockelektroden kann entweder eine anteriore-linkslaterale
bzw. apikale oder aber eine anterior-posteriore Position gewählt werden. Letztere
zeigte in einer prospektiven Studie eine höher Konversionsrate [5]. Ziel der Elektrodenposition ist es, möglichst viel kardiale Muskelmasse ins Schockfeld
zwischen den beiden Elektroden zu platzieren. Der Schock kann entweder mittels Klebeelektroden
(▸ [
Abb. 1
]; mit anterior-linkslateraler Elektrodenposition) oder manuell mit sog. „Paddles“
abgegeben werden (▸ [
Abb. 2
]). Um den Übergangswiderstand zu reduzieren, wird ein spezielles Gel auf die Elektroden
aufgetragen oder eine analoge Substanz zwischen Haut und Elektrode verbracht.
Abb. 1 Elektroden in anteriorer und linkslateraler / apikaler Position.
Abb. 2 Manuell durchgeführte Kardioversion mit identischer Positionierung der Schockelektroden.
Die heute verfügbare biphasische Defibrillation hat eine höherer Kardioversionsrate
bei geringeren Energien. Dadurch ist die Elektrodenpositionierung nicht mehr von so
großer Bedeutung wie früher.
Cave Bei Patienten mit implantierten Herzschrittmachern oder Defibrillatoren sollten die
Elektroden in anterior-posteriorer Orientierung mit mind. 8 cm Abstand zum implantierten
Aggregat platziert werden [6].
Energiewahl | Bei biphasischen Defibrillatoren wird bei Patienten mit Vorhofflimmerdauer von <
48 h die Abgabe von 100 J empfohlen. Bei längerer Vorhofflimmerdauer sollten 150 J
initial gewählt werden. Die Energie wählt man meist über einen Regler am Defibrillator
(▸ [
Abb. 3
]) oder an einem der Paddles. Anschließend wird die R-Zacken-Erkennung aktiviert,
um eine R-Zacken-synchronisierte Defibrillation durchzuführen. Das Display eines Defibrillators
mit Bedienung der Synchronisierungstaste und Markierung der R-Zacke auf dem EKG ist
in ▸ [
Abb. 4
] dargestellt. Die Markierung der R-Zacke auf dem Display bestätigt, dass der Defibrillator
diese erkennt und so in der Lage ist, einen R-Zacken-synchronen Schock abzugeben.
Abb. 3 Die Defibrillationsenergie wird mit Hilfe des Reglers „Energienieveau“ gewählt. Über
Drücken des Knopfs “Laden” wird der Defibrillator hochgeladen.
Abb. 4 Display mit Oberflächen-EKG des Patienten. Vor Kardioversion bei Vorhofflimmern muss
die R-Zacken-Synchronisierung aktiviert werden.
Schockabgabe | Nach Laden des Defibrillators – entweder am Paddle oder am Defibrillator selbst (▸ [
Abb. 3
]; Taste „Laden“) – das von einem typischen akustischen Signal begleitet wird, ist
der Defibrillator zur „Schockabgabe“ bereit. Die Schockabgabe selbst (entweder durch
Drücken des Auslöseknopfes am Defibrillator bei Schockabgabe über Klebelektroden (▸ [
Abb. 5a
]) oder durch simultanes Drücken der Defibrillationstaste an beiden Paddles (▸ [
Abb. 5b
] und [
5c
]) erfolgt dann am narkotisierten Patienten unter Synchronisierung auf die R-Zacke
des Patienten-EKG (▸ [
Abb. 6
]).
Abb. 5 Schockabgabe. (a) Bei der Kardioversion mit Klebeelektroden wird der Schock über
das Gerät abgegeben. (b) Tasten zur Abgabe des Defibrillationsschocks, die an beiden
Paddles gleichzeitig gedrückt werden müssen, um den Schock abzugeben (c).
Abb. 6 Elektrische Kardioversion von Vorhofflimmern mit R-Zacken-synchronisiertem Defibrillationsschock.
HRA ¾ ist ein intrakardiales atriales Elektrogramm, das vor Kardioversion die hochfrequente
atriale Aktivierung und nach Kardioversion das regelmäßige atriale Signal im Sinusrhythmus
wiedergibt.
Ineffektive Kardioversion | Sollte es mit der initialen Schockabgabe nicht zu Sinusrhythmus kommen, muss man
versuchen, eine ineffektive Kardioversion von einem Frührezidiv des Vorhofflimmerns
zu trennen. Bei ineffektiver Kardioversion kann man
-
einen Schock mit höherer bzw. maximaler Energie abgeben,
-
die Elektrodenposition ändern (anterior-posterior!).
Bei rasch wieder einsetzendem Vorhofflimmern kann eine Vorbehandlung mit Amiodaron
oder auch Klasse IC-Antiarrhythmika helfen. In Einzelfällen gelingt es auch, nach
ineffektiver Kardioversion und direkter i. v. Applikation dieser Medikamente den Kardioversionserfolg
herbeizuführen.
Dokumentation und Ausleitung | Das Vorhofflimmern mit dem R-Zacken-synchronisierten Schock und dem nachfolgenden
Rhythmus sollte mittels Ausschrieb dokumentiert werden. In aller Regel verfügen Defibrillatoren
über eine entsprechende Schreib- bzw. Druckmöglichkeit. Der Patient sollte bis zur
vollständigen Wiedererlangung von Bewusstsein und der Schutzreflexe unter den o. a.
Bedingungen des Monitorings verbleiben.
Vorkehrungen zur Komplikationsbehandlung | Obwohl die Komplikationsrate der externen elektrischen Defibrillation unter 1 % liegt,
sollten Vorkehrungen für eine Komplikationstherapie getroffen sein. Dazu gehört z.B.
-
i.v. Medikamente, passagere antibradykarde Stimulationsmöglichkeiten und einen Defibrillator
bereitzustellen, falls eine Bradykardie oder ventrikuläre Tachyarrhythmien auftreten,
-
auf eine schwere Hypotension oder Schockentwicklung vorbereitet zu sein.
Diese Vorkehrungen sind in der Regel bereits gegeben, da eine Kardioversion meist
entweder auf einer Intensivstation, auf der „intermediate care“ oder in der Vor- oder
Nachsorge einer operativen Einheit durchgeführt wird.
Konsequenz für Klinik und Praxis
-
Die Indikationsstellung zur Kardioversion von Vorhofflimmern ist primär Symptom-getrieben.
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Die heute verfügbare biphasische Defibrillation hat eine höherer Kardioversionsrate
bei geringeren Energien. Dadurch ist die Elektrodenpositionierung nicht mehr von so
großer Bedeutung wie früher.
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Bei ineffektiver Kardioversion kann man einen Schock mit höherer bzw. maximaler Energie
abgeben oder die Elektrodenposition ändern.