Pneumologie 2016; 70(03): 148
DOI: 10.1055/s-0042-103602
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ischämische Herzerkrankungen – Vorteile von Ticagrelor überwiegen auch bei COPD-Patienten

Contributor(s):
Christoph Feldmann

J Am Heart Assoc 2015;
DOI: 10.1161/JAHA.115.002490.
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Publication Date:
15 March 2016 (online)

 

    Patienten mit COPD haben ein hohes Risiko für ein akutes Koronarsyndrom, da beide Krankheiten gemeinsame Risikofaktoren haben. Ticagrelor kann die Rate an kardiovaskulären Ereignissen senken, allerdings kommt es unter der Therapie häufiger zu Dyspnoe. Nun wurde das Kosten-Nutzen-Profil für COPD-Patienten untersucht.
    J Am Heart Assoc 2015; DOI 10.1161/JAHA.115.002490

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    In der PLATO-Studie war 2009 untersucht worden, ob Ticagrelor bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) kardiovaskuläre Ereignisse stärker vermeiden kann als Clopidogrel. Von den 18 624 Patienten hatten 1085 Personen eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Nun wurden die Daten dieser Subgruppe post hoc hinsichtlich des primären Studien-endpunkts und Dyspnoe analysiert.

    Der primäre Endpunkt war

    • kardiovaskulärer Tod,

    • Herzinfarkt und

    • Schlaganfall nach ACS.

    In der Gruppe der COPD-Patienten ereignete sich der primäre Endpunkt bei 17,7 %, bei den Patienten ohne COPD bei 10,4 % (p < 0,001). Ticagrelor senkte das Risiko statistisch signifikant stärker als Clopidogrel, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen: In der COPD-Subgruppe trat der primäre Endpunkt unter Ticagrelor bei 14,8 % der Patienten auf, in der Clopido-grel-Gruppe bei 20,6 % (Hazard Ratio [HR] 0,72, 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,54–0,97). Schwere Blutungen innerhalb eines Jahres hatten 14,6 vs. 16,6 % der Patienten (HR 0,85; 95 %-KI 0,61–1,17). Die Gesamtmortalität betrug 8,4 bzw. 12,4 % (HR 0,70; 95 %-KI 0,47–1,04).

    Dyspnoe war unter Ticagrelor häufiger (21,6 vs.16,3 %). Dies entsprach einer HR von 1,71 (95 %-KI 1,28–2,30). Der Unterschied bestand in gleicher Weise auch bei den Patienten ohne COPD. Das Krankheitsstadium verschlechterte sich dadurch nicht. Die Hauptergebnisse blieben auch dann konsistent, wenn Nichtraucher aus der Analyse ausgeschlossen wurden.

    Dr. Christoph Feldmann, Köln

    Kommentar aus der Praxis

    Obstruktive Atemwegserkrankungen wie die COPD und ischämische Kardiopathien (KHK) verfügen über eine gemeinsame pathophysiologische Wegstrecke, die klinische Symptome aggravieren können.

    Große prospektive, kardiologische Studien, wie zur Thrombozytenaggregationshemmung bei akutem Koronarsyndrom, verzeichnen in präspezifizierten sekundären Endpunkten bzw. in Posthoc-Analysen das Auftreten relevanter pulmonaler Beschwerden wie die symptomatisch belastende Dyspnoe. Die Wertigkeit dieser Symptome ist aufgrund der vornehmlich klinisch erhobenen Befunde in den vorgelegten Studien nur eingeschränkt interpretierbar. Der Großteil der biometrischen Angaben beruht auf der klinischen Einschätzung der Befunde durch die Untersucher.

    Nur bei einem geringen Anteil der Patienten wurden spirometrische Untersuchungen durchgeführt, die eine Zuordnung der COPD-Schweregrade und somit eine Detail- bzw. Risikoanalyse ermöglichen. Inwieweit der systematische Einsatz von Medikamenten zur Behandlung einer akuten koronaren Herzerkrankung bei einer präspezifizierten COPD-Kohorte ein solides und vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis hat, bedarf der weiteren prospektiven, klinischen Analyse durch Studien.

    Die Ergebnisse der vorgelegten Studie belegen eindrücklich den weiterhin unterschätzten klinisch bedeutsamen Zusammenhang zwischen kardialer Ischämie und der Komorbidität der Atemwegsobstruktion. COPD-Patienten leiden häufig an einer relevanten ischämischen Erkrankung sowohl koronarer als auch peripherer Lokalisation.

    Um einer kumulativen Morbidität der COPD / Ischämie-Patienten vorzubeugen, wären systematische und quantifizierbare Erhebungen, z. B. durch eine Spirometrie, in einem kardiologischen Profil wünschenswert. Ebenso bedürfen COPD-Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko einer regelmäßigen Abschätzung der Dynamik der Krankheitsprozesse und Interventionsnotwendigkeit, z. B. der Antikoagulation in einer pneumologischen Mitbetreuung. Die klinische Entität KHK / COPD als umfassend zu verstehender Januskopf anzusprechen, dient der Optimierung der Therapiemöglichkeiten für diese Patienten.

    Prof. Christian Grohé, Berlin


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